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Homosexualität, Transgender – was ist das?

Verfasserin: Hannah Staudinger

Wissen wir nicht alle, dass es Menschen gibt, die auf das gleiche Geschlecht stehen, solche die jedes Geschlecht anziehend finden, diejenigen, die mit der Sexualität so gar nichts am Hut haben, oder diejenigen, die im falschen Körper geboren wurden?

In der Theorie ja. Doch wie viele von uns wurden tatsächlich schon mit solchen Situationen konfrontiert? Ich würde sagen, nicht unbedingt ganz so viele.

Mittlerweile sollte es  selbstverständlich sein z.B. das gleiche Geschlecht zu lieben oder beschließen zu können, das Geschlecht wechseln zu wollen, da man sich im falschen Körper geboren fühlt. Doch wie viele Eltern haben immer noch Angst, dass sich ihr Kind als schwul oder lesbisch outet und dann jemanden vom gleichen Geschlecht mit nach Hause bringt? Nur woran liegt das? Wieder mal an den klischeehaften Rollenbildern unserer Gesellschaft. Familie = Mutter, Vater und am besten noch zwei Kinder. Im Grunde haben die meisten wohl nur Angst, da sie nicht wissen, wie sie reagieren sollen bzw. sich verhalten sollen, da es, wenn man sich nicht eingehend damit beschäftigt, wohl wirklich komisch sein kann, seinen Sohn/ seine Tochter mit seinem Freund/ ihrer Freundin am Tisch sitzen zu sehen. Doch Gott sei Dank wird unsere Gesellschaft mit jeder Generation ein wenig offener bzw. sollte es werden und man muss nicht mehr Angst haben, ins Irrenhaus abgeschoben oder gleich erschossen zu werden. So hart es klingt, aber es gibt immer noch Länder, in denen Homosexualität ein Verbrechen und somit strafbar ist. Und ich möchte mir gar nicht ausmalen, was mit den Leuten geschieht, die sich im falschen Körper geboren fühlen und gerne das Geschlecht wechseln möchten.

Dies ist ja bei uns mittlerweile mehr oder minder problemlos möglich. Doch auch hier stellt sich die Frage, wie reagiere ich, wenn mein Kind mir mitteilt, dass es im falschen Körper geboren wurde, das Geschlecht wechseln möchte und wie werden alle anderen damit umgehen? Meine Mutter z.B. ist Logopädin und hatte eine Patientin, die gerne ein Junge werden wollte. Sie wollte dann als Junge angesprochen werden und obwohl meine Mutter eine sehr offene und tolerante Person ist, meinte sie, dass sich das komisch angefühlt hat. Warum? Weil sie das Kind davor schon kannte. Und zwar als Mädchen. Ich selbst kenne auch jemanden, der als Mädchen geboren wurde und mittlerweile als Junge lebt. Fand ich zu Beginn auch etwas komisch, einfach weil ich die Person zuvor schon kannte.

Doch was tut man, wenn einem das als Lehrperson in einer Klasse unterkommt? Dass ein Schüler/ eine Schülerin sein/ihr Geschlecht gewechselt hat oder gerade am Wechseln ist?

Sollte man darauf intensiv eingehen, es am Rande streifen oder gar nicht anmerken und es dem Schüler/ der Schülerin überlassen seine/ ihre Geschichte selbst zu erzählen?

Ich würde sagen, eine gesunde Mischung zwischen Erst- und Letztgenanntem. Man sollte dieses Thema, gerade wenn man Klassenlehrperson ist, definitiv ansprechen, aber auch den betroffenen Schüler/ die betroffene Schülerin seinen/ ihren Teil zu diesem Thema beitragen lassen. Man sollte auf jeden Fall auch versuchen, der Situation gegenüber offen zu sein und sich kein Unwohlsein anmerken zu lassen, da dies ohne Zweifel auf die Schüler und Schülerinnen der Klasse übergeht. Menschen, die ihr Geschlecht wechseln, haben auch ohne Mobbing schon eine schwere Zeit. Man sollte sie ihnen nicht schwerer machen als sie ist.

