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„Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen“

Heterogenität und Inklusion im Unterricht 

Jedes Kind steht im Mittelpunkt

  • Mehr Heterogenität, weniger Homogenität
  • Mehr Kooperation, weniger Selektion
  • Mehr innere Differenzierung, weniger Stofforientiertheit
  • Mehr Projektunterricht, weniger parzellierter Fächerunterricht

Diese schlagwortartigen Organisationsprinzipien in integrativen Klassen haben meine Aufmerksamkeit zu dem Thema erweckt.

Schüler/innen bringen unterschiedliche Lernvoraussetzungen in die Schule mit. Sie unterscheiden sich im Alter, im Geschlecht, in der Motivation und den Interessen und der Leistungsfähigkeit. Zusätzlich unterscheiden sich Schüler/innen auch hinsichtlich ihrer ethnischen, sozialen und kulturellen Herkunft.

Wir als zukünftige Lehrpersonen haben den pädagogischen Auftrag, alle Schüler/innen in ihrer Persönlichkeit- und Kompetenzentwicklung bestmöglich zu unterstützen und zu fördern. Für uns wird es sicherlich eine Herausforderung so unterschiedlichen Begabungen, Interessen und Potentialen in einem Klassenraum zusammenzufügen und dennoch jedes Individuum einzeln zu fördern. Trotz dieser Herausforderung kann Heterogenität auch eine Bereicherung für den Unterricht bedeuten. Schüler/innen können von und mit anderen gemeinsam lernen. 

Guter Unterricht für diverse Schüler/innen bedeutet, die Schüler/innen weder zu unter- noch zu überfordern. Die gestellten Anforderungen einer Lehrperson an die Schüler/innen sollten sich leicht über den aktuellen Wissensstandards befinden.

Je heterogener die Lernanforderungen, desto komplexer ist es jede/n Schüler/in zu fördern, unterstützen bzw. herauszufordern. Ein Unterricht der auf Geschwindigkeit, Niveau, notwendige Unterstützung und Hilfestellungen eingeht, nennt man adaptiv (LP passt stetig ihren Unterricht an die erbrachten Leistungen und den Hilfeanspruch an). Dabei können Schüler/innen notwendige Lernziele (Mindeststandards), höher gesteckte Lernziele (Regelstandards) oder deutlich darüber befindende Lernziele (Optimalstandards) erreichen.

Leider sieht die Realität momentan in vielen Schulen noch anders aus. Es benötigt eine neue Sichtweise bei einigen Lehrpersonen und ein hohes Maß an didaktischer und diagnostischer Expertise.

Schule ist ein elementarer und beeinflussender Sozialisations- und Entwicklungsort, es sind also nicht nur die Lernverbesserungen essenziell für guten Unterricht, sondern auch ein gutes Lernklima ist wichtig. Lehrpersonen sind ein wichtiges Rollenmodell und sollten selbstverständlich jede/n Schüler/in akzeptieren und wertschätzen. Eine elementare Verpflichtung der Lehrperson ist es, durch kohärentes Agieren, soziale Desintegration und Zurückweisung in Form von Mobbing und psychischer oder physischer Gewalt einzuschränken. 

Beeinträchtigte Kinder zusammen mit nicht beeinträchtigten Kindern zu unterstützen, beaufsichtigen und unterrichten, daraus ergibt sich eine integrative schulische Ausbildung. Am besten fängt eine integrative Edukation schon im Kindergarten an.

Warum brauchen wir eine Schule für alle?

Sonderschulen fördern lediglich einen lebenslangen Sonderweg am Rande der Gesellschaft, was die Menschenrechte verletzt. Beeinträchtigte Menschen haben, wie alle anderen, ein Recht auf Inklusion, ein Recht eine Schule für alle zu besuchen und dort zu lernen.

Modelle und Organisationsformen des inklusiven Unterrichts

Kooperative Klasse:

Gemeinsame Schule unter einem Dach. Dieses Modell bezieht sich auf die räumliche Integration. Da Kinder mit Behinderung, wie Kinder ohne Behinderung unter einem Dach, aber dennoch in getrennten Klassen lernen, sollen somit zumindest lockere Sozialkontakte entstehen können. Bei Schulveranstaltungen und bei weniger leistungsorientierten Unterrichtsfächern werden die Kinder gemeinsam unterrichtet. Wesentliche Merkmale sind:

  • Zwei eigenständige Klassen
  • Gemeinsames und getrenntes Lernen wird stundenplanmäßig festgelegt
  • Wenig Anreiz zu fächerübergreifendem, binnendifferenziertem Unterricht
  • Leistungsbeurteilung und Zeugnis entsprechend den herkömmlichen Regelungen der jeweiligen Schulart

