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Könnte Monoedukation die Lösung sein?

Wie wir alle wissen durften Mädchen und Jungen nicht immer an unseren Schulen gemeinsam unterrichtet werden. Wenige wissen aber, dass erst in den 1960er Jahren Koedukation konsequent in Europa durchgesetzt wurde (obwohl erste Versuche bereits nach dem 1. Weltkrieg stattgefunden haben). Um gemischte Klassen gesetzlich einzuführen, brauchte man jedoch konkrete theoretische Grundlagen, und diese stellte die Gendertheorie bereit (welche durch die 1. Welle der Frauenbewegung auf fruchtbaren Boden fiel).

Die Geschlechterforschung sieht Geschlecht als eine soziale Konstruktion: „als eine Form der Einteilung von Menschen […] einerseits und als eine Inszenierung/Darstellung durch Menschen andererseits,“ Faulstich-Wieland zufolge (S. 17). Das heißt, dass jeder Mensch, bewusst und unbewusst, an der Bildung des sozialen Geschlechts unaufhörlich beteiligt ist. Dieser Vorgang wird in der Gendertheorie durch das Konzept ‚doing gender von C. West und D. Zimmermann erklärt, welcher auch als Dramatisierung von Geschlecht bezeichnet wird.

Das zweite relevante Konzept des ‚undoing gender von S. Hirschauer, oder die deutsche Entsprechung der Entdramatisierung von Geschlecht von E. Goffman, soll dem obengenannten entgegenwirken.

Warum?

Weil die Dramatisierung von Geschlecht auf Geschlechterstereotypen basiert, die im Laufe unserer gesellschaftlichen Entwicklung entstanden sind und noch immer einen großen Einfluss auf uns alle haben. Durch Entdramatisierung, d.h. durch die bewusste Neutralisierung der Geschlechterdifferenzen werden Geschlechterstereotypen entschärft.

Faulstich-Wieland fasst folgendermaßen zusammen: „Mit Dramatisierung machen wir gezielt und zentral auf Geschlecht aufmerksam, mit Entdramatisierung gehen wir auf andere Kategorien oder auf die Individuen ein“ (S.18).

Das heißt, sollte man sich entscheiden eine Klasse, oder gar das ganze Schulwesen wieder nach Geschlechtern zu trennen, dann nicht mit der Begründung „Jungen sind in der Regel unruhiger, gewaltbereiter und damit problematischer!“ oder „Jungen sind in der Regel sprachlich unbegabter und lesen weniger!“ oder „Jungen sind PC-orientiert, Mädchen sind sprach-/buchorientiert!“ oder „Mädchen sind stiller und zurückhaltender und erreichen nicht die Beachtung und beruflichen Ziele, die sie aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit erreichen können!“ (wie das Berufskolleg Südstadt mit Stolz in ihrem Gender Mainstreaming Programm präsentiert!).

Aber leider ist das Bildungssystem keine Ausnahme, auch die Lehrkräfte werden von Geschlechtsstereotypen beeinflusst.

So führten die Ergebnisse der PISA-2000 zu einer erneuten Koedukationsdebatte, die bereits in den 1980er Jahren von Lehrerinnen-Vertreterinnen der 2. Welle der Frauenbewegung initiiert wurde. Was mit der Absicht zur Beseitigung von subtilen Benachteiligungen von Mädchen im Unterricht begann, entwickelte sich letztendlich gleichermaßen auch für Jungen (Faulstich-Wieland, S.16).

Zunächst wurden schlechte PISA-Ergebnisse von Jungen in Lesekompetenz auf ihre Benachteiligungen im Unterricht zurückgeführt. Auch geringe Leistung und Motivation von Mädchen in MINT-Fächern wurden mit dem gleichen Grund erklärt.

Dazu bestätigen einige Studien (z.B. „Single-Sex Education Pilot Project,“ Australia,1993-94), die sich auf Beobachtungen von geschlechtshomogenen Klassengruppen und Rückmeldungen von beteiligten SchülerInnen und LehrerInnen beziehen, dass die Geschlechtertrennung sichtbare Vorteile für beide Geschlechter aufweist (Faulstich-Wieland, S.19).