Klärt man die Schüler und Schülerinnen früh genug auf, kann sich unsere Gesellschaft in eine freiere, ungezwungenere Richtung entwickeln, wo man sich nicht für seine sexuelle Orientierung oder sein Geschlecht rechtfertigen oder erklären muss.    

Jeder soll leben, wie er oder sie dies möchte. Geben wir ihnen doch die Chance dazu.  

 

 

 

 

Gendern im Alltag

Verfasserin: Hannah Staudinger

„Gendern“ ist ja ein Begriff, der uns schon über Jahre hinweg begleitet. Man unterhält sich über gendergerechte Sprache, die Gender-Pay-Gap oder warum es in bestimmten Berufssparten weniger Frauen und mehr Männer gibt und dass man Frauenquoten einführen und erfüllen muss. Doch was merken wir davon im Alltag?

Es heißt ja immer Gleichberechtigung der Geschlechter, Gleichberechtigung von Mann und Frau, und zwar in allen Lebenslagen. Nun gut… über das Thema alle Lebenslagen kann man noch einmal diskutieren, wenn man zum Thema Grundwehrdient/ Zivildienst kommt, der ja für die Männer immer noch verpflichtend, für uns Frauen allerdings nur eine freiwillige Station unseres Lebenslaufs darstellt.

Doch von dem mal abgesehen, ich will damit nicht sagen, dass es kein valider Diskussionspunkt sei, aber ich möchte mich auf andere Dinge fokussieren. Und zwar Dinge aus dem Alltag. Wie gesagt, begleitet uns Gendern ja tagein tagaus. Beginnen wir mit der Sprache. Ich finde es gut, dass in der Sprache gegendert wird, um wirklich alle Leute anzusprechen, egal welches Geschlecht sie haben, obwohl die Änderung der Bundeshymne aus meiner Sicht nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
Gendern in der Sprache hat sich gerade in den letzten Jahren und Monaten extrem weiterentwickelt. Es gibt viele kritische Stimmen, die sich dann bei Fernsehmoderatoren und -moderatorinnen aufregen, weil das ja für so viel Chaos sorgt, wenn man die männliche und die weibliche Form spricht. Spricht man nämlich nur die weibliche Form, sei dies für Männer übertrieben diskriminierend. Dass man jahrhundertelang nur die männliche Form für beide Geschlechter verwendete, ist hier natürlich nebensächlich.

Grundsätzlich tut sich in der Sprache schon mal viel, was uns einen großen Schritt hin zu gendergerechtem Miteinander bringt. Doch es gibt noch so viele andere Punkte, die im Zuge dessen angesprochen werden müssen.

Von Dingen wie Gender-Pay-Gap und Frauenquoten mal ganz abgesehen. Haben Sie Werbungen im TV schon mal mit einem kritischen Auge begutachtet? Wenn ja, dann wird Ihnen wohl aufgefallen sein, dass immer noch geschlechterspezifische Klischees bzw. Rollen in Werbungen thematisiert werden. Nehmen wir z.B. Autowerbungen. In wie vielen Autowerbungen sitzen Frauen am Steuer und in wie vielen Männern? Ich würde mal sagen 10 zu 90… Anderes Beispiel wäre, um keine Markennamen zu nennen, die Werbung eines bestimmten Ladens, dessen Slogan „weil ich ein Mädchen bin“ lautet. Wäre doch ok, wenn man auch Männer in der Werbung sehen würde. Tut man das? Eher selten. Und wenn doch, dann weil der Mann irgendwas für die Frau besorgt, z.B. für den Valentinstag, Muttertag oder was auch immer so ansteht. Uns wird das „typische“ Bild von Frau und Mann schon im Kindesalter vermittelt. Natürlich bekommen wir auch die Verhaltensweisen unserer Mitmenschen mit und beginnen diese zu kopieren, doch spätestens, wenn wir als Kinder zu fernsehen beginnen und mit Werbungen konfrontiert werden, dann entwickeln sich diese Rollenbilder. Doch mal abseits von Werbung, die uns vielleicht verärgert, warum muss ich als Frau immer noch Angst haben, wenn ich im Dunkeln alleine nach Hause laufe? Warum muss ich mich als Frau immer noch unwohl fühlen, wenn ich in der Stadt an einer Gruppe Jungs vorbeigehe? Warum wird einem als Frau immer noch hinterhergepfiffen? Warum werde ich als Frau für das verurteilt, was ich anziehe und vielleicht auch noch beschimpft?

