Archiv für die Kategorie „Demografie“

Was hat Relevanz für Employability und Gesundheit

Haltung, Verhalten und Unternehmenskultur als Indikatoren für Employability

Leitungsarbeit und kooperatives partnerschaftliches Leitungsverhalten ist für den Aufbau und die Erhaltung leistungsfähiger Organisationsstrukturen fundamental. Diese beeinflussen betriebliche Gesundheitsförderung, Gestaltung von Organisations- und Lernkultur sowie die individuelle Entwicklung von Gesundheit bei MitarbeiterInnen und sind für den ökonomischen Erfolg zentrale Größen, wie Eisner und Wirsing (2011) in einer Studie aufzeigen konnten.

Schon bei Netta (2009, S. 71-89) wird eine zentrale Erkenntnis für Employability auf den Punkt gebracht. Wenn es um gesunde Organisationen und um gesunde Mitarbeiter/innen geht, dann sind nicht die medizinischen Interventionen die effektivsten. In erster Linie wirksam sind:
•    partnerschaftliches Leitungsverhalten bzw. eine
•    partnerschaftliche Unternehmenskultur.
Als die maßgeblichen Faktoren stellten sich heraus: die Mitarbeiterorientierung der Geschäftsleitung und deren transparenter Umgang mit der Geschäftsstrategie, die Entwicklung und Weiterbildung der Mitarbeiter, sowie – als am wichtigsten benannt – die Möglichkeit von Selbstverwirklichung und das Erleben von Autonomie bei der Arbeit. Diese Kriterien bewirken in günstiger Ausprägung eine hohe Identifikation mit der beruflichen Aufgabe und dem Unternehmen selbst. Sie führen so indirekt zu einer hohen Arbeitszufriedenheit, welche, wie aus Metastudien bekannt ist (Faragher, Cass & Cooper; 2005), eine der wichtigsten Indikatoren für Leistung und Gesundheit ist. Zufriedenheit mit der Arbeitssituation die sich durch hohe Identifikation und Loyalität auszeichnet ist somit für Leistungsfähigkeit im Allgemeinen und Speziellen unabdingbar.

Eisner & Wirsing (2008) gehen davon aus, dass Motivation, Leistung und gesundheitliche Befindlichkeit sich gegenseitig bedingen. Bedeutsam sind dabei auch das Ausmaß der individuellen Resilienz und das Erleben von Kohärenz, wie dies im Modell der Salutogenese beschrieben wird. Wie Kromm und Frank (2009, S. 17-23) feststellen, sind rund 80 % der Beschwerden werktätiger Menschen nicht primär auf organische Ursachen zurückzuführen. Die zentrale Ursache für eine ungünstige Lage des Gesundheitsstatus in einer Organisation ist unangemessenes Sozialverhalten. Dabei kommt dem Leitungsverhalten eine zentrale Bedeutung zu. Ein hilfreicher Zugang für Leitungskräfte ist oft, ihre eigene Situation zwischen Funktion, Rolle und Position zu differenzieren (vgl. Eisner 2009, 2010). Dies ist ein inhaltlicher Punkt, der in Workshops und Seminaren zum Thema Lebensphasenorientierte Arbeitsorganisation immer wieder als hilfreiche Orientierung erlebt wird.

Was sich im Rahmen der oben angesprochenen Studien als relevant herausstellte, konnten Eisner und Wirsing (2011) in einer Untersuchung in Zusammenarbeit mit einem international agierenden österreichischen Industriebetrieb bestätigen und mit neuen Erkenntnissen ergänzen. In der Voruntersuchung für das Projekt zur Verbesserung der Employability konnten die beiden Autoren folgende Zusammenhänge deutlich machen:

Mit zunehmend Alter erleben die Mitarbeiter/innen des untersuchten Betriebes weniger Arbeitszufriedenheit. Ziel war es zu erforschen, welche Einflussgrößen die Arbeitszufriedenheit bestimmen, um relevante Hebel für die operative Leitungsarbeit ausmachen zu können. Dabei zeigte sich, dass
•    die wahrgenommene Gesundheitsförderung durch den Betrieb,
•    die individuelle Unterstützung bei der beruflichen Entwicklung,
•    das Erkennen einer klaren berufliche Perspektive,
•    sowie erlebte Autonomie (berufliche Entfaltungsmöglichkeiten)
•    und Sicherheit im Beruf
die größten Effekte mit hoher Signifikanz aufweisen. Allesamt sind Indikatoren, die in erster Linie durch Leitungsverhalten beeinflusst und gesteuert werden. Diese Erkenntnisse bestätigen somit die Ergebnisse vorangehender Studien. Zusätzlich liefern sie im exemplarisch angeführten Kontext wertvolle Informationen, um die Maßnahmen in der Ausbildung der Leitungskräfte besser abstimmen und optimieren zu können.