So kam es zur Diskussion über eine erneute Trennung des Schulwesens, jedoch nur in Hinsicht auf das männliche und weibliche Geschlecht. Nun stellt sich die Frage, ob die Einführung von Monoedukation ein Schritt nach vorne und nicht zurück ist.

Laut Faulstich-Wieland würde eine Einführung von Monoedukation die Dramatisierung der Geschlechter verstärken, da sie die Geschlechterdifferenzen nicht neutralisieren, sondern im Gegenteil aktualisieren, bzw. betonen würde (S.18). Meiner Meinung nach ist das „Gender Mainstreaming“ Programm des Berufskollegs Südstadt ein hervorragendes Beispiel dafür.

Monoedukation könnte wohl eine Lösung für einige „Probleme“ im schulischen Bereich sein. Wie bereits gesagt, bestätigen dies einige Studien und schulische Experimente in MINT-Fächern. Jedoch wird sie allein nie im Stande sein Geschlechterstereotypen, welche Lehrkräfte täglich produzieren, reproduzieren und an ihre SchülerInnen weiterleiten, zu neutralisieren.

Faulstich-Wieland bietet auch einige Bespiele der Geschlechterdramatisierung in homogenen Gruppen zur Analyse an, die sehr gut verdeutlichen, dass die Veränderungen bei den Lehrkräften beginnen sollen. Es liegt ja an ihnen, beide Geschlechter gerecht zu unterrichten, anstatt das störende Verhalten von Jungen als „normal“ zu bezeichnen und die Risikobereitschaft von Mädchen im Werkunterricht etwas Schwieriges auszuprobieren, zu missachten.

Monoedukation wird keine Lösung für Geschlechtergerechtigkeit sein, solange wir, die Lehrkräfte, in „typisch Buben-“ und „typisch Mädchen-“ Verhaltensmustern denken und agieren.

Quellen:

Faulstich-Wieland, Hannelore (2010) Mädchen und Jungen im Unterricht, in: Buholzer, Alois /Kummer Wyss, Annemarie (Hrsg.) Alle gleich – alle unterschiedlich! Zum Umgang mit Heterogenität in Schule und Unterricht. Zug: Klett, 16-26.

Jaschke, Bruno (2019) Lesen … ich? Nein, danke! Burschen sind im Lesen schwach. Weil ihnen Vorbilder fehlen, sagen Experten, HEUREKA 19 [WWW Dokument] <https://www.falter.at/heureka/20190522/lesen-ich-nein-danke/ea7fb656c8> [31.03.2020].

Jonczyk-Buch, Kerstin (2013) Geschlechterdifferenzierter Unterricht – Erfahrungsbericht aus dem MINT-Projekt der Veit-Stoß-Realschule Nürnberg, in: Stadler-Altmann U. (Hrsg.) Genderkompetenz in pädagogischer Interaktion. Opladen; Berlin; Toronto: Verlag Barbara Budrich, 171-181.

Rademacher, Christina (2019) Sind Mädchen zu dumm für Mathe? Der EU-weit größte Unterschied zwischen Burschen und Mädchen in Mathe besteht in Österreich, HEUREKA 19 [WWW Dokument] <https://www.falter.at/heureka/20190522/sind-madchen-zu-dumm-fur-mathe/be9d6e0ea9> [31.03.2020].

 




Geschlecht ist etwas, was wir tun

Nach unserer letzten Einheit stellte sich für mich die Frage, wie im Unterricht auf bestehende Rollenbilder und Stereotype reagiert werden kann. Ansätze und Lösungsmöglichkeiten dazu finden sich im Konzept „Geschlechtersensible Pädagogik“.

Hierbei wird der Begriff „Geschlecht“ folgendermaßen definiert: Geschlecht ist nicht nur biologisch zu sehen (sex), sondern auch sozial (Gender). Geschlecht sind somit alle sozialen Normen, Vorstellungen, Erwartung und Konstruktionen von „weiblich“ und „männlich“. Es umfasst auch die Erziehung sowie die Sozialisation eines Menschen.
In diesem Konzept ist auch die Sensibilität für Faktoren, die die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in eine geschlechtsstereotype Richtung leiten und damit das Wachstum aller angelegten Fähigkeiten erschwert, sehr wichtig.

