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Das Thema, ob Lehrkräfte einfach „nur“ Experten ihres Fachs sind oder doch „alles“ können sollen, ist ein heiß diskutiertes. Auch in der COACTIV-Studie vom Jahr 2003 wurde dieses Thema im Zusammenhang mit Mathematik bereits behandelt. Im folgenden Blogeintrag geht es aber weniger um Mathematik, sondern mehr um die Aussage (die auch in der Studie behandelt wurde), dass sowohl fachdidaktisches als auch fachliches Wissen bedeutsam sind und meiner Meinung nach dürfen diese Bereiche noch um das Allgemeinwissen bereichert werden.

Die Frage bzgl. Fach-, Allgemein- und fachdidaktischem Wissen ist aber nicht so einfach beantwortet, denn es macht einen großen Unterschied, ob Lehrkräfte Volksschüler unterrichten, wo die fachliche Kompetenz vermutlich etwas niedriger ausgeprägt sein muss als in der Oberstufe, wo Maturantinnen und Maturanten unterrichtet werden. In der Oberstrufe wird das Fachwissen zwar von immer größerer Bedeutung, in der Volksschule hingegen ist die pädagogische Kompetenz von enormer Wichtigkeit.

Die Gesellschaft erwartet oft, dass Lehrerinnen und Lehrer allwissend sind, obwohl Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe in ihrer Ausbildung zum Großteil fachlich und weniger pädagogisch gelehrt werden.

 

Einige Kompetenzen sollten Lehrerinnen und Lehrer jedoch ohne Ausbildung und fernab von fachlicher oder pädagogischer Kompetenz besitzen. Eine Kompetenz, neben vielen sozialen Skills, ist Rechtschreibung. Es ist nicht nur, wie ein weit verbreiteter Irrglaube vielleicht vermuten lässt, für Deutsch- oder FremdsprachenlehrerInnen relevant, die deutsche Rechtschreibung einwandfrei zu beherrschen, sondern auch für alle anderen Lehrkräfte. Sowohl bei Elternbriefen, beim Verfassen von Arbeitsaufgaben als auch für das Schreiben von E-Mails mit Schülerinnen und Schülern, Eltern, Vorgesetzen oder Außenstehenden ist eine ausgezeichnete Rechtschreibkenntnis unabdingbar.

 

Nichtsdestotrotz sollte der Chor der Gesellschaft aufgrund dessen nicht lauten: Die Lehrerschaft muss alles können, sondern eher, dass Lehrkräfte sowohl in ihrem Fach als auch im Allgemeinwissen ein Vorbild für alle Schülerinnen und Schüler sein sollten.

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Der Begriff “Bildung” wird in der Regel zweckfrei verstanden, wohingegen Ausbildung auf Nutzerwartungen bezogen ist. Mit dieser Unterscheidung ist eine gewisse Wertung verbunden, denn schon umgangssprachlich gilt Bildung mehr als Ausbildung. In Folge dessen werden Gymnasien oder Universitäten mit „Bildung“ assoziert, Berufe dagegen mit „Ausbildung“. Bis heute berufen sich deutsche Gymnasien und Universitäten auf „Bildung“ als ihr Proprium, das oft zweckfrei verstanden wird und sich aus sich selbst heraus begründen soll. „Bildung“ bezieht sich allerdings nicht nur auf anerkannte Bildungsinstitutionen, sondern ist zu einem sehr erfolgreichen, aber auch sehr inflationären Begriff geworden, der alltagssprachlich ein großes Spektrum von Spielarten zulässt. Folglich kann man unter dem Begriff “Bildung” auch Allgemeinbildung, Berufsbildung, Weiterbildung, Erwachsenenbildung, Freizeitbildung order auch musische Bildung verstehen. Des Weiteren, kommt man zum Entschluss, dass “Bildung” ein unendlicher Prozess ist und “Ausbildung” auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist. Um den Bedeutungsunterschied zwischen beiden Begriffen zu verdeutlichen, kann folgendes Beispiel angeführt werden: Um als gebildet zu gelten, sollte man beispielsweise etwas über geschichtliche Geschehnisse wissen, Zeitung lesen und Nachrichten aufmerksam verfolgen. Um jedoch all diese genannten Punkte erfüllen zu können, geht der Bildung ein wichtiger Punkt voraus, die so genannte “Ausbildung”. Um beispielsweise eine Zeitung lesen zu können, muss man, wie es der Ausdruck “Zeitung lesen” schon sagt, im Stande sein, etwas zu lesen. Die Fertigkeit des Lesens wird uns in aller Regel in der Grundschule von Lehrer*innen beigebracht und wird als “Ausbildung” betrachtet, welche uns erlaubt, uns zu bilden.

Gesellschaftlich ist es zwar hoch angesehen gebildet zu sein, aber man hat kaum Chancen am Arbeitsmarkt zu bestehen ohne eine abgeschlossene Ausbildung. Wenn man beispielsweise die Schulausbildung am Gymnasium abbricht, hat man weder einen Hauptschulabschluss noch eine Berufsausbildung. In diesem Fall wird man am Arbeitsmarkt schwer Fuß fassen können und stark eingeschränkte Wahlmöglichkeiten bei der Berufswahl haben. Wenn man sich nun die Frage stellt, welchen gesellschaftlichen Wert die Bildung gegenüber der Ausbildung erfährt, muss man die allgemein akzeptablen Lebensläufe betrachten. Jeder kennt den Ausdruck “Dauerstudent”, ein Begriff der negativ konnotiert ist und unabhängig vom Bildungsgrad generell dazu dient, jemanden zu verhöhnen. Das ist natürlich damit verbunden, dass Schulen und Ausbildungsstätten das höhere Ziel der Erziehung gesellschaftsfähiger Mitglieder übertragen bekommen. Was soviel heißt,  dass nach vollendeter Ausbildung ein arbeitsfähiger Mensch die Gesellschaft mit seinen/ihren erworbenen Qualifikationen bereichern soll. Kritisch ist dabei zu betrachten, dass man individuell für die eigenen Bildungserfolge zuständig ist und die Diskrepanz zwischen den Bildungschancen stark von der Umwelt beeinflusst ist. Nichtsdestotrotz ist es besonders wichtig Bildungsprozesse zu fördern, um die persönlichen Interessenfelder und den Forschungsdrang im Individuum weiter zu entwickeln. Dafür muss man die persönlichen Stärken und Schwächen der Schüler*innen und Auszubildenden kennenlernen und in Folge dementsprechend durch Fördermaßnahmen intervenieren. Außerdem muss sowohl im schulischen als auch im gesellschaftlichen Rahmen die Chancengleichheit sichergestellt werden, jedoch besteht dahingehend noch Luft nach oben. Da Bildungssysteme sich stets am Gesellschaftsmodell orientieren, ist es von umso größerer Bedeutung, die Bildungs- sowieso Ausbildungsmöglichkeiten zukünftig barrierefrei zu gestalten. 

Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch einen ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken. Sie hat die Jugend mit dem für das Leben und den künftigen Beruf erforderlichen Wissen und Können auszustatten und zum selbsttätigen Bildungserwerb zu erziehen.” (§ 2 SchOG)

Die Schule hat zur Aufgabe Menschen zu bilden aber auch auszubilden. Diese zwei Begrifflichkeiten hängen eng miteinander zusammen. Die Schule bildet den Menschen auf unterschiedlichen Ebenen und trägt einen wichtigen Teil zur Bildung und Erziehung bei. Die Aufgabe der Schule ist nicht nur den Schüler und Schülerinnen wichtige fächerspezifische Inhalte beizubringen, sondern auch übergreifende Kompetenzen. Die Erarbeitung und Aneignung der wichtigen Inhalten müssen immer auch mit fächerübergreifenden Kompetenzen kombiniert werden. Diese sind zum Beispiel das kritische Denken und Hinterfragen, Selbstorganisation und das selbstständige Lernen und Entscheiden. Die Matura wird oftmals auch Reife- und Diplomprüfung genannt. Das heißt, dass am Ende der Schullaufbahn die Schüler und Schülerinnen den Reifezustand erreicht haben und nun Erwachsene sind, die die Probleme und Handlungsspielräume der Gesellschaft erkennen und handeln.

Da Schule eine Vielzahl von Aufgaben und Funktionen hat, ist es sehr schwer diese alle aufzuzählen. Der Fokus liegt auf der Erziehung der Schüler und Schülerinnen zu kritischen und selbstständigen Menschen.

Zunächst muss uns klar werden, dass Bildung und Ausbildung nicht dasselbe ist. Wenn wir in den Zeitungen “Bildungswesen, Bildungspolitik, Weiterbildung” lesen, assoziieren wir damit Bildung, aber nicht die Ausbildung, obwohl diese damit gemeint ist. Das Ziel der Weiterbildung ist zum Beispiel, sich beruflich weiterzubilden. “Bildungspolitik” meint die Ausbildung in der Schule. Bildung an sich führt dazu, dass man Zusammenhänge versteht und sich ein eigenes Weltbild verschafft. Wie oben schon beschrieben, kann man sein Horizont durch Zeitungen oder Bücher lesen erweitern und dazu kann man sich seine eigene Meinung bilden, was jedoch in einem totalitären System unerwünscht ist. Man kann so viele Bücher lesen, zich Vorlesungen besuchen, wenn es nicht im Lebenslauf steht, hat diese Bildung in der Arbeitswelt wenig Wert, denn dort hat die Ausbildung einen höheren Stellenwert. 

Vera F. Birkenbihl war eine Managamenttrainerin und präsentierte ein anschauliches Beispiel für eine “educated person”. Sie teilte diesen Vorgang in drei Hauptpunkte: 

  1. Den jungen Menschen mit den Gepflogenheiten und Umgangsformen innerhalb der Gemeinschaft vertraut zu machen.
  2. Ihn für eine bestimmte Funktion innerhalb dieser Gemeinschaft auszubilden.
  3. Ihm Wissenswertes nahezubringen, um dadurch seine eigenen Interessen und seinen Forschungsdrang zu wecken.

Diese drei Hauptpunkte zeigen deutlich, dass man mit Bildung den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen muss- oder so wie sie es sagte: “Doch zwischen Potential und Endresultat liegt etwas, das von außen gesteuert wird und ein bestimmtes Ziel verfolgt, nämlich jenes, diesen Menschen zu dem werden zu lassen, was die nähere Umgebung von ihm erwartet. Dieser Prozess heißt „Erziehung“”. Mittlerweile zollt man nicht denjenigen Respekt der allgemein gebildet ist, sondern jenem, der in seinem Beruf erfolgreich ist und ein ansehnliches Einkommen verfügt. 

