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Hintergrund für diese Diskussion liefert der „Thema Spezial“ Beitrag am ORF2 mit dem Titel „Ein Schulversuch in Österreich“. Unter die Lupe genommen wird dabei das Projekt „Schule fürs Leben“ zwischen den beiden Wiener Schulen MS Gassergasse und Gymnasium Rahlgasse. Hierbei wurden einerseits sozial benachteiligte Schüler*innen der Mittelschule mit SchülerInnen des Gymnasiums vermittelt. Die dabei gebildeten Zweiergruppen sollten gemeinsam Freizeitaktivitäten unternehmen, über das Leben des/der Anderen erfahren und sich gegenseitig unterstützen. Andererseits wurden gemeinsame Aktivitäten durchgeführt, die den sozialen Zusammenhalt stärken sollten und eine Bindung zwischen den Kindern herstellen sollten.

Hintergrund dieses Projekts ist die herrschende Chancenungleichheit im österreichischen Bildungssystem und die große Kluft zwischen Mittelschule und Gymnasium. Ein markantes Indiz dafür sind die unterschiedlichen sozioökonomischen Hintergründe der Schüler*innen und die damit verbundene Chancenungleichheit. Die Direktorin der Gassergasse Andrea Walach erwähnt in einem Interview: „1/3 meiner Jugendlichen werden nach der Schule zu Sozialhilfeempfängern“. Das Faktum, dass so viele der Lernenden an dieser Schule sozusagen zu „Kunden des AMS“ werden, bewirkt nicht nur das Schulsystem an sich, sondern auch der familiäre Hintergrund dieser Jugendlichen. 98% davon sprechen nicht Deutsch als Muttersprache und kommen aus armen Familien. Deren Eltern haben keine Zeit sich für die Bildung ihrer Kinder zu kümmern, sondern haben andere – grundlegendere Probleme – wie die Ernährung der Familie. Die Schüler*innen des Gymnasiums Rahlgasse stammen im Gegensatz dazu aus größtenteils privilegierteren, bildungsnahen Familien und haben für ihre Zukunft nahezu alle Optionen offen.

Um konkrete Beispiele für die traurigen sozioökonomischen Hintergründe der SchülerInnen von der MS Gassergasse zu liefern, wird kurz auf die TeilnehmerInnen des Projekts in der Dokumentation eingegangen. Einer davon ist Asip, der mit seiner Mutter und seinen zwei Geschwistern auf 40 Quadratmetern Wohnung wohnte, tagtäglich am harten Boden schlafen musste und der keine schulische Unterstützung von seiner Mutter hatte. Nachhilfe konnte sich seine Familie nicht leisten und Asip selbst musste in unterschiedlichsten Arbeitsstätten für das Ernährung der Familie neben der Schule arbeiten. Seine Familie kam nach Österreich, nachdem sie aus dem Afghanistan wegen Morddrohung flüchten musste. Sam stand einem ähnlichen Schicksal gegenüber. Seine Familie floh aus dem Irak aufgrund der damaligen politischen Lage. Aufgrund seiner Schüchternheit wurde er in der Schule mehrmals Mobbingopfer und zog sich sozial zurück. Innerhalb seiner Familie war Sam derjenige, der am besten Deutsch sprach, als sie nach Österreich kamen, weshalb auch er kaum schulische Unterstützung von seinen Eltern hatte. Auch das Mädchen Nabaa floh mit ihrer Familie aus dem Irak und fand sich in der MS Gassergasse wieder. Dort fiel ihr die Schule keinesfalls leicht und sie fand sich freizeitlich im Brennpunkt zwischen ihrer Religion bzw. den Erwartungen ihrer Eltern sowie den Erwartungen der österreichischen Gesellschaft.

Das Projekt „Schule fürs Leben“ war in Zuge dieser Jugendlichen ein großer Erfolg. Alle in der Dokumentation behandelten Schüler*innen der Mittelschule, die am Projekt teilnahmen, profitierten von sozialen, schulischen sowie beruflichen Erfolgen. Asif arbeitet heute als Fitnesstrainer in einem Fitnessstudio, Sam wurde viel selbstbewusster und ist politisch aktiv und Nabaa legte ihr Kopftuch ab und heiratete ihren Traummann. Aber nicht nur die Schüler*innen selbst, sondern auch die Gassergasse profitierte stark vom Projekt, indem der Stundenplan viel innovativer wurde. So wurden Aktivitäten wie Präsentationstrainings, wöchentliche Projekttage, Stimmbildungs- & Atmungsworkshops, Bewerbungstraining sowie Begabungsförderung in den Schulalltag aufgenommen.

Abschließend wird das Thema der Chancenungleichheit im österreichischen Bildungssystem noch vom Bildungsexperten der Uni Wien Stefan Hopmann thematisiert. Laut ihm sei das Gymnasium nichts anderes, als eine „Prämienverteilung an fleißige Mütter“, da diese das „pädagogische Defizit“ der Schulform ausgleichen müssen, was dem Bildungssystem zugrunde liegt. Der sozioökonomische Hintergrund sowie der Bildungsabschluss der Eltern scheinen somit klare Gründe für die Chancenungleichheit.

Wir haben uns auch Gedanken darüber gemacht welche Veränderungen es geben müsste, damit eine Chancengleichheit an Schulen erzielt werden kann. In den folgenden Zeilen handelt es sich um unsere eigene Meinung und um einige Punkte, die unserer Meinung nach einiger Veränderung bedürfen, um unsere Schulsystem chancengerechter zu machen.

Zuallererst ist da der familiäre Druck den viele Schüler*innen ausgesetzt sind. Wie oben schon angesprochen, hatte vor allem Nabaa mit starkem familiären Druck zu kämpfen, denn ihre Eltern ließen ihr keinerlei Entscheidungsfreiheiten, obwohl es für Nabaa und ihre Zukunft wahrscheinlich besser gewesen wäre die Schule zu wechseln, wie es ihre Lehrer*innen vorgeschlagen haben. Die Flucht aus ihrem Heimatland bedeutete für die Familie einen sozialen Abstieg und Nabaa’s Eltern wollen wieder eine angesehene Familie sein und legen deshalb alle Hoffnung in ihre Tochter. Es ist ganz klar, dass Kinder bzw. Jugendliche solche Entscheidungen nicht alleine treffen können, doch bei Nabaa zeigte sich nach dem Schulwechsel definitiv eine positive Veränderung ihrer Persönlichkeit und ihrer schulischen Leistungen. Ist es gerecht, wenn Eltern Entscheidungen für ihre Kinder treffen, die die Zukunft des Kindes womöglich verschlechtern können? Nach Chancengleichheit scheint dies nicht zu streben.

Weiters wird in dem Beitrag vom ORF auch häufig über die Religion, vor allem dem Islam, gesprochen und dass die Schüler*innen „Gefangene ihrer eigenen Religion“ seien. Die Wiener Lehrerin und Autorin, Susanne Wiesinger, erklärte die Situation so, dass der Islam mittlerweile die Überhand ergriffen hat und dass die religiösen „Gesetze“ mehr Wert sind als die verfassungsrechtlichen Gesetze. Sie erzählt auch kurz, wie der Alltag einer/eines Lehrer*in aussieht.  Keine Lernmotivation, keine deutschsprechenden Schüler*innen und keine Hobbys und Interessen, dafür aber reichlich Aggression, wenn etwas nicht mit dem Islam zusammenpasst. Sollte nicht eine Balance gefunden werden, die für alle Parteien passt? Die Schüler*innen sind in der Schule, um etwas zu lernen und sich für ihre Zukunft vorzubereiten, doch es scheint als würde diese Schüler*innen schwer irgendwo einen Rückhalt finden.