Ziele dieser geschlechtersensiblen Pädagogik: Die Lernenden sollen unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht alle Fähigkeiten und Interessen entwickeln können. Rollenstereotype werden in Frage gestellt und untypische Verhaltensweisen akzeptiert und gefördert. Kinder werden in ihrem gesamten Spektrum wahrgenommen und deren Entwicklung wird ganzheitlich gefördert.

Geschlechtersensibles pädagogisches Handeln hängt stark von der jeweiligen persönlichen Einstellung ab. Ein wichtiger Eckpfeiler ist die Entwicklung von Sensibilität und die Schulung bzw. Nutzung der „eigenen Antennen“. Geschlechterstereotype und Rollenbilder muss ich als Lehrperson bei mir selbst, in meinem beruflichen und privaten Umfeld und in der gesamten Gesellschaft zuerst wahrnehmen, um dann diesen entgegenwirken zu können.

Als wesentlicher Leitsatz wird die Gleichbehandlung von Mädchen und Jungen festgelegt. Das bedeutet konkret die gleiche Unterstützung und Förderung aller Fähigkeiten und Interessen.

Die Umsetzung dieses Leitsatzes erfordert eine Reflexion und Intervention auf verschiedenen Ebenen (Lehrperson, Berufsumfeld, Arbeit mit Kindern, Eltern- und Öffentlichkeitsarbeit)

Die Reflexion der Lehrperson über ihre/seine eigenen Erfahrungen könnte folgende Fragen enthalten:

  • Welche Erfahrungen habe ich als Mädchen/Junge gemacht?
  • Welche Erwartungen habe ich als Mädchen/Junge von meiner Umgebung wahrgenommen?
  • Welche Werte und Vorstellungen habe ich übernommen?
  • Wie haben diese Erfahrungen meine Berufswahl beeinflusst?
  • Wie steuern diese Erfahrungen mein Verhalten Mädchen und Jungen gegenüber?
  • Arbeite ich lieber mit Mädchen oder Jungen? Warum?
  • Was möchte/sollte ich ändern, um (verstärkt) geschlechtersensibel agieren zu können?

Für mich liefert dieses Konzept gute Ansätze für eine geschlechtersensibler Pädagogik im Sinne von praktischen Anwendungen und dem Aufbrechen bzw. Verändern von existierenden Rollenbildern.

Abschließen möchte ich mit einem sehr gelungenen Zitat zum Thema: „Geschlecht ist nicht etwas, was wir haben, schon gar nicht etwas, was wir sind. Geschlecht ist etwas, was wir tun.“

Autorin: Sophie Ottino

Quelle: Arbeitsmarktförderung Tirol (2015). Geschlechtersensible Pädagogik in elementaren Bildungseinrichtungen. Ein Leitfaden für die praktische Arbeit, Innsbruck: Raggl Druck GmbH. 




differenzierte Leistungsbeurteilung

In den letzten Jahren hat sich der Unterricht in den Schulen von einem reinen vermitteln von Wissen, zu einem Kompetenzorientierten System gewandelt. Doch gewisse Aspekte haben mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten, unter anderem auch die Leistungsbeurteilung, welche heute zum größten Teil  noch nur Wissen prüft und keine Kompetenzen (es gibt jedoch bereits Lehrpersonen, welche bemüht sind Kompetenzen zu prüfen, siehe Praxis NMS-Salzburg).

Wie soll nun in der heutigen Zeit Leistungsbeurteilung aussehen?

Schriftliche Leistungsbeurteilung:

Schriftliche Arbeiten sollten nicht nur sorgfältig korrigiert werden, sondern sollten als Steuerinstrument für zukünftige Lernprozesse dienen. So kann man zum Beispiel mittels eines Rasters den Schüler und Schülerinnen genaue Auskünfte geben, in welchen Bereichen sie sich noch verbessern können, oder sollten.

„Mündliche“ Leistungsbeurteilung:

Mündlich ist hier nicht ganz ideal, da es nicht nur um die fachliche Kompetenz der Schüler und Schülerinnen geht, sondern generell um das Arbeit und Lernverhalten der Kinder. Methodische Kompetenz wird hier genauso berücksichtigt, wie die Soziale Kompetenz, z.B. wird einem anderen Kind geholfen, und die Personal Kompetenz (Mitarbeit).

