Kooperatives Lernen und Unterrichten
Kooperatives Lernen ist eine besondere Form des gemeinsamen Lernens. Es handelt sich um „eine Interaktionsform, bei der die beteiligten Personen gemeinsam und in wechselseitigem Austausch Kenntnisse und Fertigkeiten erwerben.“ (Traub 2017, S. 139)
Kooperatives Lernen geht dabei weit über traditionelle Gruppenarbeiten hinaus. Im Mittelpunkt von kooperativ strukturiertem Unterricht steht nämlich der aktive, konstruktive und vor allem soziale Prozess des Lernens. Im Zuge dessen erwerben die Teammitglieder gemeinsam kognitive und soziale Kompetenzen (Konrad/Traub 2010, S. 5).
Grundstrukturierung: (Vgl. Brüning/Saum 2007)
Kooperatives Lernen lässt sich grob in einem Dreischritt strukturieren. Dieser bildet gewissermaßen das Herz dieser Unterrichtsorganisationsform:
- THINK (Einzelarbeit, individuelle Auseinandersetzung mit Sachverhalt, Vorwissen aktivieren)
- PAIR (Austausch mit Partner/n, gemeinsames Erarbeiten, wechselseitiges Lehren)
- SHARE (Vorstellen im Plenum, Ergebnissicherung)
(Nach: Brüning/Saum 2007)
Beim kooperativen Lernen werden also Situationen geschaffen, in denen die Schüler und Schülerinnen sowohl alleine arbeiten und ihr Vorwissen aktiveren als auch mit anderen Schülern und Schülerinnen in den Austausch treten und sich gegenseitig Lerninhalte vermitteln. Dieser strukturierte Wechsel der Sozialformen soll alle Lernenden bestmöglich aktivieren und die soziale Kompetenz ausbauen.
Basiselemente: (Vgl. Traub 2017, S. 140)
- Direkte und förderliche Interaktionen: treten in den Phasen der Gruppenarbeiten auf. Die Lernenden treten in Interaktion, um sich gemeinsam etwas zu erarbeiten.
- Individuelle Verantwortung: Jedes Gruppenmitglied ist für seine Teilaufgabe verantwortlich und trägt damit zum Erfolg der ganzen Gruppe bei.
- Positive Abhängigkeiten: Das Gruppenziel wird nur dann erreicht, wenn sich jedes Gruppenmitglied konstruktiv und erfolgreich beteiligt.
- Soziale Kompetenzen: Kooperatives Lernen erfordert soziale Kompetenzen von den Schülern und Schülerinnen und fördert diese gleichzeitig.
- Reflexion und Evaluation: Die Gruppen reflektieren ihren individuellen sowie gemeinsamen Lernprozess.
Unterstützungsmaßnahmen – Aufgaben der Lehrperson:
An kooperatives Lernen müssen die Schüler und Schülerinnen erst herangeführt werden. Dies ist Aufgabe der Lehrperson. Im Mittelpunkt steht hierbei die Strukturierung des Austausches in den Gruppen, das Schaffen von Regeln für das Arbeiten in Gruppen sowie die Vermittlung von Feedbackregeln und Lernstrategien. Während der kooperativen Arbeitsphasen sind die Lehrenden BeobachterInnen, ModeratorInnen, Coachs und BegleiterInnen des Lernprozesses der Schüler und Schülerinnen (Pauli/Reusser 2000).
Kooperation von Lehrenden:
Nicht nur die Kooperation von Lernenden, sondern auch die Kooperation von Lehrenden gilt als überaus gewinnbringend. Kooperatives Lehren meint die Zusammenarbeit von Lehrkräften in Teams. Die Zusammenarbeit kann hierbei auf den verschiedensten Ebenen der Schule und des Unterrichts stattfinden. Die Lehrendenteams haben die Möglichkeit, sowohl fachspezifisch als auch fächerübergreifend den Unterricht gemeinsam zu planen, durchzuführen und anschließend auszuwerten. In Teamarbeit können sie so Unterricht positiv weiterentwickeln. Auch auf Ebene der Schulentwicklung und –organisation bietet sich Kooperation von Lehrenden an. (Kummer Wyss 2017)
COOL – Cooperatives Offenes Lernen:
Im Zusammenhang mit kooperativem Lernen und Unterrichten lässt sich als österreichisches Beispiel der Umsetzung das Schul- und Unterrichtsentwicklungsprojekt COOL (Cooperatives Offenes Lernen) nennen. Den Ausgangspunkt nahm es an der HTL in Steyr. Mittlerweile arbeiten diverse Schulen sowohl in der Sekundarstufe 1 als auch in der Sekundarstufe 2 damit. Im Fokus steht basierend auf den Prinzipien des Daltonplans ein von mehr Selbstständigkeit, Eigenverantwortung und Kooperation getragenes Lernen und Lehren. So kooperieren die Lehrenden in Teams und erstellen Material sowie Stundenentwürfe gemeinsam. Bis zu 50 Prozent der Wochenstunden können als sogenannte COOL-Stunden durchgeführt werden, in denen die Lernenden an einem schriftlichen Arbeitsplan arbeiten und dabei selbst entscheiden, wann, wie und mit wem sie die Aufgaben erledigen. Der Lehrperson kommt in diesen Unterrichtsphasen die Rolle als ModeratorIn, Coach sowie BegleiterIn zu.
Literatur:
Brüning, Ludgar/ Tobias Saum (2007): Kooperatives Lernen im Unterrichtsalltag. Überblick und Praxishinweise. In: E[LAAN] Magazin für Lehramtsanwärter/-innen 35, S. 3-8.
Kummer Wyss, Annemarie (2017): Kooperativ unterrichten. In: Alois Buholzer/ Annemarie Kummer Wyss (Hrsg.): Alle gleich – alle unterschiedlich! Zum Umgang mit Heterogenität in Schule und Unterricht. 3. Auflage. Seelze-Velber, Zug: Klett/Kallmeyer; Klett und Balmer Verlag (Lehren lernen), S. 151-160.
Pauli, Christine/ Kurt Reusser (2000): Zur Rolle der Lehrperson beim kooperativen Lernen. In: Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften 22 (3), S. 421-442.
Traub, Silke (2017): Kooperativ lernen. Zum Umgang mit Heterogenität in Schule und Unterricht. In: Alois Buholzer/ Annemarie Kummer Wyss (Hrsg.): Alle gleich – alle unterschiedlich! Zum Umgang mit Heterogenität in Schule und Unterricht. 3. Auflage. Seelze-Velber, Zug: Klett/Kallmeyer; Klett und Balmer Verlag (Lehren lernen), S. 138-149.
<https://www.cooltrainers.at/> (24.06.2018)