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Differenzierung im Unterricht

Schüler/innen, Klassen, Lerngruppen bzw. Gruppen aller Art sind nie Heterogen, so ist auch Unterricht nicht Heterogen. Unter Differenzierung versteht man die Unterscheidung, eine Trennung vorzunehmen oder auch eine Ausgliederung zu vollziehen. Da Unterricht und Schule nicht heterogen sind passiert auch eine Differenzierung. Prinzipiell kann man Differenzierung in innere und äußere Differenzierung unterteilen. Eine äußere Differenzierung findet statt, wenn die Schüler/innen in die jeweiligen unterschiedlichen Schultypen unterteilt werden, eine weitere Form der Differenzierung ist die Unterteilung der Klassen in Leistungsgruppen, wie es in den Hauptschulen der Fall war. Sobald sich Schüler/innen für Wahlpflichtfächer entscheiden können, findet auch hier wieder eine äußere Differenzierung statt, die Differenzierung der Schüler/innen macht sich räumlich bemerkbar, denn die Schüler/innen werden räumlich getrennt voneinander unterrichtet. (SITTE 2001:199) Innere Differenzierung hingegen zielt auf eine Förderung der Individuen ab. Hierzu zählen: die Förderung der Begabungen der Schüler/innen, deren individuellen Fähigkeiten und Interessen, deren Lernvoraussetzungen und all den Punkten in denen sich Schüler/innen unterscheiden können. Eine innere Differenzierung soll alle Schüler/innen, mithilfe von unterschiedlichen, eventuell auch individuellen Methoden und Lernstrategien zum gemeinsamen Ziel führen. (SITTE 2001:199) Ein Unterricht in dem die Schüler/innen alle gleichbehandelt werden und alle dieselben Aufgaben bekommen kann ein individuelles lernen nicht stattfinden, denn die Schüler/innen unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht. Zum Beispiel spielt der soziale Hintergrund, die Lebensumstände der Schüler/innen und deren vorhergehende Schulische Laufbahn eine wesentliche Rolle für Heterogene Klassenstrukturen. Die Schüler/innen unterscheiden sich auch hinsichtlich deren Lernvoraussetzungen und Lerntempo, wodurch bei einem einheitlichen Unterricht eine Überforderung der „schwächeren“ und eine Unterforderung der „stärkeren“ Schüler/innen entstehen kann. Es benötigt für die „schwächeren“ Schüler/innen eine Förderung in den Bereichen, wo sie nicht so einfach zum Ergebnis kommen wie der Rest der Klasse. Passiert es, dass die „schwächeren“ immer weiter zurückfallen, so erleben diese Schüler/innen immer häufig Misserfolg, wodurch die Motivation zum weiterlernen verloren geht. Im Gegensatz dazu darf man aber auch nicht vergessen, die „stärkeren“ Schüler/innen und deren Fähigkeiten und Kenntnisse zu fordern, denn wenn diese Schüler/innen ständig unterfordert sind passiert dasselbe wie bei den „schwächeren“ Schüler/innen: sie verlieren an Motivation und Interesse. (SITTE 2001:200) Um einen individuelle Unterricht bieten zu können, bedarf es jedoch Kompetenten Lehrkräften, welche bereit sind sich unterschiedlichen auch neuen Methoden anzunehmen um die Schüler/innen auf deren benötigte Art und Weise zu fördern und zu fordern. Die Lehrpersonen müssen sich über die Fähigkeiten der Schüler/innen im Einzelnen klar sein, sie müssen deren Stärken und Schwächen kennen und wissen, wie sie diese richtig verwenden um eine Förderung zu veranlassen. Ein Differenzierter Unterricht fordert von der Lehrperson einen erheblichen Mehraufwand in der Vorbereitung, da auch die Unterlagen für die jeweiligen Schüler/innen erstellt und angepasst werden müssen um bei deren jeweiligen Lernstand anzuknüpfen. Es ist wichtig, dass man den Schüler/innen ein gewisses Vertrauen schenkt bzw. den Schüler/innen auch mehr zutraut als bisher, dies muss jedoch auch von den Schüler/innen geschätzt werden, indem sie selbstständig arbeiten. Diese Methode des selbständigen Erarbeitens bedarf natürlich auch eine gewisse Zeit der Einarbeitung. Ein differenzierter Unterricht kann in größeren Klassen als schwieriger angesehen werden, da es erstens eine Intensivere Vorbereitung benötigt und zweitens weniger Zeit für die einzelnen Schüler/innen zur Verfügung steht. Um diesem Zeitproblem entgegenzuwirken könnte das Team-Teaching entgegenwirken, da zumindest zwei Lehrpersonen pro Klasse zur Verfügung stehen. (SITTE 2001:202f) Um einen Differenzierten Unterricht zu gestalten muss man auf unterschiedliche Methoden zurückgreifen, welche variantenreich sind um die unterschiedlichsten Lerntypen anzusprechen und zu motivieren. Die Schüler/innen sollen die Möglichkeit haben voneinander und miteinander lernen zu können, am besten anhand von Problemstellungen, welche einen Lebensweltbezug für die Schüler/innen darstellt und an dem Vorwissen der Schüler/innen angebunden sind. Die Schüler/innen sollen keine Unter- und Überforderung erleben, damit sie Erfolg erleben und somit keine Demotivation entstehen kann. Dies kann durch unterschiedliche Schwierigkeitsstufen der Arbeitsaufträge geschaffen werden. Wichtig ist auch, dass die Arbeitszeiten flexibel eingeteilt werden können, damit den Schüler/innen der Druck genommen wird und ein Lernerfolg sichtbar werden kann. Für einen differenzierten Unterricht eignen sich Methoden wie: Planarbeit, Werkstattunterricht, Stationenlernen, Lernzirkel, Projektunterricht und viele weitere Methoden welche ein lernen mit offenen Strukturen zulässt. (JOLLER-GRAF k.A. 126ff)

