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Schulische Inklusion

Inklusion im Klassenzimmer bedeutet, dass alle Menschen, unabhängig von ihren Fähigkeiten, Behinderungen, ihrem sozialen Status oder ihren gesundheitlichen Bedürfnissen, das Recht haben, als wertvolle Mitglieder ihrer Gemeinschaft respektiert und geschätzt zu werden. Inklusion in einer Schule bedeutet, dass jeder Schüler die Möglichkeit hat, in der gleichen Umgebung zu lernen und zu wachsen, zusammen mit anderen Schülern, die vielleicht nicht die gleichen körperlichen oder entwicklungsbedingten Behinderungen haben wie sie.

Im Jahr 1975 wurde ein Gesetz vom Kongress verabschiedet, das „Individuals with Disabilities Education Act“ oder auch IDEA genannt. Dieses Gesetz gab Schülern mit Lernbehinderungen die Möglichkeit, die gleiche öffentliche Bildung zu erhalten wie die allgemeine Bevölkerung. Obwohl alle Schüler die gleiche Chance auf die gleiche Lernumgebung haben, war dies nicht für alle Schüler möglich, und die gleiche Umgebung würde immer noch je nach Schüler unterschiedlich aussehen. Während einige Schüler mit körperlichen/entwicklungsbedingten Behinderungen in traditionelle Klassenzimmer integriert werden können, würden andere einen individuellen Erziehungslehrer haben, der neben dem typischen Lehrer unterrichtet. Wenn ein Schüler mit einer körperlichen oder entwicklungsbedingten Behinderung einen Sonderpädagogen braucht, wenn er in eine normale Klasse integriert wird, werden die Lehrer gemeinsam unterrichten, was auf verschiedene Weise geschehen kann. Entweder assistiert der Regel- oder der Sonderpädagoge dem anderen, oder sie arbeiten zusammen und unterrichten Seite an Seite, was als Parallelunterricht bezeichnet wird. Die Lehrer können sich auch für den Stationsunterricht entscheiden. Bei dieser Art des Unterrichts teilen sich die Lehrer in verschiedene Stationen auf und unterrichten verschiedene Themen an verschiedenen Stationen, während die Schüler hin- und herwechseln. Unabhängig von der Art des Unterrichts, für die sich die Lehrer entscheiden, gibt es positive Effekte, wenn eine gute Zusammenarbeit im Klassenzimmer implementiert wird. Durch die Zusammenarbeit erhalten die Lehrer die Möglichkeit, den Unterricht und die Aktivitäten mit einem Kollegen kreativ zu planen, haben Zugang zu mehr Ressourcen und können mehr Verantwortung übernehmen, als wenn sie nicht gemeinsam unterrichten würden.

Nicht nur die Lehrer profitieren von der Inklusion im Klassenzimmer, sondern auch der Schüler mit der Behinderung. Es gibt Forschungen, die den akademischen Erfolg von Kindern durch Inklusion im Klassenzimmer untersuchen, und sie zeigen eine erfolgreiche Verbesserung. Eine Studie, die im „International Journal of Special Education“ veröffentlicht wurde, fand heraus, dass Kinder mit Autismus in Inklusionsklassen bessere Leistungen erbringen als in ihren typischen Sonderschulklassen. Kinder mit Autismus sind durch signifikante Kommunikations- und soziale Interaktionsprobleme charakterisiert; daher würde die Inklusion im Klassenzimmer ihre Möglichkeiten für soziales Spiel und Interaktion mit Gleichaltrigen erhöhen. Wenn ein autistisches Kind in die sozialen Netzwerke des Klassenzimmers eingebunden ist, ist es in der Lage, ein besseres Verständnis für die sozialen Erwartungen und die Kultur des Klassenzimmers aufzubauen. Dadurch sind sie in der Lage, das gleiche Wissen über die Erwartungen und die Kultur auf den Spielplatz zu übertragen; dies ermöglicht dem Kind, erfolgreicher an der gemeinsamen Beschäftigung teilzunehmen. Typische Gleichaltrige können Kindern mit Autismus auch helfen, sich auf dem Spielplatz zurechtzufinden und sie in mehr Erkundungsspiele einzubeziehen. Die Forschung besagt auch, dass Kinder, die mehr in ihr soziales Netzwerk im Klassenzimmer eingebunden sind, mehr Selbstvertrauen haben und sich wohler fühlen, zur Schule zu gehen, zu lernen und teilzunehmen.

