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Als ein Meilenstein wird der neue Familienbonus von der türkis-grünen Regierung angekündigt. Ein Meilenstein ist es auf alle Fälle. Und zwar einer der uns direkt in die falsche Richtung lenkt!

Die Grundidee ist gut. Eine generelle Erhöhung des Familienbonus könnte verhindern, dass in Österreich Kinder in Armut aufwachsen und würde somit für mehr Gleichberechtigung sorgen. Leider hat unsere Regierung ein anderes Bild von Fairness. Der neue Familienbonus sieht nämlich keine Erhöhung der generellen Beihilfe vor, sondern lediglich eine neue Aufteilung, die dem Staat zusätzliches Steuergeld kostet und den Spalt einer Zweiklassengesellschaft noch größer werden lässt.

Verkauft wird uns ÖsterreicherInnen eine Erhöhung des aktuellen Bonus von 1500 Euro auf 2000 Euro. Leider gilt dies nur für jene, die genügend Steuern zahlen. Die höchstmögliche Unterstützung bekommen Familien, die über ein monatliches Mindestbruttoeinkommen von 3000 Euro verfügen. Genau genommen handelt es sich weniger um einen tatsächlichen Bonus für Familien als vielmehr um eine neue Steuerreform. Denn bezahlen beide Elternteile keine Steuern, weil sie beispielsweise auf Arbeitssuche sind, bekommen diese Familien kein Stück des Familienbonuskuchens ab. Keinen Anspruch auf eine Steuergutschrift haben Menschen die zumindest 330 Tage lang Arbeitslosengeld bezogen haben. Mehr als 160 (Szigetvari, 2021).000 Kinder sind laut aktuellen Zahlen davon betroffen.  Diese Familien wurden bei der Erstellung dieser neuen Reform scheinbar vergessen oder beabsichtigt außen vor gelassen. 

Aktuell sind in Österreich rund 350.000 Kinder armutsgefährdet. Laut einer Umfrage der Ärztekammer in den Monaten August und September 2021 sind diese Kinder häufiger krank. Sie sind höheren psychischen Belastungen ausgesetzt, deren Familien können sich gesunde Nahrungsmittel nur schwer leisten und die Kinder erhalten weniger bewegungs- und entwicklungsfördernde Angebote im Kindesalter. Natürlich, Kinder können sehr viel Geld kosten.  Die Corona-Krise hat die Problematik der psychischen Belastung dieser Kinder noch weiter verschärft.
Aber ab wann gilt man in Österreich als armutsgefährdet? Die Schwelle liegt für einen Einpersonenhaushalt bei 1328 Euro pro Monat. Pro Kind ab einem Alter von 14 Jahren erhöht sich dieser Wert um 664 Euro im Monat, ist das Kind jünger erhöht sich der Wert um lediglich 398 Euro.

Immerhin sind es zwei Drittel der Kinder in Österreich, deren Erziehungsberechtigte nicht die höchstmögliche Steuergutschrift erhalten. Bleibt für Familien, die es finanziell ohnehin schon schwer haben, die finanzielle Unterstützung vom Staat Österreich aus bedeutet dies leider auch sehr oft, dass Kinder eine schlechtere Schulbildung haben. Für diese Familien sind Anschaffungen wie neue Laptops für den Schulunterricht, neue Schulutensilien oder Exkursion beziehungsweise Schulausflüge schlichtweg nicht oder nur sehr schwer leistbar. Diese Kosten sind nicht nur für armutsgefährdete Familien ein Problem. Es ist ein Teufelskreis.

Für mich sieht es so aus, als würde die Regierung uns zu verstehen geben wollen, dass ein Kind, dessen Eltern nicht den gewünschten Beitrag leisten, in unserer Gesellschaft weniger Wert ist.

Die Frage ist was mit diesen übrig gebliebenen Kindern geschieht. Trotz viel Recherchearbeit kann ich diese Frage leider nicht beantworten. Sie fallen scheinbar durch das System. Und eine weitere Frage wäre, wie diese Familien und diese Kinder aus diesem Kreislauf wieder rauskommen. Es scheint mir so, als hätte die Regierung diese Menschen schlichtweg nicht berücksichtigt. Das ist ein Problem, welches sich nicht von allein lösen lässt.

Recht auf freie Bildung ist für mich etwas anderes. Das tragische daran ist, dass solche Reformen von einer Politik in die Welt gerufen werden, die von den ÖsterreicherInnen selbst gewählt wurde. Sind solche, als Bonus getarnten Steuerreformen, ein Abbild der in Österreich vorherrschenden Wertevorstellung? Chancengleichheit sieht anders aus. Wir sollten uns alle selbst an der Nase packen und anfangen mehr an das Allgemeinwohl zu denken. Die Kinder von heute bilden unsere Gesellschaft von morgen.