Zentrales Fazit, wirtschaftlicher Erfolg und betriebliche Gesundheitsförderung, insbesondere im Sinne eines partnerschaftlichen Leitungsverhaltens, gehen Hand in Hand und stellen keine unvereinbaren Gegensätze dar.

Eine „gesunde Organisation“ fördert damit auch die individuelle Gesundheit der in ihr und für sie tätigen Menschen. Gesund in Bezug auf eine Organisation heißt, Balance halten zwischen Sinn, Zweck und Werten, die sich am menschlichen Maß orientieren sollen sowie den dazu stimmig gelebten Haltungen und Handlungen. In diesem Sinne unterstützt das Konzept LAO® (Lebensphasenorientierte Arbeitsorganisation, Eisner & Wirsing, 2009) Prozesse im Bereich Human Resources und Organisationsentwicklung bei der Optimierung der Employability von Menschen in ihrem Arbeitsumfeld.

Autor: Mag. Dr. Josef Eisner (2012)

Literatur:
Eisner, J. & Wirsing, K. (2008). Resilienz und Salutogenese in sinntradierten sozialen Systemen. Was Gesundheit mit Leitungsverhalten zu tun hat. Unveröffentlichtes Manuskript.
Eisner, J. & Wirsing, K. (2009). Lebensphasenorientierte Arbeitsorganisation®. Verfügbar unter: http://lao.co.at [Datum des Zugriffs: 22. März 2012]
Eisner, J. & Wirsing, K. (2011). Zusammenfassung Untersuchungsergebnisse. PALplus. Unveröffentlichte Studie im Rahmen eines FGÖ (Fonds Gesundes Österreich) Projektes.
Eisner, J. (2009). Funktion und Rolle. Verfügbar unter: http://www.eisner-elearning.at/blog/2009/03/30/funktion-versus-rolle/ [Datum des Zugriffs: 22. März 2012]
Eisner, J. (2010). Funktion, Rolle und Position. Ein Versuch der vertiefenden Abgrenzung und Definition. Verfügbar unter: http://www.eisner-elearning.at/blog/2010/06/24/funktion-rolle-und-position/ [Datum des Zugriffs: 22. März 2012]
Faragher, E.B., Cass, M. & Cooper, C. (2005). The relationship between job satisfaction and health: a meta-analysis. Occupational and Environmental Medicine, 62, 105-112.
Kromm, W. & Frank, G. (Hrsg.), (2009). Unternehmensressource Gesundheit. Weshalb die Folgen schlechter Führung kein Arzt heilen kann. Düsseldorf: Symposion.
Netta, F. (2009). Gesunde Mitarbeiter – Gesunde Bilanz. Betriebliches Gesundheitsmanagement wird zur strategischen Aufgabe. In W. Kromm & G. Frank (Hrsg.), Unternehmensressource Gesundheit. Weshalb die Folgen schlechter Führung kein Arzt heilen kann (S. 71-89). Düsseldorf: Symposion.

Altersbezogene Zusammenhänge

Im Rahmen eines LAO-Projektes konnte eine Reihe für Gesundheits- und Generationenmanagement relevanter Variablen ausgemacht werden, die alleine mit der Tatsache des Älterwerdens in Beziehung stehen.

So kann mit zunehmenden Lebensalter davon Ausgegangen werden, dass Arbeitnehmer/innen das Unternehmen weniger unterstützend hinsichtlich der Beschäftigungsfähigkeit wahrnehmen, gegenüber jüngeren Mitarbeiterinnen eine geringere gesundheitsbezogene Selbstwirksamkeit aufweisen, …

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Zitat verfügbar unter: http://www.eisner-elearning.at/falgo/2011/07/18/altersbezogene-zusammenhange/ [Datum des Zugriffs: 19.07.2011]

Paradoxon

Wir werden lange nichts merken und dann aufwachen

Reform des Bundesheeres?Populistisch vergurkt. Reform des Steuersystems? Populistisch auf die Debatte „Die Reichen sollen zahlen“ reduziert. Reform des Gesundheitswesens? Beton von den Bundesländern. Reform des überaus kostspieligen und unter dem Gesichtspunkt der „Verteilungsgerechtigkeit“ überaus ungerechten (Früh-)Pensionssystems? Keine Chance gegen Gewerkschafterbeton. Reform des Schulsystems? keine Chance gegen Lehrergewerkschaftsbeton. Reform der Hochschulen? Sterile Debatte über Studiengebühren und Zulassungsbeschränkungen, keine strukturellen Verbesserungen.

