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Homosexualität – Was haben meine Gefühle verbrochen?

Gender – Diversität & Inklusion – Denise Zacherl

Homosexualität
Was haben meine Gefühle verbrochen?

Die größte Freude des 21 Jahrhunderts – die Gleichberechtigung. Solidarität im Sinne der Geschlechter, Chancengleichheit auf allen Ebenen und keine Vorurteile. Was zunächst nach einem tollen Konzept der Gemeinschaft aussieht, entpuppt sich allerdings als „zu perfekte Welt“, die es in Realität leider nie geben wird, ganz egal wie sehr man sich heutzutage dafür einsetzt. Auch wenn es schon große Fortschritte in Hinblick auf dieses Thema gab, ist die Gleichberechtigung für jeden noch weit entfernt. Doch warum ist das so? Wer ist sonst noch davon betroffen?

Während es bei der Gleichberechtigung der beiden Geschlechter Mann und Frau bisher schon große Fortschritte sowie Erfolge gegeben hat, müssen andere Menschen leider auch noch tagtäglich mit Vorurteilen, Beschimpfungen, massiven Einschränkungen oder gar Verboten leben.

Das Thema „Homosexualität“ oder „LGBTQ+“ ist für viele Menschen ein schwieriges Thema. Oftmals wird dies auch mit großen Gruppen, Demonstrationen oder Protesten in Verbindung gebracht oder schlicht und einfach nicht ernst genommen. „Das ist doch bloß eine Phase“ – argumentieren viele, die sich diese Art des Lebens nicht vorstellen oder gar akzeptieren wollen. Es sei gegen den christlichen Willen – genau genommen eine Sünde.

Doch Homosexualität ist keineswegs eine Phase, ein Verbrechen oder eine Sünde, es ist vielmehr eine Empfindung,- ein Gefühl, welches die betroffene Person nicht steuern kann. Das Gefühl der Liebe kann doch niemand kontrollieren, oder? Keiner kann sich aussuchen, in wen er sich verliebt. Ob groß oder klein, dick oder dünn oder Frau oder Mann. Die Liebe sollte ein wunderschönes Gefühl sein, das schönste der ganzen Welt. Wieso will man nun manchen dieses einzigartige Gefühl nehmen und es verbieten? Hat denn nicht jeder Glück verdient?

Auch wenn diese Fragen mit „ja“ beantwortet werden sollte, verstehen es viele schlicht und einfach nicht. Wie kann es sein, dass man das gleiche Geschlecht liebt? Dies fragen sich nicht nur Skeptiker, sondern auch Homosexuelle selbst. Bisher wurden bereits etliche Studien und Forschungen hinsichtlich der Ursachen und Gründe für die Homosexualität durchgeführt. Was zuerst genetischer Vererbung zugeschrieben wurde, ist schon längst widersagt – jedoch ohne wirkliches Ergebnis. Es kann sich auch der beste Wissenschaftler nicht erklären, was die Sache meiner Meinung nach sogar noch einmal ein Stück besonderer macht.

Doch meine Meinung teilen leider nicht alle. Homosexuelle Paare haben es auch heutzutage in vielen Lebensbereichen nicht leicht. Angefangen bei der Ehe, dem Kinder bekommen oder selbst bei dem Einreisen in bestimmte Staaten. In vielen Ländern ist die Homosexualität verboten, man kann aufgrund dessen bestraft oder gar getötet werden. „Aber das ist doch eh nicht bei uns, dagegen können wir doch gar nichts machen?“ Doch das stimmt bei weitem nicht. Auch bei uns in Österreich gibt es noch viele Einschränkungen sowie Vorurteile. Sei es das Bild der „perfekten Familie“, die traditionell aus einem Vater, einer Mutter sowie zwei Kinder bestehen, wichtigen Gesprächen, bei welchen immer Frau und Mann erwartet werden oder bei der Vergabe von Krediten. Oftmals werden nämlich „schwule“ oder „lesbische“ Beziehungen nicht als ernsthafte Partnerschaften angesehen, weshalb heterosexuelle Beziehungen immer den Vortritt erhalten. Selbst im Hinblick auf den Kinderwunsch ist es ähnlich. Obwohl sich eine Familie zu gründen bei homosexuellen Paaren als überaus schwierig erweist, werden auch bei der Adoption oder Pflegekindern heterosexuelle Paare bevorzugt.