Warum sind Frauen so oft Opfer von häuslicher Gewalt? Warum werden Frauen bis heute missbraucht und das in unserem Land, in Österreich? Warum ist die Menstruation immer noch ein Tabuthema, obwohl sie uns Frauen seit Anbeginn der Zeit begleitet und in manchen Kulturen sogar als etwas Heiliges gesehen wird?

Wie man sieht: Baustellen über Baustellen, egal wo man hinsieht… Und unsere geringste Sorge ist wirklich, dass in der Bundeshymne Söhne und Töchter erwähnt werden?

Gerechtigkeit: Was ist das? – Teil 2

Verfasserin: Hannah Staudinger

Wer diesen Eintrag liest und den Ersten noch nicht gelesen hat, sei auf einen meiner vorherigen Blogeinträge „Gerechtigkeit: Was ist das?“ verwiesen, den ich im März gepostet habe und auf welchen ich mich im Folgenden auch beziehen werde.

Unter gerade eben erwähntem Post ließ mir Herr Eisner folgendes Kommentar: „Was bedeutet das für die Schule und für die Arbeit als Lehrer oder Lehrerin? Tangieren diese Argumente das Schulleben und die Tätigkeit als LehrerIn uns auch hier und heute in Österreich? Wie und mit welchen Konsequenzen?“.

Um noch einmal in Erinnerung zu rufen, in dem Text ging es um Vorurteile. Also: „Was bedeutet das für die Schule und für die Arbeit als Lehrer oder Lehrerin?“ Jeder Mensch hat Vorurteile, ob er will oder nicht. Vorurteile werden uns von der Gesellschaft von klein auf in den Kopf gepflanzt und auch wenn wir bewusst versuchen dagegen vorzugehen, werden wir sie wohl nie ganz los. Also wenn ich als Lehrer oder Lehrerin in eine Klasse gehe, muss ich versuchen, so neutral wie möglich zu sein und mir die Vorurteile bewusst zu machen, die ich habe. Ansonsten endet man wie die vielgehassten Lehrer, die ihre Lieblingsschüler und -schülerinnen haben, die jemanden benachteiligen, weil er Mohammed heißt oder jemand anderen bevorzugen, weil sie ein hübsches weißes Mädchen mit blonden Haaren und blauen Augen ist. Vorurteile begleiten uns tagtäglich; das ist kein Geheimnis. Die Kunst dahinter liegt darin, sie abzustellen und neutral in eine Klasse und auf die Schüler und Schülerinnen zuzugehen und sich ein Bild von ihnen zu machen, denn tun wir das nicht, werden uns unsere Vorurteile, ob bewusst oder unbewusst immer wieder „dreinpfuschen“ und dies bekommt natürlich auch die Öffentlichkeit mit, vor der wir uns dann verantworten müssen.  Um dies zu verhindern, sollten wir uns mit unseren Vorurteilen ständig konfrontieren, sie hinterfragen und wenn möglich schließlich aufgeben. Nur so schaffen wir es, neutral auf andere Menschen zuzugehen, uns ein Bild von ihnen zu machen und unser Verhalten an ihres anzupassen. Nur so kann ich als Lehrer oder Lehrerin objektiv und fair sein.