Alternative Leistungen:

Als alternative Schülerleistungen gelten zum Beispiel Referate und Projekte, dabei können sich Kinder auf ihre individuellen Stärken berufen und diese in den Unterricht einbringen, jedoch sollte man mit den Schülern und Schülerinnen im Vorfeld gewisse Rahmenbedingungen festlegen, welche jedoch noch genug Freiraum für die Kinder lassen.

Grundsätzlich sollte in der Schule immer auf Differenzierung Wert gelegt werden, dies schließt natürlich auch die Leistungsbeurteilung ein, damit keine Kinder auf der Strecke bleiben.

 

ps. da wir letzte Woche Keynes und Hayek im Gespräch hatten hier ein kurzes Video zu deren Ansichten:




Lernen mit „schwierigen“ Jugendlichen – Inklusion verhaltensauffälliger Jugendlicher im Unterricht

Zu oft heißt es: „Das solltest du in deinem Alter schon können!“, oder „Eh klar, du schon wieder. Sei bitte endlich still.“ Was Pädagoginnen und Pädagogen jedoch bei solchen und ähnlichen Aussagen nicht in Betracht ziehen ist, dass manche Kinder, einfach gesagt, nicht anders können. „Manche Kinder“ meint in diesem fall traumatisierte Kinder, welche im früheren Leben Erfahrungen wie Gewalt, wiederkehrende Trennungen oder Flucht erlebt haben. Die Vorgeschichte dieser Schülerinnen und Schüler wird jedoch nicht zu selten beim Umgang mit diesen vernachlässigt, sodass sie schlussendlich als „auffällig“, oder „langsam“ abgestempelt werden, wo doch gerade der inklusive Umgang, sowie besondere Rücksicht und Maßnahmen gebraucht werden würden. 

Die Debatte um Inklusion dreht sich häufig um andere Fälle, wie beispielsweise Gender. Jedoch ist (auch) der Umgang mit verhaltensauffälligen Jugendlichen für die Pädagoginnen und Pädagogen herausfordernder Alltag. Die Schülerinnen und Schüler haben oft persönliche Erfahrungen gemacht, welche zu Traumatisierungen, Bindungsstörungen und anderen psychischen Problemen führten und sich im schlimmsten Fall in, beispielsweise, ADHS, Regellosigkeit, aggressivem Verhalten oder Angststörungen äußern. Besonders traumatisierte Schülerinnen und Schüler kommen oft im Unterricht nicht richtig mit, was für die Lehrpersonen vor zusätzliche Herausforderungen stellt. Sie müssen Unruhe und Provokationen aushalten, wozu ein hohes Maß an Zuwendung und Geduld erforderlich ist. Zusätzlich ist das Verhalten der betroffenen Jugendlichen oft schwer zu deuten, wodurch der pädagogische Zugang erschwert wird. 

Meiner persönlichen Meinung nach, die sich größtenteils mit der Literatur deckt, ist es jedoch wichtig, dass die betroffenen Schülerinnen und Schüler Regelschulen besuchen, sofern der Grad der notwendigen zusätzlichen Betreuung nicht überschritten wird. Die Jugendlichen, welche häufig durch Selbstzweifel geprägt sind, sollten nicht ohne genaue vorherige Überlegungen, in Sonderschulen untergebracht werden, sondern in Regelschulen, da die Eingliederung in einen Umgang mit nicht traumatisierten Jugendlichen ihr Selbstwertgefühl und im weiteren Verlauf ihr Selbstvertrauen sowie ihre Selbstwerterwartung um ein vielfaches steigern würden. Dazu benötigen die Schülerinnen und Schüler geschultes Lehrpersonal, soziale Akzeptanz und eine stärkere Toleranz gegenüber „anderem“. In schwierigeren Fällen würden für inklusive Klassen sonderpädagogische Unterstützung für die Lehrpersonen notwendig sein. 

Theresa Standhartinger




Differenzierte Leistungsbeurteilung? Utopie, Unsinn oder unentbehrlich?

Der Begriff „Differenzierte Leistungsbeurteilung“ dürfte den meisten Lehrkräften und Studierenden mittlerweile zu den Ohren heraushängen. Aber was bedeutet differenzierte Leistungsbeurteilung überhaupt und warum sollte diese Form der Bewertung besser oder schlechter als die traditionellen Methoden sein?