Wenn ihr mich fragt, ist dies genauso eine Diskriminierung wie jede andere. Solch ein Kind im System wartet auf eine Familie, die sich kümmert, liebevoll mit ihm umgeht und ihm Sicherheit gibt. Meiner Meinung nach ist hierbei nicht das Geschlecht das Ausschlaggebende, sondern die Liebe, die das Kind erhält. Dies ist alles was zählt. Doch die Meisten sind hierbei leider nicht meiner Meinung. „Um ein Kind großzuziehen benötigt es eine Mutter und einen Vater.“ Doch was machen jene alleinerziehenden Elternteile, die sich allein um das Kind kümmern? Würde dies dann nicht genauso verboten gehören, da hier auch ein Elternteil fehlt?

Speziell aufgrund dieser Thematik des Kinderwunsches müssen sich homosexuelle Paare oft mit unmenschlichen Kommentaren auseinandersetzte. Alleine auf den sozialen Medien werden diese Paare oftmals mit Hasskommentaren und Beleidigungen überflutet, obwohl diese nichts Negatives verbreiten wollen. Ganz im Gegenteil, sie geben denjenigen Mut und Stärke, die ähnlich fühlen und sich in ihrem Umfeld nicht trauen, die Wahrheit zu sagen.

Doch dass viele ihre Gefühle unterdrücken und verheimlichen müssen, ist einzig und allein das Ergebnis der Handlungen unserer Gesellschaft. Diese gibt uns vor, dass ein Beziehungspaar stets aus Mann und Frau besteht. Aber wieso muss man immer Frau und Mann zusammen verbinden? Es wäre doch so viel einfacher, die einzelnen Personen in einer Beziehung „Partner“ zu nennen? Diese Bezeichnung wäre nahezu gleichmäßig und würde keine unabsichtliche Ausgrenzung zur Folge haben.

Dass dies viele als Schwachsinn abstempeln, versuche ich erst gar nicht zu leugnen. Vor nicht allzu langer Zeit wurde ich sogar Zeugin eines Gespräches über genau dieses Thema. Eine Frau äußerte sich zuerst lautstark, dass sie ja grundsätzlich nichts gegen Homosexuelle hätte. In den eigenen vier Wänden stehe ihnen ja alles frei, tun und lassen zu können was sie wollen. ABER es sei ja nicht nötig, dies an die Öffentlichkeit zu tragen und es anderen zuzumuten. Sie sollten sich auf der Straße nicht küssen oder Händchen halten, schon gar nicht wenn Kinder zusehen. Diese könnten dies ja sehen und dann genauso werden. Ich finde, dass die Aussage dieser Frau jedoch klar und deutlich den Anschein gemacht, sie habe sehr wohl etwas „gegen“ jene Menschen, obwohl ihr Kommentar noch halbwegs freundlich ausgedruckt wurde im Vergleich zu vielen anderen.

Wieso aber sollten diese nicht das Recht haben, in der Öffentlichkeit „Ich liebe dich“ zu sagen, nur weil es das Gleiche Geschlecht ist? Frau und Frau oder Mann und Mann haben doch genauso einen Anspruch, sich in der Gesellschaft zu küssen wie jedes andere Paar, ohne böse Blicke zu ernten. Denn man kann das Gefühl der Liebe nicht steuern, Eltern brauchen also keine Angst zu haben, dass ihre Kinder schwul oder lesbisch werden, nur wenn sie homosexuelle Paare sehen. Kinder sollten so erzogen werden, dass dies völlig normal ist und jeder die Möglichkeit besitzt, er selbst zu sein und sich nicht dafür schämen zu müssen. Man sollte stolz auf sich selbst sein können.