Die Bedeutung der Inklusion im Klassenzimmer scheint allen in der Klasse zu nutzen, auch den anderen Schülern. Es gibt sogar akademische Verbesserungen für beide Gruppen von Schülern, wenn die Inklusion in den Klassenzimmern umgesetzt wird. Traditionelle Schüler sind auch in der Lage zu lernen, wie man mit anderen zusammenarbeitet, die anders sind als sie, sei es körperlich oder entwicklungsmäßig, so dass sie lernen können, andere besser zu akzeptieren und zu verstehen.




Finanzielle Sicherheit = Sprungbrett in eine bessere Zukunft

Finanzielle Sicherheit = Sprungbrett in eine bessere Zukunft

Verfasserin: Gerzer Laura

Geld regiert die Welt. Sind Eltern für den schulischen Erfolg ihrer Kinder zuständig? Diskriminierung der Eltern, durch Einstufung in „bildungsferne Schichten“ oder „Eltern mit Migrationshintergrund“. Wie beeinflusst das Einkommen und die Ausbildung der Eltern die Schüler und Schülerinnen?

In die Bildung der Kinder zu investieren ist nicht billig. Die Kosten steigen mit dem Alter. Wir alle kennen feierlustige Studenten und Studentinnen? StudentInnen leben zum Großteil auf den Nacken ihrer Eltern, da nur der alleinige Verdienst durch einen Nebenjob nicht ausreicht für ein erfülltes Studentenleben.

 

Wie reflektiert sich der Werdegang der Bildung der Eltern auf die Zukunft der Schüler und Schülerinnen? Laut Studie absolvieren Schüler und Schülerinnen aus Akademikerhaushalten 10-mal öfters eine Universität als diejenigen mit Eltern ohne Matura. Laut EU-SILC-Sondermoduls 2019 absolvieren 30% der Jugendlichen in Österreich mit Eltern mit höchstens Pflichtschulabschluss dieselbe Schulform. Die Gefahr ist um das 1,4-fache erhöht für Jugendliche aus bildungsfernen Familien, Armut oder soziale Ausgrenzung zu erfahren. 17% der österreichischen Bevölkerung ist von der Armut betroffen. Es darf nicht passieren, dass SchülerInnen welche das potenzial für eine weiterführende Schule hätten, aufgrund der finanziellen Lage der Eltern, keine absolvieren.

 

Soziale Auslese bereits bei der Entscheidung AHS oder Hauptschule. Wo bleibt die Chancengleichheit? Jeder Mensch hat dieselben Möglichkeiten für ein erfolgreiches Leben. Kein Platz für Privilegien! Die Kluft der Chancengleichheit ist beim Vermögen geringer als beim Einkommen. Traurig, aber wahr, Erbschafften bringt mehr Vermögen als ein hohes Einkommen. Schockierend ist, dass es bis zu 5 Generationen benötigt, dass man von einer schlecht verdienenden Familie zur Mittelschicht gelangt.

 

Wie können Kinder aus sozial benachteiligten Familien bei der schulischen Leistung gezielt unterstütz werden? Viele Schüler und Schülerinnen benötigen Nachhilfe. Wer schonmal Nachhilfe gegeben hat bzw. in Anspruch genommen hat, weiß wie teuer eine Einheit sein kann! Wie sollen sich, dies Kinder aus sozial niedrigeren Familien Nachhilfe leisten.  Kostenlose Förderunterricht von Lehrpersonen für Schüler und Schülerinnen? Wichtig wäre außerdem eine gute pädagogische Betreuung, Bildung und Erziehung. Vor allem Kinder im jungem Alter (unter 6 Jahren) sind auf professionelle pädagogische Personen, wie uns werdenden Lehrer und Lehrerinnen angewiesen, um sprachliche oder andere Defizite früh zu erkennen und auszugleichen. Die Investitionen in die Kinderbetreuung aus der Sicht Österreichs muss ausgebaut werden! Die Betreuung ist wesentlich, um Kinder ohne Privilegien die Chance auf eine gute Schullaufbahn zu geben.