Im Folgenden bekam ich die Frage gestellt, ob uns diese Argumente im Schulleben oder in der Tätigkeit als Lehrer oder Lehrerin noch heute tangieren und wenn ja, wie und mit welchen Konsequenzen?

Ich habe in meinem vorherigen Blogeintrag ja auch über Gerechtigkeit und Chancengleichheit gesprochen, dies auch in Bezug auf Vorurteile. Ich denke schon, dass unser Schubladendenken uns auch weiterhin beeinflusst und noch lange Zeit beeinflussen wird. Nur wir alleine bestimmen, wie viel. Hören wir als Lehrperson, dass wir ein Kind zweier Langzeitarbeitslosen in der Klasse sitzen haben, dann geht man schon fast unweigerlich davon aus, dass das Kind wohl eher minderbemittelt ist und man es wohl 10 Jahre später beim Regale auffüllen im Supermarkt wiedersehen wird.

Auf den zweiten Blick allerdings, ist dieses Kind „mordsgescheit“. Haben wir das als Lehrperson erkannt, haben wir vielleicht einen zukünftigen Arzt oder Forscher gefördert, der uns das Wundermittel für Krebs bringt.

Wie viele intelligente und begabte Kinder sind schon unentdeckt geblieben und das nur aufgrund der Engstirnigkeit mancher Lehrpersonen? Wie viele zukünftige Ärzte und Ärztinnen, Forscher und Forscherinnen, Politiker und Politikerinnen oder Lehrer und Lehrerinnen haben sich nicht entwickeln dürfen, weil keiner ihr Potenzial gesehen hat?

Dies sollte als Denkanstoß an alle angehenden oder auch bereits im Dienst stehenden Lehrpersonen gehen, aber auch an alle anderen, die sich angesprochen fühlen, ihre Denkweise zu verändern. Es ist definitiv einen Versuch wert.    

 

 

LV: Gender, Diversität und Inklusion
Artikelsammlung
Gruppe D
Vorurteile und Rassismus im Alltag
Verfasserin: Hannah Staudinger

Gehen ein Chinese und ein Tunesier in eine Bar. Der Chinese wird vom Türsteher hineingelassen, der Tunesier nicht.

Sie fragen sich jetzt vielleicht, wo der Witz bleibt? Es gibt keinen. Es wäre schön, wenn es einer wäre, doch dies ist die Realität. Die Realität des 21. Jahrhunderts.

Unser Leben ist geprägt von Vorurteilen. Seien es Vorurteile gegenüber Arbeitslosen (die seien ja nur zu faul, um zu arbeiten), Vorurteile gegenüber Kassierern und Kassiererinnen im Supermarkt („die haben halt nix Gscheits glernt“) oder Vorurteile gegenüber Menschen, die anders aussehen als ich, oder die einfach gesagt eine andere Hautfarbe haben als ich selbst. Letzteres wäre als Rassismus bekannt, ein Thema, das immer wieder zur Sprache kommt, ohne dass sich groß etwas tut.  

Denken Sie doch einmal nach, wo Ihnen im Alltag Rassismus begegnet. Ich spreche jetzt nicht von Morden an Schwarzafrikanern durch die Polizei in Amerika, sondern von Beispielen aus dem eigenen Alltag. Dies können Sprüche sein, abweisendes Verhalten oder die Annahme, dass Leute bestimmter Hautfarbe wenig bis kein Deutsch können etc.

Klingelt es da bei Ihnen?

Niemand, wirklich niemand kann behaupten, im Alltag noch nie mit Rassismus in Berührung gekommen zu sein. Entweder als der- oder diejenige, der/die sich gegenüber anderen rassistisch verhalten hat oder als der- oder diejenige, dem/der rassistische Haltungen entgegengebracht wurden.

Wenn Sie jetzt also nochmal überlegt haben, bin ich mir sicher, dass Sie nun mindestens ein Beispiel aus ihrem eigenen Alltag gefunden haben.

