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Wertpluralität II – Wertoffenheit und Regeln, ein Widerspruch?

Wertpluralismus erfordert Diskurs und Offenheit. Doch nach welchem Wertesystem richten sich Regeln innerhalb der Schule?

Im letzten Beitrag habe ich das Thema Wertdiskurs angesprochen und das dieser wichtig dafür ist, dass sich SuS in der Klasse verstanden und wohlfühlen. Allerdings kann es vorkommen, dass es mehr oder weniger große Differenzen zwischen Wertvorstellungen von Lehrenden und SuS bzw. deren Eltern kommt.

Zusammenleben erfordert gewisse Regeln. Diese Regeln sowie das Erziehungsverhalten von Lehrpersonen entstehen auf Grundlage des jeweiligen Wertesystems (Sturm et. al. 2013). Im Falle unseres Schulsystems sind dies humanistische, säkulare, demokratische Werte, die sich auch in der Gesetzgebung (vgl. Verfassung, Menschenrechtscharta…) wiederfinden. Konkrete Werte wie z.B. Chancengleichheit, Weltoffenheit, Akzeptanz, Menschenwürde uvm.sind auch im allgemeinen Teil des österreichischen Lehrplans festgehalten. Schulintern gibt es auch Regelwerke wie die Schulordnung, nach welchen man sich richten sollte.

Nun wissen wir ja bereits, dass in der Klasse viele verschiedene Vorstellungen von Werten, Moral etc. existieren. Die Schwierigkeit besteht darin, einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Im Kontext des Wertdiskurses sollte all das Platz finden, was den Mitmenschen auf wertschätzende Weise begegnet. Das heißt dort, wo andere auf welche Art auch immer diskriminiert werden, ist eine Grenze zu setzen.
Mit dem Eintritt in die Schule verpflichten sich SuS und vor allem deren Eltern, die Regeln und Werte der Schule, denen die oben genannten Gesetzeswerken zugrunde liegen, zu akzeptieren. Es geht nicht darum, dass sie sich dem Gesetz unterwerfen müssen, sonders darum, dass ein Miteinander nur mit gewissen Spielregeln möglich ist.
Der positive Umgang miteinander ist nicht nur für eine funktionierende Schule essentiell, sondern generell für das Zusammenleben in einer Sozietät und das sollte den SuS demensprechend vermittelt werden.

 

Literatur:

Lehrplan AHS allgemeiner Teil Ober- und Unterstufe. URL: https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/unterricht/uek/medien_lp_ahs_25725.pdf?61ebv5. [Zugriff 26.07.2018]

Sturm, C., Gläser, E., Naurath, E., u.a. (2013). Fächerübergreifende und fachspezifische Werte-Bildung.(E. Naurath, M. Blasberg-Kuhnke, R. Mokrosch, u.a., Hrsg.) Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

 




Wertpluralität I – Offenheit als Grundlage für den Wertediskurs

Plurale Wertvorstellungen im Unterricht TEIL 1

Wertpluralität allgemein – Offenheit und Reflexion als Grundlage für den Wertdiskurs

Innerhalb des Klassenzimmers existieren viele Formen von Diversität. Eine davon ist z.B. die Diversität in Bezug auf Wertvorstellungen.

„Werte“ sind konstruiert und individuell ausgeprägt. Als „Werte“ gelten z.B. Ideale für ein erfülltes Leben, Ziele für die Zukunft oder auch Maßstäbe zur Beurteilung von Verhalten oder Situationen (Sturm et. al. 2013). Beeinflusst durch kulturelle und soziale Herkunft sowie durch verschiedene Erfahrungen eignet sich im Laufe des Lebens ein/e jede/r sein eigenes Moral- bzw.  Werteverständnis an. Kinder und Jugendliche orientieren sich besonders an Vorbildern aus ihrem sozialen Umfeld z.B. an ihren Eltern, Familienmitgliedern oder auch an Personen in ihrer peer group.
Das heißt, Werte sind etwas sehr Persönliches und (für das jeweilige Individuum) Selbstverständliches.
Gerade weil unsere eigenen Wertvorstellungen für uns selbst derart normal und selbstverständlich scheinen, ist es von Bedeutung, uns der Pluralität von Werten bewusst zu sein. Werte sind zudem sehr emotional besetzt. Trifft man mit seinen Wertvorstellungen auf Unverständnis, kann dies einschüchternd und sogar verletzend wirken.