 

Literaturverzeichnis

Szigetvari, A. (20. Oktober 2021). Kinderbonus wird angehoben: Die benachteiligten Kinder. DerStandard. Von https://www.derstandard.at/story/2000130565852/kinderbonus-wird-angehoben-die-benachteiligten-kinder abgerufen

volkshilfe. (23. Oktober 2021). Von https://www.volkshilfe.at/fileadmin/user_upload/Media_Library_Kinderarmut/aerztekammer/2021-10_AErztekammer_.pdf abgerufen

volkshilfe. (23. Oktober 2021). Von https://www.kinderarmut-abschaffen.at/fakten/wer-ist-armutsgefaehrdet/ abgerufen

 

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(Anmerkung der Verfasserin: Dieser Blogbeitrag wurde gewissermaßen „im Affekt“ verfasst – als impulsive Reaktion auf mehrere Stellungnahmen und Erkenntnisse zwischen den Zeilen des zugrundeliegenden Artikels von Sandner (2021). Als Nebenwirkungen vom Lesen dieses Textes können emotionale Betroffenheit, plötzliches Unverständnis o. Ä. auftreten, da einige derzeit vorherrschende Bedingungen an Österreichs Hochschulen teilweise stark kritisiert werden. Die Verfasserin bittet allerdings darum, diese Kritiken nicht ernst zu nehmen: Diese beziehen sich nämlich nicht auf eine einzelne Universität, sondern auf das derzeitige österreichische Hochschulsystem an sich.)

Kurz vor Anfang des Sommersemesters 2020 erreichte die Studierenden der Paris Lodron Universität Salzburg eine Mail des Vizerektors für Lehre und Studium, in der er ausdrücklich darum bat, die geschätzten Kollegen/-innen mögen bitteschön ein paar ECTS-Credits mehr verdienen als üblich, damit der Bonus, der der Universität von der Regierung zugesichert worden war, auch bei ihnen ankäme. Für viele eine ungewohnte Botschaft, das Studium wäre doch DER Bildungsweg, an dem man in seinem eigenen Tempo lernen könne! Weit gefehlt, denn in den letzten Jahrzehnten hat sich ein politischer Trend bemerkbar gemacht, der die Universität weg von der offenen Bildungseinrichtung hin zum geschlossenen Unternehmen wandeln sollte.

Ziehen wir erneut einen Querschnitt durch die Jahre nach dem zweiten Weltkrieg, die sowohl das Idealbild der Universitäten als auch die Institutionen selbst zu dem gemacht haben, was sie heute sind – Sandner (2021) hatte das ja bereits zusammengefasst. Auf das Ende des Krieges erfolgte ein Zeitraum der Restauration, in dem hauptsächlich die Professoren/-innen das Sagen hatten. Wer es auf den Lehrstuhl schaffte, war damit schon ganz vorne dabei. Unter Kreisky schwappte die Tendenz zur Demokratisierung aller Lebensbereiche auch auf die Universitäten über, und so bekamen auch wir Studierenden erstmals die Gelegenheit, bei wichtigen Entscheidungen mitzuwirken. Und heute? Bleibt davon kaum etwas mehr übrig. Die absolute Mehrheit des Senats – einem der wenigen Organe der Universität, an dem Studierende mitwirken können – ist nun nicht mehr erforderlich, stattdessen schwebt eine kleine Menge Professoren/-innen als Universitätsrat über die alma mater und lenkt als die Direktwähler des Vize- und Rektorats die Geschehnisse indirekt von oben. Fast schon wie ein kleiner Aufsichtsrat in einem großen Konzern.

Lässt sich hier eine Tendenz erkennen? Wenn nein, gibt es noch einige Ähnlichkeiten zu heute üblichen Unternehmen: Die Position des Chief Executive Officer hat der Rektor, die Vizerektoren könnten fast mit einem Vorstand, der Senat mit einer demokratischen Versammlung verglichen werden. Nach demselben Muster können Fachbereiche und Fakultäten sogenannten „Profit-Centers“ gleichgesetzt werden, deren Kennzahlen nicht Umsatz und Gewinn, sondern Inskriptionszahlen und Studienabschlüsse sind. Und nicht nur auf hierarchischer Ebene gibt es Ähnlichkeiten: Immer mehr Fachhochschulen und Universitäten versuchen mithilfe eines „Brand-Packages“ , sich am Markt zu positionieren, teilweise zu spezialisieren und sowohl national als auch international Top-Platzierungen zu erreichen. Sie überwachen auch den Markt nach Trendthemen, um diese in neue Studien- und Lehrgänge (beispielsweise der Studiengang „Sprache-Wirtschaft-Kultur“ des Fachbereichs Romanistik an der Universität Salzburg), aber auch Angebote für neue Zielgruppen (zu nennen ist das berufsbegleitende Studium an der Fachhochschule Villach) umzuwandeln. Während sich Unternehmen im Zuge der Personalentwicklung um die optimale betriebsinterne Karriere bemühen, setzen immer mehr Universitäten auf Karriereentwicklung ihrer Studenten, zum Beispiel über Career Center oder Kooperationen mit Firmen, die frischgebackene Absolventen/-innen bereits bei der Sponsion abholen. Und genauso wie Betrieben werden Universitäten vorgegebene Budgets zugeteilt, die sie möglichst einhalten sollten, und bekommen hin und wieder Subventionen oben drauf.

Womit wir wieder bei der Mail des Vizerektorats wären. In diesem wurde ja ein Abfall der prüfungsaktiven Studenten/-innen mit einem Verlust der finanziellen Mittel gleichgesetzt. Dies hat gewisse Ähnlichkeiten zu einer Aussage aus Sandners (2021, 83) Artikel, wo er Sabine Seidler zitiert: „Ein neues Studienrecht sollte […] verhindern, ‚dass viele Studierende zu lange im System bleiben’ “ . Die Absolventen/-innen einer Universität werden – gemäß der „Outputorientierung“ – zu einem Massenprodukt für die Gesellschaft, und diese als Klientin will vom Konzern Universität ihre Produkte zu einem niedrigen Preis und in möglichst kurzer Zeit geliefert, und gleichzeitig von hoher Qualität haben. Wenn dem nicht der Fall ist, kann diese nicht so wie ein Kunde eines Industriebetriebes den Vertrag abbrechen, da ja formal keiner bestanden hat. Durch die Regierung allerdings könnte die Gesellschaft die Universitäten bei Nichteinhaltung der geforderten Leistungen auch strafen, in etwa durch oben erwähnte Budgetkürzungen, oder dem Entfall der ihnen versprochenen Boni.