Ein Konzept für die Integration der Bevölkerung mit Migrationshintergrund (in Wien 44 Prozent)? Statt dessen hilfloser Fekterismus gegen Stracheismus.

Gegenschuss: Wieso, wozu das alles, es geht uns eh ziemlich gut, was reden S’ denn allerweil über Probleme, Reformen und Konzepte? Es lauft doch eh!

In der Tat, es läuft nicht so schlecht. Das ist das österreichische Paradoxon: Bei allen strukturellen Defiziten, bei allem sorgenvollen Kopfschütteln vieler Kenner der Situation – die wirtschaftliche Lage Österreichs und auch der meisten Österreicher ist nicht schlecht. So wie bei uns gemurkst wird (vor allem von der Politik), müsste es uns viel schlechter gehen. Mögliche Erklärungen: Erstens lebt Österreich von seinen vielen, vielen Klein- und Mittelbetrieben, die mit technischem Tüftlertum und schlauer Erkenntnis von Marktnischen einen hohen Mehrwert im internationalen Wettbewerb erwirtschaften. Die ziehen den ganzen geschützten Sektor mit. Zweitens hat unsere Wirtschaft vor zwanzig Jahren die ungeheure Chance der Wende im ehemals kommunistischen Ost-und Südosteuropa genutzt. Davon lebt unser ganzer Finanzsektor, der in Österreich keine ausreichenden Gewinne mehr machen kann.

Drittens hat Österreichs Position als westlich strukturierter Staat, der aber zu keinem Militärblock gehört, viele Zugänge geschaffen. Das hat uns in der arabischen Welt, und neuerdings im zentralasiatischen Raum und an der Schwarzmeerküste, viele Chancen eröffnet. Überdies hat es uns nie gestört, mit despotischen Gerontokleptokraten Geschäfte zu machen. Jetzt hat die Regierung in Davos sogar einen Lunch für ein paar bedenkliche Herrschaften gegeben. Viertens müssen wir uns aber darüber im Klaren sein (sind es aber nicht, was den Großteil der Bevölkerung betrifft), dass wir inzwischen den Wohlstand großteils auf Schulden finanzieren. Österreich hat sich durch die Erfolge der Vergangenheit ein gutes Standing „auf den Märkten“ erarbeitet. Wir kriegen noch genug Kredit, um z.B. unser unhaltbares System der Frühpensionen zu finanzieren. Aber die ersten Experten warnen schon: Triple-A ist nicht mehr selbstverständlich.

Wir können noch zehn Jahre so weitermachen. Wir können noch weiter Schulabgänger produzieren, die nicht lesen, schreiben und rechnen können. Wir können dem stillen Abgang von vielen einfacheren Produktionen zusehen. Wir werden lange nichts merken und dann aufwachen. (Hans Rauscher, DER STANDARD, Printausgabe, 29.1.2011)

Zitat verfügbar unter: http://derstandard.at/1295571133153/Es-lauft-doch-eh-Das-oesterreichische-Paradoxon [Datum des Zugriffs: 19.01.2011]

Lebensphasengerechtes Leisten

Organisation- und Personalentwicklung im Lichte der aktuellen demografischen Gewichtung

Seit rund zehn Jahren gewinnt in unterschiedlicher Ausrichtung das Thema Generationenmanagement in den Betrieben und Organisationen zunehmend an Bedeutung. Meist wird systematisch vorgegangen, beginnend bei einer entsprechenden Altersstrukturanalyse und davon abgeleitet Maßnahmen im Sinne der Verhältnis- und Verhaltensprävention. Die Organisationen waren in den letzten Jahrzehnten geprägt durch die dominante Population der 25 bis 45 Jährigen. Dies forcierte vor allem auf kurzfristigen Erfolg ausgerichtete Power-Kulturen mit einer tendenziell eingeschränkten Langfristperspektive. Die kommende dominante Population in der demografischen Struktur unserer Organisationen wird die der 45 bis 60 jährigen Menschen bzw. MitarbeiterInnen sein. Ihre Erfahrungen und die kritische Haltung nachstrebender Generationen werden zu tiefgreifenden Veränderungen der sozialen Konfiguration führen.

Zusammenarbeit (Bildnachweis: istockfoto.com)

Zusammenarbeit (Bildnachweis: istockfoto.com)

Für Betriebe geht es darum, ihre Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit auf Sicht zu sichern. Aus den demografischen Gegebenheiten heraus gewinnt dabei das mittel- und langfristige Denken an Priorität. Werden diesbezügliche Planungen eingeleitet, dann berücksichtigt die vorzunehmende Altersstrukturanalyse u.a. folgende Punkte: [] Differenzierung von unterschiedlichen Szenarien, [] Analysen für unterschiedliche Zeitsprünge parallel, [] MitarbeiterInnen zu- und Abgänge nach geschätzten Angaben, [] Differenzierte Betrachtung nach Frauen und Männern, [] Berücksichtigung von Ausfallzeiten, [] Berücksichtigung von Ausbildung, [] Differenzierung der Szenarien nach angenommenen durchschnittlichen Pensionsantrittsalter u.a.