Abschließend kann man sagen, dass nicht jeder Mensch allwissend sein muss. Man ist auch nicht gebildet, wenn man sich auf ein Thema spezialisiert. Man ist aber auch nicht gebildet, wenn man jeden Tag Zeitung liest. Um Bildung zu erlangen, muss das Interesse an etwas Neuem da sein. Aber was bringt dem Staat ein gebildeter Mensch, wenn es kein begeisterter Konsument, fleißiger Arbeiter und gehorsamer Steuerzahler ist?

Beitrag von Christina Grill, Anica Keskic, Lea Sali, Begüm Sanli

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Dass zwischen Ausbildung und Bildung literarisch gesehen ein ziemlich kleiner Unterschied liegt wird deutlich, wenn man einmal darüber nachdenkt, wie lose wir im alltäglichen Sprachgebrauch oftmals damit umgehen. Sehr oft wurde mir bereits die Frage gestellt: „Welche Ausbildung hast du gemacht?“ und „welche Bildung hast du“, habe ich auch schon des Öfteren gehört. Beides im Kontext der Schule. Denn jeder wollte immer nur wissen welche Schule ich besucht habe. Was bietet die Schule nun an? Bildung oder Ausbildung?

Der grobe Unterschied liegt eigentlich in der Art wie man sich Wissen aneignet. Wenn man von Ausbildung spricht, wird das Wissen von einer anderen Person übermittelt. Meist in einem spezifischen Gebiet. Zum Beispiel für den Berufsalltag. Als Bildung hingegen wird oftmals das selbst erlernte Wissen bezeichnet. Jenes, welches man z.B. aus dem Lesen von Büchern oder ansehen von Dokumentationen erlangt. Die Schule wird auch oft aus als Ausbildung zur Bildung betrachtet. Sie übermittelt Grundinformationen auf die später selbständig aufgebaut werden kann. Man soll lernen, wie man lernt. Natürlich gibt es auch Einzelfälle wie z.B. eine BHS wo auch Praxisgegenstände unterrichtet werden. Diese fallen in ein Spektrum, wo beides übermittelt wird.

In den Letzten Jahren konnte ich persönlich immer mehr wahrnehmen das Ausbildung wieder mehr geschätzt wird. Handwerklich Berufe rücken wieder immer mehr in den Vordergrund. Vor allem die Lehre mit Matura welche in einer gewissen Art und Weise die Ausbildung im klassischen Sinne und Ausbildung zur Bildung kombiniert. Es ist schwer zu sagen welchen Weg man gehen möchte, denn im Endeffekt bildet man sich am besten weiter, wenn einem das Thema dem man sich widmet interessiert und Spaß macht.

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Ausgehend von drei Kapiteln des Beitrags Österreich von Ferdinand Eder und Josef Thonhauser in Die Bildungssysteme Europas (Grundlagen der Schulpädagogik, Band 46) hat uns in den vergangenen Wochen das Thema Veränderung im Kontext von Schule und Schulsystem beschäftigt. Dabei haben wir uns sowohl Veränderungen in der Vergangenheit, die zum heutigen Ist-Zustand geführt haben, angesehen, als auch Überlegungen angestellt, welche Veränderungen nun passieren müssten und wie wir als angehende Lehrer*innen dazu beitragen können, dass die Schule und das Schulsystem der Zukunft funktionieren kann.

 

Veränderung und Nicht-Veränderung im historischen Kontext

(Annemarie Schaffer)

Das öffentliche österreichische Schulsystem und seine Entwicklung befinden sich seit seiner Entstehung im 18. Jahrhundert in einem Spannungsfeld zwischen – wie es Ferdinand Eder und Josef Thonhauser ausrücken – „progressiven Ideen“ und „konservative[m] bis reaktionäre[m] Festhalten am jeweiligen Status quo“. Dass das Veränderungen und Anpassungen am System erschwert und manchmal sogar verunmöglicht, ist leicht nachzuvollziehen.

Was 1770 eine wichtige und notwendige Neuerung war – nämlich, dass das Schulwesen zur Staatsangelegenheit wurde – erweist sich heutzutage oft eher als Bremsklotz für eine sinnvolle Entwicklung. Denn das von Kaiserin Maria Theresia erlassene Dekret, das Schule „allzeit [zu] ein[em] Politikum“ erklärte, mag damals die Kirche als Bildungsträger obsolet und Bildung allgemein zugänglicher gemacht haben; heute aber dient das Politikum Schule oft als Bühne oder Projektionsfläche parteipolitischer Machtkämpfe, wobei ein unvoreingenommenes Nachdenken über Nutzen und Sinn für das Schulsystem außen vor bleibt. Ein gleichzeitig präsentes und langgedientes Beispiel dafür ist die Diskussion um die Gesamtschule. Die Idee ist absolut keine neue, wie es auch ein Überblicksartikel auf der Website des Radiosenders Ö1 zeigt: Schon im 17. fordert der protestantische Theologe und Pädagoge Johann Amos Comenius eine allumfassende Bildung für alle Menschen unabhängig von ihrer sozialen Stellung. In Österreich war es 1848 der Unterstaatssekretär Ernst Freiherr von Feuchtersleben, der als erster für alle Kinder zwischen elf und 14 Jahren eine gemeinsame Schule, das Progymnasium, wollte. Doch erste Versuche in diese Richtung gab es erst im rot regierten Wien der 1920er unter dem Schulratspräsidenten Otto Glöckel. Diese stießen jedoch auf breiten Widerstand und die Idee der Gesamtschule wurde zum Inhalt parteipolitischen Lagerdenkens – und ist es bis heute geblieben. Zuletzt machte sich das – wie in einem Beitrag der Tageszeitung Die Presse nachzulesen – 2017 im Zuge der damaligen Bildungsreform bemerkbar: Sozusagen als Zuckerl für die Grünen, die die damalige rot-schwarze Regierung für eine beschlussfähige Mehrheit brauchte, öffnete der damalige Gesetzesentwurf „die Tür für die Gesamtschule“ – zwar nur für Modellregionen im Burgenland und in Vorarlberg, aber immerhin. Dass dabei aber eben nicht pädagogische Überlegungen ausschlaggebend waren, sondern die Jagd nach einer Mehrheit im Parlament, ist offensichtlich und wird noch klarer im Zusammenhang mit der Aussage des damaligen Vizekanzlers Wolfgang Brandstetter (ÖVP), dass nun, die SPÖ bei der Studienplatzfinanzierung am Zug sei. Themen wie die Ganztagsschule oder die Studienplatzfinanzierung bedeuten zum Teil weitreichende Veränderungen für Schüler*innen und Studierende und sollten deshalb eigentlich nicht Gegenstände von parteipolitischem quid pro quo sein. Dass sich aber dahingehend in Österreich etwas verändert, ist unwahrscheinlich, denn Schule ist und bleibt „allzeit ein Politikum“.

Dabei fällt es den streitenden Parteien auch nicht auf, dass – um beim Beispiel der Gesamtschule zu bleiben – ihr „Streitgegenstand historisch tot ist“, wie es der Bildungsexperte Stefan Hopmann (zitiert im oben verlinkten Ö1 Artikel) ausdrückt. Denn „beide Seiten sitzen“, so Hopmann, „im Prinzip immer noch im selben Schützengraben; Die eine kämpft noch immer darum, eine gleichberechtigte Beteiligung an der Struktur der anderen zu bekommen, und die andere reagiert strukturkonservativ und sagt: Nein, wir wollen aber nicht zu viele von euch.“ Dabei sei es laut Erkenntnissen der Bildungsforschung klar, dass oberflächliche Änderungen – das heißt der Name oder das Label einer Schule – an der Situation nichts verändern. Das erläutert der Bildungsexperte folgendermaßen: „Eine wirkliche Änderung wäre ja nur dann gegeben, wenn wir tatsächlich bereit wären, denen, die weniger Bildungsressourcen zuhause haben, mehr in der Schule zu geben. Also produktive Ungleichbehandlung. Ob ich die jetzt in einer Gesamtschule mache wie die Skandinavier oder in vielen verschieden Schulformaten wie die Kanadier oder Holländer, ist egal. Die Frage ist: Bin ich bereit zur produktiven Ungleichbehandlung? Und die ist politisch schwer durchsetzbar.“

Das heißt also: Änderungen und Nicht-Änderungen im und am Schulsystem werden in Österreich wohl immer (partei-)politisch motiviert sein. Dass es dabei zu tiefenstrukturellen zeitgemäßen Änderungen kommt, scheint unwahrscheinlich, wenn man betrachtet, wie ähnlich das heutige Schulsystem dem von vor 200 Jahren in manchen Bereichen noch ist. Die meist oberflächlichen Änderungen können leicht im politischen Hick-Hack der Parteien verlorengehen oder bei einem Wechsel der Regierungsparteien wieder rückgängig gemacht werden. Als Lehrperson befindet man sich damit in einem an sich recht starren System, das aber häufig seinen Anschein wechselt. In diesem Rahmen gilt es nun, den Schüler*innen abseits von politisch motivierter Einflussnahme und in jedem von außen aufgedrückten System die bestmögliche zeitgemäße Bildung angedeihen zu lassen, damit sie in einer sich stetig verändernden Welt Fuß fassen können. So kann (sinnvolle) Änderung von innen heraus entstehen.     

 

Schulpflicht? (Samir Eghbali)

Bei Ferdinand Eder und Josef Thonhauser ist die Schulpflicht als Teil der Struktur des Bildungssystems gelistet. Sie beschreiben im dritten Kapitel, wie das österreichische Schulsystem aufgebaut ist:  vom Elementarbereich über die Sonderformen im Schulsystem bis hin zum tertiären Bildungsbereich, welcher Bildungseinrichtungen wie Hochschulen und Universitäten umfasst.

In meinem Beitrag möchte ich das Werkzeug der Schulpflicht näher betrachten und welches Problem ich dabei sehe. Das österreichische Schulsystem besteht wie z.B. das deutsche auch aus 9 Jahren Schulpflicht für alle, die sich dauernd in Österreich aufhalten. Ein wichtiger Punkt, der in einer Pandemie-Zeit (aktuell Corona) nach meiner Ansicht schwer durchzusetzen ist. Denn was bedeutet eigentlich Schulpflicht? Wird die Schulpflicht allein durch die Anwesenheit im Unterricht erfüllt oder zählen auch Mitarbeit und gute Noten? Wie überprüft man die Schulpflicht in einer Zeit, die geprägt ist von Home-Office, Homeschooling und E-Learning? Welche/r Lehrer/in kann bemerken, wenn der/die bereits im Präsenzunterricht stille Schüler/in im Online-Unterricht ebenso still ist und statt zu lernen und aufmerksam der Lehrkraft zu folgen ganz einfach seinen Hobbys nachgeht. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es auch trotz einer zugeschalteten Kamera viele Möglichkeiten gibt, sich anderweitig zu beschäftigen. Und genau da kommt die Schulpflicht meines Erachtens an ihre Grenze. Man kann den Kopf von SuS zwar in die Schule zwingen, jedoch nicht die Schule in die Köpfe der SuS.