Zuletzt sind noch die gesellschaftlichen Vorurteile, die diese Kinder und Jugendlichen betreffen. „Mein Kind schicke ich nicht auf diese Schule. Da sind viel zu viele Ausländer*innen, da kann mein/e Sohn/Tochter ja nichts lernen“. Sätze wie diesen kennen wir alle sicher ganz genau, doch haben diese auch eine Berechtigung?
Wie wir aus diesem Projekt gut erkennen können, ist es für Schüler*innen aus Brennpunktschulen extrem hilfreich Kinder aus einem Gymnasium bei sich zu haben, mit denen sie lernen können. Wenn es mehr Projekte wie dieses geben würde, könnte man noch besser aufzeigen, welche Vorteile das für beide Parteien hat. Die Gymnasiast*innen können sehen, dass die NMS-Schüler*innen vielleicht extrem dankbar sind überhaupt eine Schule besuchen zu dürfen, dass sie schwere Schicksalsschläge erleben mussten und sich in einem fremden Land mit einer fremden Sprache und Kultur ganz neu einleben müssen. Andersrum können die NMS-Schüler*innen erfahren, dass es Menschen gibt, die ihnen helfen wollen und, auch wenn unsere Kultur hier ganz anders ist, dass neue Freundschaften entstehen können.

Ein bisschen mehr Miteinander und Füreinander wäre in Situationen wie diesen wohl angemessener als ein Gegeneinander.

Zum Abschluss sollte das Schulsystem in Österreich näher beleuchtet werden. Dabei sollten aber nicht nur kritische Punkte erörtert werden, sondern auch Versuche dargelegt werden, wie man nach einer annähernden Gerechtigkeit streben könnte. Weiter oben wurde sich genauer dem gesellschaftlichen Aspekt bzw. Faktor gewidmet, welcher hier – zwar nicht vollends, aber doch ein Stück weit – in den Hintergrund gestellt werden sollte. Denn überwiegend wird der Fokus auf das System Schule gelegt.

Dabei ist dieses System, wie wir es in Österreich vorfinden, geprägt von Early Tracking und einer Vielfalt an schulischen Übergängen (Steiner et al., 2016). Unter dem Anglizismus Early Tracking (tritt im bildungswissenschaftlichen Kontext oft auch als „Streaming“ auf) versteht Kate Barrington (2020) folgendes:

„[…], tracking is a system in which students are divided into classes based on their overall achievement. Students are ranked as being average, normal, or below average and they are divided into classes with students of the same achievement level.”

Dementsprechend lässt sich eine gewisse Parallele zu den Leistungsgruppen erkennen, obwohl die Hauptschule 2012 von der (damals) Neuen Mittelschule als Regelschule abgelöst wurde und 2015 endgültig von der Bildfläche verschwunden ist. Wieso sprechen viele Expert*innen noch von dem Streaming, wenn doch alle Schüler*innen gemeinsamen Unterricht im Klassenverbund angeboten bekommen und nicht mehr nach Leistungen voneinander separiert werden?

Dies liegt unseres Erachtens daran, dass die Theorie nicht der Praxis entspricht. Denn an konservativen Schulen wird durchaus noch das Early Tracking vollzogen, indem eine der beiden Lehrpersonen mit dem leistungsschwächeren Teil der Schulklasse eine andere Räumlichkeit aufsuchen und den Unterricht somit getrennt fortführt. Daher lässt sich eine gewisse Pseudo-Integration sozioökonomisch schlechter gestellter Schüler*innen innerhalb der Mittelschule pauschal nicht abstreiten bzw. leugnen.

Um nun auf den anderen Aspekt zu kommen, den Steiner mit den vielfältigen, schulischen Wechseln/ Übergängen anspricht, sollte die AHS Unterstufe erwähnt werden. Der gymnasiale Schultyp der Sekundarstufe I sorgt für einen weiteren Faktor der Ungleichheit im Schulsystem (Gerhartz-Reiter, 2018). Diese Schulform besuchen in der Regel Schüler*innen, deren sozioökonomischer im oberen Sektor einzustufen ist. Um von der Primarstufe in die AHS Unterstufe überzutreten, benötigt man die von der Volksschule genehmigte Gymnasialreife. Ohne diesem Attest schafft man den Sprung sonst nur über zusätzliche Hürden, wie bspw. verschiedenste Leistungs- und Aufnahmetestungen. Dies bedeutet, dass bereits in der vierten Schulstufe eine folgenreiche Segregation stattfindet. Denn, wie Gerhartz-Reiter auch schildert und mit Daten untermauert, schafft ein höherer Prozentsatz an Schüler*innen den Übertritt von der AHS Unterstufe in die AHS Oberstufe als ihre Kolleg*innen, die die Mittelschule absolvierten. Der Grundstein für eine angestrebte akademische Ausbildung wird demnach bereits in der Volksschule gelegt.

Doch nun ist bekannt, dass in Österreich viele Familien leben, deren sozioökonomischer Status schlechter gestellt ist und es daher gleichermaßen auch an kulturellem als auch an finanziellem Kapital fehlt, um den eigenen Kindern eine gleich gute/ hohe Ausbildung zu ermöglichen. Ein wichtiger Faktor, der dabei eine nicht unwesentliche Rolle einnimmt, ist in der Halbtagsschule begründet. Bis früh nachmittags besuchen die Schüler*innen die Schule und anschließend haben sie in ihrer Freizeit zu Hause verschiedenste Aufgaben, wie Hausübungen, Vorbereitungen, Lernen, etc., zu erledigen. Bei einem möglichst bildungsnahen Haushalt stellt das üblicherweise keine allzu großen Herausforderungen dar, da die Schulkinder auf die Unterstützung ihrer (gebildeten) Eltern vertrauen und bauen können. Anders sieht es nun hingegen bei bildungsfernen Eltern bzw. bei Eltern aus, die tagsüber (teilweise auch mehreren) Berufen nachgehen, um ihren Kindern überhaupt Bildung ermöglichen zu können. Denn sie können ihren Kindern aus verschiedensten Gründen keine eigene und aber auch keine externe Hilfe (in Form von Nachhilfe bspw.) anbieten, da es die finanzielle Situation in den meisten Fällen nicht ermöglicht.

Um dieser Ungleichheit entgegenzusteuern wäre es unserer Meinung nach wichtig, die AHS Unterstufe allgemein zu überdenken und das halbtägige Schulsystem in ein ganztägiges umzustrukturieren. Das Konzept der Ganztagsschule stellt zum einen eine gleiche Betreuungsmöglichkeit durch ausgebildetes Lehrpersonal sicher und zum anderen sollte es auch in soziale Aspekte eingreifen, wie Braun & Wetzel in ihrem Artikel berichten (2008). Das bedeutet Kinder bzw. Jugendliche, die sich aufgrund verschiedenster Merkmale von der Gesellschaft ausgegrenzt fühlen, sollten durch vielfältige Ansätze und Angebot in die (Schul-)Gemeinschaft inkludiert werden. Am besten veranschaulicht das jenes Projekt, das im Rahmen einer Dokumentation des ORF vorgestellt wurde. Schüler*innen aus der Haupt- bzw. Mittelschule, die fast ausschließlich von Kindern mit Migrationshintergründen besucht wurde, einen Peer aus einem Gymnasium zugeteilt. Das Ergebnis, das daraus resultierte: Es wurden Freundschaften geschlossen, die Jugendlichen gewannen einen Eindruck über die Lebensverhältnisse ihrer Peer-Buddys und konnten auch zuvor bestehende Klischees bzw, Vorurteile ausräumen. Die Jugendlichen ergänzten und unterstützten sich gegenseitig, was im Prinzip bestätigt, dass an diesem segregativen Schulsystem, wie es derzeit besteht, nicht festgehalten werden darf. Die einzig negative Begleiterscheinung wäre – aus der Perspektive der Politik wohlgemerkt – dass eine leistungsorientierte, „elitäre“ Schüler*innenschaft damit so gut wie wegfallen würde, da auf das individuelle Wohl aller geachtet werden würde.