Grundsätzlich handelt es sich hierbei um eine kompetenzorientierte Beurteilungsmethode; das heißt, dass neben der Achtung der Individualität der Lernenden vor allem Kompetenzen evaluiert werden. Das sagt zumindest der brave Lehramtsstudent in mir, der sich an der Theorie orientiert. Der Praktiker jedoch (welchen ich als langjähriger Trainer und Privatlehrer mittlerweile sehr ins Herz geschlossen habe) sagt: Viel Lärm und diplomatisches Getue um etwas, dass selbstverständlich sein sollte. Ein anderer Begriff für differenzierte Leistungsbeurteilung im schulischen Umfeld ist nämlich: FAIRNESS.

Aus dem selben Grund, aus dem ein 45 Kilo Leichtgewicht beim Boxen nicht gegen einen 120 Kilo Hühnen kämpft, kann man auch in der Schule nicht einfach alle Lernenden in ein und den selben Ring stellen. Doch genau so wird es gemacht. Das traditionelle Bewertungssystem, welches trotz Leugnung von Seiten vieler Schulen immernoch sehr allgegenwärtig ist, stellt für viele Schüler eher einen Überlebenskampf, als eine Weiterentwicklung dar. Einerseits sollen alle bei der Überprüfung, oder am Ende des Schuljahres, auf dem selben Level sein und andererseits wird nicht darauf geachtet auf welchem Level die einzelnen Schülerinnen und Schüler sich individuell befinden. Man muss keine Hochbegabung vorweisen können um diese Problematik zu erkennen.

Aber was macht eine faire Beurteilung aus und was sind eigentlich Kompetenzen? Auch wenn dies vermutlich einigen sauer aufstoßen wird, werde ich es trotzdem so ausdrücken wie ich es im Laufe meines Studiums erlebt habe. Der Begriff „Kompetenz“ ist mittlerweile in sämtlichen Fachbereichen dermaßen rhetorisch abgelutscht, dass man nur noch den Stiel in der Hand hält, während man über die ursprüngliche Bedeutung philosophiert. Meiner Meinung nach sollte dieses Thema nicht immer weiter verkompliziert werden, sondern simplifiziert: Leistungsbeurteilung MUSS individuell sein und mehr als nur den erwarteten Mittelwert kitzeln. Lehrerinnen und Lehrer sollten in der Lage sein (dürfen, bzw. die rechtliche Erlaubnis erhalten) ihre Schülerinnen und Schüler nach Kriterien bewerten zu dürfen, die nicht standartisiert sind. Warum? Als Lehrkraft kennt man die Lernenden. Man kann individuelle Fortschritte ohne ungeheuren Aufwand feststellen und bewerten. Emotionale und interpersonelle Faktoren spielen dabei auch eine Rolle. Leistungsbeurteilung sollte Leistung beurteilen und nicht die Vorraussetzungen. Stark vereinfacht: Wenn man sich bemüht, sollte das auch belohnt werden. Wer unter- oder überfordert ist muss gefördert werden.

Natürlich handelt es sich hierbei ein Stück weit um Wunschdenken, aber meiner Meinung nach gilt es diesen Wunsch von einem Ziel in einen Status quo zu transformieren. Denn unser Ziel sollte es sein Kinder zu fördern und aufzubauen, anstatt sie klein zu halten, in konforme Schubladen zu zwängen oder in Richtung eines unverhältnismäßigen Ziels zu peitschen.

 




Gender, Diversität und Inklusion: Ein wichtiges Thema, aber auch umsetzbar im Schulalltag?

Zunächst eine Begriffsklärung: Homogenität bedeutet „Gleichartigkeit“ und Heterogenität bedeutet „Verschiedenartigkeit“. So kann man beispielsweise Klassen als Gleichartig oder Verschiedenartig, im Bezug auf das Leistungsniveau, beschreiben.