Klein- oder Förderklassen:

Ziel ist es, für Kinder besondere Rahmenbedingungen zu schaffen, um Lern- Verhaltensschwierigkeiten zu bewältigen, um im besten Fall wieder in die Regelkasse rückgeführt werden zu können bzw. wenigstens in der Kleinklasse einen Hauptschulabschluss erlangen. Wesentliche Merkmale sind:

  • Ausschluss von schwerbehinderten Kindern
  • An Hauptschule angegliedert und gilt auch formal als Hauptschulklasse
  • Zwischen 6-11 Kinder
  • Sonderpädagog/in unterrichtet nach Hauptschullehrplan
  • Gemeinsamer Unterricht findet wie bei Kooperationsklassen in unterschiedlichem Ausmaß statt.

Stützlehrer:

Der Stützlehrer ist ein/e Sonderpädagog/in, die in unterschiedlichem Stundenausmaß für einzelne Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf zusätzlich eingesetzt wird. Damit eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht einer allgemeinen Schule ermöglicht wird, sollen Stützlehrer flexibel und bedarfsorientiert Kinder mit Beeinträchtigung unterstützen und mit dem Klassenlehrer/innen kooperieren.

Es kommen Methoden wie Kleingruppen-Arbeiten, Stationsbetrieb, Peer-Teaching, Multilevel-Teaching und individuelle Lehrpläne zum Einsatz.

Hier stellt sich allerding die Frage nach dem optimalen Modell.

Was sind die Vorteile einer inklusiven Schule?

Egal ob für Kinder mit Beeinträchtigung oder ohne eine inklusive Schule ist ein Gewinn für alle. Es fördert die intellektuelle, sowie die soziale Entwicklung jedes Individuums. In integrativen Unterricht, wo vor allem Begabungen und keine Schwächen zählen, spielt Ausgrenzung und Gewalt kaum eine Rolle. Optimal ist es, wenn inklusive Bildung den Unterricht für alle Schüler/innen verbessert und jeder davon profitieren kann.

Kann Inklusion in Österreich gelingen?

Das österreichische Schulsystem ist leider immer noch strukturell bestimmt von Selektion und Ausgrenzung (verschiedene Schulformen ab der ersten Schulstufe, Jahrgangsstufenlehrpläne, Sitzenbleiben, Rücküberweisungen, Ausschulungen). Die Antwort auf die Frage, ob unter solchen Bedingungen Inklusion in österreichischen Schulen gelingen kann, hängt davon ab, was man unter Inklusion versteht und an welchen Kriterien man den Erfolg misst.

Inklusion ist auch unter den segregativen Bedingungen des österreichischen Schulsystems möglich, wenn man darunter vor allem die gemeinsame Beschulung behinderter und nichtbehinderter Schüler/innen versteht. Im Schuljahr 2013/14 wurden in Österreich durchschnittlich nur mehr 1,6% aller Pflichtschüler/innen in Sonderschulen oder angeschlossenen Sonderschulklassen eingeschult. Im Vergleich zu Deutschland, wo durchschnittlich 4,3% (also fast dreimal so viele wie in Österreich) der Schüler/innen segregativ beschult wurden. Dabei ist auch zu beachten, dass kein Schulsystem es schaffen wird Sonderbeschulung ganz zu vermeiden.

Aber Inklusion ist mehr als nur De-Segregation und Integration. Für eine gelungene Inklusion reicht nicht nur der gemeinsame Schulort, es bedarf auch die soziale und unterrichtliche Integration das heißt, gemeinsamer Unterricht auf Basis der Individualisierung und Differenzierung. Also um Inklusion erfolgreich umzusetzen reicht es nicht einfach aus, den Anteil der Schüler/innen, die in Sonderschulen bzw. Sonderschulklassen beschult werden, auf z.B. 0,6 zu senken. Es müssen vor allem parallel dazu auch strukturelle Änderungen initiiert werden.

 

Autorin: Ines Berenz

Quellen:

  • Vock, M. Gronostaj, A. (2017). Umgang mit Heterogenität in Schule und Unterricht. Bonn: Friedrich Ebert Stiftung.
  • https://www.oesterreich.gv.at/themen/bildung_und_neue_medien/schule/5/Seite.2410200.html
  • https://lebenshilfe.at/inklusion/themen/inklusive-bildung-schule-fuer-alle/
  • http://www.ph-ooe.at/iip/FeyererE/Auszug_Behindern_Behinderte.pdf
  • Donlic, J., Jaksche-Hoffman, E.; & Peterlini, H. K. (2019). Ist inklusive Schule möglich?: Nationale und internationale Perspektiven.