 

Weg von der alteingesessenen Sicht: „Wer arme Eltern hat, hat schlechtere Chancen in der Schule“. Jetzt sind die LehrerInnen gefragt, um die Schüler und Schülerinnen bildungsfernen Elternhäusern eine gute Unterstützung zu liefern.  Wo ein Wille, dort auch ein Weg!




Ist eine faire Leistungsbeurteilung im Sinne der Gesellschaft?

Eine Reaktion auf den Text von Stojanov K.

Das Thema Leistungsbeurteilung und die damit eingeschlossene Leistungsfeststellung sind immer wieder Grundlage für hitzige Diskussionen. Das aktuellste Beispiel dafür ist die durch wiederkehrende Aufschreie vor allem durch die vorherrschenden Corona-Bedingungen geänderte zentrale Reifeprüfung. Damit wurde die Matura von einer Leistungsfeststellung zu einer Leistungsbeurteilung umgewandelt, weil nun auch die Noten der letzten Schulstufe zur Bestimmung der Reife hinzugezogen werden. Es stellt sich aber sowohl bei der Leistungsbeurteilung jeder Schulstufe also auch bei der zentralen Reifeprüfung die Frage, ist das alles fair?

Die Leistungsfeststellung hält den aktuellen Leistungsstand fest, während in die Leistungsbeurteilung die Leistungen eines bestimmten Zeitraums einfließen. Laut Jürgens und Lissmann (2015) erfüllt die Leistungsbeurteilung fünf Funktion: die Selektionsfunktion, die Qualifikationsfunktion, die Informationsfunktion, die Anreiz- und Sanktionsfunktion und die Entwicklungsfunktion. Alleine diese recht verschiedenen Bereiche zeigen bereits, was die Leistungsbeurteilung im Grunde mit einer Note am Semesterende oder am Jahresende aussagen sollte. Dabei könnten gewisse Funktionen ohne Probleme gemeinsam in der Leistungsbeurteilung berücksichtig werden – die Selektionsfunktion und die Qualifikationsfunktion oder die Anreiz- und Sanktionsfunktion und die Entwicklungsfunktion – aber es gibt auch sich gegenseitig ausschließende Funktionen. Wenn eine Schülerin oder ein Schüler durch das Abschneiden in standardisierten Schularbeiten die Note „Befriedigend“ verdient hätte, aber für die persönliche Entwicklung die Note „Gut“ besser wäre, würden somit die Selektionsfunktion und die Entwicklungsfunktion im Gegensatz zueinanderstehen. Wenn man nun im Sinne einer fairen Leistungsbeurteilung handeln würde, würde man eine schlechtere Note hergeben, aber womöglich gleichzeitig die persönliche Entwicklung und Motivation der Schülerin oder des Schülers nicht fördern. Sollte die Selektion aufgrund von objektiven Kriterien erfolgen, kann laut Fendt von einer fairen Leistungsbeurteilung gesprochen werden.