Was also tun? Die SuS aufgeben, die sich nicht integrieren? Den Gründen aus dem Weg gehen, weshalb SuS nicht in die Schule wollen, wieso sie sich weigern, mitzuarbeiten. Fast jede/r SuS war einmal in der Situation, keine Lust mehr gehabt zu haben, die Schule als überflüssig empfunden zu haben oder einfach geschwänzt zu haben, weil man etwas anderes tun wollte. Anstatt jedoch nach den Gründen gefragt zu werden, wurde man häufig nur abgemahnt, in Form von schlechten Noten, einem Vermerk im Zeugnis, einem Gespräch mit den Eltern oder im schlimmsten Fall einem Verweis.

Meiner Ansicht nach sollte, anstatt die SuS einfach nur in die Schule „zu zwingen“, den Beweggründen, wieso sie nicht gehen wollen, mehr Beachtung geschenkt werden. Natürlich zweifle ich nicht an der Zweckmäßigkeit der Schulpflicht, denn sie ist schon ein bewährtes Instrument, SuS nicht nur die Möglichkeit von Bildung zu geben, sondern diese Möglichkeit auch für jede Person, die in Österreich lebt, verbindlich zu machen. Allerdings sehe ich auch einen Weg zu einer besseren Bildung darin, es zu schaffen, dass SuS aus Einsicht oder idealerweise aus positiver Motivation heraus von sich aus zur Schule gehen wollen und nicht nur, weil sie durch die Schulpflicht dazu gezwungen werden.

 

Wann platzt die Blase des österreichischen Schulsystems?

(Denise Zacherl)

Dass das österreichische Schulsystem mit vielen Problemen zu kämpfen hat, ist definitiv nichts Neues. In der PISA- Studie fallen wir von Jahr zu Jahr immer weiter zurück, was daher auch nicht überraschend kommt. Doch woran liegt das? Wieso wird es für die meisten Schüler und Schülerinnen immer schwieriger, gute Noten nach Hause zu bringen, anstatt leichter? Mit dem heutigen Überfluss an Bildungsangeboten müsste doch für jedes Kind das passende dabei sein.

Das Schulsystem in Österreich ist geprägt von fortlaufenden Veränderungen. Von neuen Lehrplänen, besseren pädagogischen Methoden oder Modellen bis hin zur neuen bundesweiten Zentralmatura. Es wird versucht, alles neu, anders und vor allem kompetenzorientierter zu gestalten. Die Kinder sollten mehr lernen, mehr Wissen aneignen und vor allem mehr leisten. Aufgrund dieser andauernden Erneuerungen sowie Veränderungen werden die Schüler und Schülerinnen immer wieder vor neue Aufgaben gestellt.

Doch Veränderung heißt nicht automatisch gut. Diejenigen, die es am meisten betrifft, werden dabei meist übersehen. Nämlich die Schüler und Schülerinnen! Für diese heißt neu und mehr nicht immer besser, sondern viel mehr Stress, weniger Freizeit und ein viel zu hoher Druck lastet auf ihnen, denn sie müssen natürlich mit den Erneuerungen mithalten. Als Beispiel führe ich an dieser Stelle die bundesweite Zentralmatura an. Ich selbst habe vor 2 Jahren maturiert und habe diese Erfahrung miterlebt. Die Zentralmatura wurde uns vorgestellt als tolle neue Möglichkeit, unseren Abschluss zu machen.

Aber was hat das für uns bzw. für die heutigen Schüler/innen für Auswirkungen? Selbstverständlich erfordert eine neue Matura auch neue Grundkompetenzen, neue Lernmethoden und vor allem: eine neue Benotung. Dies war die größte Hürde, sowohl für unsere Klasse als auch für unsere Lehrpersonen. Denn diese konnten uns in den meisten Unterrichtsfächern nicht mehr so benoten wie früher, mussten sich strikt an die Vorgaben halten und es gab fast ausschließlich neue Aufgabenformate. Natürlich hat die Zentralmatura auch gewisse Vorteile, wie z.B., dass alle Absolvent/innen einer höheren Schule die gleichen Voraussetzungen nach ihrem Abschluss mitbringen. Meiner Meinung nach überwiegen hier jedoch ganz klar die Nachteile und speziell für die Schüler/innen selbst stellt es eine klare Veränderung ins Negative dar. Wie auch von Eder und Thonhauser in ihrem Text „Österreich“ beschrieben, wird der Abschluss dadurch eher objektiv angesehen und die individuellen Stärken der Schüler und Schülerinnen gehen damit verloren.

Das eben angesprochene Thema ist jedoch nur eine von insgesamt vier großen Problematiken, mit welchem das österreichische Schulsystem laut Eder und Thonhauser heutzutage zu kämpfen hat. Eine weitere große Hürde im Schulsystem bildet zudem der Übergang zwischen der allgemeinen Volksschule und der nächsthöheren Schulstufe. Hierbei hat ein/e Schüler/in zwei Möglichkeiten, entweder das Kind schafft es anhand ihrer schulischen Leistungen in eine AHS oder muss sich mit der Mittelschule zufriedengeben. Doch warum habe ich eben die Wörter „schaffen“ und „zufriedengeben“ im Zusammenhang mit Schulen benutzt? In unserer heutigen Gesellschaft hat sich das Gesamtbild einer AHS und einer Mittelschule (ehemals Hauptschule) so stark gewandelt, dass die AHS fast als „Elite Schule“ angesehen wird. Sozusagen nur noch für die „Besseren“ vorbehalten. Jedes Kind, welches die gewissen schulischen Voraussetzungen für die Aufnahme nicht erfüllt, hat keine andere Wahl als die Mittelschule. Durch diese Tatsache wird die Mittelschule automatisch – ob gewollt oder nicht – zu etwas schlechterem gemacht. Jegliche Versuche, die Mittelschule attraktiver und interessanter zu gestalten, blieben bislang erfolgslos.

Was hat sich allerdings so stark geändert, dass Eltern ihre Kinder lieber in einer AHS unterbringen wollen, ohne auf deren individuellen Förderungsbedarf Rücksicht zu nehmen? In diesem Punkt fließen bereits die nächsten zwei großen Problematiken mit ein, nämlich der Umgang mit besonderen Förderungen sowie die Maßnahmen von Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund.

Erstens wollen es viele Eltern schlicht und einfach nicht wahrhaben, dass ihr Kind mit dem Lehrplan einer AHS eventuell nicht mithalten kann und eine spezielle Unterstützung benötigen würde. Sie ignorieren die Tatsache, dass genau ihr Kind den schulischen Anforderungen nicht gewachsen ist. Obwohl es mittlerweile bekannt ist, dass die Mittelschule mehr Förderungen anbietet, bzw. mehr auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder einzugehen versucht, auch weil mehr als eine Lehrkraft die Unterrichtsstunden betreut, überzeugen diese Argumente die meisten Eltern leider nicht. Zweitens werden auch öfters Kinder mit Migrationshintergrund als Einflussfaktor angesehen, das Kind lieber in eine AHS zu schicken. Die meisten Personen assoziieren Kinder mit anderer Herkunft sofort mit schlechten Deutschkenntnissen, schlechteren Leistungen und noch schlechteren Noten. Dies wird auch von der Hypothese gestärkt, dass solche Kinder in der Regel eine Mittelschule besuchen. Leider wird auch hier übersehen, dass die Herkunft allein nichts über die Intelligenz, bzw. die Fähigkeit oder dem Willen zur Leistung aussagt. Vielmehr erachte ich es als sehr wichtig, diesen Schülern und Schülerinnen die gleichen Chancen zu ermöglichen, um sie dadurch besser zu integrieren und zu fördern. Hierbei ist es auch wichtig, das Elternhaus mit einzubeziehen. Denn ohne Unterstützung zu Hause ist es für Kinder nochmals ein Stück schwerer. Doch auch hier mangelt es leider an Verständnis und auch am Willen der österreichischen Eltern.

Für mich als angehende Lehrperson heißt dies nun, in Zukunft selbst aktiv zu werden, um nicht nur meine Schüler/innen in den verschiedensten Bereichen zu unterstützen, sondern auch, dem negativen Image der Mittelschule entschieden entgegenzutreten.

 

COVID-19 – Die Pandemie als (zusätzliches) Problem des Schulsystems

(Nicole Balasoiu)

Derzeit ist schon lange bekannt, dass das österreichische Schulsystem gewisse Probleme in sich trägt, die jedoch verschiedene Wurzeln haben. Auch bei den PISA-Studien werden die Ergebnisse schlechter und schlechter. Doch warum? Das österreichische Schulsystem ist bemüht, den Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund genug Integration anzubieten. Auch für Lehrpersonen gibt es immer mehr Möglichkeiten für Weiter- und Fortbildungen. Es gibt überzentrale Veränderungen wie zum Beispiel die Zentralmatura oder die Lehrpläne, die trotzdem die Probleme nicht ganz verhindern.

Denise Zacherl hat im vorigen Absatz die Probleme behandelt, sie ausdiskutiert und das wichtigste schon erwähnt.

Hinzugefügt werden kann noch die Tatsache, dass heutzutage, in der aktuellen Covid-19-Situation, in der alle Schüler und Schülerinnen gefangen sind, Probleme dazukommen. Der Stress, der sie verfolgt, ist noch immer präsent. Sie erhalten Aufgaben und Hausübungen, müssen sich teils selbst den Schulstoff beibringen und haben dabei oft keine Unterstützung von einer Lehrperson. Der Druck wird größer. Falls die Eltern arbeitstätig sind und sich nicht zu Hause befinden, können nicht einmal sie eine Unterstützung sein.

Jede Schule und jede Schulstufe vereinbart schulintern, wie sie die Situation bewältigen, ob sie Online-Stunden organisieren, zusätzliche Hilfe und Erklärungen von der lehrenden Person anbieten oder ob sich die Schüler und Schülerinnen allein mit dem Stoff auseinandersetzen und die Aufgaben erledigen sollen. Doch müssten die Schüler und Schülerinnen nicht prioritär sein? Viele fühlen sich im Stich gelassen. Der soziale Kontakt, der ihnen fehlt, trägt dazu bei, dass sich die Situation auf sie noch anstrengender auswirkt. Dazu kommt noch, dass nicht alle Kinder die gleichen Chancen im Distance Learning haben. Damit werden die sozialen Ungleichheiten verstärkt. Am meisten betroffen sind die Kinder aus sozial schwächeren Haushalten. Daher ist auch hier eine Veränderung nötig. Platz dafür gibt es genug.