 

Autoren: Brenner Katharina, Gillich Hannes, Huemer Marcel (Redaktionsgruppe C)

Literatur-/ Quellenverzeichnis

Braun, KH. & Wetzel, K. (2008): Ganztagsschule und Soziale Arbeit in Österreich. Sozial Extra 32, S. 32–35.

Gerhartz-Reiter, S. (2019): Bildungsungleichheit und vorzeitiger Bildungsausstieg, in: Quenzel, G. & Hurrelmann, K. (Hrsg.), Handbuch Bildungsarmut. Wiesbaden. S. 523-546.

Barrington K. (2020): The Pros and Cons of Tracking in Schools, online unter: https://www.publicschoolreview.com/blog/the-pros-and-cons-of-tracking-in-schools [Zugriff: 21.01.2022].

Steiner, M./Pessl, G./Bruneforth, M. (2016): Früher Bildungsabbruch – Neue Erkenntnisse zu Ausmaß und Ursachen. In: Bruneforth, M. (Hrsg.): Nationaler Bildungsbericht Österreich 2015. Fokussierte Analysen bildungspolitischer Schwerpunktthemen. Band 2. Graz. S. 175– 220.

 

Das österreichische Schulsystem ist uns wohl allen bekannt. Mit durchschnittlich sechs Jahren kommt man nach mindestens einem Pflichtjahr im Kindergarten in die Volksschule. Dort bleibt man vier Jahre und danach wird das erste Mal aufgeteilt – „bessere“ („leistungsstärkere“) Schüler*innen kommen ins Gymnasium, „schlechtere“ in die Mittelschule. Nach weiteren vier Jahren folgt die nächste Unterteilung – das Kind muss hier eigentlich schon eine Idee für sein weiteres Leben besitzen. Je nach Berufswunsch wird in verschiedene Schulformen oder Bildungswege aufgeteilt.

Wie dieses Bildungssystem bei uns entstanden ist, haben wir ja schon im Rahmen des Seminars gehört, seit der Einführung der Schulpflicht unter Maria Theresia und später Johann Ignaz von Felbiger gab es eine Dreiteilung der Schule in Normal-, Haupt- und Trivialschulen. Diese Segmentierung wurde weiter vorangetrieben und 1918 wurde eine mehr oder weniger bis heute gültige Schulreform unter Otto Glöckel umgesetzt. 1962 gab es eine erste Schulnovelle, in der die Schulpflicht auf neun Jahre verlängert wurde und 1974 wurde mit der zweiten Schulnovelle das noch heute gültige Schulunterrichtsgesetz (SchUG) veröffentlicht. Trotz einer relativ frühen Einführung einer Unterrichtspflicht und einer angeblich sehr guten (Schul-)Bildung, sind aber etwaige Ergebnisse der österreichischen Schüler*innen bei PISA Studien, die zu internationalen Vergleichszwecken herangezogen werden, nicht so positiv, wie es sich von Politik, Bildungsdirektion, etc. erwünscht wird. Stattdessen befindet sich Österreich im globalen Vergleich eher im Mittelfeld. Es stellt sich also die Frage: Läuft hier etwas falsch?

Finnland hingegen schneidet bei PISA Studien immer sehr gut ab. Was also machen die Finnen in ihrem Bildungssystem anders? In Finnland enthält die Grundschulbildung neun Jahre, anstatt der in Österreich üblichen vier. Die Schüler*innen sind also länger in einer einzigen Schule, an der auch Muttersprachenunterricht für schwedische und dänische Minderheiten angeboten wird. Dieses Modell einer Gesamtschule wurde in Finnland mit einer Schulreform 1972-1977 eingeführt, zuvor war das Schulsystem zweigliedrig, also ähnlich segregiert wie in Österreich. Finnische Schüler*innen werden heutzutage also erst im Alter von 16 Jahren voneinander getrennt und können dann in verschiedene Schulen weitergehen. Der Fokus dieser Schulen liegt auf einem praxisbezogenen Unterricht und es gibt spezielle Schulungen für Lehrpersonen, um mit der Herausforderung umgehen zu können, dass unterschiedlich leistungsstarke Schüler*innen an derselben Schule sind.

Hier ein grafischer Vergleich des österreichischen (links) und finnischen (rechts) Bildungssystems:

        

Dieses gemeinschaftliche, praxisorientierte System in Finnland scheint besser zu funktionieren als das differenzierte, segregierte System österreichischer Schulen. Das kann man nicht zuletzt an den Ergebnissen der PISA-Studien erkennen, aber auch an der Häufigkeit von Kompetenzarmut der Schüler*innen. Bruneforth et al. (2012) stellen das eindrucksvoll (und erschreckend) in einer Grafik dar: Finnische Schüler*innen weisen wesentlich geringere Kompetenzarmut (insgesamt 12 %) auf als österreichische (insgesamt 38 %). Im Folgenden nochmals die Grafik, die in der Lehrveranstaltung bereits gezeigt wurde:

Spannend ist hier jedoch anzusehen, wie in der österreichischen Bildungspolitik mit diesem Thema des Bildungssystems umgegangen wird. Es wird immer wieder davon gesprochen, man müsse international vergleichbar sein, man müsse Chancen- und Bildungsgerechtigkeit und -gleichheit für jeden schaffen. Dennoch sind alle genannten (Reform-)Ideen, die dahingehend argumentiert werden, bei genauerem Hinschauen eigentlich ein Schritt in die genau entgegengesetzte Richtung und die Bevölkerung wird als zu engstirnig betrachtet, um diese (offensichtliche) Tatsache zu erkennen. Die Mittelschulen beispielsweise, so wie sie heute in Österreich existieren, ohne Leistungsklassen, aber mit Lehrerteams, die leistungsstärkere und -schwächere Schüler*innen teilen und getrennt unterrichten, bestärken doch erneut eine weitere Segregation der Kinder. Es wird jahrelang über eine Gesamtschule gesprochen, es ist wissenschaftlich bewiesen, dass diese Form der Schule einen Nutzen hat, auch am finnischen Schulsystem ist das nur allzu deutlich erkennbar, dennoch wird sie in Österreich nicht eingeführt. Stattdessen beharrt man weiterhin auf einem hierarchischen, autoritären und segmentierten System, welches durch Differenzierung geprägt ist und aus historischen Zeiten stammt. Und dann wird fleißig philosophiert, warum denn die Schüler*innen in Österreich weiterhin Lücken in ihren Fertigkeiten und Fähigkeiten aufweisen (Stichwort Kompetenzarmut), und warum sie im internationalen Vergleich trotz „Maßnahmen“ nicht besser abschneiden. Was soll man da noch dazu sagen..

 

(verfasst von Elena Schüssling)

 

Bildquellen:

Bruneforth, M., et al. (2012). Chancengleichheit und garantiertes Bildungsminimum in Österreich. In: B. Herzog-Punzenberger (Hrsg.). Nationaler Bildungsbericht 2012. Band 2. Fokussierte Analysen bildungspolitischer Schwerpunktthemen. S. 187-226. Leykam: Graz.

Graf, T. (2004). Schultypen in Österreich (Schulsystem). Zugriff unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Schulsystem_oesterreich.svg (07.12.2021).