Ein weiterer Aspekt der Leistungsbeurteilung ist die Leistungsbewertung, die auf einer von drei verschiedenen Bezugsnormen erfolgen kann. Die sachliche Bezugsnorm bezieht sich auf das Erreichen oder Nicht Erreichen von im Vorhinein festgelegten Zielen. Somit erhalten die Schülerinnen und Schüler bei der Beurteilung Aufschluss über den Leistungstand ihres Fachwissens. Die soziale Bezugsnorm bezieht sich auf einen Vergleich innerhalb einer bestimmten Gruppe – zum Beispiel eine Schule oder eine Klasse – und somit wird eine Reihenfolge innerhalb dieser Gruppe vollzogen. Da sich aber die Bewertung eines Individuums bei der Veränderung der Gruppe ebenfalls ändert, kann nur von einer relativen Sicht auf den Leistungsstand gesprochen werden. Die individuelle Bezugsnorm orientiert sich hingegen an vorhergegangenen Leistungen eines Individuums. Für die Bewertung und Beurteilung ist die Leistungssteigerung von zentraler Bedeutung, wobei kein Schluss auf die Leistungen anderer Schülerinnen und Schüler gezogen wird. Der individuellen Bezugsnorm wird auch eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Leistungsmotivation zugeschrieben, da sie die Lernfortschritte eines Individuums aufzeigen kann und nicht die Leistung an sich bewertet. Beim Betrachten der Bezugsnormen wird das Dilemma der Funktionen der Leistungsbeurteilung erneut sichtbar. Bei der sachlichen Bezugsnorm kann von Objektivität gesprochen werden und damit wäre diese laut Fendt für eine faire Leistungsbeurteilung vonnöten aber geht nicht auf die Entwicklung der Individuen ein.

Zusätzlich zu den Bezugsnormen muss bei der Leistungsbewertung noch entschieden werden, ob eine summative oder eine formative Leistungsbewertung stattfindet. Bei einer summativen Leistungsbewertung wird erst zum Schluss eines Lernprozesses über den Lernfortschritt Resümee gezogen, während bei einer formativen Leistungsbewertung bereits im Lernprozess der Lernfortschritt beobachtet wird und auch angepasst werden kann. Somit wäre eine summative Leistungsbeurteilung fair, aber der Lernprozess, der eine wichtige Rolle für die Entwicklung spielt, wird vernachlässigt.

Wenn man nun die Zusammenfassung wagt und nun versucht eine faire Leistungsbeurteilung zu beschreiben, kommt man auf die Begriffe Objektivität und Fachwissen, was in der Selektionsfunktion, der sachliche Bezugsnorm und der summative Leistungsbewertung zu finden ist. Damit hätte man es auch geschafft, wenn die Schule nicht für etwas anderes stehen würde. Diese Begriffe stehen dem entgegen, was die Leistungsbeurteilung eigentlich darstellen sollte, nämlich Rückmeldung über den Lernfortschritt zu geben und das auf einer individuellen Ebene. Dadurch würden die Schülerinnen und Schüler ihre Stärken und Schwächen erkennen und können daraufhin ausreichend individuell gefördert werden. Das würde auch dazu beitragen, dass man junge Menschen bildet und ausbildet, die wissen, was sie kennen und können, und somit leichter ihren Platz in der Gesellschaft finden. Natürlich hat auch die sogenannte faire Leistungsbeurteilung ihren Stellenwert – zum Beispiel in diversen Studien – aber für die persönliche Entwicklung der Schülerinnen und Schüler wäre eine nicht faire Leistungsbeurteilung meiner Meinung nach besser. Aber es sollte sich jede Lehrperson selbst die Frage stellen, ob man die Schülerinnen und Schüler aufgrund von Objektivität und Wissen beurteilen möchte, womit man die Leistungen vergleichbar machen würde, oder eher den Lernprozess für die Leistungsbeurteilung heranzieht, damit man die persönliche Entwicklung fördern kann.

 

Jürgens, E., & Lissmann, U. (2015). Pädagogische Diagnostik. Grundlagen und Methoden zur Leistungsbeurteilung in der Schule. Weinheim: Beltz.

Nerdel, C. (2017). Grundlagen der Naturwissenschaftsdidaktik. Kompetenzorientiert und aufgabenbasiert für die Schule und Hochschule. Berlin: Springer.

Saalfrank, W., & Kollmannsberger, M. (2017). Praxisleitfaden Lehrerhandeln. Unterrichten, Erziehen, Beraten, Leistungen beurteilen. Weinheim: Beltz.

Schlag, B. (2013). Lern- und Leistungsmotivation (4. Auflage). Wiesbaden: Springer.

Stern, T. (Hrsg.). (2010). Förderliche Leistungsbewertung (2. Auflage). Wien: Amedia.