Als zukünftige Lehrperson nehme ich mir vor, selbst auch aktiv zu werden und meinen Schülern und Schülerinnen eine passende Unterstützung und Hilfe zu sein. Eine passende und engagierte Lehrperson kann in vielen Hinsichten ein Beispiel für die Kinder sein. Daher ist es wichtig, persönliche Haltung und Verhalten zu ändern, bevor man versucht die Schüler und Schülerinnen zu ändern.

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LV: Gender, Diversität und Inklusion
Artikelsammlung
Gruppe D
Vorurteile und Rassismus im Alltag
Verfasserin: Hannah Staudinger

Gehen ein Chinese und ein Tunesier in eine Bar. Der Chinese wird vom Türsteher hineingelassen, der Tunesier nicht.

Sie fragen sich jetzt vielleicht, wo der Witz bleibt? Es gibt keinen. Es wäre schön, wenn es einer wäre, doch dies ist die Realität. Die Realität des 21. Jahrhunderts.

Unser Leben ist geprägt von Vorurteilen. Seien es Vorurteile gegenüber Arbeitslosen (die seien ja nur zu faul, um zu arbeiten), Vorurteile gegenüber Kassierern und Kassiererinnen im Supermarkt („die haben halt nix Gscheits glernt“) oder Vorurteile gegenüber Menschen, die anders aussehen als ich, oder die einfach gesagt eine andere Hautfarbe haben als ich selbst. Letzteres wäre als Rassismus bekannt, ein Thema, das immer wieder zur Sprache kommt, ohne dass sich groß etwas tut.  

Denken Sie doch einmal nach, wo Ihnen im Alltag Rassismus begegnet. Ich spreche jetzt nicht von Morden an Schwarzafrikanern durch die Polizei in Amerika, sondern von Beispielen aus dem eigenen Alltag. Dies können Sprüche sein, abweisendes Verhalten oder die Annahme, dass Leute bestimmter Hautfarbe wenig bis kein Deutsch können etc.

Klingelt es da bei Ihnen?

Niemand, wirklich niemand kann behaupten, im Alltag noch nie mit Rassismus in Berührung gekommen zu sein. Entweder als der- oder diejenige, der/die sich gegenüber anderen rassistisch verhalten hat oder als der- oder diejenige, dem/der rassistische Haltungen entgegengebracht wurden.

Wenn Sie jetzt also nochmal überlegt haben, bin ich mir sicher, dass Sie nun mindestens ein Beispiel aus ihrem eigenen Alltag gefunden haben.

Ein ganz plakatives Beispiel wäre jenes, mit dem ich diesen Artikel begonnen habe. Ich habe ja angemerkt, dass dies die Realität sei… Warum weiß ich das? Es ist genauso passiert. Ein guter Freund von mir (dessen Vater Tunesier ist und der selbst eher südländisch aussieht) war mit einem Freund von ihm (ein Junge mit asiatischem Aussehen, da die Eltern Chinesen sind) am Abend aus und wollte in eine Bar. Seinen Freund mit dem asiatischen Aussehen ließ der Türsteher hinein, den eher südländisch Aussehenden allerdings nicht. Vielleicht hatte der Türsteher persönlich was gegen Südländer, vielleicht hat er aber auch nach dem Klischee gehandelt, dass Asiaten schlau und umgänglich seien und Südländer aufbrausend und aggressiv und dass man sowas an einem angenehmen Abend einfach nicht braucht. Wer weiß.

Wenn Sie das so lesen denken Sie bestimmt: „Sowas kann doch nicht sein. Dass es sowas heute noch gibt!“ Tja das ist kein Einzelbeispiel. Vielleicht passiert es Ihnen selbst nicht in einem so großen Ausmaß, doch denken Sie mal darüber nach, wie Sie sich fühlen, wenn Sie an einer Gruppe Jugendlicher vorbeigehen, die allesamt eher südländisch aussehen und sich vielleicht auch noch lautstark in einer anderen Sprache unterhalten, und das vielleicht noch als Frau?

Ich kann nur von mir selbst sprechen, doch ich fühle mich manchmal immer noch unwohl… Warum? Weil wir suggeriert bekommen, dass diese Leute schlecht sind und sie dadurch von „uns Weißen“ ausgegrenzt werden. Jetzt fragt man sich vielleicht, wie ich das meine. Es genügt ein Blick in die Zeitung. Dinge, die mit Migranten oder ehemaligen Flüchtlingen zu tun haben, werden in den Nachrichten groß aufgebauscht. Bringt aber mal eben der weißeste Mann der Nachbarschaft seine Frau um (oder auch umgekehrt, wer weiß), ist das grade mal eine Randnotiz in der Zeitung wert. Und nun fragen Sie sich noch, warum in unserer Gesellschaft Rassismus so stark vorherrscht?

Es beginnt ja schon in der Schule. Also die Ausgrenzung. Kinder, die nicht Deutsch als Erstsprache haben, dürfen am Schulhof nicht ihre Muttersprache sprechen, sondern werden gezwungen, Deutsch zu sprechen. Außerdem gibt es bestimmte Förder- oder Deutschklassen. Diese haben Vor- und Nachteile, doch der größte Nachteil ist wohl, dass die Kinder wieder ausgegrenzt werden und ihnen das Gefühl gegeben wird, dass sie anders seien. Dies wiederum führt dazu, dass sie sich später nicht wirklich in die Gesellschaft integrieren können oder wollen, da ihnen von klein auf das Gefühl gegeben wird, besonders zu sein. Besonders im Sinne von anders.   

Denken Sie einfach mal darüber nach und versuchen Sie, egal auf wen, offen und ohne Erwartungen oder Vorurteile zuzugehen. Lernt man diese Leute nämlich kennen, fällt auf, dass sie wie jeder andere auch sind. Liebenswerte und herzliche Menschen, die in unserer Gesellschaft einfach nur geachtet werden wollen.

Idioten gibt es überall. Auch unter den Weißen.

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von Johanna Stögermayr

Die Autorin Melisa Erkurt schreibt in ihrem Kapitel „Warum können Sie so gut Deutsch“ über ihre Erfahrungen, mit welchen sie als „Ausländer-Kind“ zu kämpfen hatte. Sie ist eines der vielen positiven Beispiele von gelungener Integration. Gelungen, weil sie in einer Integrationsklasse mit bemühten PädagogInnen war, in der sie von den anderen SchülerInnen lernen und so genügend Selbstvertrauen aufbauen konnte.

Jedoch ist es leider häufig so, dass Kinder mit Migrationshintergrund in eine eigene „Deutschklasse“ kommen. Das hat den Nachteil, dass die Kinder untereinander entweder nicht deutsch sprechen oder nur „fehlerhaftes“ Deutsch hören bzw. sprechen lernen. Weiters ist es für die SchülerInnen schwieriger Freundschaften mit „heimischen“ SchülerInnen zu knüpfen, oder eine eigene Identität zu entwickeln, da sie durch die „Deutschklassen“ das Gefühl bekommen anders zu sein. Aus diesem Grund fällt es ihnen auch schwer sich später in der Gesellschaft zu integrieren, da sie es nicht anders gelernt haben.

Daher ist es als Lehrperson besonders wichtig SchülerInnen mit Migrationshintergrund in einer Integrationsklasse zu unterstützen und ihnen zu zeigen, dass sie genauso besonders sind wie alle anderen SchülerInnen in der Klasse. Von Anfang an sind Sprache, Herkunft, Vergangenheit und der kultureller Hintergrund anders als von den anderen. Erkurt erzählt davon, dass ihre KindergartenpädagogInnen sie nie spüren ließen anders zu sein, wofür sie ihnen bis heute dankbar ist. Aus diesem Grund müssen auch wir in der Sekundarstufe 1 und 2 die SchülerInnen so gut es geht unterstützen, indem wir im Unterricht auf die Mehrsprachigkeit eingehen anstatt sie zu diskriminieren oder ihnen verbieten in ihrer Sprache zu sprechen.

Für uns als Lehrpersonen sollte es normal sein den SchülerInnen zu zeigen, dass sie auf ihre Muttersprache stolz sein können, denn nur so können sie sich auf eine neue Sprache, Kultur und somit auf ein neues Leben einlassen. Werden sie jedoch im Gegensatz dazu nur diskriminiert, würde es kein Mensch schaffen sich auf „Schulzeug“ zu konzentrieren.

Hier zwei Beispiele, wie man die Mehrsprachigkeit von SchülerInnen und zugleich auch alle SchülerInnen im Unterricht integrieren kann.

  • Eine kurze Geschichte übersetzen:

Im Unterricht wird eine Geschichte erzählt und als Hausaufgabe sollten die SchülerInnen die Geschichte so erzählen, als würden sie es einem Freund erzählen. Dabei dürfen sie ihre Umgangssprache (Mundart oder andere Muttersprache) verwenden. Am nächsten Tag werden die Geschichten vor der Klasse in den verschiedenen Sprachen vorgetragen. Anschließend kann darüber gesprochen werden, wie die Sprache auf die SchülerInnen gewirkt hat. War sie schnell, langsam, flüssig oder eher stockend? Woran könnte das liegen? Hört sich die Sprache von zwei SchülerInnen mit der gleichen Muttersprache unterschiedlich an und woran könnte das liegen?

  • Sportunterricht: jeder zählt auf einer anderen Sprache bis zehn:

Die SchülerInnen müssen herausfinden, wie viele Sprachen sie insgesamt in der Klasse sprechen können. Dann wird eine Übung ausgewählt, wie z.B. Sit-ups, Liegestütz. Jede Übung wird zehnmal gemacht und ein/e Schüler/in zählt in einer anderen Sprache als Deutsch und die anderen sprechen ihm/ihr während den Übungen laut nach. Das kann auch dabei helfen, dass die SchülerInnen sich mit ihrer Sprache und Herkunft identifizieren können und es cool ist einen andere Sprache zu sprechen.

Mein Appell an die Politik und LehrerInnen lautet, dass es keine „Deutschklassen“ mehr geben sollte. Stattdessen sollten alle SchülerInnen gemeinsam in eine Klasse sein und am selben Gegenstand arbeiten.