Solche Fakten und davon abgeleitete Szenarien sind von unterschiedlichen Kriterien beeinflusst. Die im Rahmen für das Generationenmanagement besonders relevanten Dimensionen lassen sich in folgender Liste zusammenfassen: [] Verfügbare Kompetenzen, [] Gesundheit am Arbeitsplatz, [] Lernmöglichkeiten, [] Integration (Diversity), [] Leitungskultur und Umgang mit Verantwortung [Generation Diversity Check].

Bezieht sich diese Reihe vor allem auf Arbeitsbedingungen und in Folge auf die Verhältnisprävention so kommen auf individueller Ebene folgende Punkte zum Tragen: Werte (Einstellung und Motivation), Kompetenz (Kenntnisse und Fähigkeiten), Gesundheit (funktionelle Kapazität), Beziehung in Beruf, Familie und Freundeskreis.

Arbeitsbedingungen und persönliche Voraussetzungen verbinden sich zu einem dynamischen Wirkprofil welches bestimmt, in welcher Weise und in welchem Ausmaß sich die individuelle Arbeitsfähigkeit entwickelt.

Leitung und Leitungskultur sind im Kontext von Organisationen jene steuernden Faktoren, die in relevanter Weise die Rahmenbedingungen für Arbeitsverhältnisse gestalten können. Sie ermöglichen eine optimale Verschränkung unterschiedlicher Alterssegmente und der damit verbundenen Ressourcen.

In einem konkreten Projekt fokussiert das Unternehmen auf die verbesserte Kommunikation und Nutzung bereits vorhandener Angebote. Die Anpassung ergonomischer Bedingungen am Arbeitsplatz, variierbare Arbeitzeitbedingungen, Gesundheitsangebote etc. können nur dann voll wirksam werden, wenn die Relevanz und die Konsequenzen demografischer Veränderungen von allen Beteiligten und Betroffenen erkannt und verhaltensbezogen berücksichtigt werden. Den Erhalt der individuellen Gesundheit und Leistungsfähigkeit, kann in letzter Konsequenz nur die jeweilige Person selbst gestalten. Arbeits- und Gesprächskultur werden aber von Leitungspersonen entscheidend geprägt und haben nachgewiesener Maßen einen bedeutsamen Einfluss auf die Motivation und Produktivität bereits reiferer Jahrgänge in einer Belegschaft.

In der Praxis heißt dies, dass der Blick auf veränderte Leistungsfähigkeit gerichtet werden muss, will man bezogen auf die individuelle Reifung von Menschen optimale Produktions- bzw. Dienstleitungsvorrausetzungen schaffen. Jede Altersstufe hat ihre spezifischen Stärken und Defizite. Der kreative Mix in Arbeitsgruppen gepaart mit angemessener kommunikativer Kompetenz ermöglicht so optimierte Arbeitsergebnisse.

Im Konzept von AginArt® (Wirsing, 2009) werden die Ansatzpunkte für ein erfolgreiches Generationenmanagement unter der Berücksichtigung von Unternehmen und MitarbeiterInnen zusammengefasst.

Das Unternehmen

(die Arbeitswelt)

Die/der einzelne MitarbeiterIn

(die Lebenswelt)

Personalentwicklung Persönlichkeitsentwicklung
Arbeitsorganisation Persönlichkeitsorganisation
Orientierung an den beruflichen Lebensphasen Orientierung an der gesamten Lebensspanne
Change Managment Prozesse Gestaltung von Lebensübergängen (Reifung)
Betriebliches Gesundheitsmanagment Persönliches Gesundheitsmanagement
Weiterbildung: Berufliche Performance im Älterwerden (Angebote und Rahmenbdingungen) Weiterbildung: Persönliche Performance im Älterwerden (Persönliches Engagement)
Flexible Lebensarbeitszeitmodelle Balance der Lebensbereiche
Verhältnisprävention Verhaltensprävention

In einem solchen Ansatz werden die Nahtstellen zwischen Funktion, Rollen und entsprechenden Sachthemen laufend gepflegt. Nur diese angemessen zu gestaltende stetige Aufmerksamkeit gewährleistet jene Verbundenheit in einer Belegschaft, die sie auch als leistungsfähige Interessensgemeinschaft auszeichnet.

©2010 Mag. Dr. Josef Eisner