Pekkarinen, T., Uusitalo, R., Pekkala, S. (2006). Education policy and intergenerational income mobility: Evidence from the Finnish comprehensive school reform. In: Journal of Public Economics. Vol. 93, S. 965-973. Abgeändert nach: Athene-Aachen. Zugriff unter: https://www.athene-aachen.de/Wissen/Schulsystem-Finnland/ (07.12.2021).

 

Für ein Land, das sich mit so viel Stolz und Überzeugung mit Werten wie Chancengleichheit und Inklusion schmückt, zeigen sich im österreichischen Bildungssystem leider eine ganz andere Realität. Obwohl die Aussagekraft der Pisa-Studie häufig umstritten ist, spricht diese in den Kategorien des Social background und Immigrant students Bände. Klarerweise stellt sich hier vielen die größtenteils ignorierte Frage: Warum ist das so? 

Die schlechten Ergebnisse in Studien wie diesen sind hauptsächlich auf soziale und politische Ungleichheiten und Segregation zurückzuführen. Sogenannte „Brennpunkt Schulen“ existieren nicht nur im deutschen Fernsehen, sondern sind leider auch in Österreich Realität. Es wird nach Noten und Leistungen gereiht und aussortiert. Reichen die Noten am Ende der Volksschule nicht fürs Gymnasium, kommt das Kind in eine Mittelschule und schlägt in weiterer Folge auch mit kleinerer Wahrscheinlichkeit einen weiteren Bildungsweg ein. Das zeigt sich in weiterer Folge auch stark an den österreichischen Universitäten. So hielt Günter Sandner passend fest: „Der Hochschulzugang ist sehr sozial selektiv. Studierende bilden keinen repräsentativen Querschnitt der Gesellschaft, sondern rekrutieren sich überproportional aus urbanen und wohlhabenden Familien mit überdurchschnittlichem elterlichem Bildungsnivau.“ (2021, S.73)

Bildungsbenachteiligung bedeutet, dass Kinder und Erwachsene aus bestimmten sozialen Schichten weniger Möglichkeiten haben, im Bildungssystem ein Bildungsziel zu erreichen.

Die Statistik zeigt, dass eine Bildungsbenachteiligung existiert. Die große Frage ist jedoch, wie kann man diese effektiv zurückdrängen und wo muss genau angesetzt werden?

Durch die bildungspolitischen Umstellungen der letzten Jahre, der Separierung von Zuwandererkindern in Deutschklassen, oder auch das Wiedereinführen von Leistungsgruppen, tragen bestimmt nicht dazu bei, die Schere der Bildungsungleichheit etwas zu schließen. Auch die aktuelle Situation mit den School-Lock-Downs verschärfen die soziale Selektion im Bildungssystem noch ein weiteres Mal, da das Home-Schooling vor allem Familien mit geringem Kapital, niedrigem Bildungsniveau der Eltern und knappem Wohnraum trifft.

Problematisch sehe ich diese Tatsache aber nicht nur deshalb, dass geringes Bildungsniveau zu erschwertem Arbeitsmarktzugang führt, sondern auch, dass die Zuweisung von Funktion und Status in unserer Gesellschaft sehr stark von unserer schulischen und beruflichen Erstausbildung abhängig sind.

Es zeigt sich in der Statistik, dass der Umstieg auf eine höhere weiterführende Bildungseinrichtung nach der 8. Schulstufe noch schwieriger zu sein scheint. Diese Entwicklungen führen so bis in den tertiären Bildungssektor fort.

Ob ein Kind nun aber die Möglichkeit bekommt die schulische Laufbahn nach der Primarstufe im Gymnasium fortzusetzen oder nicht hängt nicht nur vor allem von sozialen, wirtschaftlichen und geografischen Aspekten ab. Zudem liegt die Entscheidung der schulischen Laufbahn eines Kindes bei den Eltern und der Empfehlung der Lehrer.  

Eltern die selbst mit sehr jungen Jahren in das Berufsleben eingestiegen sind, werden ihr Kind wahrscheinlich weder finanziell genug unterstützen können, noch gut nachvollziehen können, dass ihr Kind nach den Pflichtschuljahren noch jahrelang zur Schule gehen und womöglich noch studieren möchte. So bin ich sicher, dass Eltern eine  Erwartungshaltung und auch Druck auf ihre Kinder ausüben, der diese bewusst, oder unbewusst in einen Bildungsweg drängt.

Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass vor allem Erziehungsberechtigte über die unterschiedlichen schulischen Laufbahnen und späteren Möglichkeiten für ihre Kinder aufgeklärt werden sollten und bei deren Entscheidungsprozess unterstützt werden müssen. Ich bin davon überzeugt, dass vor allem Familien mit Migrationshintergrund oftmals zu wenig über das Schulsystem, mit den damit verbundenen Schwierigkeiten und Möglichkeiten, aufgeklärt sind.

Was kann gemacht werden um eine erfolgreiche schulische Laufbahn zu fördern und Kinder nicht zu separieren? Vielleicht sind ein verpflichtendes Kindergartenjahr, Ganztagsschulformen, Bildungsmonitoring und verschiedenste Unterstützungsprogramme für Jugendliche schon etwas zielführender, doch denke ich nicht, dass diese Maßnahmen einer Selektion entgegenwirken. Die Wiedereinführung von Noten in der Volksschule, Leistungsgruppen in der Hauptschule und auch die abgesonderten Deutschklassen tragen sicherlich auch nicht zu einer integrativen, gesamtheitlichen Schule bei. Bildungsausgrenzung kann mit diesen Rückschritten bestimmt nicht unterbunden werden.

Der österreichische Bildungsweg bereits nach der Primarstufe, spätestens dann nach der Sekundarstufe. Der Umstieg wird schwer, bis unmöglich gemacht. Der höchste Abschluss kann entweder zu einem Doktorat führen oder einem Meister o.ä. Erreicht man letzteren, berechtigt er aber nicht mit einem Master fortzusetzen. Dieser Abschluss ist nur gleichwertig, aber nicht gleichartig zu einem Bachelorabschluss. Somit würde man also nach einem Meisterabschluss mit einem Bachelor fortsetzen, sofern man die Hochschulberechtigung hat. Eine Anerkennung einzelner Kurse wird dabei komplett ausgeschlossen.  Alleine die Möglichkeit zu haben den Bildungsweg in einer „höheren Ebene“ fortsetzen zu können, oder wenigstens Kurse anerkannt zu bekommen, würde meiner meiner Meinung nach einen großen Unterschied machen und auch intrinsisch motivieren. Mit dieser Vorgehensweise wird aber der Lehrberuf absolut abgewertet missachtet.

Zudem sind diverse Förderprogramme und –möglichkeiten durch qualitätsvoller Elementarpädagogik, einem angedachten zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr, Kompetenzmessungen die zur individuellen Förderung dienen sollen, Lernanreize die gegeben werden sollen, Coaching, Diagnostik, Prävention, Intervention sowie individuelles Fördern, qualitative Weiterentwicklung der Ausbildung bis 18, für Kinder und Jugendliche bestimmt sinnvoll, doch so lange die Eltern nicht aufgeklärt werden und das Schulsystem selbst sich nicht ändert, wird es wahrscheinlich auch bei der Bildungsungleichheit und der frühen Selektion gezwungenermaßen bleiben müssen.

Als ein Meilenstein wird der neue Familienbonus von der türkis-grünen Regierung angekündigt. Ein Meilenstein ist es auf alle Fälle. Und zwar einer der uns direkt in die falsche Richtung lenkt!