Es existieren gewisse Reaktionsformen, mit denen man den unterschiedlichen Leistungsniveaus der Schüler_innen entgegensteuern kann. Von diesen möchte ich kurz vier Formen darstellen.
1. Man kann die Leistungsunterschiede der Schüler_innen ignorieren und das Anforderungsniveau an einem fiktiven oder realen Leistungsdurchschnitt anpassen.
2. Es könnten Leistungsgruppen gebildet werden, in denen man leistungsstarke von leistungsschwachen Schüler_innen trennt. (Nur in gewissen Schulformen möglich!)
3. Der Unterricht kann, mit Hilfe von differenzierten Lernstrategien, ständig angepasst werden, um lernrelevante Unterschiede zwischen den Schüler_innen aufzuheben.
4. Man fördert gezielt bestimmte Schüler_innen, so dass bestimmte Lernziele erreicht werden. Beispielsweise könnte man zwischen Basis – und Aufbaucurriculum unterscheiden und genügend Instruktionen zur Verfügung stellen, um basale Lernziele zu erreichen.

Ich habe hier nur einen kleinen Ausschnitt von all den Reaktionsformen im Umgang mit unterschiedlichen Leistungsniveaus zur Schau gestellt, um meine Bedenken bezüglich der Reaktionsformen besser darzustellen.

Meiner Meinung nach sind die oben genannten Strategien und auch die vielen anderen gute und hilfreiche Gedanken, aber sind sie wirklich im Schulalltag anwendbar? Ist es sinnvoll sich an einem Klassendurschnitt zu orientieren oder kann es doch sein, dass es einige Schüler_innen gibt, die diesem Durchschnitt nicht gerecht werden und dem Unterricht nicht folgen können oder sich langeweilen?

Haben Lehrpersonen tatsächlich genügend Zeit ihren Unterricht ständig anzupassen oder sich individuell um gewisse Schüler_innen zu kümmern? Natürlich ist dies in gewisser Art und Weise die Aufgabe einer Lehrperson, aber man darf nicht vergessen, dass ein Unterricht nur 50 Minuten dauert und 2-3mal die Woche stattfindet. Darüber hinaus ist das Schulsystem nach wie vor Leistungsorientiert und Schüler_innen werden fast ausschließlich nach ihren gebrachten Leistungen, in Form von Tests und Schularbeiten, gemessen.

Heruntergebrochen muss eine Lehrperson den Schüler_innen in kurze Zeit so viel Stoffumfang wie möglich beibringen, damit die Schüler_innen ihre Tests, Schularbeiten und Maturen bestehen. Meiner Meinung nach bleibt aus diesem Grund nicht genügend Zeit, um auf jeden Schüler individuell im Unterricht einzugehen. Dieses Problem ist aber nicht auf die Lehrpersonen zurückzuführen, sondern wurzelt in der Leistung – bzw. Notenorientiertheit des Schulsystems.

Soll man also als Lehrperson tatenlos zusehen wie manche Schüler_innen schulisch gesehen scheitern? Nein, natürlich nicht! Gleichzeitig muss ich jedoch erwähnen, dass zumindest meine Wenigkeit noch keine optimale Reaktionsform gefunden hat, um individuell auf Schüler_innen einzugehen.

Demzufolge bleibt mir und auch vielen bereits fertig-ausgebildeten Lehrpersonen, mit denen ich mich unterhalten habe, bis dato nur die Nummer eins, der oben genannten Reaktionsformen über. Auch wenn diese bei weitem nicht die beste und schülerfreundlichste Reaktionsform ist.




Gemeinsam zur Individualisierung

Als Schülerin fühlte ich mich oft verloren im Unterricht. Entweder ging mir der Unterricht zu langsam und ich war unterfordert oder ich konnte mit dem Rest der Klasse nicht mehr mithalten. Damals hätte ich mir oft einen Unterricht gewünscht, der mehr auf meine und die Bedürfnisse meiner Mitschülerinnen zugeschnitten gewesen wäre. Aber ist dies überhaupt möglich? In welchem Rahmen kann der Unterricht individuell gestaltet werden?

Im Laufe meiner Studienzeit wurde mir immer mehr klar, wie viel Arbeit in die Gestaltung einer Unterrichtseinheit fließt. Natürlich ist es einfacher die Stundeneinheit so zu gestalten, dass jeder Schüler denselben Input erhält und dieselben Arbeitsblätter. Die Lehrperson muss sich weniger Gedanken über die individuelle Lehranforderungen der einzelnen Schüler_innen machen und muss so weniger Zeit in die Erstellung verschiedenster Arbeitsmaterialien investieren.