Eigentlich schade, wenn man bedenkt, was die Institution Universität früher einmal ausgemacht hat: ein unabhängiger, für alle zugänglicher Ort des Wissens um des Wissens willen, eine nährende Mutter. Ich als Studierende bin dieses idealisierte Bild, das damals von Universitäten herrschte, nicht gewohnt, da ich mich im derzeitigen System ja bereits mehrere Semester eingefunden habe. Natürlich bin ich dankbar dafür, dass ich von Obrigkeit und Technik in der Organisation meines Studiums unterstützt werde. Doch als Studierende, die mindestens acht Jahre ihrer Lebenszeit in sich selbst investiert, fühlt sich das Studium teilweise auch wie eine Fahrt auf dem Laufband eines Industriebetriebs an. Studierende durchlaufen verschiedene Stationen, die teilweise durch Teilnahmevoraussetzungen an höhergestellten Lehrveranstaltungen in einer fixen Reihenfolge zu sein scheinen.

Man stelle sich nun vor, an meiner Stelle sitze a.) ein/-e Studierende/-r, der/die neben seinem/ihrem Studium ein, zwei oder gar mehr Nebenjobs absolvieren muss, b.) eine Studierende, die im Laufe ihres Studiums ein Kind bekommen hat, oder c.) ein/-e Studierende/-r, der/die durch plötzliche oder länger andauernde Krankheit sein/ihr Studium nur eingeschränkt absolvieren kann. Der allerorts bekannte Spruch, vor dem Gesetz seien alle gleich, gilt hier ganz besonders. Wenn Studierende/-r a durch seine/ihre Nebenbeschäftigung sein/ihr Studium bis zum Ende der beiden Toleranzsemester hinauszögern muss, dann wird er/sie auch die rund 370 Euro pro zusätzlichem Semester zahlen müssen, Ausnahme gibt es hier nämlich keine. Wenn Studierende b sich im ganzen zweiten Studienjahr um ihren kleinen Sprössling kümmern muss und infolgedessen die durch die neue UG-Novelle festgesetzte Mindeststudienleistung nicht erfüllen kann, so erlischt auch ihre Zulassung, ohne darauf auch Rücksicht zu nehmen, dass sie eine Zusatzbelastung mit sich führt. Und was ist, wenn Studierende/-r c vielleicht gar nicht mehr dazu fähig ist, Präsenztermine wahrzunehmen geschweige denn voll und ganz am Studium teilzunehmen, und er/sie nicht mehr weiß, was er/sie machen soll? Kurzum, wer es einmal ins System geschafft hat, muss von nun an seine Fahne nach dem Winde hängen. Denn zwischen First-Generation-Student/-in und verwöhntem Spross aus einem akademischen Elternhaus wird hier auf negative Art und Weise nicht unterschieden. Produkte, die es nicht schaffen, die geforderten Leistungen zu erfüllen, werden auch hier aussortiert, oder haben beispielsweise schlechtere Chancen, bei den Endbenutzern – also Firmen und Institutionen – auch gut anzukommen.

Ein weiterer, vielleicht etwas aus dem Rahmen fallender, aber dennoch zu beobachtender Punkt ist die Änderung des Umgangs der Professoren/-innen mit ihren Studierenden, und das, was man im schulischen Kontext unter „Lehrer-Schüler-Beziehung“ versteht: Früher war es ganz oft so, dass man in enger Abstimmung und engem Kontakt mit seinem/-r Professor/-in studiert hat, sodass im Lebenslauf bisweilen folgende Klausel zu lesen war: „studierte bei Professor X.“ Bei kleineren Universitäten und Fachbereichen sowie bei Studienrichtungen mit verpflichtendem Einzelunterricht ist das – Gott sei Dank – noch immer so, bei vielen anderen, insbesondere Massenstudienrichtungen, ist man entsprechend seiner Matrikelnummer eine/-r von Tausenden, und fühlt sich dementsprechend auch wie eine Nummer. Dabei wird oft vergessen, dass sich hinter dieser achtstelligen, unscheinbaren Zahl ein Mensch aus Fleisch und Blut versteckt, mit seinen/ihren eigenen Erfahrungen, Geschichten, Vorlieben und Problemen. Und gerade durch die Pandemie wird einem oft klar, wie sehr man den persönlichen Kontakt mit der eigenen Lehrperson (nebst dem mit Kommiliton/-innen) zum effektiven Lernen braucht!

Warum kann man denn nicht einfach umdenken und umschwenken, mögen sich manche vielleicht fragen. So einfach geht das allerdings nicht. Wenn sich eine Gesellschaft auf einem Kurs befindet, kommt sie bekanntlich so schnell nicht davon ab – zunächst bis zum nächsten einschneidenden politischen Ereignis. Uns als Studierenden und Professoren/-innen bleibt also nur eines: abwarten, das Getränk seiner Wahl trinken und darauf hoffen, dass die Obrigkeit und unsere Gesellschaft einsieht, was eigentlich dadurch verloren gegangen ist.