Die Grundidee ist gut. Eine generelle Erhöhung des Familienbonus könnte verhindern, dass in Österreich Kinder in Armut aufwachsen und würde somit für mehr Gleichberechtigung sorgen. Leider hat unsere Regierung ein anderes Bild von Fairness. Der neue Familienbonus sieht nämlich keine Erhöhung der generellen Beihilfe vor, sondern lediglich eine neue Aufteilung, die dem Staat zusätzliches Steuergeld kostet und den Spalt einer Zweiklassengesellschaft noch größer werden lässt.

Verkauft wird uns ÖsterreicherInnen eine Erhöhung des aktuellen Bonus von 1500 Euro auf 2000 Euro. Leider gilt dies nur für jene, die genügend Steuern zahlen. Die höchstmögliche Unterstützung bekommen Familien, die über ein monatliches Mindestbruttoeinkommen von 3000 Euro verfügen. Genau genommen handelt es sich weniger um einen tatsächlichen Bonus für Familien als vielmehr um eine neue Steuerreform. Denn bezahlen beide Elternteile keine Steuern, weil sie beispielsweise auf Arbeitssuche sind, bekommen diese Familien kein Stück des Familienbonuskuchens ab. Keinen Anspruch auf eine Steuergutschrift haben Menschen die zumindest 330 Tage lang Arbeitslosengeld bezogen haben. Mehr als 160 (Szigetvari, 2021).000 Kinder sind laut aktuellen Zahlen davon betroffen.  Diese Familien wurden bei der Erstellung dieser neuen Reform scheinbar vergessen oder beabsichtigt außen vor gelassen. 

Aktuell sind in Österreich rund 350.000 Kinder armutsgefährdet. Laut einer Umfrage der Ärztekammer in den Monaten August und September 2021 sind diese Kinder häufiger krank. Sie sind höheren psychischen Belastungen ausgesetzt, deren Familien können sich gesunde Nahrungsmittel nur schwer leisten und die Kinder erhalten weniger bewegungs- und entwicklungsfördernde Angebote im Kindesalter. Natürlich, Kinder können sehr viel Geld kosten.  Die Corona-Krise hat die Problematik der psychischen Belastung dieser Kinder noch weiter verschärft.
Aber ab wann gilt man in Österreich als armutsgefährdet? Die Schwelle liegt für einen Einpersonenhaushalt bei 1328 Euro pro Monat. Pro Kind ab einem Alter von 14 Jahren erhöht sich dieser Wert um 664 Euro im Monat, ist das Kind jünger erhöht sich der Wert um lediglich 398 Euro.

Immerhin sind es zwei Drittel der Kinder in Österreich, deren Erziehungsberechtigte nicht die höchstmögliche Steuergutschrift erhalten. Bleibt für Familien, die es finanziell ohnehin schon schwer haben, die finanzielle Unterstützung vom Staat Österreich aus bedeutet dies leider auch sehr oft, dass Kinder eine schlechtere Schulbildung haben. Für diese Familien sind Anschaffungen wie neue Laptops für den Schulunterricht, neue Schulutensilien oder Exkursion beziehungsweise Schulausflüge schlichtweg nicht oder nur sehr schwer leistbar. Diese Kosten sind nicht nur für armutsgefährdete Familien ein Problem. Es ist ein Teufelskreis.

Für mich sieht es so aus, als würde die Regierung uns zu verstehen geben wollen, dass ein Kind, dessen Eltern nicht den gewünschten Beitrag leisten, in unserer Gesellschaft weniger Wert ist.

Die Frage ist was mit diesen übrig gebliebenen Kindern geschieht. Trotz viel Recherchearbeit kann ich diese Frage leider nicht beantworten. Sie fallen scheinbar durch das System. Und eine weitere Frage wäre, wie diese Familien und diese Kinder aus diesem Kreislauf wieder rauskommen. Es scheint mir so, als hätte die Regierung diese Menschen schlichtweg nicht berücksichtigt. Das ist ein Problem, welches sich nicht von allein lösen lässt.

Recht auf freie Bildung ist für mich etwas anderes. Das tragische daran ist, dass solche Reformen von einer Politik in die Welt gerufen werden, die von den ÖsterreicherInnen selbst gewählt wurde. Sind solche, als Bonus getarnten Steuerreformen, ein Abbild der in Österreich vorherrschenden Wertevorstellung? Chancengleichheit sieht anders aus. Wir sollten uns alle selbst an der Nase packen und anfangen mehr an das Allgemeinwohl zu denken. Die Kinder von heute bilden unsere Gesellschaft von morgen.

 

Literaturverzeichnis

Szigetvari, A. (20. Oktober 2021). Kinderbonus wird angehoben: Die benachteiligten Kinder. DerStandard. Von https://www.derstandard.at/story/2000130565852/kinderbonus-wird-angehoben-die-benachteiligten-kinder abgerufen

volkshilfe. (23. Oktober 2021). Von https://www.volkshilfe.at/fileadmin/user_upload/Media_Library_Kinderarmut/aerztekammer/2021-10_AErztekammer_.pdf abgerufen

volkshilfe. (23. Oktober 2021). Von https://www.kinderarmut-abschaffen.at/fakten/wer-ist-armutsgefaehrdet/ abgerufen

 

Ja, es ist schon provokant zu behaupten, dass jemand, der nicht ins Gymnasium geht, dumm ist, noch dazu ironisch, wenn man bedenkt, dass ich selbst nicht im Gymnasium war. Dennoch vermittelt der Text mit viel Nachdruck das Bild, dass man seine Kinder doch bitte besser ins Gymnasium schickt, denn in der Mittelschule kann aus ihnen ja kaum was werden. Aber wie weit stimmt diese „These“ denn nun wirklich und muss ich mein Kind zu seinem Glück (aufs Gymnasium) zwingen?

 

Ganz kritisch betrachtet nennt der Text mehrere Punkte, die „schuld“ daran sind, weshalb das Gymnasium von vermeintlich schlaueren Kindern, als die Mittelschule besucht wird. Oder sind die Kinder nicht wirklich schlauer, sondern haben einfach nur bessere Chancen weiterzukommen?

 

Eltern und Sprache

Anscheinend hängt die schulische Zukunft des einzelnen stark davon ab, welchen Bildungsabschluss die Eltern besitzen. Somit sind Talent, Intelligenz oder Fleiß quasi irrelevant, denn wenn deine Eltern beide „nur“ einen Beruf gelernt haben, brauchst du gar nicht daran denken, zu studieren geschweige denn die Matura zu machen. So gehen Kinder, deren Eltern zumindest maturiert haben eher in ein Gymnasium wohingegen Kinder, deren Eltern nur eine Lehre als höchsten Abschluss haben, eher in die Mittelschule gehen.

Die Alltagssprache gilt auch als Faktor, denn wenn diese nicht Deutsch ist, kann sich das wiederrum statistisch gesehen als Nachteil auswirken. Demnach haben Kinder, deren Eltern weniger bildungsaffin sind und/oder einen Migrationshintergrund haben, geringere Chancen auf einen Bildungsaufstieg.

               In diesen Bereich fällt auch die Thematik „Rassismus“. Das Problem mit Rassismus hat in den letzten Jahren stark durch politische Kriege und darauffolgende Flüchtlingswelle stark zugenommen. Leider müssen sich nicht nur Kinder in der Schule damit auseinandersetzen, sondern auch die Eltern werden immer wieder damit konfrontiert. Haben die Eltern einen Migrationshintergrund, kann es vor allem durch die Sprachbarriere beim Elternabend gleich mal zu unerwünschten und ungewollten Spannungen beider Seiten kommen.