Als angehende Biologielehrerin habe ich mir also zur Aufgabe genommen, genau darauf einzugehen und jedem klarzumachen, dass er etwas Besonderes ist. Und das ist speziell in der individuellen Entwicklung eines Kindes ausschlaggebend. Auch wenn ich es womöglich nicht durch persönliche Gespräche erreichen kann, werde ich es zumindest in meinen Biologiestunden versuchen. Wenn ich nun an meine eigene Schulzeit zurückdenke, habe ich etliche Stunden der Aufklärung in meinen Gedanken. Sogar Besuche im Haus der Natur sowie einige Gespräche im Rahmen eines Aufklärungsworkshops waren im Unterricht vertreten. Doch nie hat wer über ein anderes Thema gesprochen wie die Liebe zwischen Mann und Frau. Das Thema Homosexualität ist nicht einmal im Entferntesten angesprochen worden. Warum haben Jugendliche Aufklärung in hetero-, aber nicht in homosexueller Partnerschaft? Die meisten Lehrpersonen wollen dieses Thema schlicht und einfach verschweigen, so tun als ob es im Unterricht nichts verloren hätte. Fast so, als ob es dies gar nicht geben würde.

Ich möchte das zukünftig anders machen. Ich möchte dieses wichtige Thema auf keinen Fall verschweigen, sondern jedem einzelnen Kind in meiner Klasse gerecht werden und beide Arten der Aufklärung anbieten. Auch wenn Kinde in diesem Alter gerade in der Phase sind, die eigene Sexualität zu erforschen oder sich noch nicht im Klaren darüber sind, sollte zumindest jeder über Homosexualität aufgeklärt werden. Auf diese Weise möchte ich auf jeden Fall die Normalität damit verbinden und dass jede Partnerschaft anerkennt werden soll. Damit möchte ich auch mögliche in Zukunft auftretende Vorurteile so früh wie möglich abweisen und somit einen kleinen Teil dazu beitragen, dass unsere Gesellschaft irgendwann Homosexualität sowie andere Mitglieder der LGBTQ+ Gemeinschaft als völlig normal ansieht und diese dieselben Chancen und Möglichkeiten haben wie auch jeder andere Mensch.




Wer vermittelt Bildung überhaupt?

Denise Zacherl – Blogbeitrag 2 – Schule & Gesellschaft

Wer vermittelt Bildung überhaupt?

Ununterbrochen wird darüber gesprochen, wie wichtig Bildung in unserem Leben ist. Ohne Bildung hätte man keine Chance auf einen guten Job, auf ein hohes Einkommen oder überhaupt ein zufriedenes Leben. Doch wer macht Bildung überhaupt? Wer ist dafür verantwortlich?

Das Aneignen von Bildung hat kein spezifisches Alter oder gar eine dafür verantwortliche Person. Im Großen und Ganzen ist jeder Mensch selbst dafür verantwortlich, wie er Bildung erlangt. Ob Bildung im Alltag, Bildung im sozialen Sinne oder klassischerweise die schulische Bildung. Eltern schicken ihre Kinder in eine Schule, damit sie Bildung auf verschiedensten Ebenen erhalten. Nach dem Schulabschluss sollten diese also im Stande sein, sich in vielen Gebieten und Wissensbereichen auszukennen, angefangen bei Naturwissenschaften, Mathematik oder Informatik, bis hin zur Aneignung verschiedenster Fremdsprachen.

Aufgrund der 9- jährigen Schulpflicht in Österreich kann man folglich davon ausgehen, dass jedes Kind, wenn auch in verschiedenen Ausmaßen, Wissen sowie Bildung erfährt. Aus diesem Grund passiert es in unserer Gesellschaft häufig, dass Lehrer und Lehrerinnen automatisch für den Wissenserwerb der Kinder verantwortlich gemacht werden. Wenn ein Kind gute Noten nach Hause bringt, lobt man den Schüler oder die Schülerin aufgrund der guten Leistung. Zeigt ein Kind aus derselben Klasse mit der gleichen Lehrperson jedoch ihren Eltern eine schlechte Note, wird häufig die Lehrperson dafür verantwortlich gemacht. Denn diese hat ja die Aufgabe, den Schüler und Schülerinnen etwas beizubringen und dies auch verständlich zu erklären. Eine schlechte Note ist für viele Menschen ein Zeichen, dass eine Lehrperson versagt hat – nicht aber das Kind selbst.