 

Quellen und angeführte Beispiele:

Sandner, G. (2021). Soziale und politische Ungleichheit an Österreichs Hochschulen. In G. Sandner & B. Ginner (Hrsg.). Emanzipatorische Ungerechtigkeit (S. 73-84). Wien:

Lehre und Studium – FH Kärnten. In: Lehre & Studium | FH Kärnten (fh-kaernten.at) (letzter Zugriff am 17. 10. 2021)

SWK kurz zusammengefasst. In: SWK kurz zusammengefasst – Bachelorstudium SWK – Sprache Wirtschaft Kultur (sbg.ac.at) (letzter Zugriff am 17. 10. 2021)

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Wenn Sie jetzt gerade den Titel dieses Blogs gelesen haben und sich denken „Wie soll das denn möglich sein, dass die Ausbildung der Eltern die Zukunft des Kindes (mit-)bestimmt?“, kann ich Ihnen sagen, dass es mir genauso ergangen ist als ich den Artikel „Soziale und politische Ungleichheit ans Österreichs Hochschulen“ gelesen habe.

Sandner betont hier, dass die soziale Herkunft ein wichtiger Faktor dafür ist, ob und auch wann ein Studium begonnen wird. Auffallend sei, dass Kinder von niedriger gebildeten Eltern – diese haben maximal einen Pflichtschulabschluss – ein Studium um zirka fünf Jahre später beginnen als jene deren Eltern ein Studium mit einem Doktorat abgeschlossen haben.

Aber Gott sei Dank gibt es trotzdem noch Veränderungen in unserer Gesellschaft, so gibt es nämlich in Österreich vergleichsweise ziemlich viele „First-Generation“-Studierende, wozu auch ich mich zählen darf, denn wer mag es glauben, aber ich bin eine derjenigen, bei denen die Chance geringer war eine Universität zu besuchen, aufgrund der Ausbildung meiner Eltern. Tja, hier bin ich.

Wie auch sonst überall im Leben spielen Vermögensverhältnisse auch im universitären Kontext eine große Rolle, denn Sander behauptet, dass eine wohlhabendere Herkunft (und auch hier wieder das Bildungsniveau der Eltern) die Mobilität von StudentInnen fördert.

Geschichte der österreichischen Hochschulen

Um die heutigen Gegebenheiten der Unis, FHs, usw. zu verstehen werden wir jetzt kurz einen Blick in die Vergangenheit werfen.

In den 1960er Jahren erlebte das Hochschulwesen eine Tiefphase: es gab nur sehr wenige StudentInnen, einen äußerst selektiven Zugang zum Studium und einen kaum demokratischen inneruniversitären Betrieb. Wie sagt man so schön „Nach jedem Regen kommt Sonnenschein“, so auch in der Historie der Hochschulen.
Zwischen den 1960er und 1970er Jahren wurden neue Hochschulen gegründet, die Zahl der Studierenden nahm stark zu und es gab ab jetzt ein eigenes Wissenschaftsministerium.
In den 80er Jahren folgte eine Konsolidierungsphase auf die die Phase des Managerialismus, der Europäisierung und der Entdemokratisierung folgt. Diese Phase war gekennzeichnet von der Autonomie der Universitäten. Es kam zu einer Schwächung der studentischen Mitbestimmung und einer Stärkung des Rektorats. Außerdem wurde mit der Bologna-Erklärung endlich ein Schritt in die Vereinheitlichung des europäischen Hochschulwesens gemacht.
Die 2000er Jahre waren von einigem Hin und Her durch politische Maßnahmen geprägt: Einführung von Studiengebühren, 6 Jahre später die Abschaffung; Schwächung der studentischen Vertretungen durch die damalige Regierung; Finanzierung der Hochschulen usw.
Durch diese Beispiele können wir den politischen Einfluss auf das „autonome Hochschulwesen“ besonders gut erkennen.

Die Novelle des Universitäts-Organisationsgesetzes (UOG) oder auch die „soziale Schließung“ der Hochschulen

Das ursprüngliche Gesetz (1975) brachte einige Vorteile für StudentInnen, hierzu zählten unter anderem die Abschaffung von Studiengebühren, ein freier Hochschulzugang und eine drittelparitätische Mitbestimmung in universitären Kommissionen.
Doch wie ich oben schon erwähnt habe, gibt es in unserer Gesellschaft viele Veränderungen, so auch bei diesem Gesetz. 2020 wurde mit der Novellierung des Gesetzes begonnen und ist mittlerweile verabschiedet worden.
So hat sich quasi fast alles aus dem ursprünglichen Gesetz ins Gegenteil gewendet. Die Universitäten sind durch das UOG dazu gezwungen, dass ihre Studierenden zeitlich effizient und ausgesprochen prüfungsaktiv sind. Weiters sind neu inskribierte StudentInnen dazu gezwungen 24 ECTS in zwei Jahren zu erbringen, wenn dies nicht erfüllt wird, soll deren Zulassung für dieses Studium für zehn Jahre erlöschen. Da dies gerade für erwerbstätige StudentInnen ein großes Problem darstellt, wird auch von einer „sozialen Schließung“ der Hochschulen gesprochen.