 

Restschule

Obwohl den Mittelschulen meist mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, als den Gymnasien und sie trotzdem schwächere Leistungen erzielen, lässt sich auch auf weitere Faktoren zurückführen. Wie in dieser Unterüberschrift festgehalten, wird die Mittelschule öfters als „Restschule“ bezeichnet, da sie den übergebliebenen Rest der Kinder aufnimmt. Dies wird den Kindern dann auch gerne noch bewusst gemacht bzw. sind sich selbst dessen „bewusst“, dass ihre Schule und Ausbildung weniger wert sind. So gehen sie davon aus, dass aus ihnen nichts werde, dass sie für etwaige Aufgaben zu dumm seien oder sowieso zum AMS gingen.

Das allgemeine Hauptproblem der Mittelschule ist, aber nicht nur, dass sie im Vergleich zum Gymnasium wesentlich heterogener ausfällt, sondern, dass die Schülerschaft der Mittelschule heterogener ist, als das Lehrpersonal. Schüler mit vorgefertigten, festgefahrenen Meinungen, Schüler mit offener Weltanschauung, Schüler mit Migrationshintergrund, geistigen Behinderungen, sozialen Schwächen. Sie alle sollen gefördert und gefordert werden, doch da reicht das Personal vorne und hinten nicht aus und somit bleiben einige auf der Strecke.  Dabei bestätigen Experten immer wieder, dass diese Heterogenität keineswegs eine schlechte Sache ist oder zum Nachteil für Schüler werden kann, sondern alle davon nur profitieren können. Vielfalt sollte als Vorteil betrachtet werden!

 

Finanzielle Probleme

Nichte gerade fördernd für Gerechtigkeit im Klassenzimmer ist ebenso die finanzielle Lage mancher Eltern. Als ob der modernisierende Alltag allein nicht schon teuer genug sein kann, möchte die Schule den Kindern dann auch noch die Möglichkeit für Sportwochen o.ä. bieten. Aber das ist dann für eine alleinerziehende Mutter nicht mehr möglich – sie kann es sich nicht leisten und wäre auf finanzielle Unterstützung anderer Eltern oder der Schule angewiesen. Manchmal reicht aber nicht mal die aus. In anderen Fällen ist es den Eltern auch zu peinlich zuzugeben, dass sie kaum Geld haben.

Doch laut Experten, sind genau diese außerschulischen Aktivitäten, jene, die Schüler zusammenschweißen und ihnen einen vernünftiges Gemeinsam bewusst machen.

 

 

 

Resümee

Wir haben keine Gerechtigkeit in unserem Bildungssystem und das wird sich ohne wirkliche Anstrengungen der Politik auch kaum ändern. Dabei wäre es ein so wichtiger Schritt, denn, wenn das Bildungssystem gerecht wäre, könnte es Vorreiter für vieles sein.

Bildungsgleichheit: Ein für immer unerfüllt bleibender Traum?

Wie der Titel schon anprangert, sollte in diesem Artikel die Chance auf Bildungsgleichheit in österreichischen Schulen thematisiert werden.  Dabei sollten auch die Hintergründe für die derzeit herrschende Ungleichheit näher beleuchtet und mögliche Lösungsansätze aufgestellt werden.

Falls Sie, liebe Leser und Leserinnen, der Meinung sind, es herrsche doch überhaupt keine Bildungsungleichheit, dann muss ich sie leider enttäuschen. Denn an Österreichs Schulen entwickelt sich zunehmend eine Kluft zwischen leistungsstarken und -schwachen Schülern und Schülerinnen.

Nun werden Sie sich sicherlich fragen, wieso dem so ist. Die Antwort lässt sich nun jedoch nicht nur mit einem einzigen Blogeintrag erklären, da viele untereinander verknüpfte Aspekte als Ursache für diese Debatte ausfindig gemacht werden können. Dennoch wird Ihnen hier ein Einblick in die Thematik gewährt.

Gründe für Bildungsungleichheit

  • Sozioökonomischer Hintergrund
  • Kultureller Hintergrund
  • Wirtschaftliche und politische Interessen
  • Schultyp und -Struktur

Auf die oben angeführten Punkte werde ich in diesem Abschnitt genauer eingehen. Rothmüller und Schnell nennen in ihrem Artikel sozioökonomisches und kulturelles Kapital als Termini, die mir persönlich sehr am Herzen liegen. Was bedeuten diese Begriffe? Unter diesen Kapitalen versteht man die ersten zwei der oben genannten Punkte, die einerseits den bildungstechnischen Hintergrund und andererseits die kulturelle Herkunft beinhalten.

Es mag sich ein wenig realitätsfremd anhören, aber ihren sozioökonomischen Hintergrund können Kinder nicht beeinflussen, da dieser ihnen quasi als Privileg in die Wiege gelegt wurde bzw. wird. Das bedeutet vereinfacht gesagt: Je gebildeter -gemessen an den Abschlüssen- die Eltern, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Kinder einen hohen (Aus)Bildungsabschluss erreichen. Das liegt einerseits daran, dass sozioökonomisch privilegiertere Eltern das österreichische Schulsystem und deren Struktur besser kennen und andererseits können sie ihre Kinder finanziell, sowie bildungstechnisch besser unterstützen. Dieser sozioökonomische Status ist zudem auch mit dem kulturellen Kapital verknüpft, da das Schulsystem ihre eigene Kultur mehr oder minder prägt und somit „andersartige“ Kulturen -ob bewusst oder unbewusst sei nun dahingestellt- exkludiert und nicht bzw. nur vereinzelt akzeptiert.

Auch die wirtschaftlichen/ politischen Interessen und der Schultyp sind Punkte, die miteinander stark verbunden sind. Denn Politiker haben formuliert, dass der Output von Schulen verbessert werden müsse. Nüchtern betrachtet zielt die Politik demnach auf Schüler und Schülerinnen als hochleistungsorientierte Endprodukte, entwickelt in Großindustrien, ab. Als ein Phänomen, das mit diesem Aspekt einhergeht, kann man die vergleichsweise höhere Zahl an Schulanmeldungen von Kindern an Schulen mit geringerem Anteil an Schüler und Schülerinnen mit niedrigem Migrationshintergrund.

Nun noch näher zum Schulsystem, bei dem ich vor allem auf die doch schnelle Segregation (also Trennung von Schulkindern), die durch das Schulsystem bzw. durch die Schulstruktur auftritt, eingehe. Mit dieser Trennung ist der Übergang von der Primarstufe in die Sekundarstufe I. Hierbei stehen die Kinder vor der Wahl: Gehen sie in eine Mittelschule oder in eine AHS?

Vor dieser Frage sind Sie vielleicht als Elternteil auch schon gestanden oder kennen im persönlichen Umfeld ähnliche Situationen.

Erstens sollte gesagt sein, dass nicht oder nur in den seltensten Fällen tatsächlich die Schulkinder eine Entscheidung treffen dürfen. Zweitens darf ich anmerken, dass durch diese Segregation der Grat der Bildungsungleichheit steigt und soziale Probleme vermehrt auftreten können, da dadurch durchaus Freundschaften zerstört werden.