Umgang mit Diversität im Unterricht

Umgang mit Diversität im Unterricht
Umgang mit Schüler/innen mit Deutsch als Zweitsprache

Aus dem Nationalen Bildungsbericht (2018) ging hervor, dass 62 % der SchülerInnen die Bildungsstandards im Leseverständnis nicht erreichen, ebenso wiesen mehr als die Hälfte bei der Textproduktion mangelhafte Fähigkeiten auf. Im Vergleich kommen deutlich mehr SchülerInnen, die in Schulen mit sehr hoher sozialer Benachteiligung zur Schule gehen, nicht oder nur teilweise an die Bildungsstandards heran (zusammen 64 %) als jene in Schulen mit geringer (32 %) oder mittlerer sozialer Benachteiligung (41 %) (vgl. Nationaler Bildungsbericht, 2018, S. 224). Oftmals werden diese alarmierenden Zahlen mit dem Vorhandensein eines Migrationshintergrundes in Verbindung gebracht, zudem wird die sozioökonomische Herkunft immer öfter als ausschlaggebender Faktor für niedrige Bildungsstandards genannt.

So beschreiben Salchegger und Herzog-Punzenberger (2016) anhand ihrer Vergleichsstudie im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Schweiz, Österreich), dass sich die Lesekompetenz besonders dort für SchülerInnen mit Migrationshintergrund gesteigert haben, bei denen sich auch der Sozialstatus verbessert hat. Konkrete Zahlen dazu ermittelten Angelone und Keller (2014) in der Schweiz durch eine Zusatzstichprobe von PISA, wobei 30% der Leistungsverbesserungen von SchülerInnen mit einem anderen Geburtsland als der Schweiz, auf die Aufwertung ihres Sozialstatus zurückzuführen waren (vgl. zitiert nach Salchegger & Herzog-Punzenberger, 2016, S.82). Trotzdem schneiden Kinder ohne Migrationshintergrund im Durchschnitt deutlich besser ab als Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. „Laut PISA 2018 lag der Nachteil im Leseverständnis von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Österreich im unteren Drittel der analysierten 26 Vergleichsländer (EU-/OECD-Staaten).“ (Rechnungshof, 2020, S. 25). Außerdem sind die Kontextfaktoren Geschlecht, sozialer Status und Migrationshintergrund genannt, anhand derer sichtbar wird, dass Jungen deutlich schlechter abschneiden als Mädchen und die Bildungsstandards der Eltern ebenso entscheidend sind für die Lesekompetenz (siehe Abbildung 3, RH, 2020, S. 26).

Obwohl es belegt ist, dass man eine Sprache besser lernt, wenn man sie ständig hört oder spricht, wurde in Österreich ein Messinstrument zur Kompetenzanalyse in Deutsch, kurz MIKA- D- Test, eingeführt. Wissen Sie was das ist? Wohl kaum, wenn sie nicht Deutsch als Zweitsprache haben. Laut der Österreichischen Lehrer/innen Initiative “[…] ist es der Regierung gelungen, dieses gelöste Problem in eine unlösbare Situation zu verwandeln” (oeliug.at)  Bei diesem Test geht es um jene SchülerInnen, die Deutsch nicht als Muttersprache haben. Anhand des Tests soll ermittelt werden, “ob Schüler/innen ausreichende Kenntnisse in der Unterrichtssprache Deutsch erworben haben, um dem Unterricht folgen zu können” (Institut des Bundes für Qualitätssicherung im österreichischen Schulwesen). Vor allem wird dieser Test in der Primarstufe verwendet. Stellen Sie sich also diese Situation vor: Ein fünfjähriges Kind, welches sehr zurückhaltend, introvertiert und schüchtern ist,  muss sich ohne Elternteil unter fremden Personen diesem MIKA-D Test unterziehen. Wie könnte dieser Test ausfallen? Vermutlich negativ. So bleibt man außerordentliche(r) Schüler oder Schülerin und kann nicht in die nächste Schulstufe vorrücken, solange bis er positiv ausfällt. Die erste Klasse kann man dreimal als außerordentliche(r) besuchen. Außerdem kommen sie dann in sogenannte Deutschförderklasse. Diese Klassen bestehen also nur aus Schüler und Schülerinnen die kein oder kaum Deutsch können.  Wie sollen diese Kinder Deutsch richtig erlernen, wenn sie nicht mal untereinander dieselbe Sprache sprechen können? 