 

Literatur:

JOLLER-GRAF, K., (k.A.): Binnendifferenziert unterrichten. In: BUCHHOLZER, A., KUMMER WYSS, A., (Hrsg.) Alle gleich – alle unterschiedlich! Zum Umgang mit Heterogenität in Schule und Unterricht. Klett und Balmer Verlag. Zug (S. 122-136)

SITTE, W. (2001): Innere Differenzierung. In: SITTE, W., WOHLSCHLÄGL, H. (Hrsg.) Beiträge zur Didaktik des „Geographie und Wirtschaftskunde“-Unterrichts. Band 16. Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien. Wien (S. 199-211)




Heterogenität in Klassen hinsichtlich deren Lern- und Entwicklungsalter

Schulklassen oder Lerngruppen unterscheiden sich in vielerlei Dingen, auch hinsichtlich Alter. In den meisten Klassen ist es der Fall, dass sich das Alter der Schüler/innen um meist ein bis zwei Jahre unterscheidet, dies entspricht jedoch nur dem Kalendarischen Alter nicht aber dem Lern- und Entwicklungsalter. Das Lern- und Entwicklungsalter der Schüler/innen kann sich um bis zu vier Jahre unterscheiden, ohne dass man von einer Beeinträchtigung der jeweiligen Schüler/in spricht. (ALTRICHTER et. al. 2009:342) Das Lern- und Entwicklungsalter kann sich von Schüler/in zu Schüler/in unterscheiden, zum Beispiel kann es sein, dass bei sieben Jährigen der Entwicklungsunterschied mindestens drei Jahre beträgt. Des Weiteren kann man auch sagen, dass das Entwicklungsalter der Jungen im Schnitt um circa eineinhalb Jahre hinter dem der Mädchen liegen. Es kann sich aber auch das Lern- und Entwicklungsalter im Kind selbst unterscheiden. Das heißt, dass es sein kann, dass die sprachlichen Fähigkeiten eines Kindes um einiges besser entwickelt sind als die motorischen Fähigkeiten. (SALNER-GRINDLING 2009:15) Eine Klasse bzw. eine Gruppe von Schüler/innen ist nie homogen, betrachte man diese Heterogenität als Chance so kann auf die unterschiedlichen Lern- und Entwicklungsalter der Schüler/innen eingegangen werden. Macht man dies, muss man bereit sein, neue Wege zu gehen. Ein Beispiel hierfür wäre ein Jahrgangsübergreifender Unterricht. Ein solcher Unterricht bringt positive Auswirkungen für die Schüler/innen, aber auch für die Lehrer/innen mit sich. Aufgrund der offenen Lernstruktur ist es möglich, von Gleichaltrigen oder von älteren oder jüngeren Mitschüler/innen zu lernen. Das Lernen von und mit Mitschüler/innen funktioniert oftmals besser, als wenn es die Lehrperson zu erklären versucht, da die Sprache der Schüler/innen deren Alter besser angepasst ist. Dieses Voneinander und Miteinander lernen fördert die soziale und die fachliche Kompetenz der Schüler/innen sehr. Damit ein Jahrgangsübergreifender Unterricht funktionieren kann, muss die Lehrperson über einige wichtige Kompetenzen verfügen und natürlich auch von dem Konzept überzeugt sein. Die Lehrperson muss ihre „altmodische“ Einstellung gegenüber Unterricht neu denken und eine Änderung zulassen, denn der Jahrgangsübergreifende Unterricht bedeutet vor allem für die Lehrperson, dass sie Verantwortung abgeben muss um mehr Verantwortung und Vertrauen den Schüler/innen überschreiben zu können. Das heißt, die Lehrperson muss den Schüler/innen mehr Eigenverantwortung und Selbstregulation zutrauen. (THURN k.A.)