Mögliche Lösungsansätze

Meiner Meinung nach muss das Schulsystem „renoviert“ werden. Dabei sollte man verstärkt auf Integration setzen und dies gegebenenfalls auch den Lehrpersonen vermitteln. Denn kulturelle „Andersartigkeit“ sollte nicht benachteiligt, sondern zum Vorteil umgemünzt werden. Von kultureller Diversität können alle Schulkinder einer Klasse profitieren, wenn jede/r SchülerIn akzeptiert sind und sich innerhalb einer Gemeinschaft bewegt. Leistungsschwächere bzw. Kinder mit sozialökonomisch schwächeren Status sollten hierbei besonders gefördert werden. Hier stellt sich mir allerdings die Frage, auf welche Weise diese Förderung stattfinden soll. Der wohl bekannteste Weg ist ein Modell eines Förderkurses, bei dem leistungsschwächere Kinder de facto vom übrigen Klassenverbund exkludiert sind. Durch diese Exklusion findet ja in einer schwachen Form eine Segregation statt, was Auswirkungen auf das Klima in der Klasse haben kann. Ein neueres Modell wäre ein altersstufenübergreifender Unterricht, der schon häufig in Schweden angewandt wird. Diese Unterrichtsform interpretiere ich persönlich als projektorientierter. Die Schüler und Schülerinnen erfahren also mehr Partizipation am Unterricht und stehen in einem Austausch zu älteren, vielleicht mehr wissenden Schulkindern. Daraus entwickeln sich im besten Fall „Peer-Buddys“ oder Lerngemeinschaften/ -freundschaften.

Weiters sehe ich die AHS Unterstufe eher skeptisch und halte diese für überflüssig. Was es gegen eine „Leistungskluft“ braucht, sind keine unterschiedlichen Schultypen der Sekundarstufe I, die um einen gewissen Status kämpfen. Vielmehr bedarf es an einem einzigen Mittelschultyp, dessen Niveau eventuell angehoben wird und (wie vorhin geschildert) auf Integration/ Inklusion baut.

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p style=“text-align: right“>Marcel Humer

(von Annemarie Schaffer)

Während der erste Teil dieses Beitrags den Fokus mehr auf einen möglichen praktischen Umgang mit dem Thema in Unterricht und Schule gerichtet hat, soll nun die historische Entwicklung vom Umgang mit sprachlicher Heterogenität in der Schule und auch die der dazugehörenden Forschung beleuchtet werden. Außerdem soll auch ein Blick darauf geworfen werden, inwiefern österreichische Lösungen dem aktuellen Stand ent- bzw. widersprechen. Die Grundlage dafür bietet Heidi Röschs Deutschunterricht in der Migrationsgesellschaft. Eine Einführung, erschienen 2017 im Metzler-Verlag.

Rösch stellt in ihrem Kapitel über Bildungskonzepte in der Migrationsgesellschaft (137ff.) die Entwicklung der durch die „Anwerbung sogenannter Gastarbeiter in die Bundesrepublik Deutschland (1955-1973)“ notwendig gewordenen „pädagogische[n] Konzepte zum Umgang mit den veränderten Gruppenkonstellationen in Bildungseinrichtungen“ zunächst verkürzt und überblickshaft folgendermaßen dar: „von der Ausländerpädagogik (in den 1980er Jahren) über die interkulturelle Pädagogik (in den 1990er Jahren) zur Migrationspädagogik (seit 2004)“. Diese Entwicklung ist angetrieben durch die Kritik, die an den einzelnen Konzepten laut wurde und durch einen stetigen Wechsel zwischen „Mehrheitsperspektive“ und „Minderheitenperspektive“. Konkret bedeutet das, dass – nachdem vonseiten der Minderheitenperspektive aufgrund der Defizitorientierung der Ausländerpädagogik Kritik laut wurde – fast zeitgleich das Konzept der Minderheitenpädagogik entwickelt wurde, das einen ressourcenorientierten Ansatz verfolgte. Der Fokus lag dabei statt auf der Deutschförderung eher auf dem Recht auf Muttersprachenunterricht. Während aber gegenüber dem Ziel der Ausländerpädagogik (Integration) die Befürchtung bestand, dass es zur Assimilation der Minderheit an die Mehrheitsgesellschaft führen könnte, musste sich die Minderheitenpädagogik mit ihrem Emanzipationsgedanken der Kritik der möglichen Segregation stellen. Auch auf der Seite der Mehrheitsperspektive entwickelte sich als Reaktion auf die Ausländerpädagogik ein Gegenkonzept: Mit der interkulturellen Pädagogik verfolgte man einen Ansatz, der sich nun hauptsächlich auf die gesellschaftliche Mehrheit der Einheimischen als Zielgruppe fokussierte. Ziel dieses neuen Konzepts war es, durch „Begegnung zwischen Einheimischen und Eingewanderten […] Empathie vor allem von den Einheimischen für die Eingewanderten“ zu erzeugen. Aber auch hier ließ Kritik nicht lange auf sich warten. Denn „[v]or allem auf Grundlage eines statischen Kulturbegriffs entstanden zwei sich gegenüberstehende Kulturen, was die Kulturalisierung der Eingewanderten befördert und sie zu Anderen macht.“ Der Differenzorientierung der interkulturellen Pädagogik stellte die antirassistische Pädagogik ihre Diskriminierungsorientierung entgegen. Dabei ging es der Kritik zufolge aber teilweise zu sehr um die Fokussierung „individuelle[r] (statt strukturelle[r]) (Alltags-) Rassismen“, was zu einer pauschalen Einordnung der Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft als rassistische Täter*innen „und der Minderheitenangehörigen als Opfer von Rassismus“ und damit zur Verstärkung der „Wahrnehmung von Differenzen“ führen könnte. Um dem entgegenzuwirken, wird auch heute noch versucht, „einen konstruktiven Umgang mit Differenzlinien zu entwickeln, der über Zuschreibungen hinausgeht, Mehrfachzugehörigkeiten bewusst macht und die dahinterstehenden Konstruktionen und Auswirkungen reflektiert.“ Anfang der 1990er entwickelte die Erziehungswissenschafterin Annedore Prengel die Pädagogik der Vielfalt. Dabei geht es ihr darum, die „bestmögliche[] Bildung für jedes Individuum“ zu ermöglichen und „eine[] egalitäre Differenz in einer demokratischen Gesellschaft“ zu entwickeln. Unterschiede – sei es im Geschlecht oder in der (kulturellen) Herkunft – sollen darin „nicht als Defizit oder Bedrohung, sondern als Bereicherung wahr[genommen werden]“. Allerdings ergab sich hier – wohl aufgrund der Tatsache, dass dieses Konzept aus der Mehrheitsperspektive gedacht wird – das Problem, „dass die Umsetzung in eine ›Multi-Kulti-Idylle‹ mit kulturalistischen Zuschreibungen mündete.“  Paul Mecherils in den frühen 2000ern entwickelte Migrationspädagogik darf nicht als eine Migrant/innen-Pädagogik missverstanden werden und muss von einer solchen scharf abgegrenzt werden. Denn bei seinem Konzept handelt es sich nicht um eine Zielgruppenpädagogik, sondern sein Fokus liegt auf der „Beschreibung und Analyse der dominanten Schemata und Praxen der Unterscheidung zwischen natio-ethno-kulturellem ‚Wir‘ und ‚NichtWir‘ und zielt auf die Stärkung und Ausweitung der Möglichkeiten der Verflüssigung und Versetzung dieser Schemata und Praxen.“ Damit funktioniert seine Argumentation im Vergleich zu Prengels Pädagogik der Vielfalt eher auf struktureller Ebene, „stellt einem additiven Verständnis von Diversität die integrative Reflexion von Differenzordnungen gegenüber“ und rückt damit Intersektionalität statt Diversität zum Mittelpunkt seiner Betrachtungen und seines Konzepts. Allerdings läge dabei seinen Kritikern zufolge der Schwerpunkt zu sehr auf dem Bereich der Migration, wodurch „andere Gesellschaftsbereiche oder          -konzepte aus[ge]klammert“ würden. Dieser Kritik sieht sich Cristina Allemann-Ghionda mit ihrem Konzept der Bildung für alle nicht ausgesetzt. Denn bei allen Gemeinsamkeiten, die ihre Pädagogik mit der Mecherils aufweist, verzichtet sie aber auf jegliche Schwerpunktsetzung und schaff es damit, dass sich in ihrem Konzept „die an der Mehrheits- und Minderheitenperspektive orientierenden Argumentationsmuster […] treffen.“ Als kleinen Kritikpunkt merkt Rösch dazu an, dass – auch wenn dieser Ansatz „längerfristig sicher zielführend(er)“ sei – darin die Gefahr läge, „dass die Spezifik der Migrationssituation aus dem Blick gerät und sich dominanzkulturelle Perspektiven jenseits der Differenzlinie Migration in den Vordergrund schieben.“