In Österreich haben ein Viertel der Schüler und Schülerinnen Deutsch nicht als Muttersprache und diese Zahl wächst stetig (Statistisches Taschenbuch – Schule und Erwachsenenbildung 2018). Viele Familien verlassen ihre Heimat aufgrund mangelnder Sicherheit in ihrem Heimatland, wirtschaftlichen Problemen oder sonstigem, um in Österreich ein friedliches Leben zu führen. Nun können viele Schüler und Schülerinnen ihre Schullaufbahn in Österreich aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse nicht erfolgreich fortführen. Da die Lehrkräfte im Regelunterricht nicht gleichzeitig Deutsch und andere Inhalte lehren konnten, hat man eine Lösung dafür gefunden. Ab dem Schuljahr 2017/2018 hat die Regierung beschlossen Schüler und Schülerinnen mit mangelnden Deutschkenntnissen in eine Deutschförderklasse zu geben, um ihnen die Möglichkeit zu geben die Deutsche Sprache zu erlernen (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung 2021)

Die Lehrkräfte beschweren sich oftmals, dass es viel bessere Chance gäbe, den Spracherwerb zu unterstützen und zu beschleunigen. Oftmals ist das Problem, dass in Deutschförderklassen der Fokus nur auf den Spracherwerb gelegt ist und nicht auf die Vermittlung von Inhalten. Einerseits gibt man Lernenden die Möglichkeit das benötigte Sprachniveau zu erreichen und andererseits sind sie wieder im Nachteil, weil gewisse Inhalte nicht gelehrt werden. Die fehlende Ausbildung der Lehrpersonen, die unterschiedlichen Altersgruppen und die verschiedenen Sprachniveaus erschweren den Spracherwerb in Deutschförderklasse. Für das erfolgreiche und spielerische Lernen fehlen gleichaltrige Mitschüler mit Deutsch als Muttersprache. 80 Prozent der Lehrkräfte sind für einen gemeinsamen Unterricht, weil sie diesen für sinnvoller und effizienter halten. (Kontrast Redaktion, 2020)

Das Ziel eines jeden Unterrichtes soll es sein, es den SchülerInnen zu ermöglichen, sich aktiv am Unterricht beteiligen zu können. Hierfür ist es teils notwendig, dass Kinder mit Migrationshintergrund insbesondere dann, wenn ihre sprachlichen Kompetenzen in der Zielsprache Deutsch nicht ausreichend sind, gezielte Förderungen und oder auch von der Lehrperson Unterstützung bekommen. Das primäre Ziel dieser zuvor genannten Hilfestellung soll eine schnelle Integration der Kinder ohne bzw. der Kinder mit geringen deutschen Sprachkenntnissen in den Unterricht und das Schulleben darstellen. Bereits Ergebnisse aus der Zweitsprachenerwerbsforschung und aus der Unterrichtsforschung legen nahe, dass ein flexibles, an den Lernenden orientiertes Konzept des Fremd-/Zweitsprachenunterrichts am ehesten zu einem Lernerfolg führt” und somit unabdingbar ist (Kniffka&Siebert-Ott, 2012, S.98).

