Geschlecht ist etwas, was wir tun
Nach unserer letzten Einheit stellte sich für mich die Frage, wie im Unterricht auf bestehende Rollenbilder und Stereotype reagiert werden kann. Ansätze und Lösungsmöglichkeiten dazu finden sich im Konzept „Geschlechtersensible Pädagogik“.
Hierbei wird der Begriff „Geschlecht“ folgendermaßen definiert: Geschlecht ist nicht nur biologisch zu sehen (sex), sondern auch sozial (Gender). Geschlecht sind somit alle sozialen Normen, Vorstellungen, Erwartung und Konstruktionen von „weiblich“ und „männlich“. Es umfasst auch die Erziehung sowie die Sozialisation eines Menschen.
In diesem Konzept ist auch die Sensibilität für Faktoren, die die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in eine geschlechtsstereotype Richtung leiten und damit das Wachstum aller angelegten Fähigkeiten erschwert, sehr wichtig.
Ziele dieser geschlechtersensiblen Pädagogik: Die Lernenden sollen unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht alle Fähigkeiten und Interessen entwickeln können. Rollenstereotype werden in Frage gestellt und untypische Verhaltensweisen akzeptiert und gefördert. Kinder werden in ihrem gesamten Spektrum wahrgenommen und deren Entwicklung wird ganzheitlich gefördert.
Geschlechtersensibles pädagogisches Handeln hängt stark von der jeweiligen persönlichen Einstellung ab. Ein wichtiger Eckpfeiler ist die Entwicklung von Sensibilität und die Schulung bzw. Nutzung der „eigenen Antennen“. Geschlechterstereotype und Rollenbilder muss ich als Lehrperson bei mir selbst, in meinem beruflichen und privaten Umfeld und in der gesamten Gesellschaft zuerst wahrnehmen, um dann diesen entgegenwirken zu können.
Als wesentlicher Leitsatz wird die Gleichbehandlung von Mädchen und Jungen festgelegt. Das bedeutet konkret die gleiche Unterstützung und Förderung aller Fähigkeiten und Interessen.
Die Umsetzung dieses Leitsatzes erfordert eine Reflexion und Intervention auf verschiedenen Ebenen (Lehrperson, Berufsumfeld, Arbeit mit Kindern, Eltern- und Öffentlichkeitsarbeit)
Die Reflexion der Lehrperson über ihre/seine eigenen Erfahrungen könnte folgende Fragen enthalten:
- Welche Erfahrungen habe ich als Mädchen/Junge gemacht?
- Welche Erwartungen habe ich als Mädchen/Junge von meiner Umgebung wahrgenommen?
- Welche Werte und Vorstellungen habe ich übernommen?
- Wie haben diese Erfahrungen meine Berufswahl beeinflusst?
- Wie steuern diese Erfahrungen mein Verhalten Mädchen und Jungen gegenüber?
- Arbeite ich lieber mit Mädchen oder Jungen? Warum?
- Was möchte/sollte ich ändern, um (verstärkt) geschlechtersensibel agieren zu können?
Für mich liefert dieses Konzept gute Ansätze für eine geschlechtersensibler Pädagogik im Sinne von praktischen Anwendungen und dem Aufbrechen bzw. Verändern von existierenden Rollenbildern.
Abschließen möchte ich mit einem sehr gelungenen Zitat zum Thema: „Geschlecht ist nicht etwas, was wir haben, schon gar nicht etwas, was wir sind. Geschlecht ist etwas, was wir tun.“
Autorin: Sophie Ottino
Quelle: Arbeitsmarktförderung Tirol (2015). Geschlechtersensible Pädagogik in elementaren Bildungseinrichtungen. Ein Leitfaden für die praktische Arbeit, Innsbruck: Raggl Druck GmbH.