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Verfasserin: Denise Zacherl

Mut zur Veränderung oder Kapitulation

Nachdem ich im Rahmen einer Lehrveranstaltung das Kapitel „Chancenlos von Anfang an. Bildungsalltag vom Kindergarten bis zur Matura.“ aus dem Buch „Generation haram: Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben“ von Melisa Erkurt gelesen habe, ist mir wieder einmal bewusst geworden, wie unsere heutige Gesellschaft funktioniert. Der Wert der eigenen Persönlichkeit, der individuellen Talente sowie Gefühle rückt immer mehr in den Hintergrund. Wenn man ein Mitglied der Gesellschaft werden will, muss man eine bestimmte Norm erfüllen. Und dies fängt schon früh an. Alles was anders ist, wird mittlerweile als „ohnehin hoffnungslos“ gewertet und die individuelle Persönlichkeit nicht mehr berücksichtigt.

Wenn ich als angehende Lehrperson nun über meine Zukunft nachdenke, habe ich großes Bedenken. Ich möchte jedem Kind die gleichen Voraussetzungen mitgeben, jeden individuell fördern sodass sie sich persönlich weiterentwickeln können und ihnen auch bei ihren alltäglichen Problemen behilflich sein. Ich sehe meine Aufgabe darin, jedem die gleiche Chance zu geben, das Ziel zu erreichen, auch wenn dies sehr schwer ist. Die meisten Lehrpersonen scheitern leider exakt an dieser Aufgabe, obwohl dies einer der wichtigsten Punkte in der Entwicklung der Kinder darstellt.

Doch wieso ist genau das so schwer? Weshalb bekommt nicht jeder die gleichen Chancen? Auch Erkurt hat sich in ihrem Buch diese Frage gestellt, kam dabei jedoch auf keine einheitliche Antwort. Eine Begründung auf das „wieso“ lässt sich oftmals auf den Sprachgebrauch zurückführen. Viele Kinder mit Migrationshintergrund beherrschen die deutsche Sprache nicht, selbst die Muttersprache wird nur brüchig gesprochen. Aufgrund dieses Sprachdefizits ist es speziell für solche Kinder überaus schwer, etwas zu lernen. Sie verstehen die Erklärung der Lehrer/innen nicht, die Aufgabenstellungen sowie ihre Mitschüler/innen – sie sind schlicht chancenlos. Die Schule wird buchstäblich ein Ort des Unbehagens, der Ausgrenzung. Dass dieses massive Problem der österreichischen Schulen behoben werden muss, ist selbstverständlich. Aber wie soll dies geschehen? Wer soll sich damit auseinandersetzen?

Die heutige Gesellschaft erwartet, dass eine pädagogisch ausgebildete Lehrperson in der Lage ist, ein Kind zu unterrichten, ganz egal welche Voraussetzungen es von zu Hause in den Unterricht mitgebracht hat. Ob es nun die Unterrichtssprache beherrscht oder die gesellschaftlichen Normen kennt, wird nicht beachtet. Denn dies muss ohnehin von einer Lehrperson ausgeglichen werden. Dadurch wird ein/r Lehrerin nicht nur vor eine große, fast unmögliche Aufgabe gestellt, sondern wird dem eigentlichen Beruf „Lehrer“ nicht mehr gerecht. Eine Lehrer/in müsste sich eigentlich voll und ganz auf das Lehren konzentrieren, die Ausbildung der Schüler/innen ganz klar in den Mittelpunkt stellen. Doch dies ist heutzutage nicht immer möglich, da die Voraussetzungen in den Schulklassen nicht mehr gegeben sind. Häufig kümmern sich die Eltern zu wenig, vermitteln keine gesellschaftlichen Regeln und reden nur in der jeweiligen Muttersprache oder überhaupt nur selten mit ihren Kindern, sodass der deutsche Sprachgebrauch für die Betroffenen schlicht fremd erscheint. Speziell jene Faktoren sollten von den Eltern erfüllt werden, nicht etwa von einer Lehrkraft. Doch in der Realität ist dies genau der Fall. Lehrpersonen stehen Tag für Tag vor der Herausforderung, allen Kindern in der Klasse gerecht zu werden, ob diese nun die Unterrichtssprache beherrschen oder sich an die Regeln halten. Sie versuchen ihr Bestes, scheitern jedoch täglich. Jedem Schulkind individuell gerecht zu werden, ist eine Sache der Unmöglichkeit. Dies betrifft jedoch nicht nur Lehrer/innen der Primar- oder Sekundarstufe, sondern vor allem auch Pädagogen/innen im Kindergarten. Besonders in diesem Alter ist die individuelle Entwicklung für ein Kind äußerst wichtig.

Was kann also nun dagegen unternommen werden? Wie kann man diese Chancen-Ungleichheit im österreichischen Schulsystem vorbeugen? Meiner Meinung nach sollte die „schulische“ Erziehung bereits sehr früh beginnen, dass genau jenes, was zu Hause fehlt, früh ausgeglichen werden kann. Die Grundvoraussetzung wäre hierfür ein 2. verpflichtendes Kindergartenjahr, ebenso wie kleinere Gruppen und mindestens zwei Pädagogen/innen pro Kindergartengruppe, um jedem Kinde genug Zeit sowie Raum zur Verfügung zu stellen. Nur auf diese Weise kann auf die individuellen Bedürfnisse jedes Kind eingegangen werden und somit bereits zu Schulbeginn eine Chancengleichheit für die Bildung bestehen.

Weiter wäre es dem österreichischen Bildungssystem zu wünschen, auch in jeder Volksschulklasse zwei Lehrkräfte einzusetzen. Zusätzlich sollte in jeder Bildungseinrichtung mindestens eine psychologische Anlaufstelle zur Betreuung der Schüler und Schülerinnen und auch, wenn gewünscht, den Lehrpersonen oder sogar den Eltern zur Verfügung stehen. Neben dem oben genannten würde ich die Idee der Ganztagesschule befürworten. Auf diese Weise erhalten all jene Schüler und Schülerinnen, die es brauchen, eine zusätzlich gezielte Förderung. Nicht nur auf die schulischen Aufgaben bezogen, sondern auch auf die Integration durch gemeinsame Sport- oder Spielangebote, Spaß und Kommunikation am Nachmittag.

Denn der wichtigste Aspekt in den eben aufgezählten Punkten bildet die vollständige Integration der Migrantenkinder. Denn Chancengleichheit beruht nicht immer nur auf das gleiche Bildungsangebot, sondern speziell auch auf das gemeinschaftliche Leben. In unserer Gesellschaft kommt es mitunter häufig vor, Menschen anhand gewisser „Stereotypen“ zu beurteilen. Sie sortieren Menschen anhand ihrer Herkunft und Religion aus, ohne die eigentliche Person überhaupt anzusehen. Sie bestimmen, wer dazugehören darf und wer nicht. Und diese Vorurteile haben ihren Ursprung eben leider schon in der Schule. Jedoch ist die Sprache Deutsch nicht der Schlüssel zum Erfolg. Die persönlichen Talente und Interessen stecken dahinter, nicht die Herkunft, die Muttersprache oder gar das Aussehen. Aus diesem Grund würde ich mehr Integrationskurse für Schüler und Schülerinnen fordern. Nicht nur, um den davon betroffenen Kindern besser Deutsch zu lernen, sondern auch, dass den österreichischen Kindern von Anfang an bewusst gemacht wird, Menschen in keine Kategorien einzuordnen. Es wird ihnen dadurch vermittelt, dass jeder Mensch auf seine eigene individuelle Art und Weise einzigartig ist. Und genau das spricht für die Chancengleichheit! Jeder Mensch hat die gleichen Chancen verdient, ganz egal welche Voraussetzungen er mitgebracht hat. Je früher unsere Gesellschaft das lernt, desto besser funktioniert unser aller Miteinander.

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Chancengleichheit in der Bildung in Österreich

Verfasserin: Lara Dürnberger

 

Jedes Kind sollte dieselben Chancen auf Bildung haben. Leider ist diese selbstverständliche Forderung nicht so einfach umzusetzen. Man kann nicht behaupten, nur weil jemand in ärmlicheren Verhältnissen aufwächst, wird diese Person es sowieso nie weit bringen in der Schule, und doch bewahrheitet sich dies oft. Auch Vorurteile, dass Kinder, deren Eltern eine höhere Bildung genossen haben, auch später einmal ein Studium abschließen, stimmen nicht immer, und doch stehen die Chancen, dass Eltern ihre Kinder für die Bildung begeistern können, wenn sie selbst sehr gebildet sind, höher. Diese Kinder haben in Österreich eine größere Chancenmöglichkeit auf Bildung als Kinder aus bildungsfernen Haushalten.

Der im Standard veröffentlichte Artikel „Bildung wird in Österreich überdurchschnittlich vererbt“, beschäftigt sich mit genau dieser Thematik. Österreich schnitt im Vergleich mit anderen Industrienationen in der Pisa-Studie 2015 viel schlechter ab. Wenn man sich die Zahlen genau ansieht, erkennt man, dass in Österreich der sozioökonomische Hintergrund die Bildung von Kindern mehr als in einigen anderen Ländern Europas beeinflusst.

Auch die naturwissenschaftlichen Leistungen in der Pisa-Studie 2015 zeigen, dass die österreichischen Schüler und Schülerinnen nicht gut abschnitten. Mit 88 Punkten lagen sie zwar über dem OECD-Schnitt, jedoch lagen die Leistungen des laut Sozialstatus untere Viertel deutlich unter dem Durchschnitt.

Natürlich gibt es laut der Pisa-Studie 2015 Kinder, die aus benachteiligten Familien kommen und trotzdem ein gutes Ergebnis erreicht haben.

Nur zehn Prozent der Schüler aus bildungsfernen Schichten schaffen in Österreich ein Studium. Im Länderschnitt sind es 21 Prozent, also doppelt so viele! Im Rahmen einer Studie wurden 26- bis 65-Jährige befragt. Nur 29 Prozent gaben an eine höhere Bildungsstufe als ihre Eltern erreicht zu haben. Länder, wie Finnland und Südkorea kommen auf über 50 Prozent, der Durchschnitt der Teilnehmerländer liegt bei 41 Prozent.

Natürlich haben es Kinder aus bildungsfernen Schichten schwerer im Bereich der Bildung gut abzuschneiden. Zum sozialen Status zählen nicht nur Bildungsabschlüsse und Berufsausbildung der Eltern, sondern auch Faktoren wie das Vorhandensein eines Computers und Breitbandinternet im Haushalt. Diese Faktoren beeinflussen auch den Zugang zu digitaler Bildung. Wenn Kinder nicht sehen, dass Eltern Bücher und Zeitungen lesen, fehlt eine grundlegende positive Vorbildfunktion.