Ein ganz plakatives Beispiel wäre jenes, mit dem ich diesen Artikel begonnen habe. Ich habe ja angemerkt, dass dies die Realität sei… Warum weiß ich das? Es ist genauso passiert. Ein guter Freund von mir (dessen Vater Tunesier ist und der selbst eher südländisch aussieht) war mit einem Freund von ihm (ein Junge mit asiatischem Aussehen, da die Eltern Chinesen sind) am Abend aus und wollte in eine Bar. Seinen Freund mit dem asiatischen Aussehen ließ der Türsteher hinein, den eher südländisch Aussehenden allerdings nicht. Vielleicht hatte der Türsteher persönlich was gegen Südländer, vielleicht hat er aber auch nach dem Klischee gehandelt, dass Asiaten schlau und umgänglich seien und Südländer aufbrausend und aggressiv und dass man sowas an einem angenehmen Abend einfach nicht braucht. Wer weiß.

Wenn Sie das so lesen denken Sie bestimmt: „Sowas kann doch nicht sein. Dass es sowas heute noch gibt!“ Tja das ist kein Einzelbeispiel. Vielleicht passiert es Ihnen selbst nicht in einem so großen Ausmaß, doch denken Sie mal darüber nach, wie Sie sich fühlen, wenn Sie an einer Gruppe Jugendlicher vorbeigehen, die allesamt eher südländisch aussehen und sich vielleicht auch noch lautstark in einer anderen Sprache unterhalten, und das vielleicht noch als Frau?

Ich kann nur von mir selbst sprechen, doch ich fühle mich manchmal immer noch unwohl… Warum? Weil wir suggeriert bekommen, dass diese Leute schlecht sind und sie dadurch von „uns Weißen“ ausgegrenzt werden. Jetzt fragt man sich vielleicht, wie ich das meine. Es genügt ein Blick in die Zeitung. Dinge, die mit Migranten oder ehemaligen Flüchtlingen zu tun haben, werden in den Nachrichten groß aufgebauscht. Bringt aber mal eben der weißeste Mann der Nachbarschaft seine Frau um (oder auch umgekehrt, wer weiß), ist das grade mal eine Randnotiz in der Zeitung wert. Und nun fragen Sie sich noch, warum in unserer Gesellschaft Rassismus so stark vorherrscht?

Es beginnt ja schon in der Schule. Also die Ausgrenzung. Kinder, die nicht Deutsch als Erstsprache haben, dürfen am Schulhof nicht ihre Muttersprache sprechen, sondern werden gezwungen, Deutsch zu sprechen. Außerdem gibt es bestimmte Förder- oder Deutschklassen. Diese haben Vor- und Nachteile, doch der größte Nachteil ist wohl, dass die Kinder wieder ausgegrenzt werden und ihnen das Gefühl gegeben wird, dass sie anders seien. Dies wiederum führt dazu, dass sie sich später nicht wirklich in die Gesellschaft integrieren können oder wollen, da ihnen von klein auf das Gefühl gegeben wird, besonders zu sein. Besonders im Sinne von anders.   

Denken Sie einfach mal darüber nach und versuchen Sie, egal auf wen, offen und ohne Erwartungen oder Vorurteile zuzugehen. Lernt man diese Leute nämlich kennen, fällt auf, dass sie wie jeder andere auch sind. Liebenswerte und herzliche Menschen, die in unserer Gesellschaft einfach nur geachtet werden wollen.

Idioten gibt es überall. Auch unter den Weißen.

