Denise Zacherl – Blogbeitrag 2 – Schule & Gesellschaft
Wer vermittelt Bildung überhaupt?
Ununterbrochen wird darüber gesprochen, wie wichtig Bildung in unserem Leben ist. Ohne Bildung hätte man keine Chance auf einen guten Job, auf ein hohes Einkommen oder überhaupt ein zufriedenes Leben. Doch wer macht Bildung überhaupt? Wer ist dafür verantwortlich?
Das Aneignen von Bildung hat kein spezifisches Alter oder gar eine dafür verantwortliche Person. Im Großen und Ganzen ist jeder Mensch selbst dafür verantwortlich, wie er Bildung erlangt. Ob Bildung im Alltag, Bildung im sozialen Sinne oder klassischerweise die schulische Bildung. Eltern schicken ihre Kinder in eine Schule, damit sie Bildung auf verschiedensten Ebenen erhalten. Nach dem Schulabschluss sollten diese also im Stande sein, sich in vielen Gebieten und Wissensbereichen auszukennen, angefangen bei Naturwissenschaften, Mathematik oder Informatik, bis hin zur Aneignung verschiedenster Fremdsprachen.
Aufgrund der 9- jährigen Schulpflicht in Österreich kann man folglich davon ausgehen, dass jedes Kind, wenn auch in verschiedenen Ausmaßen, Wissen sowie Bildung erfährt. Aus diesem Grund passiert es in unserer Gesellschaft häufig, dass Lehrer und Lehrerinnen automatisch für den Wissenserwerb der Kinder verantwortlich gemacht werden. Wenn ein Kind gute Noten nach Hause bringt, lobt man den Schüler oder die Schülerin aufgrund der guten Leistung. Zeigt ein Kind aus derselben Klasse mit der gleichen Lehrperson jedoch ihren Eltern eine schlechte Note, wird häufig die Lehrperson dafür verantwortlich gemacht. Denn diese hat ja die Aufgabe, den Schüler und Schülerinnen etwas beizubringen und dies auch verständlich zu erklären. Eine schlechte Note ist für viele Menschen ein Zeichen, dass eine Lehrperson versagt hat – nicht aber das Kind selbst.
Doch so sollte das nicht sein. Der Beruf als Lehrperson hat in den letzten Jahren sehr an gesellschaftlichen Wert verloren. Vor allem Volksschul- oder Unterstufenlehrpersonen ist es zugeschrieben worden, dass ihre Aufgabe ja gar nicht so schwer sei. Ein bisschen singen, spielen und nebenbei ganz einfache Rechnungen durchzuführen, Buchstaben zu lernen oder über ein beliebiges Thema aufzuklären, kann gar nicht so schwer sein. Das kann doch jeder gebildete Erwachsene, oder? Früher haben dies die meisten Personen durchaus gedacht. Doch was hat die Meinung dieser Menschen geändert? Was war der auslösende Faktor? Wie so gut wie jede Antwort in der aktuellen Zeit lautet sie auch hier: Corona.
Erst durch die Corona bedingte Schließung der Schulen und anderen Bildungseinrichtungen ist es vielen erst bewusst geworden, was Lehrpersonen in ihrem Beruf überhaupt leisten. Denn von dem einen auf den anderen Tag waren diese nicht mehr verfügbar, die Eltern waren mit der Weiterbildung ihrer eigenen Kinder auf sich allein gestellt. Plötzlich hieß es nicht mehr „einfache Rechnungen oder Buchstaben zu lernen kann doch nicht so schwer sein“. Viele Erwachsenen standen nun vor einer herausfordernden neuen Aufgabe, welche sie nicht oder nur schwer zu meistern wussten. Selbst mit all den vorgegeben Aufgaben sowie Lernunterlagen der Lehrer/innen, die sie online zugeschickt bekommen haben, wussten sie nicht, wie sie ihrem Kind das nun vermitteln sollen. Wie erklärt man einem Kind, dessen Aufmerksamkeit sich nur kurz aufrechterhalten kann, und welches sich durch jede Kleinigkeit ablenken lässt, wie es 3 mal 6 rechnen soll?