Auch der Aspekt, dass Kinder von Eltern, die einen Hochschulabschluss haben, später ebenfalls einen relativ hohen Bildungsgrad erreichen werden, beweist uns wie ungerecht Bildung für Kinder sein kann. Natürlich ist ein Kind engagierter in der Schule, wenn die Eltern es motivieren und ihm bestimmte Bildungsthemen näherbringen. Wenn auf Kinder zuhause Eltern warten, denen egal ist, welche Note ihr Kind in der Mathematik Schularbeit bekommen hat oder ob es brav seine Hausübungen macht, ist natürlich auch keine extrinsische Motivation vorhanden. Es werden viele sagen, Schüler und Schülerinnen müssen selbständig sein und ohne Hilfe der Eltern die Schule meistern. Doch wenn von außen, also von der Familie keine Motivation kommt, sehen sie auch keinen Grund gut in der Schule zu sein und weiter zulernen.  

Die Frage ob Bildung in Österreich vererbt wird, kann man nur mit ja beantworten. Es gibt immer Ausnahmen: Kinder oder Jugendliche, die es trotz einfacher Verhältnisse, aus bildungsfernen Haushalten, schaffen einen hohen Bildungsgrad zu erreichen.

Doch von Gerechtigkeit kann man trotzdem nicht sprechen, wenn diese Kinder und Jugendliche sich Bildung erkämpfen müssen, während andere dieses Privileg als selbstverständlich sehen. Zu dieser Problematik können Lehrpersonen jedoch einen positiven Beitrag leisten, wenn sie Schüler und Schülerinnen von Anfang an gleichbehandeln, sie nicht abstufen in „leistungsschwächere“ Schüler. Als Lehrperson kann man zwar an privaten Schicksalen nichts ändern, jedoch kann und sollte man in der Schule versuchen, allen das gleiche ermöglichen: eine Chancengleichheit in der Bildung!

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Linguizismus

Verfasst von Lena Lesslhumer & Sarah Hammelmüller

Kinder mit andere Erstsprache als Deutsch sind schon lange nicht mehr nur in den Großstädten auffindbar. Die Sprachenvielfalt gehört in den österreichischen Schulen schon längst zum Alltag. Denn Fakt ist, mehr als die Hälfte der in Wien lebenden Schüler*innen haben eine andere Muttersprache als Deutsch, das ist die Realität.

Oftmals ist es so, dass Kinder und Jugendliche im Elternhaus und in ihrer Freizeit in ihrer Muttersprache reden, aber im Schulalltag auf Deutsch „umswitchen“. Häufig hat das zur Folge, dass sie ihre Muttersprache nur noch mangelhaft beherrschen und Deutsch nur spärlich anwenden können. Liegt es am Schulsystem selbst, an den Lehrkräften oder doch an der Unterstützung zu Hause?

Ein großes Problem stellt die alltägliche Diskriminierung der Schüler*innen dar. Kein Schultag vergeht, an dem ein*e Schüler*in nicht aufgrund seines*ihres Nachnamens, der anderen Aussprache oder des etwas anderen Aussehens diskriminiert wird. Diese Art von Ausgrenzung wird auch als Form von Rassismus bezeichnet und wird Linguizismus genannt.

Mir stellt sich immer wieder die Frage, wie wir als angehenden Lehrer*innen diese Probleme, welche zunehmend relevanter werden, bekämpfen können. Nicht zuletzt deshalb, weil man sich auch selbst hin und wieder dabei ertappt, ungewollt in genau diesen Kategorien zu denken und sich unbewusst schon im Vorhinein, ohne tatsächliche Fakten zu haben, ein Bild von einem anderen Menschen zu machen. Gerade hier ist es von Nöten, immer wieder die eigenen Meinungen diesbezüglich zu reflektieren und so in puncto Aussagen oder Verhalten größtmögliche Objektivität gegenüber anderen zu gewährleisten.

Des Weiteren soll, wie es Melisa Erkurt in ihrem Buch „Generation haram: Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben“ im Kapitel „Wieso können Sie so gut Deutsch?“ erfasst, das generelle Problem der Mehrsprachigkeit bereits im Kindergarten thematisiert werden.

Um die Sprachentwicklung geeignet für alle Kinder zu fördern, ist der ständige Kontakt mit der Sprache Voraussetzung, Bilder- sowie Hörbücher begünstigen das Lernen. In Ausnahmefällen sollte immer ein Logopäde zur Verfügung stehen. Des Weiteren sollte man nicht gegen, sondern mit Hilfe der Muttersprache die Sprachentwicklung fördern.

Aber wie bereits erwähnt, ist nicht nur die Fähigkeit des Sprachgebrauchs, sondern die allgegenwärtige Diskriminierung eine große Problematik.

Nach Deutsch sind Türkisch und Serbisch in Österreich die meist gesprochenen Sprachen. Jedoch fällt das kaum jemanden auf. Die Diskriminierung beziehungsweise das Zurechtweisen, dass in Österreich ohne Ausnahme Deutsch gesprochen wird beginnt bereits am Schulhof. Es kommt nicht selten vor, dass Schüler*innen von Lehrkräften oder Mitschüler*innen ermahnt werden gefälligst Deutsch zu sprechen.

In Bezug auf die Diskriminierung sei auch erwähnt, dass besonders das Sprechen von nicht romanischen Sprachen als verpönt gilt oder oft als Nachteil für das Erlernen von anderen Sprachen wahrgenommen wird, was natürlich absolut nicht stimmen kann.

Bricht man die Mehrsprachigkeit herunter so fällt auf, dass jede*r einzelne, egal ob mit Migrationshintergrund oder nicht, tagtäglich unterschiedliche Sprachen nutzt: Innerhalb der Familie wird im Dialekt gesprochen, unterhält man sich über technische Phänomene so kommt man um Termini aus dem Englischen nicht herum. Holt man sich in der Mittagspause etwas zu Essen bestellt man einen Kebap, abends genießt man Spaghetti Bolognese.

Auch wenn es so mancher vielleicht möchte während sieer sich auf Traditionen besinnt, man kann Mehrsprachigkeit nicht entfliehen. Nutzen wir sie als Chance nicht nur unsere Sprache, sondern auch unser Denken weiterzuentwickeln.

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Erkennen der eigenen Privilegien?
Verfasserin: Wallner Constanze

Wenn Sie diese Überschrift lesen, was stellen Sie sich darunter vor? Privilegien im Sinne von Gesundheit, im Sinne von Geld, im Sinne von beruflichen Aufstiegschancen? Oder nun etwas ganz anderes?

Im Grunde genommen bedeutet das Wort Privileg, wie es Melisa Erkurt in einem Kapitel „Privilegien erkennen“ ihres Buches „Generation Haram“ zum Ausdruck bringt, gewisse Chancen zur Verfügung zu haben, dafür trotzdem hart arbeiten zu müssen, mehr oder weniger, und diese letztendlich zu erlangen. Sie denken sich wahrscheinlich nun, dass dies selbstverständlich ist. Doch ist es das wirklich?

Um der traurigen Wahrheit ins Auge zu blicken, bekommen beispielsweise Menschen mit Migrationshintergrund ca. um die Hälfte weniger Einladungen zu einem Vorstellungsgespräch als Menschen ohne Migrationshintergrund, zumindest in Österreich, wie es Melisa Erkurt hervorhebt. Diese erhalten somit eine Chance, arbeiten hart dafür und bekommen nun allerdings ihren Wunsch nicht erfüllt. Doch wäre dies der einzige Punkt, in dem Privilegien über gewisse Lebensentscheidungen, Erfolge und Jobangebote bestimmen, wäre im Grunde genommen „alles in Ordnung“. Oder?

Um es nun pointiert darzustellen: Jede Person auf diesem Planeten trägt ein gewisses Päckchen mit sich, metaphorisch zu verstehen, in dem sich bestimmte emotionale sowie körperliche Lasten, Lebensversicherungen, dramatische Erinnerungen, Weisheiten, Lebenseinstellungen etc. befinden. Seien es für den Einen die große Menge an Geld, die verdient werden und die es gilt effektiv zu investieren, sind es für den Anderen die Sorgen, nicht genug Geld für die Familie zu erarbeiten. Dieses Ungleichgewicht an Lasten, die alle Menschen in größerer oder kleinerer Form auf ihrem Rücken tragen, kristallisierte und kristallisiert sich vor allem während der Corona-Pandemie heraus.

Als Beispiel profitiert eine bestimmte „Fitness-Influencerin“ sehr stark von der Pandemie, in dem sie pro Woche ca. zwei neue „Workout-Videos“ auf der Plattform „YouTube“ hochladet. Ihre Follower und Followerinnen* sehen dies als Option zum Training im Fitness-Studio, nutzen dies und die Einnahmen dieser Person sind fast höher als vor der Pandemie, das für den oder die natürlich hervorragend ist. Im Gegensatz dazu sind die Fitness-Studios, die nun schon seit November geschlossen sind, im Kampf ums nackte Überleben, da sie die anstehenden Kosten nicht mehr mit den Einnahmen durch die Mitglieder abdecken können. Zudem steigt das Risiko, dass viele Menschen, die zuvor gerne ihr Training in einem gemeinschaftlichen Sportstudio durchlebten, nun andere Optionen, wie eben die sogenannten „Home-Workouts“ gefunden haben und in diesem Fall nicht mehr eine zu bezahlende Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio antreten wollen. Die einen steigen auf, die anderen werden fallen gelassen, sofern nicht ausreichend Unterstützung naht.

Die Corona-Pandemie zeigt auch auf, wer denn nun trotz Kurzarbeit und sozialer Isolation ein grundsätzlich schönes und gesegnetes Leben weiterführen darf und wer nicht. Hier kommt wiederum der Aspekt des Privilegs zu tragen. Wer seinen Job in einer Firma verloren hat, die aufgrund großer Schulden den Konkurs anmeldet und die MitarbeiterInnen* nicht mehr bezahlen kann, hat eben ganz andere Sorgen als jemand, der nun verärgert darüber ist, in Kurzarbeit umsteigen zu müssen und nun jeden Tag Zeit hat, Sport zu machen.

Lange Rede kurzer Sinn, in jeder Lebenssituation und in jeder sozialen Schicht kann man ein Problem als solches benennen. Ob es in der einen Lebenslage denn nun wirklich ein Problem ist und in der anderen etwa nicht, ist immer eine Frage der Perspektive. Doch haben wir überhaupt das Recht, über das Leben anderer eine Stellungnahme zu ergreifen? Oder sprechen wir hier schlichtweg von der Einstellung „des Privilegs über andere zu urteilen, weil wir uns in einer besseren, hart erarbeiteten Erfolgssituation befinden“?

