Gedanken zum Textabschnitt Geschichte und gesellschaftliche Rahmenbedingungen des Bildungssystems von Eder und Thonhauser
Leitfragen:
Was ändert sich trotz vieler Veränderungen nie?
Wie bleibt das System im Rahmen der Veränderung trotzdem gleich?
Was bedeutet das für mich als angehende Lehrerin?
Das österreichische Schulwesen nahm seinen Anfang mit der Schulreform von 1774 unter Maria Theresia. Seitdem gab es eine öffentliche Staatsschule und eine sechsjährige Schulpflicht. Schule war nun Staatsangelegenheit und lag nicht mehr ausschließlich in den Händen der Kirche. Gemäß der „Allgemeinen Schulordnung“ von Felbiger wurden drei Arten von Elementarschulen eingerichtet: die Normalschulen, die Hauptschulen oder auch Bürgerschulen, welche es in größeren Städten gab, sowie die Trivialschulen, die man in kleineren Orten fand. Seitdem befand sich das System Schule in einem stetigen Prozess, der nicht immer ohne Protest voranschritt. Besonders im bäuerlichen Milieu betrachtete man den Unterricht oft als unnötig und zu ausführlich. Obwohl der Wille nach Bildung da war, stand der Schulpflicht auf praktischer Seite entgegen, dass die Kinder als Arbeitskräfte auf dem Feld fehlten. Auch der Einwand, dass all das gelehrte Wissen unnütz sei, um ein Feld bestellen zu können, stand sicherlich mehrfach im Raum. 1869 folgte das Reichsvolksschulgesetz. Das Pflichtschulwesen hatte damit eine einheitliche Basis und die Schulpflicht erhöhte sich von sechs auf acht Jahre. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlängerte man die Schulpflicht dann auf neun Jahre. Kreisky forderte 1970 Neuerungen. Stichworte waren u.a. die Gesamtschule, Ganztagsschule und die Akademisierung der gesamten LehrerInnenbildung.
Die Diskussion um eine Gesamtschule gibt es folglich schon sehr lange und ist keine Innovation unserer Zeit. Auch das ständige Hin und Her zwischen Reformgedanken und konservativem Bewusstsein für Traditionen bzw. dem Wunsch, dass gewisse Dinge sich nicht verändern, zieht sich durch die gesamte Entwicklung. Jeder Änderungswunsch ist auch abhängig von der gerade amtierenden Partei. Wie Maria Theresia schon sagte, ist Schule ein politicum.
Was heute also wie ein klar gezeichneter Weg scheint, war ein langer und auch durchwachsener Prozess. Seit seinen Anfängen hat das Schulwesen in Österreich etliche Veränderungen durchlebt. Die Einführung der Neuen Mittelschule, welche die Hauptschulen ablöste, begann beispielsweise im Jahr 2009. Abgeschlossen war dieser Prozess aber erst 2017/18.
Obwohl sich also viel verändert hat, bleibt doch gleich, dass keine Idee von heute auf morgen verwirklicht werden kann, dass alles, was neu ist zunächst vielerorts mit kritischem Blick begutachtet wird und dass Ideen, auch wenn sie immer wieder aufgeworfen werden, trotzdem nicht sofort einen geeigneten Nährboden finden müssen.
Ein Blick in die Vergangenheit ist stets wichtig, weil er hilft die Gegenwart besser zu verstehen. Maja Göpel schrieb in der Publikation Mensch und Verhalten, dass Theorie Praxis macht. So ist es wohl auch mit der Schule.
Unser Blick auf die Theorie der Schulbildung, also darauf, wie wir die Jugend bilden und damit auch erziehen, prägt die ganze Gesellschaft. Daher stellt sich die Frage, ob eine fixierte Theorie immer der beste Lösungsweg ist. Besonders anschaulich wird das, wenn man sich die aktuellen Bedingungen unter der Corona-Pandemie ansieht. Der normale Schulalltag hat sich massiv verändert. Virtuelles lernen und Online-Unterricht sind an der Tagesordnung. Einer Lehrperson stellen sich nun ganz neue Fragen. Wie motiviert man seine SchülerInnen aus der Entfernung sich weiterhin für das Lernen zu begeistern und eigenständig zu arbeiten? Gibt es Möglichkeiten gemeinsames Arbeiten interessant zu gestalten, obwohl Distanz das vorherrschende Motto ist? Und vor Allem, was für einen Einfluss wird die immer stärker zunehmende Digitalisierung auf unser Schulwesen noch haben?
Für mich als angehende Lehrerin ist durch den Blick auf die Vergangenheit vor allem klar geworden, dass Veränderungen nicht immer gleich akzeptiert werden, der Wunsch nach Neuerung und Verbesserung aber schon immer da war und nie vergehen wird. Der Blick auf die Gegenwart zeigt deutlich, dass man sich darauf einstellen muss, anpassungsfähig zu sein und umdenken zu können und dass auch der Blick in die Zukunft ein wichtiger Bestandteil des Bildungswesens ist. Wenn sich meine SchülerInnen stetig weiterentwickeln, muss auch ich als Lehrperson bereit sein mich weiterzubilden, das aktuelle System kritisch zu hinterfragen und herauszufinden, ob es noch zeitgemäß ist und die Bedürfnisse meiner Klasse erfüllt.