Doch so sollte das nicht sein. Der Beruf als Lehrperson hat in den letzten Jahren sehr an gesellschaftlichen Wert verloren. Vor allem Volksschul- oder Unterstufenlehrpersonen ist es zugeschrieben worden, dass ihre Aufgabe ja gar nicht so schwer sei. Ein bisschen singen, spielen und nebenbei ganz einfache Rechnungen durchzuführen, Buchstaben zu lernen oder über ein beliebiges Thema aufzuklären, kann gar nicht so schwer sein. Das kann doch jeder gebildete Erwachsene, oder? Früher haben dies die meisten Personen durchaus gedacht. Doch was hat die Meinung dieser Menschen geändert? Was war der auslösende Faktor? Wie so gut wie jede Antwort in der aktuellen Zeit lautet sie auch hier: Corona.

Erst durch die Corona bedingte Schließung der Schulen und anderen Bildungseinrichtungen ist es vielen erst bewusst geworden, was Lehrpersonen in ihrem Beruf überhaupt leisten. Denn von dem einen auf den anderen Tag waren diese nicht mehr verfügbar, die Eltern waren mit der Weiterbildung ihrer eigenen Kinder auf sich allein gestellt. Plötzlich hieß es nicht mehr „einfache Rechnungen oder Buchstaben zu lernen kann doch nicht so schwer sein“. Viele Erwachsenen standen nun vor einer herausfordernden neuen Aufgabe, welche sie nicht oder nur schwer zu meistern wussten. Selbst mit all den vorgegeben Aufgaben sowie Lernunterlagen der Lehrer/innen, die sie online zugeschickt bekommen haben, wussten sie nicht, wie sie ihrem Kind das nun vermitteln sollen. Wie erklärt man einem Kind, dessen Aufmerksamkeit sich nur kurz aufrechterhalten kann, und welches sich durch jede Kleinigkeit ablenken lässt, wie es 3 mal 6 rechnen soll?

Aufgrund der Corona Pandemie hat man erst bemerkt, was Lehrkräfte wirklich leisten. Sie besitzen nicht nur Fachwissen, sondern auch die Fähigkeit, dieses Wissen in Form von Bildung an andere weiterzugeben. Eine Lehrperson, egal ob für die Primar- oder Sekundarstufe, muss eine vielumfassende Ausbildung absolvieren, die viel mehr Bereiche thematisiert als lediglich das jeweilige Fach oder gar Lesen und Schreibe zu können. Obwohl eine Lehrkraft laut Helmke natürlich auch wesentlich für den Aspekt der Lehrerprofessionalität, wie etwa das dementsprechende Fachwissen und die Kompetenzen, zuständig ist, erfordert das Lehren vor allem didaktische Kenntnis und das Einsetzten verschiedenster Modelle. Nur in dieser Kombination kann es demnach gelingen, einem Kind etwas beizubringen, ohne es gleichzeitig zu überfordern.

Auch die Unterrichtsplanung ist ein wesentlicher Faktor des Lehrens. Um sich für eine einzige Unterrichtsstunde vorzubereiten, arbeiten Lehrer oder Lehrerinnen oft Stunden, wenn nicht sogar Tage, denn diese muss bis ins kleinste Detail geplant werden. Bereits Bloom hat die verschiedenen Ebenen des Denkens und somit die wesentlichen Faktoren einer qualitativen und lehrreichen Unterrichtsstunde anhand eines sechs Stufen Modells in seinen bekannten Taxonomien beschrieben. Somit gliedern sich die Grundlagen des kognitiven Lernprozesses eines Kindes aufsteigend in Wissen, Verständnis, Anwendung, Analyse, Synthese sowie Beurteilung. Für eine Lehrperson heißt dies nun, eine Unterrichtsstunde so zu planen, dass jede der sechs Teile darin enthalten und somit jede Ebene gefördert wird.

Aus diesen Taxonomien sowie den davor beschriebenen Anhaltspunkten wird also deutlich, dass erklären oder vorzeigen nicht alles ist, was eine Lehrperson ausmacht. Sich Wissen über ein bestimmtes Thema anzueignen ist nicht schwer, dieses jedoch an ein Kind weiterzugeben eine herausfordernde Aufgabe. Damit möchte ich abschließend hervorheben, dass der Lehrberuf einen der wichtigsten Berufe in unserer Gesellschaft ausmacht und uns dies dank der Corona Pandemie, die ansonsten ganz und gar nicht viel Positives mit sich gebracht hat, erst wirklich bewusst geworden ist.