Man kann die Unis heutzutage schon mit einem Output orientiertem Unternehmen vergleichen. Die Studierenden schnellts möglich durch das Bachelor- und Masterstudium bringen, dass ja nicht zu viel Geld und Arbeitskräfte verloren gehen. Der Abschluss sollte natürlich trotzdem von Erfolg gekrönt sein, sonst verringern sich wiederum die Chancen am Arbeitsmarkt. Teufelskreis.

Wie soll es auch sonst sein? Die Novellierung des UOG beinhaltet eine Schwächung des Mitbestimmungsrechts von StudentInnen bei der Wiederwahl von RektorInnen. Ich frage mich warum es für die Politik oder das Hochschulwesen so ein Problem darstellt, wenn auch Studierende ihre VertreterInnen haben. Es gibt in Österreich doch sonst auch in allen Gewerbebranchen eine Gewerkschaft, die sich für die Rechte der ArbeiterInnen einsetzt, oder?

Fazit

Soziale Herkunft der Kinder spielt tatsächlich auch in Österreich eine große Rolle für den zukünftigen Bildungsweg. Außerdem hat die Politik große Einflüsse auf das Hochschulwesen, hier muss gesagt werden, dass es aber nur bedingt zu Verbesserungen kommt. Gerade die Politik könnte so vieles verbessern und soziale Herkunft mit den richtigen Handlungen in den Hintergrund stellen.

Autorin: Brenner Katharina

Artikel: „Soziale und politische Ungleichheit an Österreichs Hochschulen“ von Sandner G. (2021)

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Ja, es ist schon provokant zu behaupten, dass jemand, der nicht ins Gymnasium geht, dumm ist, noch dazu ironisch, wenn man bedenkt, dass ich selbst nicht im Gymnasium war. Dennoch vermittelt der Text mit viel Nachdruck das Bild, dass man seine Kinder doch bitte besser ins Gymnasium schickt, denn in der Mittelschule kann aus ihnen ja kaum was werden. Aber wie weit stimmt diese „These“ denn nun wirklich und muss ich mein Kind zu seinem Glück (aufs Gymnasium) zwingen?

 

Ganz kritisch betrachtet nennt der Text mehrere Punkte, die „schuld“ daran sind, weshalb das Gymnasium von vermeintlich schlaueren Kindern, als die Mittelschule besucht wird. Oder sind die Kinder nicht wirklich schlauer, sondern haben einfach nur bessere Chancen weiterzukommen?

 

Eltern und Sprache

Anscheinend hängt die schulische Zukunft des einzelnen stark davon ab, welchen Bildungsabschluss die Eltern besitzen. Somit sind Talent, Intelligenz oder Fleiß quasi irrelevant, denn wenn deine Eltern beide „nur“ einen Beruf gelernt haben, brauchst du gar nicht daran denken, zu studieren geschweige denn die Matura zu machen. So gehen Kinder, deren Eltern zumindest maturiert haben eher in ein Gymnasium wohingegen Kinder, deren Eltern nur eine Lehre als höchsten Abschluss haben, eher in die Mittelschule gehen.

Die Alltagssprache gilt auch als Faktor, denn wenn diese nicht Deutsch ist, kann sich das wiederrum statistisch gesehen als Nachteil auswirken. Demnach haben Kinder, deren Eltern weniger bildungsaffin sind und/oder einen Migrationshintergrund haben, geringere Chancen auf einen Bildungsaufstieg.

               In diesen Bereich fällt auch die Thematik „Rassismus“. Das Problem mit Rassismus hat in den letzten Jahren stark durch politische Kriege und darauffolgende Flüchtlingswelle stark zugenommen. Leider müssen sich nicht nur Kinder in der Schule damit auseinandersetzen, sondern auch die Eltern werden immer wieder damit konfrontiert. Haben die Eltern einen Migrationshintergrund, kann es vor allem durch die Sprachbarriere beim Elternabend gleich mal zu unerwünschten und ungewollten Spannungen beider Seiten kommen.

 

Restschule

Obwohl den Mittelschulen meist mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, als den Gymnasien und sie trotzdem schwächere Leistungen erzielen, lässt sich auch auf weitere Faktoren zurückführen. Wie in dieser Unterüberschrift festgehalten, wird die Mittelschule öfters als „Restschule“ bezeichnet, da sie den übergebliebenen Rest der Kinder aufnimmt. Dies wird den Kindern dann auch gerne noch bewusst gemacht bzw. sind sich selbst dessen „bewusst“, dass ihre Schule und Ausbildung weniger wert sind. So gehen sie davon aus, dass aus ihnen nichts werde, dass sie für etwaige Aufgaben zu dumm seien oder sowieso zum AMS gingen.

Das allgemeine Hauptproblem der Mittelschule ist, aber nicht nur, dass sie im Vergleich zum Gymnasium wesentlich heterogener ausfällt, sondern, dass die Schülerschaft der Mittelschule heterogener ist, als das Lehrpersonal. Schüler mit vorgefertigten, festgefahrenen Meinungen, Schüler mit offener Weltanschauung, Schüler mit Migrationshintergrund, geistigen Behinderungen, sozialen Schwächen. Sie alle sollen gefördert und gefordert werden, doch da reicht das Personal vorne und hinten nicht aus und somit bleiben einige auf der Strecke.  Dabei bestätigen Experten immer wieder, dass diese Heterogenität keineswegs eine schlechte Sache ist oder zum Nachteil für Schüler werden kann, sondern alle davon nur profitieren können. Vielfalt sollte als Vorteil betrachtet werden!