Im Grunde genommen gilt es hart zu arbeiten, um an gewisse Privilegien wie die finanzielle Sicherheit, die Selbstverständlichkeit des Urlaubs sowie an das Auto mit Sitzheizung zu gelangen. Doch um es beim Namen zu nennen: Diejenigen Menschen, die mit natürlichen Eigenschaften wie einem Migrationshintergrund, einer anderen Hautfarbe, einem nicht akzentfreien Deutsch ausgestattet sind, müssen noch viel härter arbeiten, als diejenigen, die sich als „waschechte“ österreichische StaatsbürgerInnen* bezeichnen können. Dieser Standpunkt wird vor allem von der Autorin Melisa Erkurt in dem bereits genannten Kapitel „Privilegien erkennen“ vertreten. Warum? Weil wir schlicht und einfach in einer sozialen Wertehierarchie leben, in denen die Menschen bezüglich bestimmter auffallender Merkmale, durch die sie sich vom Rest der Standard-ÖsterreicherInnen* abzeichnen, bewertet, unbewusst in eine gewisse Schublade eingeordnet werden, metaphorisch zu verstehen, und je nachdem auch gewissermaßen behandelt werden. Und hier ergibt sich das soziale Problem, das man ebenfalls als Diskriminierung bezeichnen könnte. Menschen, die während der Pandemie immer einen finanziellen Polster haben, lehnen sich zurück und jammern über die zusätzliche Zeit, die sie jetzt zur Verfügung haben, während andere Jobinterview für Jobinterview besuchen, sich stark bemühen und trotzdem wenig Erfolgserlebnis haben, weil sie eben und eventuell BürgerInnen* mit Migrationshintergrund sind.

Dies soll nun keinesfalls als eine Botschaft eines Moralapostels gelten, der alle Wohlhabenden dazu auffordert, ihre Privilegien abzugeben und darauf zu verzichten. Dieser Beitrag soll einfach etwas wachrütteln. Welche Privilegien darf ich genießen? Wofür darf ich jeden Tag dankbar sein? Wie könnte ich anderen gegenüber meine Dankbarkeit vermitteln? Ist es mein Recht, über das Leben anderer zu urteilen, wenn ich ihre Geschichte und ihr persönliches „Päckchen“ nicht kenne?

Versuchen Sie doch, falls Sie es nicht schon längst tun, in ihrem Alltag etwas mehr Empathie, Verständnis, Selbstreflexion anzuwenden. Selbstreflexion im Sinne vom Erkennen eigener Privilegien, dem bewussten Umgang damit und eventuell den Menschen zu helfen, die ein Stück Unterstützung nötig hätten, weil diese nicht mit den natürlichen Privilegien ausgestattet sind. Auch wenn dies nur so weit möglich ist, dass man die 80-Jähirge Nachbarin versteht, wenn sie einem über das Gartentor alle möglichen Geschichten erzählt, weil sie sonst keinen oder keine mehr hat, dem oder der sie dies erzählen kann. Denken wir bitte nicht immer nur an uns selbst, sondern auch an andere!

 

Faust, oida!
— oder Eine Abrechnung mit der AHS-Huldigung
Verfasserin: Eva-Maria Schitter

Sagt eine Professorin zum Studierenden: „Sie kommen von einer HBLA? Davor Hauptschule? Ich frage mich immer, wie sich solche Leute hierher [Universität; FB Lehramt Germanistik] verlaufen können.“ 

Was klingt, wie ein schlechter Witz, ist aus dem Alltag eines jungen Studierenden einer österreichischen Universität gegriffen, dem durch seinen offenbar als minderwertig eingestuften Bildungsweg nicht hinreichende Kompetenzen für die Universität bzw. insbesondere den Fachbereich vorgeworfen werden. Die Aussage der Professorin öffnet in mehrerlei Hinsicht den Diskussionsrahmen zur Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Problematiken, die im Hochschulkontext und auch darüber hinaus dringend Behandlung bedürfen. Abgesehen von der bloßstellenden Diffamierung eines HBLA-Abgängers thematisiert die Aussage der Professorin einerseits die ebenso auf die allgemeine gesellschaftliche Haltung übertragbare Problematik der hierarchischen Wertigkeit unterschiedlicher Schultypen und andererseits die offensichtlich unzulänglich eingestufte schulische Vorbildung des Studierenden im Bereich der Germanistik. Diese Anknüpfungspunkte sollen auf wissenstheoretischer und gesellschaftspolitischer Ebene im Folgenden besprochen werden.

Freilich ist das erwähnte Zitat nur ein Blitzlicht. Aber es ist leider trauriger Alltag, dass uns nicht zuletzt und besonders eindringlich in der akademischen Lehrer*innenausbildung suggeriert wird, dass das Nonplusultra im Hinblick auf einen erfolgreichen Bildungsweg sowohl als Lernende als auch als werdende Lehrende die AHS ist. Ebenso ist es erschreckenderweise unausgesprochene Tatsache, dass Bildungswege, die über die MS (vorm. Hauptschulen) laufen, im gesellschaftlichen Kontext grundsätzlich Geringschätzung gegenüber den allgemeinbildenden Schulen erfahren. Dieser Missstand muss eilends annulliert werden. Um jemals Chancengleichheit als geltenden Grundpfeiler im Kontext Bildung überhaupt erst denkbar zu machen, ist es unumgänglich der seit der Aufspaltung in die verschiedenen schulischen Systeme indoktrinierten Bevölkerung diesen Glauben auszutreiben. Dazu ist es nötig, dass eine Überzeugung breitenwirksam etabliert wird hin zur Anerkennung der unterschiedlichen Qualitäten der Schultypen und zur Würdigung der Verschiedenheiten, die jede einzelne jeweils ausmachen — und zwar in einer Weise, die uns diese nicht in ein wertendes Hierarchiegefälle einzuordnen sondern nebeneinander in ihren individuellen Qualitäten stehen lassen. Das Faktum, dass bis dahin der Weg noch steinig und schwer ist, darf nicht zur Resignation führen sondern sollte allem voran in der Lehrer*innenausbildung viel eher als Kampfansage gegen ein System gesehen werden, das von unfairen und veralteten Machtmechanismen bestimmt wird.

Der Aussage der Professorin ist die implizite Botschaft inhärent, dass in der Mittelschule bzw. in fachlich nicht geisteswissenschaftlich ausgerichteten und auf breites Allgemeinbildung bauenden Schulformen Inhalte zu Kultur- und Literaturwissen keine Rolle spielen, da man scheinbar die Auffassungsgabe der Edukanten als dafür unzureichend einstuft. Ja, Mittelschulen werden zwar vornehmlich von Schüler*innen besucht, die nach der Pflichtschulzeit eine Lehre machen und nicht das anstreben, was man „intellektuelle Gesinnung“ schimpfen könnte. Und ja, Kinder mit Migrationshintergrund haben zwar vermehrt Probleme mit der Deutschen Sprache und besuchen vornehmlich eine Mittelschule als eine AHS. Aber das heißt noch lange nicht, dass ihnen nicht auf speziell auf sie abgestimmte Wege literarische und kulturelle Bildung vorenthalten werden muss, in der Annahme, sie verstünden die Inhalte ohnehin nicht. Dass Lernende, die nicht muttersprachlich mit der deutschen Sprache vertraut sind, Schwierigkeiten haben, den originalen Faust zu lesen, muss nicht ausführlicher diskutiert werden. Zugegebenermaßen: Sogar als Germanistik-Studierende stößt man dabei stellenweise an seine Grenzen. Hier ist die Kreativität und das pädagogische Fachkompetenz der Lehrenden gefragt. Unsere Aufgabe ist es, Wege zu finden, die enthaltenen Inhalte alters- und niveaugerecht mit unseren Schüler*innen aufzuarbeiten, sodass sie die Kernaussagen und die Werte, die darin vermittelt werden, begreifen. Im Faust geht es ums Leben! Goethe behandelt darin eine Problematik, die uns seit Menschengedenken beschäftigt und die auch Inhalt dieses Artikels ist: Eliten benutzen die weniger Bemittelten zu ihren Gunsten. Bezugnehmend auf das eingangs erwähnte Fach Germanistik soll erwähnt sein, dass wir speziell in Bezug auf literarische Bildung absehen müssen vom erpicht Sein auf Deklinationen und richtige Konjugationen. Holen wir die zentralen Werke, auf die unsere Kultur baut, in das reale Leben und stellen wir unser pädagogisches Können unter Beweis indem wir Vermittlungsstrategien entwickeln, die auf die Berücksichtigung der Alters- und Entwicklungsbesonderheiten der unterschiedlichen Zielgruppen abgestimmt sind! Schaffen wir Zugänge, die die Stücke erfahrbar und begreiflich machen und geben wir Werte weiter, die dazu befähigen, sich später im Leben zurecht zu finden und sich eine eigene, reflektierte Haltung zu den Dingen, die die Welt bewegen, zurechtzulegen. Dass dafür nicht ausschlaggebend ist, welchen Schultyp man besucht hat, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Wir formen die Gesellschaft der Zukunft — dieser Heeresaufgabe sollten wir uns bewusst sein und mit einer dementsprechenden Werthaltung und Motivation, den Bildungsauftrag ernst zu nehmen, sollten wir unserer Berufung und unserem Beruf begegnen. 

 

Richard David Precht und Christian Rieck zum Thema Noten
Verfasserin: Anna Untersberger

Das Schulsystem, in dem sich Schüler*innen zurzeit befinden, lädt Philosoph*innen, Wissenschaftler*innen und eigentlich jeden Menschen direkt dazu ein, es auf den Kopf zu stellen, zu kritisiert, hinterfragt und neu zu denken. Besonders wenn es um Noten geht wird kontrovers diskutiert. Die einen sprechen sich dafür aus, die anderen dagegen. Heute soll es vor allem darum gehen, die Meinungen von meines Erachtens nach sehr interessanten Persönlichkeiten, Christian Rieck und Richard David Precht auf den Grund zu gehen, sie darzustellen und dem Ganzen eigene Gedanken hinzuzufügen.

Wenn es um Noten geht treffen extrem viele Meinungen aufeinander. Deshalb ist mir wichtig hervorzuheben, dass die beiden Auffassungen, die ich heute thematisieren werde, bloß ein winziger Bruchteil des riesigen Potpourris an Meinungen zum Thema Noten sind. Mit Hinblick auf diese riesige Meinungsdiversität würde ich noch gerne einen Denkanstoß liefern: Besonders in der modernen Welt, in der wir leben, gibt es nicht die eine absolut richtige oder absolut falsche Position, vielmehr herrscht eine pluralistische, individualitätsfähige „Wirklichkeit“. Deshalb denke ich, dass es enorm wichtig ist nicht in richtig und falsch zu denken, sondern mehrere Meinungen zuzulassen und sich dessen bewusst zu sein, dass es verschiedene, nebeneinander existierende „Wahrheiten“ gibt, man aber natürlich trotzdem seine eigene Meinungen und Tendenzen vertritt.  