Literatur:
Bloom, B. (1976). Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich (5. Aufl.). Weinheim: Beltz Verlag.
Helmke, A. (2003). Unterrichtsqualität erfassen, bewerten, verbessern. Seelze: Kallmeyer.




Chancengleichheit und Stereotypen – „Mut zur Veränderung oder Kapitulation“

Verfasserin: Denise Zacherl

Mut zur Veränderung oder Kapitulation

Nachdem ich im Rahmen einer Lehrveranstaltung das Kapitel „Chancenlos von Anfang an. Bildungsalltag vom Kindergarten bis zur Matura.“ aus dem Buch „Generation haram: Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben“ von Melisa Erkurt gelesen habe, ist mir wieder einmal bewusst geworden, wie unsere heutige Gesellschaft funktioniert. Der Wert der eigenen Persönlichkeit, der individuellen Talente sowie Gefühle rückt immer mehr in den Hintergrund. Wenn man ein Mitglied der Gesellschaft werden will, muss man eine bestimmte Norm erfüllen. Und dies fängt schon früh an. Alles was anders ist, wird mittlerweile als „ohnehin hoffnungslos“ gewertet und die individuelle Persönlichkeit nicht mehr berücksichtigt.

Wenn ich als angehende Lehrperson nun über meine Zukunft nachdenke, habe ich großes Bedenken. Ich möchte jedem Kind die gleichen Voraussetzungen mitgeben, jeden individuell fördern sodass sie sich persönlich weiterentwickeln können und ihnen auch bei ihren alltäglichen Problemen behilflich sein. Ich sehe meine Aufgabe darin, jedem die gleiche Chance zu geben, das Ziel zu erreichen, auch wenn dies sehr schwer ist. Die meisten Lehrpersonen scheitern leider exakt an dieser Aufgabe, obwohl dies einer der wichtigsten Punkte in der Entwicklung der Kinder darstellt.

Doch wieso ist genau das so schwer? Weshalb bekommt nicht jeder die gleichen Chancen? Auch Erkurt hat sich in ihrem Buch diese Frage gestellt, kam dabei jedoch auf keine einheitliche Antwort. Eine Begründung auf das „wieso“ lässt sich oftmals auf den Sprachgebrauch zurückführen. Viele Kinder mit Migrationshintergrund beherrschen die deutsche Sprache nicht, selbst die Muttersprache wird nur brüchig gesprochen. Aufgrund dieses Sprachdefizits ist es speziell für solche Kinder überaus schwer, etwas zu lernen. Sie verstehen die Erklärung der Lehrer/innen nicht, die Aufgabenstellungen sowie ihre Mitschüler/innen – sie sind schlicht chancenlos. Die Schule wird buchstäblich ein Ort des Unbehagens, der Ausgrenzung. Dass dieses massive Problem der österreichischen Schulen behoben werden muss, ist selbstverständlich. Aber wie soll dies geschehen? Wer soll sich damit auseinandersetzen?

Die heutige Gesellschaft erwartet, dass eine pädagogisch ausgebildete Lehrperson in der Lage ist, ein Kind zu unterrichten, ganz egal welche Voraussetzungen es von zu Hause in den Unterricht mitgebracht hat. Ob es nun die Unterrichtssprache beherrscht oder die gesellschaftlichen Normen kennt, wird nicht beachtet. Denn dies muss ohnehin von einer Lehrperson ausgeglichen werden. Dadurch wird ein/r Lehrerin nicht nur vor eine große, fast unmögliche Aufgabe gestellt, sondern wird dem eigentlichen Beruf „Lehrer“ nicht mehr gerecht. Eine Lehrer/in müsste sich eigentlich voll und ganz auf das Lehren konzentrieren, die Ausbildung der Schüler/innen ganz klar in den Mittelpunkt stellen. Doch dies ist heutzutage nicht immer möglich, da die Voraussetzungen in den Schulklassen nicht mehr gegeben sind. Häufig kümmern sich die Eltern zu wenig, vermitteln keine gesellschaftlichen Regeln und reden nur in der jeweiligen Muttersprache oder überhaupt nur selten mit ihren Kindern, sodass der deutsche Sprachgebrauch für die Betroffenen schlicht fremd erscheint. Speziell jene Faktoren sollten von den Eltern erfüllt werden, nicht etwa von einer Lehrkraft. Doch in der Realität ist dies genau der Fall. Lehrpersonen stehen Tag für Tag vor der Herausforderung, allen Kindern in der Klasse gerecht zu werden, ob diese nun die Unterrichtssprache beherrschen oder sich an die Regeln halten. Sie versuchen ihr Bestes, scheitern jedoch täglich. Jedem Schulkind individuell gerecht zu werden, ist eine Sache der Unmöglichkeit. Dies betrifft jedoch nicht nur Lehrer/innen der Primar- oder Sekundarstufe, sondern vor allem auch Pädagogen/innen im Kindergarten. Besonders in diesem Alter ist die individuelle Entwicklung für ein Kind äußerst wichtig.