 

Finanzielle Probleme

Nichte gerade fördernd für Gerechtigkeit im Klassenzimmer ist ebenso die finanzielle Lage mancher Eltern. Als ob der modernisierende Alltag allein nicht schon teuer genug sein kann, möchte die Schule den Kindern dann auch noch die Möglichkeit für Sportwochen o.ä. bieten. Aber das ist dann für eine alleinerziehende Mutter nicht mehr möglich – sie kann es sich nicht leisten und wäre auf finanzielle Unterstützung anderer Eltern oder der Schule angewiesen. Manchmal reicht aber nicht mal die aus. In anderen Fällen ist es den Eltern auch zu peinlich zuzugeben, dass sie kaum Geld haben.

Doch laut Experten, sind genau diese außerschulischen Aktivitäten, jene, die Schüler zusammenschweißen und ihnen einen vernünftiges Gemeinsam bewusst machen.

 

 

 

Resümee

Wir haben keine Gerechtigkeit in unserem Bildungssystem und das wird sich ohne wirkliche Anstrengungen der Politik auch kaum ändern. Dabei wäre es ein so wichtiger Schritt, denn, wenn das Bildungssystem gerecht wäre, könnte es Vorreiter für vieles sein.

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Bildungsgleichheit: Ein für immer unerfüllt bleibender Traum?

Wie der Titel schon anprangert, sollte in diesem Artikel die Chance auf Bildungsgleichheit in österreichischen Schulen thematisiert werden.  Dabei sollten auch die Hintergründe für die derzeit herrschende Ungleichheit näher beleuchtet und mögliche Lösungsansätze aufgestellt werden.

Falls Sie, liebe Leser und Leserinnen, der Meinung sind, es herrsche doch überhaupt keine Bildungsungleichheit, dann muss ich sie leider enttäuschen. Denn an Österreichs Schulen entwickelt sich zunehmend eine Kluft zwischen leistungsstarken und -schwachen Schülern und Schülerinnen.

Nun werden Sie sich sicherlich fragen, wieso dem so ist. Die Antwort lässt sich nun jedoch nicht nur mit einem einzigen Blogeintrag erklären, da viele untereinander verknüpfte Aspekte als Ursache für diese Debatte ausfindig gemacht werden können. Dennoch wird Ihnen hier ein Einblick in die Thematik gewährt.

Gründe für Bildungsungleichheit

  • Sozioökonomischer Hintergrund
  • Kultureller Hintergrund
  • Wirtschaftliche und politische Interessen
  • Schultyp und -Struktur

Auf die oben angeführten Punkte werde ich in diesem Abschnitt genauer eingehen. Rothmüller und Schnell nennen in ihrem Artikel sozioökonomisches und kulturelles Kapital als Termini, die mir persönlich sehr am Herzen liegen. Was bedeuten diese Begriffe? Unter diesen Kapitalen versteht man die ersten zwei der oben genannten Punkte, die einerseits den bildungstechnischen Hintergrund und andererseits die kulturelle Herkunft beinhalten.

Es mag sich ein wenig realitätsfremd anhören, aber ihren sozioökonomischen Hintergrund können Kinder nicht beeinflussen, da dieser ihnen quasi als Privileg in die Wiege gelegt wurde bzw. wird. Das bedeutet vereinfacht gesagt: Je gebildeter -gemessen an den Abschlüssen- die Eltern, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Kinder einen hohen (Aus)Bildungsabschluss erreichen. Das liegt einerseits daran, dass sozioökonomisch privilegiertere Eltern das österreichische Schulsystem und deren Struktur besser kennen und andererseits können sie ihre Kinder finanziell, sowie bildungstechnisch besser unterstützen. Dieser sozioökonomische Status ist zudem auch mit dem kulturellen Kapital verknüpft, da das Schulsystem ihre eigene Kultur mehr oder minder prägt und somit „andersartige“ Kulturen -ob bewusst oder unbewusst sei nun dahingestellt- exkludiert und nicht bzw. nur vereinzelt akzeptiert.

Auch die wirtschaftlichen/ politischen Interessen und der Schultyp sind Punkte, die miteinander stark verbunden sind. Denn Politiker haben formuliert, dass der Output von Schulen verbessert werden müsse. Nüchtern betrachtet zielt die Politik demnach auf Schüler und Schülerinnen als hochleistungsorientierte Endprodukte, entwickelt in Großindustrien, ab. Als ein Phänomen, das mit diesem Aspekt einhergeht, kann man die vergleichsweise höhere Zahl an Schulanmeldungen von Kindern an Schulen mit geringerem Anteil an Schüler und Schülerinnen mit niedrigem Migrationshintergrund.

Nun noch näher zum Schulsystem, bei dem ich vor allem auf die doch schnelle Segregation (also Trennung von Schulkindern), die durch das Schulsystem bzw. durch die Schulstruktur auftritt, eingehe. Mit dieser Trennung ist der Übergang von der Primarstufe in die Sekundarstufe I. Hierbei stehen die Kinder vor der Wahl: Gehen sie in eine Mittelschule oder in eine AHS?

Vor dieser Frage sind Sie vielleicht als Elternteil auch schon gestanden oder kennen im persönlichen Umfeld ähnliche Situationen.