Doch nehmen die Schüler_innen dieses Angebot überhaupt an? Aus meiner eigenen Erfahrung als Schülerin weiß ich, dass ein individueller Unterricht, der an meine eigenen Stärken und Schwächen angepasst werden kann, eine gern gesehene Abwechslung darstellt. So ein Unterricht kann verschiedenst aufgebaut sein. Die Lehrperson muss sich überlegen, welcher theoretischer Input im Plenum besprochen werden muss und welche Lernziele durch die Schüler_innen in eigens erarbeitet werden kann und sollte. Die Theorie im Plenum sollte kurzgehalten werden, was durch präzise Stundenvorbereitung erreicht werden kann. Wenn ich mir als Lehrer_in Gedanken darüber mache, wie ich den Lehrstoff kurz und präzise halten kann, wird auch das wichtigste den Schüler_innen weitergegeben.

Der Großteil der Unterrichtseinheit wird so dem Erarbeiten der Arbeitsaufträge durch die Schüler_innen gewidmet. Diesen Aufträgen sind unterschiedliche Schwierigkeitsgrade zugeordnet. Aus diesen können sich die Schüler_innen selbst Aufgaben aussuchen und ohne Zeitdruck lösen. Diese Vorgehensweise kann die Arbeitsmotivation der Schüler_innen bedeutend steigern, denn sie stehen unter keinem Zeitdruck, können sich die zu bearbeitende Aufgabe und deren Schwierigkeitsniveau sowie die Sozialform der Bearbeitung aussuchen. Es ist den Schüler_innen selbst überlassen, ob sie die Aufgaben alleine, zu zweit oder in der Gruppe bearbeiten.

Ein weiterer Vorteil dieser Unterrichtsform ist die Möglichkeit des individuellen Feedbacks, denn die Lehrperson kann so individuell auf die Probleme der Schüler_innen eingehen. So kann jedem_r Schüler_in die Hilfe angeboten werden, die benötigt wird.

Hofmann spricht in seinem Artikel ein Problem an, welchem auch ich im Schulalltag begegnet bin. Ein Unterricht in diesem Rahmen sieht vor, dass die Schüler_innen ihre Antworten mit einem Lösungsblatt oder per Peer-Kontrolle abgleichen. Hier besteht die Gefahr, dass Schüler_innen die falsch gelösten Aufgaben schnell verbessern und nicht die Chance ergreifen aus ihren Fehlern zu lernen. Ich glaube, dass diesem Problem nur mit intensiver Kommunikation entgegengewirkt werden kann.

Um einen erfolgreichen individualisierten Unterricht zu gestalten, ist es wichtig mit den SchülerInnen zu kommunizieren. Es ist genauso wichtig als Lehrperson zu wissen, was sich die SchülerInnen vom Unterricht wünschen, wie umgekehrt. In dieser Phase ist es notwendig zu verstehen, welche SchülerInnen mehr Autonomie benötigen – und auch damit umgehen können – und welche SchülerInnen mehr Unterstützung und Anleitung der Lehrperson benötigen. Mit beidseitiger Kommunikation kann eine gegenseitige Vertrauensbasis geschaffen werden, in denen beide Parteien wissen, was von ihnen erwartet wird. Ich bin der Meinung, dass so eine Lehr- und Lernumgebung eine gewisse Art von Sicherheit vermittelt. Es muss eine Umgebung geschaffen werden, in der Schüler_innen keine Angst vor Fehlern haben. Fehler machen gehört zum Lernprozess dazu. Dies sollen auch die Schüler_innen wissen.

Als zukünftige Lehrerin möchte ich genau dies erreichen: Einen Unterricht, in dem sich jeder Schüler und jede Schülerin zu dessen Besten entfalten kann.