Aufgrund der Corona Pandemie hat man erst bemerkt, was Lehrkräfte wirklich leisten. Sie besitzen nicht nur Fachwissen, sondern auch die Fähigkeit, dieses Wissen in Form von Bildung an andere weiterzugeben. Eine Lehrperson, egal ob für die Primar- oder Sekundarstufe, muss eine vielumfassende Ausbildung absolvieren, die viel mehr Bereiche thematisiert als lediglich das jeweilige Fach oder gar Lesen und Schreibe zu können. Obwohl eine Lehrkraft laut Helmke natürlich auch wesentlich für den Aspekt der Lehrerprofessionalität, wie etwa das dementsprechende Fachwissen und die Kompetenzen, zuständig ist, erfordert das Lehren vor allem didaktische Kenntnis und das Einsetzten verschiedenster Modelle. Nur in dieser Kombination kann es demnach gelingen, einem Kind etwas beizubringen, ohne es gleichzeitig zu überfordern.
Auch die Unterrichtsplanung ist ein wesentlicher Faktor des Lehrens. Um sich für eine einzige Unterrichtsstunde vorzubereiten, arbeiten Lehrer oder Lehrerinnen oft Stunden, wenn nicht sogar Tage, denn diese muss bis ins kleinste Detail geplant werden. Bereits Bloom hat die verschiedenen Ebenen des Denkens und somit die wesentlichen Faktoren einer qualitativen und lehrreichen Unterrichtsstunde anhand eines sechs Stufen Modells in seinen bekannten Taxonomien beschrieben. Somit gliedern sich die Grundlagen des kognitiven Lernprozesses eines Kindes aufsteigend in Wissen, Verständnis, Anwendung, Analyse, Synthese sowie Beurteilung. Für eine Lehrperson heißt dies nun, eine Unterrichtsstunde so zu planen, dass jede der sechs Teile darin enthalten und somit jede Ebene gefördert wird.
Aus diesen Taxonomien sowie den davor beschriebenen Anhaltspunkten wird also deutlich, dass erklären oder vorzeigen nicht alles ist, was eine Lehrperson ausmacht. Sich Wissen über ein bestimmtes Thema anzueignen ist nicht schwer, dieses jedoch an ein Kind weiterzugeben eine herausfordernde Aufgabe. Damit möchte ich abschließend hervorheben, dass der Lehrberuf einen der wichtigsten Berufe in unserer Gesellschaft ausmacht und uns dies dank der Corona Pandemie, die ansonsten ganz und gar nicht viel Positives mit sich gebracht hat, erst wirklich bewusst geworden ist.
Literatur:
Bloom, B. (1976). Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich (5. Aufl.). Weinheim: Beltz Verlag.
Helmke, A. (2003). Unterrichtsqualität erfassen, bewerten, verbessern. Seelze: Kallmeyer.
Ich persönlich denke, dass es sich als überaus schwierig erweist, in jeder einzelnen Unterrichtsstunde alle sechs taxonomischen Niveaus nach Bloom einzubauen. Eine Lehrperson hat im Durchschnitt 8-10 verschiedene Klassen, in denen sie mehrmals die Woche unterrichtet. Aufgrund dessen kann es sich zeitlich fast nicht ausgehen, sich für jede Unterrichtsstunde dementsprechend vorzubereiten. Aber Lehrkräfte sollten es zumindest versuchen – so gut bzw. so oft es geht. 🙂
Bezüglich der Corona Pandemie denke ich sehr wohl, dass sich das Image einer Lehrperson zum positiven gewandt hat. Erst dadurch ist es vielen bewusst geworden, was eine Lehrkraft tagtäglich leisten muss bzw. welchen Aufgaben sie zu bewältigen hat. Denn eine Lehrperson vermittelt den Schüler/innen nicht nur Wissen, sondern sie spielt auch eine überaus große Rolle in der persönlichen Entwicklung eines Kindes!
Wie kommen Sie auf die Idee alle sechs taxonomischen Niveaus in einer Stunde realisieren zu müssen?
Meiner Meinung nach muss man das natürlich nicht, sollte es aber. Um den Schüler und Schülerinnen aber eine möglichst qualitative und lernreiche Stunde zu bieten, müssen die einzelnen, zur Planung gehörenden Schritte bis ins kleinste Detail geplant werden. Dazu würde ich eben jeder Lehrperson raten, verschiedene didaktischen Modelle für eine Unterrichtsgestaltung miteinander zu verknüpfen. Einen hauptausschlagenden Faktor werden dabei die Bloomschen Taxonomien spielen. Aus diesem Grund wäre es sinnvoll, alle, oder zumindest ein paar der taxonomischen Niveaus in einer Unterrichtsstunde zu realisieren. 🙂
Denken Sie, dass in jeder Unterrichtstunde alle sechs taxonomischen Niveaus nach Bloom realisiert werden müssen?
Denken Sie wird die Corona-Pandemie nachhaltig etwas zum Positiven hinsichtlich Image des Lehrerberufsbildes ändern?