Erstens sollte gesagt sein, dass nicht oder nur in den seltensten Fällen tatsächlich die Schulkinder eine Entscheidung treffen dürfen. Zweitens darf ich anmerken, dass durch diese Segregation der Grat der Bildungsungleichheit steigt und soziale Probleme vermehrt auftreten können, da dadurch durchaus Freundschaften zerstört werden.

Mögliche Lösungsansätze

Meiner Meinung nach muss das Schulsystem „renoviert“ werden. Dabei sollte man verstärkt auf Integration setzen und dies gegebenenfalls auch den Lehrpersonen vermitteln. Denn kulturelle „Andersartigkeit“ sollte nicht benachteiligt, sondern zum Vorteil umgemünzt werden. Von kultureller Diversität können alle Schulkinder einer Klasse profitieren, wenn jede/r SchülerIn akzeptiert sind und sich innerhalb einer Gemeinschaft bewegt. Leistungsschwächere bzw. Kinder mit sozialökonomisch schwächeren Status sollten hierbei besonders gefördert werden. Hier stellt sich mir allerdings die Frage, auf welche Weise diese Förderung stattfinden soll. Der wohl bekannteste Weg ist ein Modell eines Förderkurses, bei dem leistungsschwächere Kinder de facto vom übrigen Klassenverbund exkludiert sind. Durch diese Exklusion findet ja in einer schwachen Form eine Segregation statt, was Auswirkungen auf das Klima in der Klasse haben kann. Ein neueres Modell wäre ein altersstufenübergreifender Unterricht, der schon häufig in Schweden angewandt wird. Diese Unterrichtsform interpretiere ich persönlich als projektorientierter. Die Schüler und Schülerinnen erfahren also mehr Partizipation am Unterricht und stehen in einem Austausch zu älteren, vielleicht mehr wissenden Schulkindern. Daraus entwickeln sich im besten Fall „Peer-Buddys“ oder Lerngemeinschaften/ -freundschaften.

Weiters sehe ich die AHS Unterstufe eher skeptisch und halte diese für überflüssig. Was es gegen eine „Leistungskluft“ braucht, sind keine unterschiedlichen Schultypen der Sekundarstufe I, die um einen gewissen Status kämpfen. Vielmehr bedarf es an einem einzigen Mittelschultyp, dessen Niveau eventuell angehoben wird und (wie vorhin geschildert) auf Integration/ Inklusion baut.

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p style=“text-align: right“>Marcel Humer

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2019/20 gab es laut Statistik Austria 1.135.519 Schülerinnen und Schüler in Österreich, in Volksschulen waren es zuletzt 344.282. Diese Zahl steigt seit 2016 an und wird auf die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund zurückgeführt (Statistik Austria, 2021a). Alle Schultypen und -stufen zusammengefasst gibt es 299.852 Schülerinnen und Schüler mit nicht-deutscher Umgangssprache (Statistik Austria, 2021b). Dieses Aufeinandertreffen vieler verschiedener Sprachen wirft die Frage auf: Stellt die Mehrsprachigkeit und Multikulturalität in der Schule eine Chance oder ein Problem für die Schülerinnen und Schüler und für das Lernen in der Klasse dar und wie könnte man diese unterschiedlichen Sprachen und Kulturen effektiv in den Unterricht miteinbeziehen?

Die Chance. Mehrsprachigkeit ist ein wichtiges Gut in der heutigen Welt. Vor allem in Kontinenten wie Europa, wo es viele flächenmäßig kleine Länder mit ihren jeweils eigenen Sprachen gibt und (Völker-)Wanderungen geschichtlich gesehen der Normalzustand sind, ist es förderlich mehr als nur eine Sprache zu sprechen und verschiedene Kulturen kennenzulernen. In der Klasse Schüler und Schülerinnen zu haben, die aus verschiedenen Ländern kommen und unterschiedliche Sprachen sprechen, kann eine Chance für alle Kolleginnen und Kollegen darstellen, da so Kontakt zu anderen Kulturen und Traditionen hergestellt wird und der Horizont eines jeden erweitert werden kann. Die Lernenden sind mit verschiedenen Situationen konfrontiert und lernen wichtige soziale Fähigkeiten kennen – sich mit anderen Nationen und deren Kulturen vertraut zu machen, nicht aufgrund von Ethnizität voreilig zu urteilen oder auch „nur“ wie verschieden Sprachen und Kulturen sein können. Zudem kann auch das sprachübergreifende Lernen hilfreich sein, indem beispielsweise Vokabular in mehrere Sprachen übersetzt wird oder über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zweier oder mehrerer Sprachen zu diskutieren. Dadurch werden die Schülerinnen und Schüler dazu ermutigt, sich mit verschiedenen Sprachen auseinanderzusetzen und es wird die Authentizität dieser Begegnung mit einer anderen Kultur gestärkt, da die Lernenden eher Interesse daran zeigen, so Dausend und Lohe (2016).