LV: Gender, DIversität und Inklusion 
Artikelsammlung
Gruppe D

Gerechtigkeit: Was ist das?
Verfasserin: Hannah Staudinger

„Das Ändern der Realität“. So heißt ein Kapitel von Anna Mayrs Buch „Die Elenden“. Doch was soll das eigentlich bedeuten? Nehmen Sie sich doch einen Augenblick Zeit und überlegen Sie, welche Bilder kommen Ihnen in den Kopf, wenn sie „Das Ändern der Realität“ hören? Vielleicht verschiedene Realitäten, verschiedene Ansichtsweisen, der verzweifelte Versuch sein eigenes Leben zu ändern oder doch bewusstseinserweiternde Drogen?
Nein. In diesem Kapitel des Buches geht es um Gerechtigkeit und Chancengleichheit und Anna Mayrs Ansichten zu diesen Themen, vor allem in Bezug auf ihre soziale Herkunft, da ihre Eltern arbeitslos sind. Doch bedeutet Arbeitslosigkeit wirklich faul oder asozial zu sein, so wie es in unserer Gesellschaft als gang und gäbe angesehen wird?

Die Antwort findet man, wenn man ein bisschen weiterliest. Genau darauf soll dieser Blogeintrag anspielen. Weiterlesen, hinter die Kulissen blicken und seine eigene Einstellung zu überdenken.

Doch zuvor noch ein kleiner Gedankenanstoß dazu. Anna Mayr schreibt in dem Buch über sich selbst und ihre „Aufstiegsgeschichte“, die sie selbst aber nicht als solche definieren will. Sie sagt wortwörtlich: „Von außen betrachtet eine Aufstiegsgeschichte“. Heute ist sie Journalistin, immer schon bemüht ihre Ziele und Träume zu verwirklichen, wofür sie schon als Kind hart gearbeitet hat. Apropos arbeiten: ihre Eltern sind Langzeitarbeitslose. Ihr Vater verrichtete immer wieder Hilfsarbeiten, die jedoch so schlecht bezahlt waren, dass sie sich als Familie nicht wirklich über Wasser halten konnten. Die Mutter hat Philosophie studiert, wurde jung schwanger und konnte ihr Studium somit nicht zu Ende bringen. Liest man dies nun so, fällt auf, dass arbeitslos sein nicht gleich faul sein ist.
Mayr selbst sagt dazu: „Lebensgeschichten sind nicht erklär- oder planbar.“ Normal sucht man sich ja nicht aus arbeitslos zu sein und Schwierigkeiten zu haben, durchs tägliche Leben zu kommen. Das Leben vieler Arbeitslosen ist von, im Nachhinein betrachtet, falschen Entscheidungen oder auch Schicksalsschlägen geprägt. Oder haben Sie sich nach dem Aufstehen schon mal gedacht: „Oh Mann, ich wäre gerne arbeitslos!“
Wohl eher nicht.

Mayr berichtet auch von einem Gespräch mit einem Arbeitskollegen, in dem es darum geht, wo sie herkommen. Sie nennt ihm den Namen ihres Viertels und er antwortet: „Ah, da gibt es ja ganz schön asoziale Gegenden. Ich war mal für ein Uni-Seminar dort. Es ging um Abgehängte. Wir haben an Türen geklingelt und mit Leuten geredet. Wer dir da so aufmacht…“
Wenn Sie den Satz jetzt hier so lesen, dann fällt Ihnen vermutlich auf, dass dieser junge Mann nur so mit Vorurteilen behaftet zu sein scheint. Doch sind wir mal ehrlich… ist es bei Ihnen oder auch bei mir recht viel anders?

Natürlich versucht man, also ich auf jeden Fall und ich denke bei Ihnen ist es nicht anders, das „Schubladendenken“ zu vermindern bzw. ganz zu vermeiden. Doch als Person, die in höheren sozialen Schichten aufgewachsen ist und sich nie um das Geld kümmern musste, werden wir in ein System hineingedrückt, mit bestimmten Werten und Tugenden und leider auch vielen Vorurteilen… oder fühlen Sie sich nicht unwohl, wenn Sie an einem Obdachlosen oder einer Obdachlosen vorbeigehen oder wechseln Sie sogar die Straßenseite?

In unserem Denken gibt es nur Schwarz und Weiß, Gut und Böse oder bestimmte Schubladen, in die wir bewusst oder unbewusst Menschen hineinstecken. In unserer Gesellschaft existieren zwei Welten oder sollte ich besser kollidieren sagen?