Was kann also nun dagegen unternommen werden? Wie kann man diese Chancen-Ungleichheit im österreichischen Schulsystem vorbeugen? Meiner Meinung nach sollte die „schulische“ Erziehung bereits sehr früh beginnen, dass genau jenes, was zu Hause fehlt, früh ausgeglichen werden kann. Die Grundvoraussetzung wäre hierfür ein 2. verpflichtendes Kindergartenjahr, ebenso wie kleinere Gruppen und mindestens zwei Pädagogen/innen pro Kindergartengruppe, um jedem Kinde genug Zeit sowie Raum zur Verfügung zu stellen. Nur auf diese Weise kann auf die individuellen Bedürfnisse jedes Kind eingegangen werden und somit bereits zu Schulbeginn eine Chancengleichheit für die Bildung bestehen.

Weiter wäre es dem österreichischen Bildungssystem zu wünschen, auch in jeder Volksschulklasse zwei Lehrkräfte einzusetzen. Zusätzlich sollte in jeder Bildungseinrichtung mindestens eine psychologische Anlaufstelle zur Betreuung der Schüler und Schülerinnen und auch, wenn gewünscht, den Lehrpersonen oder sogar den Eltern zur Verfügung stehen. Neben dem oben genannten würde ich die Idee der Ganztagesschule befürworten. Auf diese Weise erhalten all jene Schüler und Schülerinnen, die es brauchen, eine zusätzlich gezielte Förderung. Nicht nur auf die schulischen Aufgaben bezogen, sondern auch auf die Integration durch gemeinsame Sport- oder Spielangebote, Spaß und Kommunikation am Nachmittag.

Denn der wichtigste Aspekt in den eben aufgezählten Punkten bildet die vollständige Integration der Migrantenkinder. Denn Chancengleichheit beruht nicht immer nur auf das gleiche Bildungsangebot, sondern speziell auch auf das gemeinschaftliche Leben. In unserer Gesellschaft kommt es mitunter häufig vor, Menschen anhand gewisser „Stereotypen“ zu beurteilen. Sie sortieren Menschen anhand ihrer Herkunft und Religion aus, ohne die eigentliche Person überhaupt anzusehen. Sie bestimmen, wer dazugehören darf und wer nicht. Und diese Vorurteile haben ihren Ursprung eben leider schon in der Schule. Jedoch ist die Sprache Deutsch nicht der Schlüssel zum Erfolg. Die persönlichen Talente und Interessen stecken dahinter, nicht die Herkunft, die Muttersprache oder gar das Aussehen. Aus diesem Grund würde ich mehr Integrationskurse für Schüler und Schülerinnen fordern. Nicht nur, um den davon betroffenen Kindern besser Deutsch zu lernen, sondern auch, dass den österreichischen Kindern von Anfang an bewusst gemacht wird, Menschen in keine Kategorien einzuordnen. Es wird ihnen dadurch vermittelt, dass jeder Mensch auf seine eigene individuelle Art und Weise einzigartig ist. Und genau das spricht für die Chancengleichheit! Jeder Mensch hat die gleichen Chancen verdient, ganz egal welche Voraussetzungen er mitgebracht hat. Je früher unsere Gesellschaft das lernt, desto besser funktioniert unser aller Miteinander.