 

Autorin: Laura Garnitschnig

Quelle:

Hofmann, F.: „Ich kann mich als Lehrer/in nicht vierteilen“ – aber das ist auch
nicht nötig. Maßnahmen zur Individualisierung im Unterricht“




Der Mensch als Herdentier

Was ist Gender? Die Definition dieses Ausdrucks wurde in der letzten Sitzung besprochen. Dabei geht es neben sozialem und gesellschaftlichem Rang vor allem auch um unsere Selbstwahrnehmung und um unser Verhalten und Agieren in der Gesellschaft. Heutzutage wird oft von dem Menschen als Individuum gesprochen, von einem Wesen, dass seine eigenen Ansichten und Einstellungen vertritt und so ist, wie es Gott schuf. Beobachtet man jedoch unsere Gesellschaft, wird man sogleich feststellen, dass von Individualität oftmals nicht mehr die Rede sein kann. Klar ist jeder Mensch genetisch anders, jedoch lassen sich bei vielen Personen Ähnlichkeiten im Aussehen und Handeln entdecken. Doch woher kommt diese Gleichartigkeit?

Hierzu möchte ich das Thema des Selbstdesigns ansprechen. Selbstdesign setzt sich aus zwei Wörtern zusammen, dem Selbst, was für ein Individuum steht, und dem Design, das stets Teil unseres Seins ist, jedoch in vielen Lebensbereichen unentdeckt bleibt. Beim Selbstdesign versucht man sich selbst und seinen eigenen Körper zu gestalten. Doch warum will man sich selbst designen? Warum will man seinen Körper verändern und anpassen?

In der heutigen Zeit ist es nicht einfach ‚man Selbst zu sein‘, denn wir Menschen werden Tag ein und Tag aus von unzähligen Faktoren beeinflusst, wie beispielsweise von Werbungen im Fernsehen oder in Zeitschriften, oder auch von Modetrends, die Schönheitsideale vorschreiben. Um nun als vollwertiger Teil der Gemeinschaft akzeptiert zu werden, bleibt einem oftmals nichts anderes übrig als sich diesen Idealen oder Trends anzupassen. Man geht somit mit der Masse an Menschen mit, man ist Teil des Stroms. Sich völlig gegen solche Trends auszusprechen und alle Quellen der Beeinflussung zu ignorieren, ist, wie man an unzähligen Mobbingfällen in den Peer-Groups erkennen kann, auch nicht der optimale Weg. Natürlich spielen die sozialen Netzwerke hierfür eine entscheidende Rolle, auf die ich in diesem Text aber nicht eingehen möchte.
Schlussendlich frage ich mich: Kann man überhaupt noch eine eigene Identität entwickeln, ohne dass diese durch äußere Einflüsse von unserer Gesellschaft gestört oder verändert wird?

von Sonja Harrer




„Glück am Stundenplan“

Besonders in der Schule findet man immer wieder eine breite Vielfalt an Begabungen, Potentialen und Interessen. Niemand ist gleich, wir alle sind anders. Doch ich glaube in einer Sache, wollen wir alle dasselbe – nämlich glücklich sein. Und genau das soll jetzt auch an Schulen gefördert werden. Doch wie genau funktioniert das „Schulfach Glück“ und was steckt dahinter?

An einigen Schulen in Deutschland wird schon seit einigen Jahren ein Fach namens „Glück“ angeboten. Hierbei liegt der Fokus nicht auf Leistung und Noten, sondern auf Selbstbetrachtung. Das Schulfach soll dazu dienen, die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler und deren Zufriedenheit zu stärken.

Auch in Österreich, genauer gesagt in einer HAK in Vorarlberg, wird jetzt das Wahlfach „Glück“ angeboten, an dem insgesamt neun Schülerinnen teilnehmen.

Für mich ganz klar ein Schritt in die richtige Richtung! Schülerinnen und Schülern sollten auch Werte vermittelt werden – nur dafür bleibt in den meisten Fächern aufgrund der großen Fülle an Inhalten kaum noch Zeit. Warum also nicht ein Fach einführen, dass genau auf das abzielt? Schülerinnen und Schüler sollten lernen sich selbst zu akzeptieren, sich persönlich weiterzuentwickeln, mit Niederlagen umzugehen, Chancen zu meistern aber auch mit anderen Menschen respektvoll umzugehen.  

Abschließen möchte ich mit einer meiner Meinung sehr passenden Aussage von dem steirischen Landesschulpräsidenten Wolfgang Erlitz „Glück ist nicht nur „Glücksache“, sondern ein Stück erlernbare Lebenskompetenz.“

Autorin: Sophie Ottino