 

Literatur:

 

ALTRICHTER, H., DOPPLER, B., SOMMERAUER, S., TRAUTMANN, M., WISCHER, B., (K.A.): Unterricht in heterogenen Gruppen: Das Qualitätspotenzial von Individualisierung, Differenzierung und Klassenschülerzahl

SALNER-GRINDLING, I. (2009): Querfeldein: individuell lernen –differenziert lehren. AMEDIA GmbH, Wien.

THURN SUSANNE (K.A.): Leben, lernen, leisten in jahrgangsübergreifenden Gruppen. In: Buchholzer, A., Kummer Wyss, A. (Hrsg.): Zum Umgang mit Heterogenität in Schule und Unterricht

 

 

 




Welche Auswirkungen hat eine Separation der Klassen? Durchsetzung der Deutschklassen in Österreich.

Derzeit wird die Umsetzung des FPÖ-Wahlversprechens, die Durchsetzung der Deutsch-Förderklassen heiß diskutiert. Was bedeutet es für Schulen, für Schüler/innen und für den Unterricht, wenn man die Klassen aufgrund derer Deutschkenntnisse separiert? Welche Auswirkungen haben diese Maßnahmen, welche anderen Wege würde es geben um die Deutschkenntnisse der betroffenen Schüler/innen zu fördern? Was bedeutet sprachliche Heterogenität in Klassen und kann diese auch als Chance betrachtet werden?

Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund (Kinder zwischen 6 und 10 Jahre) liegt in Deutschland bei 30 % (SCHRÜNDER-LENZEN 2009:121). In Österreich liegt der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund, laut Statistik Austria (2017) bei 22,8 %. Eine frühe Förderung der Sprachkenntnisse ist, vor allem für die Kinder, welche nicht in Österreich geboren sind von großer Bedeutung. Das Wahlversprechen der FPÖ, die Extraklassen für Schüler/innen mit schlechteren Deutschkenntnisse durchzusetzen, zieht jedoch einige Nachteile mit sich, denn das Trennen der Schüler/innen trägt zu einer Diskriminierung und Ausgrenzung der Schüler/innen bei.