Insbesondere spricht man in diesem Kontext von der Flexibilität hinsichtlich der unterschiedlichen Lernvoraussetzungen, denn Lernende bringen unterschiedliche Voraussetzungen hinsichtlich des Alters, der Muttersprache, der Bildungshintergründe und der Lernstile, mit in den Unterricht und hier ist es ganz klar die Aufgabe der Lehrperson auf die Bedürfnisse jedes Individuums einzugehen. So gehören zu den Herausforderungen der Lehrperson beispielsweise, dass unterschiedliche Schwierigkeiten beim Erwerb der deutschen Sprache unter Umständen zu einem breiteren Spektrum an individuellen Lernständen führen können. Daher kann es auch der Fall sein, dass manche SchülerInnen möglicherweise mehr Ausspracheschulung, andere SchülerInnen hingegen eher eine Rechtschreibschulung benötigen (2012, S.100)

Um Schülerinnen und Schüler im mündlichen Unterrichtsgeschehen zu unterstützen, eignet sich beispielsweise die Methode des “Scaffoldings”. Diese Methode zeichnet sich dadurch aus, dass die Unterstützung in Form eines sprachlichen Gerüsts lediglich temporär angelegt ist und der Lernende entsprechende Unterstützung bekommt, die ihn dazu befähigt, ähnliche Aufgaben auch ohne Unterstützung lösen zu können (Guadatiello&Schuler, 2018, S.26)

Wie bereits eingangs erwähnt soll ein moderner Zweitsprachenunterricht laut Guadatiello und Schuler flexibel sein und nicht in einem starren Methodenkonzept verhaftet sein (2012, S. 99). Dies setzt allerdings zum einen voraus, dass Lehrende in der Lage sind, die Bedürfnisse der einzelnen Lerner und der Lerngruppe insgesamt zu erkennen und zum anderen bedarf es des Wissens um L2-Aneignungsprozesse in einem zweitsprachlichen Erwerbskontext. Des weiteren ist auch die Verfügbarkeit eines Methodenrepertoires, aus dem die jeweils angemessenen Vermittlungsmethoden ausgewählt werden können sehr wichtig. Hier gilt es den SchülerInnen viel Abwechslung beim Lernen zu bieten, da es sich ansonsten negativ auf die Motivation der SchülerInnen auswirkt. Selbst wenn man für sich selbst und die SchülerInnen ein gutes Konzept gefunden hat, ist es unabdingbar den Unterricht kontinuierlich kritisch zu überprüfen und ihn der sich ständig ändernden Bedürfnislage der SchülerInnen anzupassen. In ein paar Worten zusammengefasst verlangt ein Deutsch-als-Zweitsprache-Unterricht von den Lehrenden nicht nur ein hohes Maß an professionellem Wissen und sondern auch Können (2012, S. 102).

 Christina Anna-Maria Grill, Anica Keskic, Lea Sali, Begüm Sanli 

Literaturverzeichnis

  • Guadatiello, Angela, und Schuler, Rebecca. Anregungen zu Deutsch als Zweitsprache im Unterricht: Begrifflichkeiten, Zielsetzung, didaktische und methodische Grundüberlegungen (2018). München: Landeshauptstadt München.
  • Kniffka, Siebert-Ott, und Siebert-Ott, Gesa. Deutsch Als Zweitsprache : Lehren Und Lernen (2012). Web.
  • Oberwimmer, K., Vogtenhuber, S., Lassnigg, L. & Schreiner, C. (Hrsg.). (2018). Nationaler Bildungsbericht Österreich: Das Schulsystem im Spiegel von Daten und Indikatoren. BMBWF.
  • Rechnungshof Österreich (Hrsg.). (2020). Leseförderung an Schulen: Bericht des Rechnungshofes. online unter: https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/004.714_Lesefoerderung.pdf.
  • Salchegger, S. & Herzog-Punzenberger, B. (2017). Lesekompetenz und sozioökonomischer Status von Jugendlichen mit Migrationshintergrund: Entwicklungen seit dem Jahr 2000 in Österreich, der Schweiz und Deutschland. Zeitschrift für Bildungsforschung, 7(1), 79–100. 
  • (https://www.iqs.gv.at/themen/nationales-monitoring/mika-d) (22.06.2021, 20:00)
  • https://kontrast.at/deutschfoerderklassen-kritik/ (22.06.2021, 18:00)
  • https://www.oesterreich.gv.at/themen/bildung_und_neue_medien/schule/Seite.110005.html (22.06.2021, 17:00)
  • https://www.oeliug.at/kontakt-antwort/ (22.06.2021, 20:00)