So unterschiedlich die Vorgeschichten sind, die SuS in den Unterricht mitbringen, so verschieden sind auch ihre Wertvorstellungen. Wichtig ist, dass die Lehrperson diese Heterogenität berücksichtigt. Es zeigt den SuS, dass sie von der Lehrperson nicht nur wahr- sondern auch ernst genommen werden. Darüber hinaus hilft es der Lehrperson dabei, die SuS dort abzuholen, wo sie gerade stehen, wenn sie über die Prioritäten der SuS Bescheid weiß.

Grundlage für einen erfolgreichen Umgang mit Werte-Heterogenität ist die Auseinandersetzung der Lehrperson mit ihren eigenen Wertvorstellungen und dahingehenden Bedürfnissen. Außerdem sollten Lehrende auch Normen und Werte der eigenen Gesellschaft bzw. Kultur und Unterschiede zu anderen Kulturkreisen kennen.
Geht die Lehrperson offen mit verschiedenen Wertvorstellungen um, entsteht ein Klima, das Diskursmöglichkeiten eröffnet. Durch diese Vorbildhaltung und die Option zur Diskussion in der Klasse ist es für SuS besser möglich, den Wertpluralismus innerhalb der Klasse wahrzunehmen und einander mit Verständnis zu begegnen (Mokrosch & Regenbogen 2009). Generell ist ein entspanntes, diskursfreundliches Klima die beste Voraussetzung, mit heterogenen Strukturen umzugehen und aus ihnen zu schöpfen.

 

Literatur:

Mokrosch, R., & Regenbogen, A. (2009). Werte-Erziehung und Schule. Ein Handbuch für Unterrichende.(R. Mokrosch, Hrsg.) Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht.

Sturm, C., Gläser, E., Naurath, E., u.a. (2013). Fächerübergreifende und fachspezifische Werte-Bildung.(E. Naurath, M. Blasberg-Kuhnke, R. Mokrosch, u.a., Hrsg.) Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

 




Lehrkräfte mit Migrationshintergrund

In einem aktuellen Zeitungsartikel plädiert ein Integrationsexperte für mehr LehrerInnen mit Migrationshintergrund. Laut Kenan Dogan Güngör werden die Schulklassen immer heterogener und die Lehrerzimmer immer homogener.

„Lehrer, die aus unterschiedlichen Kulturkreisen kommen und zusätzlich eine andere Sprache sprechen, könnten mit der Diversität in den Klassenzimmern umgehen und auch ihre Kollegen unterstützen, die Kinder besser zu verstehen. Sprache baut Vertrauen auf“, erklärt der türkischstämmige Soziologe.

Ruep, Stephanie, „Integrationsexperte plädiert für mehr Lehrer mit Migrationshintergrund“; in https://derstandard.at/2000043939349/Integrationsexperte-plaediert-fuer-mehr-Lehrer-mit-Migrationshintergrund [02.07 2018]

Aufgrund des Artikels habe ich mich mit diesem Thema beschäftigt und möchte in den nächsten Zeilen die Vorteile von LehrerInnen mit Migrationshintergrund erläutern:

Wie SchülerInnen MIT Migrationshintergrund profitieren können

  • Rollenvorbilder
    Konkret liegt der Vorteil darin, dass die SS die Lehrperson aufgrund des Erfolgs als Vorbild sehen können, mit dem sie das Bildungssystem der Mehrheitsgesellschaft absolviert haben und damit in der Gesellschaft integriert sind. Jedoch bleibt es eine Vermutung, dass die Vorbildfunktion zum Bildungserfolg der SS führt, da es noch keine wissenschaftliche Studie belegen konnte.
  • AnsprechpartnerInnen
    Dieser Vorteil besteht darin, dass sich SchülerInnen mit Migrationshintergrund von Lehrkräften mit Migrationshintergrund besser verstanden fühlen, da sich diese aufgrund ihrer eigenen Migrationserfahrung eher in die Situation kultureller und sprachlicher Heterogenität hinein versetzen bzw. diese besser nachvollziehen können.
  • Schulische Integration und Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls
    Für die Schüler und SchülerInnen ist es sehr wichtig sich der Schule bzw. Klassengemeinschaft zugehörig zu fühlen. Wenn eine Mensch zu einer ethnischen Minderheit gehört, könnte das innerhalb der Schule zu einen Gefühl der Ausgeschlossenheit führen. Laut einer Studie von Strasser und Steber kann eine Lehrkraft mit Migrationshintergrund dazu führen, dass sich die Präsenz eines Zugehörigkeitsmerkmals zu einer Minderheit für SchülerInnen mit Migrationshintergrund verringert.
  • Rücksicht bei der Vermittlung von Inhalten
    SchülerInnen mit Migrationshintergrund könnten bestimmte Inhalte aufgrund kultureller Unterschiede anders auffassen und verstehen. Eine Lehrkraft mit Migrationshintergrund ist sich laut Strasser und Steber dieser Möglichkeit eher bewusst und nimmt bei der Vermittlung von Inhalten Rücksicht darauf.
  • Wie SchülerInnen OHNE Migrationshintergrund profitieren könnenAbbau von Stereotypen, Hinwegkommen über Klischees und ein positives Bild von Minderheiten bekommen
    Man geht davon aus, dass LehrerInnen mit Migrationshintergrund für SS ohne Migrationshintergrund ein Anreiz für den Abbau von negativen Stereptypen gegen Minderheitszugehörigen sein könnte.
  • Realistisches Bild einer multikulturellen Gesellschaft entwickeln und kulturelle Hintergründe verstehen
    Laut einer Studie könne sich ein realistisches Bild vom Leben mit pluralisierten Lebensentwürfen in Migrationsgesellschaften entwickeln (Georgi et al 2011: 25).Wie ALLE SchülerInnen profitieren können
  • Verbesserung der interkulturellen Kompetenz und Kommunikationdurch eine Lehrkraft mit Migrationshintergrund den professionellen Umgang mit
    Alle SchülerInnen können ihre interkulturellen Kompetenzen verbessern, indem sie durch eine Lehrkraft mit Migrationshintergrund den professionellen Umgang mit kulturellen Unterschieden lernen.

 

Kölbl K. (2013). Lehrkräfte mit Migrationshintergrund – Wie SchülerInnen sie wahrnehmen und von ihnen profitieren. Diplomarbeit an der Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät, Universität Wien, Wien.




Der Mensch als Produkt – Teil 4: Die kritische Wende – Schule und Wirtschaftspolitik

In den 60er- und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden Diskussionen um das Bildungswesen laut, die eine kritische Wende in der Betrachtungsweise von Bildungssystemen einläuteten: Diese wurden nun kritisch im Lichte des Kapitalismus betrachtet. Demnach hatte das Schulsystem für die Gesellschaft primär drei Bedeutungen:

  • Der Staat finanziert die Herstellung von für das kapitalistische Wirtschaftssystem wichtigen Qualifikationen, deren Herstellung für das „Kapital“ aber finanziell zu aufwendig wäre und daher in das Schulsystem verlegt wird.
  • Schulsysteme lehren das Akzeptieren sowohl von Herrschaftsverhältnissen als auch insbesondere der Produktionsverhältnisse einer kapitalistischen Gesellschaft.
  • Schulsysteme dienen der Reproduktion der Klassengesellschaft

Gerade die letzten zwei Punkte sind im Hinblick auf die Vergangenheit des Schulsystems durchaus berechtigt.

Der sich über viele Schuljahre intensivierende Haupteffekt dieser schulischen Beeinflussung wurde ganz wesentlich im Generieren von Haltungen und Einstellungen ausgemacht, die eben von Nöten waren, um unter industriellen und kapitalistischen Produktionsbedingungen ein angepasstes Verhalten zu erzeugen. Hinzu kommt die schulische Beeinflussung bezüglich arbeitsmarktgerechter Qualifikationen sowie das Selektieren und soziale Schichten der Heranwachsenden.

Wie bildungsbezogenes Denken zu jener Zeit geleitet ist durch wirtschaftliche Vorstellungen zeigt ein kleiner Auszug aus einem Heft einer Schriftenreihe, das 1968 erschienen ist (somit genau in die betreffene Zeit passt) und die Begegnung von Schule und Wirtschaft thematisiert :

Es wird deutlich, wie eng verwoben hier Bildung und Wirtschaft gesehen werden. Auch fällt der Einzug von Wirtschaftssprache in den Bildungsbereich auf, wenn zum Beispiel von „Bildungskapital“ gesprochen wird – ein Umstand, der häufig beobachtet werden kann und uns auch im nächsten Artikel begegnen wird. Dann wird es nämlich ganz konkret um die Frage gehen, wie weit Wirtschaft mit Bildung in Abhängigkeit steht und welche Zusammenhänge und Bedingungen sich aus einer solchen Konstellation ergeben.