Die Deutschförderklassen richten sich an all jene Schüler/innen welche über zu geringe Deutschkenntnisse verfügen, diese Schüler/innen werden als „außerordentliche“ oder „nicht schulreife“ Schüler/innen bezeichnet. Die Schüler/innen bekommen einen speziellen Deutsch-Förderunterricht im ausmaß von 15 Stunden pro Woche (Volksschule) und 20 Stunden pro Woche (Sekundarstufe 1) in extra dafür vorgesehenen Klassen. Die Fächer Werken, Musik und Sport, welche wenig Sprachkenntnisse benötigen dürfen die Schüler/innen in der Stammklasse absolvieren. Um den gesamten Unterricht in der Stammklasse beiwohnen zu dürfen müssen die Schüler/innen der Deutsch-Förderklasse einen standardisierten Test bewältigen. Dieser Test besagt, ob die Sprachkenntnisse ausreichen sind und der/die Schüler/in wieder zurück in die Stammklasse darf, die Sprachkenntnisse mangelhaft sind und der/die Schüler/in als ao-Schüler in der Stammklasse unterrichtet wird, jedoch mit zusätzlichen Deutschförderkurs, oder ob der/die Schüler/in weiterhin in der Deutschförderklasse bleiben muss um die Sprachkenntnisse weiter aufzubauen. (BMBWF k.A.) Einerseits kann ein solcher intensiver Deutsch-Förderkurs als notwendig und wichtig betrachtet werden, jedoch denke ich, dass diese Separierung der Schüler/innen mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringt. Meiner Meinung nach wird durch diese Klassenteilung eine Spaltung der Klassengemeinschaft forciert, da eine Unterscheidung nach sozialem Hintergrund und Wertigkeit erfolgt. Vermutliche bilden sich überwiegend Herkunftshomogene Kleingruppen, dies macht es wiederum schwierig, die kulturelle Heterogenität der Schüler/innen als Chance für die gesamte Klasse nutzen zu können. Durch diese Herkunftshomogenen Kleingruppen kann dazu führen, dass in den Pausen vermehrt in der Muttersprache gesprochen wird du somit der soziale Kontakt zu anderen Mitschüler/innen vernachlässigt wird. Allein diese wenigen Punkte führen mich zu dem Entschluss, dass durch die Trennung der Schüler/innen aufgrund deren sprachlichen Fähigkeiten, es nicht möglich ist, Heterogenität (hier auf die sprachliche und kulturelle Heterogenität bezogen) als Chance für guten Unterricht zu betrachten. Ich denke daher, dass es sinnvoller wäre die Schüler/innen gemeinsam zu unterrichten. Des Weiteren könnte man über andere Angebote nachdenken, wodurch man die Sprachkenntnisse fördern kann, eventuell auch außerhalb der Schulzeit. Angebote wie Turnverein, Schwimmkurse, gemeinsame Spielnachmittage mit Sprachförderung (für Eltern und Kinder), usw.

Um im regulären Unterricht eine Sprachförderung zu gewährleisten ist es wichtig, dass man die rezeptiven und produktiven Sprachkompetenzen und die Sprachbewusstheit fördert, denn sie sind unumgänglich miteinander verbunden. So benötigt zum Beispiel Lesen eine rezeptive Kompetenz, jedoch setzt Lesen eine gewisse sprachkonstruktive Kompetenz voraus. Rechtschreibung ist eine produktive Fähigkeit und setzt sowohl Aufmerksamkeit und Sprachbewusstsein voraus. (SCHRÜNDER-LENZEN 2009:130) Beispielsweise kann man das Hör- und Leseverständnis der Schüler/innen durch gut artikuliertes Vorlesen (durch die Lehrperson) gefördert werden. Auch der Einsatz von Medien, Höraufgaben kann das Hörverstehen z.B.: selektives Hören und Detailverstehen stärken. Bewusste Steuerung der Aufmerksamkeit, erstellen von MindMaps oder das „markieren-lernen“ mit Textmarker ist für Sprachlernen wichtig. (SCHRÜNDER-LENZEN 2009:132f) Um Sprache optimal fördern zu können ist es wichtig, das Kind nicht nur im Hinblick derer Sprache zu betrachten, Sprachdiagnostik über die gesamte Schulzeit hinweg und die Vielfalt der Klasse als Chance zu betrachten und nutzen (SCHRÜNDER-LENZEN 2009:134).

Literatur:

SCHRÜNDER-LENZEN, A. (2009): Sprachlich-kulturelle Heterogenität als Unterrichtsbedingung. In: FÜRSTENAU, S., GOMOLLA, M. (Hrsg.) Migration und schulischer Wandel: Unterricht. VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden (S. 121-139)

 

Statistik Austria (2017): Bevölkerung mit Migrationshintergrund nach Bundesländern (Jahresdurchschnitt 2017) <http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bevoelkerung/bevoelkerungsstruktur/bevoelkerung_nach_migrationshintergrund/index.html> (Zugriff: 2018-07-10)

 

BMBWF (k.A.) Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Deutschförderklassen und Deutschförderkurse <https://bmbwf.gv.at/fileadmin/user_upload/Aussendung/BM_Faßmann/Presseunterlage_Deutschförderklassen.pdf> (Zugriff: 2018-07-10)