Prof. Dr. Christian Rieck ist in erster Linie Wirtschaftswissenschaftler und Autor, beschäftigt und äußert sich aber auch zu vielen anderen interessanten Themen wie der Sozialwissenschaft. Was das System der Notenvergebung angeht vertritt er eine absonderliche Meinung, er sagt: „Noten sollen nicht objektiv, sondern subjektiv vergeben werden“. Das können wir jetzt erst mal verdauen und sacken lassen. Ich für meinen Fall war jedenfalls äußerst verwirrt als ich das gehört habe. Im Lehramtstudium wird uns doch immer wieder eingeschärft, dass Objektivität die oberste Prämisse bei Notenvergebung ist? Aber ist absolute Objektivität überhaupt möglich? Außerdem hält Rieck nichts davon die Noten abzuschaffen, er betont die Notwendigkeit der „Endkontrolle“, ohne die die Schüler*innen sich erst gar nicht oder nur wenig bemühen würden. Aber wie kommt Rieck eigentlich auf die Idee, Noten müssten subjektive Bewertungen sein? Für ihn steht fest, die Noten, die in den Zeugnissen der Schüler*innen stehen, sagen sowieso fast nichts darüber aus, wie gut sie das Fach beherrschen, sondern sagen vielmehr darüber etwas aus, ob sie bestimmte Qualitäten unter Beweis gestellt haben, die mit dem Fachwissen korrelieren. Er erklärt, dass es in einer Welt, die nun mal von vorne bis hinten von subjektiven Wahrnehmungen geprägt ist, keinen Sinn macht Schüler*innen alle gleich und objektiv zu bewerten. Ganz nach dem Motto: Schule bedeutet Diversität, warum sollte man also völlig unterschiedliche Menschen gleichsetzten und nach einem staatlich vorgegebenen Mechanismus beurteilen, der Heterogenität nicht berücksichtigt? Das würde nur funktionieren, hätten alle die gleichen Rahmenbedingungen, Voraussetzungen usw.., so Rieck. Er erklärt außerdem, dass es für ihn wichtig sei die Qualität der sozialen Interaktion, die Schüler*innen an den Tag legen, sowie individuelle Lernfortschritte mit in die Note zu beziehen. Auch Bemühungen, die dann am Ende vielleicht doch keine Früchte tragen, sollten berücksichtigt werden. Wie subjektive Notenvergebung im Detail dann wirklich aussehen würde konnte ich in meiner Recherche leider nicht ausfindig machen.

Mir tun sich nun einige Fragen auf, die euch wahrscheinlich ebenfalls beschäftigen: Inwieweit haben Lehrer*innen überhaupt Einblick in das Leben der Schüler*innen? Setzt der Gedanke an subjektive Benotung nicht unrealistischerweise voraus, dass man über den/die einzelnen/einzelne Schüler*in alles weiß und einem alles auffällt und man auch alles „richtig“ einschätzt? Müsste die Lehrperson nicht allwissend sein, was es natürlich in keinem Fall gibt? Wenn man soziale Interaktion ebenfalls mitbeurteilt, fängt man dabei nicht an in Wirklichkeit deren Persönlichkeiten zu beurteilen? Was wäre mit introvertierten Schüler*innen, die gar keine oder wenig soziale Interaktion an den Tag legen? Was wäre mit den Schüler*innen, die der Lehrperson vielleicht gar keinen Einblick in deren soziale Umgebung, oder in deren Lernvoraussetzungen geben wollen? Hätten Schüler*innen, die die Lehrperson sympathisch findet Vorteile?

Anfangs war ich der Idee durchaus zugeneigt, denn im Grunde ist der Gedanke an eine Benotung, die Diversität und Heterogenität berücksichtigt recht schön. Doch wie so oft könnte, meiner Meinung nach, auch diese prinzipiell schöne Überlegung an der tatsächlichen Umsetzung scheitern und in Chaos ausarten. Allerdings beinhaltet seine Idee auch, für mich greifbare und realistische Elemente, wie das Konzept von „Lernen sichtbar machen“ und Lerngeschichten berücksichtigen. Rieck greift jedenfalls eine Problematik auf, die zum Denken anregt und einem in seiner eigenen Meinung weiterbringt.

Als Kontrast dazu plädiert der Philosoph und ebenfalls Autor Richard David Precht für eine völlige Abschaffung der Noten. Allerdings hält er das nur für sinnvoll, wenn man mit dem Abschaffen der Noten auch gleichzeitig das ganze Schulsystem revolutioniert. Wie für Prof. Dr. Christian Rieck steht auch für ihn fest, dass die Abschaffung vom Notensystem in dem jetzigen Schulsystem absolut keinen Sinn machen würde. Deshalb brauche es unbedingt ein fundamental umstrukturiertes Schulmodell, welches Schüler*innen einen solch interessanten Input liefert und intrinsisch motivierende Bedingungen schafft, dass sie den extrinsischen Antrieb von Prüfungen gar nicht mehr brauchen.

Wie aber stellt sich Precht ein optimales Schulsystem vor? Diese Frage werde ich leider nur grob beantworten, denn seine Gedanken dazu sind weitaus komplexer und betreffen viel mehr Aspekte und Zusammenhänge als ich jetzt hier erklären kann. Grundsätzlich fordert Precht ein Schulsystem, das nicht mehr in Fächer gegliedert ist, sondern als Basis aus interaktiven, komplexen und vor allem fächerübergreifenden Projekte zu verschiedensten Themen besteht. Schließlich besteht ja auch das echte Leben nicht aus Fächer, sondern aus Wechselwirkungen und Zusammenhänge der „Fächer“, so Precht. Außerdem sollen Schüler*innen zwischen den Projekten frei wählen können. So wird intrinsische Motivation bestärkt und der Individualität jedes/jeder einzelnen Schülers/Schülerin Raum gegeben. Richard David Precht geht davon aus, dass jedes Kind von Grund auf wissbegierig und neugierig ist und lernen will, dass unser bestehendes Schulsystem diese Motivation eines/einer Heranwachsenden aber erstickt. Kurz zusammengefasst: Wenn man diese natürliche Neugierde eines Menschen nicht durch ein „falsches System“ erstickt, braucht es keine Noten. Zu seinen Vorstellungen gehören natürlich noch viel ausdifferenziertere und genauere Beschreibungen, etwa zum Matheunterricht, zur Ganztagsschule, zu Unterrichtseinheiten, Lehrkräfte und vielem mehr. Wer sich dafür interessiert: Precht hat sogar ein eigenes Buch mit dem Titel „Anna, die Schule und der liebe Gott“ verfasst.

Zusammenfassend stelle ich fest, dass Rieck und Precht wohl gleichermaßen Heterogenität, Diversität und Individualismus in Schulen berücksichtigen wollen, dies aber auf extrem unterschiedlichen Wegen. Während Precht das ganze Schulsystem umkrempeln will versucht Rieck lediglich einen kleinen Teil in dem bereits festgefahrenen System zu verändern. Als ich das Wort festgefahren verwende kann man nun wahrscheinlich leicht auf meine eigene Meinung schließen. Auch ich denke, dass wir Schule grundsätzlich neu denken müssen um sie nachhaltig zu verbessern anstatt immer nur kleine Nuancen zu verändern und das Fundament bestehen zu lassen.

Wie sieht euer „perfektes“ Schulsystem aus?

 

Krieg der Stern*innen
Verfasserin: Feldkircher Lena

„Das Gendern ist kein natürlicher Sprachwandel, es ist ein ideologisch gefärbter Versuch, Menschen zu einer Sprache zu zwingen, die sie im Alltag nicht sprechen.“, so beschreibt Prof. Dr. Walter Krämer, Gründer und 1. Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache, die Problematik des Genderns. „Sprachlich Umweltverschmutzung“ fällt als Begriff in Bezug auf die Thematik. Was im ersten Moment sehr hart, überspitzt und vor allem überholt klingt, ist jedoch noch immer die Meinung vieler Personen, Männer sind hierbei in der Überzahl. 

In einem Interview beschreibt „ZDF heute“ Moderatorin Petra Gerster ihre Erlebnisse, nachdem sie angefangen hat in der Sendung bewusst zu gendern. Sie erzählt, dass sie nach ihrer ersten Sendung über 60 Beschwerdeschreiben bekommen hat, die meisten von älteren Männern. Hier stellt sich für mich immer wieder die Frage, wieso sich gerade die nicht Betroffenen am meisten angegriffen fühlen. Aber am meisten beschäftigt mich die Frage, wieso nicht schon längst Akzeptanz gegenüber dem Thema herrscht. Gendern ist da, und es hat nicht vor, zu gehen. Es ist 2021, Texte mit ausschließlich dem generischen Maskulinum sind quasi non existent, an vereinzelten Universitäten werden Arbeiten ohne korrektem Gendern schlechter benotet und wie oben beschrieben, sogar in gesprochenen Formaten wie Nachrichtensendungen im Fernsehen wird gegendert. 

Armin Wolf, Journalist und Moderator der „Zeit im Bild“ setzte sich auch vor Kurzem in seinem Blog mit dem Gendern auseinander. Dort beschreibt er, dass es oft schwierig sei, in Wort zu gendern, was ihn aber nicht von seiner Mission abbringt, es so gut wie möglich zu versuchen. 

Die absolute Allroundlösung gibt es leider noch nicht. Im Schriftlichen ist es zwar leichter zu gendern, jedoch gibt es noch keinen einheitlichen Kanon. Man hat die Wahl zwischen Sternchen, dem Binnen-I, Doppelpunkt, Mittelpunkt, die Liste ist lang. Im Gesprochenen versuchen sich immer wieder Einzelne an neuen Ideen, so zum Beispiel der der Sprachforscher Thomas Kronschläger. Er forscht seit Jahren zu einer ganz besonderen Form der genderneutralen Sprache, genannt „Entgendern nach Phettberg“. Namensgeber hierbei ist der Journalist Hermes Phettberg, der regelmäßig Kolumnen für den „Falter“ verfasst. Dort nennt er seine Audienz nicht „Leser*innen“, sondern „Lesys“, also statt einer männlichen und weiblichen Form wird eine neutrale Form genutzt, indem ein y am Wortstamm drangehängt wird. Auch hierbei hagelt es Kritik, einige meiner Meinung nach berechtigt, da das Entgendern zu niedlich klingt. Aber laut Kronschläger ist das einfach nur Gewöhnungssache.

Man bleibt also gespannt, wie sich die Sprache weiterhin entwickeln wird. Ich für meinen Teil begrüße stets Veränderung und bin gerne Teil interessanter, neuen Entwicklungen. Egal ob nun neben „Gästin“ auch „Gasty“ im Duden zu finden ist oder ob sich noch etwas komplett Neues etabliert.