Das Problem. Jedoch ist das österreichische Schulsystem defizitorientiert, die Mehrsprachigkeit und Multikulturalität wird wenig wertgeschätzt und es wird versucht, Schülerinnen und Schüler nach einem Schema zu erziehen, welches sich seit Zeiten Maria Theresias nicht grundlegend verändert hat. Seit Jahren wird davon gesprochen, Chancengleichheit für alle Kinder zu schaffen, trotzdem hat die deutsche Sprache und die Vermittlung mitteleuropäischer Werte und Normen die Priorität #1 in der Schule. Es kommt zu Regelungen, um die Benutzung fremder Muttersprachen im Unterricht einzuschränken und ausschließlich Deutsch zur Kommunikation im Unterricht (teilweise sogar in den Fremdsprachen) zu verwenden. Nicht-deutsche Kultur und Herkunft der Schülerinnen und Schüler wird dabei eher als Störung angesehen und sie werden „deutsch“ erzogen. So wurde der Begriff „illegitimes kulturelles Kapital“ von Bourdieu geprägt. Kulturelles Kapital bezeichnet dabei die sowohl kulturelle Güter der Schülerinnen und Schüler, als auch verinnerlichte Zustände (Bourdieu, 1983). Obwohl zahlreiche Studien zeigen, dass Mehrsprachigkeit förderlich ist, wird in der Schule starr auf Monolingualität beruht, bedingt zum Beispiel durch das fehlende Verständnis mancher Lehrpersonen. Gogolin (1994) spricht vom sogenannten monolingualen Habitus in einer multilingualen Schulumgebung. So kommt es, dass sogar in der heutigen, global vernetzten Zeit und Welt Mehrsprachigkeit und Multikulturalität in der Schule oft als Herausforderungen und Probleme, die es zu bewältigen gibt, angesehen werden, anstatt der Chancen, die sie eigentlich für alle Involvierten darstellen könnten.

Die Möglichkeiten. Aber wie können Mehrsprachigkeit und Multikulturalität auch positiv in den Unterricht miteinbezogen werden, wenn die Schule so träge an ihren alten Formen festhält? Positiv wäre es jedenfalls die verschiedenen Umgangssprachen der Schülerinnen und Schüler in den Unterricht miteinzubeziehen. Das kann als Lehrperson, die beispielsweise nur eine oder zwei Sprachen spricht und keine persönliche Erfahrung mit anderen Kulturen hat, durchaus herausfordernd wirken, doch kann es meines Erachtens trotzdem auf verschiedene Arten umgesetzt werden. Schülerinnen und Schülern, denen mit Respekt begegnet wird, werden auch selbst mehr Respekt für die Lehrperson aufbringen und so können auch Fremdsprachen behandelt werden. Kleine Maßnahmen, wie beispielsweise das Grüßen am Morgen in allen Sprachen, die in der Klasse gesprochen werden, stellt schon einen ersten Schritt dar, die Herkunft der Lernenden zu würdigen. Es wird den Schülerinnen und Schülern vermittelt, man kenne und respektiere ihre Herkunft und Sprache. Auch mehrsprachiges Vorlesen von Aufgaben oder Texten durch Lernende oder Lehrende kann dem weiterhelfen. Die Schülerinnen und Schüler würden so lernen, mehrere Sprachen miteinander zu kombinieren und das könnte auch das Verständnis für Linguistik und Sprachgebrauch allgemein fördern. Größere Maßnahmen wären beispielsweise das Einführen von Fremdsprachenunterricht in eben jenen stärker vertretenen Muttersprachen, zum Beispiel türkisch oder kroatisch anstelle von oder (besser noch) zusätzlich zu Spanisch oder italienisch. Die Kultur und Sprache von Kindern mit Migrationshintergrund kann nicht nur im Sprachunterricht selbst eingebaut werden, es kann auch im Rahmen des Geografie- oder Geschichteunterrichts darauf eingegangen werden. Die Schülerinnen und Schüler könnten zum Beispiel die Möglichkeit bekommen über ihre Heimat zu erzählen und es kann ein Lehrervortrag oder ein Ausschnitt aus einem Lehrbuch durch persönliche Erfahrungen der Kinder erweitert werden. Sollen Brücken zwischen verschiedenen Fremdsprachen geschlagen werden, müssen sich auch die jeweiligen Lehrpersonen besser untereinander absprechen, um zu klären, welche Themen wie und wann im Unterricht behandelt werden.

Deutsch zu lernen ist in einer Schule in einem deutschsprachigen Land mit deutschsprachigen Tests keinesfalls zu vernachlässigen, aber die Art und Weise, wie deutsch gelernt wird und wie fremde Umgangssprachen und Kulturen behandelt werden, kann und muss in der heutigen Zeit verbessert werden.

(Elena Schüssling)

Literatur:

Bourdieu, P. (1983). Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. In: R. Kreckel (Hrsg.), Soziale Ungleichheiten. Soziale Welt Sonderband 2. Originalbeitrag, übersetzt von R. Kreckel. (S.183-198). Göttingen.

Dausend, H., & Lohe, V. (2016). Die Studie „Fundament mehrsprachiger Unterricht“ (FuMU) – Was Schülerinnen und Schüler zum Einsatz ihrer Familiensprache im Fremdsprachenunterricht sagen. In: A. Wegner, & I. Dirim (Hrsg.), Mehrsprachigkeit und Bildungsgerechtigkeit: Erkundungen einer didaktischen Perspektive. (S.224-238). Opladen: Barbara Budrich. Doi: 10.2307.

Gogolin, I. (1994). Der monolinguale Habitus der multilingualen Schule. Münster u.a.: Waxmann. ISBN: 3-89325-219-3.

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Statistik Austria (2021b). Schülerinnen und Schüler mit nicht-deutscher Umgangssprache im Schuljahr 2019/20. Zugriff am 16.10.2021. Verfügbar unter https://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_PDF_FILE&RevisionSelectionMethod=LatestReleased&dDocName=029650