 

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Literatur (sämtlicher Artikel dieser Reihe):

Bohnsack, F. (2008). Schule – Verlust oder Stärkung der Person? Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.

Fend, H. (20082). Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Grimm G. (2011). Uniformierung und (Sozial-)Disziplinierung als pädagogisch-bildungs-politische Leitprinzipien bei der Grundlegung des öffentlich-staatlichen Pflichtschulwesens in Österreich im 18. Jahrhundert. In S. Sting, & V. Wakounig (Hrsg.), Bildung zwischen Standardisierung, Ausgrenzung und Anerkennung von Diversität, Band 12. (S. 101-113). Wien: LIT Verlag.

Klein, R. (2010). Fest-Stellungen: zur Entsorgung von Reflexivität durch Kultur- und Bildungsstandards. In S. Dungs (Hrsg.), & R. Klein, Standardisierung der Bildung. Zwischen Subjekt und Kultur. (S. 29-54). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Oelkers, J. (2003). Wie man Schule entwickelt. Eine bildungspolitische Analyse nach PISA. Weinheim, Basel, Berlin: Beltz Verlag.

Tauscher, A. (1968). Die Stellung des Lehrers in der Gesellschaft von heute oder Die Begegnung von Wirtschaft und Schule. In Sozial- und Wirtschaftskundliche Schriftenreihe, Heft 5. Wien: Sparkassenverlag Gesellschaft m.b.H.

Winter, F. (2006). Leistungsbewertung. Eine neue Lernkultur braucht einen anderen Umgang mit den Schülerleistungen. In J. Bennack, A. Kaiser, & R. Winkel (Hrsg.), Grundlagen der Schulpädagogik, Band 49. Stuttgard: Schneider Verlag.




Umgang mit sexueller Identität

Die sexuelle Identität meint die Befindlichkeit des eigenen Geschlechts. Also wie wir uns selbst sehen und wie wir von den Mitmenschen wahrgenommen werden wollen. Die Identität setzt sich aus den folgenden Faktoren zusammen:

  1. Biologisches Geschlecht (dem Körper): Dieses gliedert sich in genetisch chromosomales, gondadales, hormonelles und morphologisches Geschlecht. Das Genetische Geschlecht wird durch die unterschiedlichen Chromosomensätze (XX und XY) bestimmt. Das Gonadales Geschlecht zeichnet sich durch das Vorhandensein von Eierstöcken und/oder Hoden aus. Der Hormonspiegel gibt Auskunft über das hormonelle Geschlecht und die inneren/äußeren Geschlechtsmerkmale wie Penis, Vagina, Gebärmutter über das morphologische Geschlecht.
  2. Psychisches Geschlecht: meint die innere Überzeugung, als was man sich selbst fühlt. Muss nicht männlich oder weiblich sein, kann auch dazwischen sein.
  3. Soziales Geschlecht: beinhaltet die Werte, wie sich ein Mädchen oder Junge verhalten „soll“. Dies ist jedoch von Kultur zu Kultur unterschiedlich.
  4. Sexuelle Orientierung: Darunter versteht man das Begehren einer Person hinsichtlich des Geschlechts einer Partnerin/eines Partners für Liebe, Sex und Verbundenheit.

 

http://www.respekt.gerede-dresden.de/2008.php?page=200801

Grundsätzlich ist es wichtig, dass eine neutrale Sprach angewandt wird und bei den unterrichtlichen Ausführungen „die Vielfalt der Sexualität“ respektiert wird. Vor allem im Sexualunterricht ist es wichtig einen klaren formalen Rahmen fürs das Unterrichtsgeschehen festzulegen (z.B. Jeder darf ausreden, keiner muss reden, niemand soll sich über Aussagen oder Fragen lustig machen). Ebenso ist es wichtig, auf verschiedene sexuelle Identitäten einzugehen, damit es „normalisiert“ wird.

o.V. „Sexuelle Identität“, in: Internetseite Lust und Frust, 01.07 2017
https://www.lustundfrust.ch/jugendliche/sexuelle-identitaet