Bei Betrachtung dieser Vielfalt von Konzepten fällt auf, dass Einigkeit nur darin besteht, dass auch die Pädagogik auf die durch das Migrationsgeschehen veränderte und sich immer weiter verändernde Gesellschaft reagieren muss. Dazu, in welcher Weise das aber am besten geschehe sollte, gibt es viele, sich zum Teil widersprechende Ideen. Bei jedem der oben vorgestellten Konzepte lässt sich – wie es Rösch deutlich darstellt – bei genauerem Hinschauen der eine oder andere Kritikpunkt finden. Bei aller Uneinigkeit aber haben diese theoretischen Konzepte das gemeinsame praktische Ziel, in einer (sprachlich) heterogenen Gesellschaft einen gerechten Zugang zu (institutioneller) Bildung für alle Mitglieder dieser Gesellschaft zu ermöglichen. Dass ein solcher – nicht nur, aber insbesondere auch – für Personen mit einer Migrationsgeschichte oft nicht gegeben ist, und welche Maßnahmen diesbezüglich unternommen werden (können oder sollten), stellt Rösch in den Unterkapiteln 4.4 Differenzlinie Sprache (198ff.) und 4.5 Sprachliche Bildungsangebote (202ff.) ihres Buches dar:  

Ein Phänomen, mit dem sich vor allem Menschen mit einer gesellschaftlich weniger anerkannten Erstsprache häufig konfrontiert sehen, ist der Linguizismus. Diese „Diskriminierung der Sprachen eingewanderter oder autochthoner Minderheiten und ihrer Sprecher/innen“ lässt sich speziell im Bildungsbereich daran beobachten, „dass Migrationssprachen keinen Einzug in Bildungseinrichtungen finden oder dort verboten werden, dass ihre Sprecher/innen auf ihre Kompetenz in der Amtssprache reduziert werden und ihre Zwei- oder Mehrsprachigkeit nicht wahrgenommen wird.“ Als konkretes Beispiel dafür muss man sich nur in Erinnerung rufen, wie in den vergangenen Jahren in Österreich (und auch in Deutschland) immer wieder der Ruf nach einem Deutschgebot auf den Schulhöfen laut wurde. Dieses höchst umstrittene angestrebte de-facto-Verbot der eigenen Muttersprache ist etwas, womit sich Schüler*innen mit Migrationshintergrund immer wieder von Neuem konfrontiert sehen. Das zeigt auch eine schnelle online-Suche zum Thema, bei der sich mitunter zwei Artikel der Tageszeitung der Standard aus den Jahren 2011 und 2016, ein Artikel der Tageszeitung Die Presse aus dem Jahr 2018 und einer der Zeitschrift Focus ebenfalls aus dem Jahr 2016 finden lassen. Zwar widerspricht ein allgemeines Deutschgebot, wie es beispielsweise die schwarz-blaue Regierung Oberösterreichs angestrebt hat, auch einem Gutachten, das – wie es der oben erwähnte Presse-Artikel berichtet – bereits 2015 „vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes erstellt“ wurde, aber das hält Verfechter dieser Maßnahme genauso wenig davon ab, sie immer wieder durchzusetzen zu versuchen, wie zahlreiche widersprechende Expertenmeinungen. Dabei lässt ein Blick in die europäische Geschichte schnell Zweifel daran aufkommen, ob ein Sprachverbot das Ziel, das Befürworter*innen eines solchen verfolgen, überhaupt unterstützt. Denn angenommen, dass die Forderung nach einem Deutschgebot auf Schulhöfen tatsächlich dem Wunsch entspringt, dass mehr und besser (vielleicht sogar auch lieber) Deutsch gesprochen wird, sollte man sich die Frage stellen, ob Verbote jemals dazu führen können, dass das, was verboten wird an Attraktivität verliert bzw., ob etwas, das den Menschen aufgezwungen wird, jemals positiv konnotiert sein kann. Das konkrete Beispiel des Katalanisch-Verbots während der Franco-Diktatur in Spanien, das Anita Malli unter anderem in ihrem Beitrag im Standard anführt, lässt Gegenteiliges vermuten: So berichtet Malli, dass es auch Jahrzehnte nach dem Ende der Diktatur immer noch Katalan*innen gäbe, die „das Spanische emotional [ablehnen]“. Ist es das, was wir uns für unsere Schüler*innen mit einer anderen Erstsprache als Deutsch wünschen? Wohl eher nicht, denn erfolgreiche Integration sollte anders aussehen.

Wie konstruktive und wertschätzende Unterstützung von Schüler*innen, die Deutsch ‚nur‘ als Zweitsprache haben, aussehen kann oder sollte, legt auch Heidi Rösch dar. Zunächst aber zeigt sie anhand von Anette Müllers Modell, in welchen Dimensionen sich die „Differenzlinie Sprache“ offenbaren kann, und auf welche Weise sie in den Schul- und Unterrichtsalltag hineinspielen können. Dafür analysiert sie ein Fallbeispiel, indem sie „die vier von [Müller] genannten Dimensionen auf die Differenzlinie Sprache/n an[]wendet“: Im Beispiel geht es um eine Grundschülerin türkischer Herkunft, der als Reaktion auf einige Fehler in einem Aufsatz von einem ihrer Mitschüler schlechtere Deutschkenntnisse attestiert werden. Die Begründung, die er dafür gleich mitliefert, ist, dass sie „zuhause Türkisch sprich[]t“. Nachdem das Mädchen sich verteidigt, dass sie zuhause Deutsch spreche, greift die Lehrkraft ein und weist darauf hin, dass es ganz natürlich sei, dass das Mädchen, dadurch, dass sie zweisprachig ist, mehr Fehler macht als ihr vermeintlich einsprachiger Mitschüler. Außerdem weist sie wertschätzend darauf hin, dass der Aufsatz dafür inhaltlich sehr gut sei. Allerdings erweist sich die Zuschreibung der Lehrkraft, dass der Junge einsprachig sei, später als falsch, da sich im Gespräch mit der Mutter herausstellt, dass er zweisprachig (Deutsch/Russisch) aufwächst, was ihm allerdings unangenehm ist, da er Einsprachigkeit für besser erachtet als Zweisprachigkeit. Bezüglich Müllers verinnerlichter Dimension merkt Rösch an,

             dass auch im Blick auf Mehrsprachigkeit Offenheit gegenüber dem Selbstverständnis und Multiperspektivität hinsichtlich unterschiedlicher Identitätskonzepte zu gewährleisten ist. Manche empfinden die Fokussierung auf Zwei- oder Mehrsprachigkeit – aus welchen Gründen auch immer – als Zuschreibung, die nicht mit ihrer Selbstwahrnehmung übereinstimmt, andere erkennen darin eine hohe Wertschätzung.       

Die beiden Kinder aus dem Beispiel stehen (ihrer jeweiligen) Mehrsprachigkeit negativ gegenüber, was Rösch mitunter darin begründet sieht, dass sie „keine positiven Erfahrungen mit Zweisprachigkeit gemacht haben, vielleicht keine zweisprachigen Identifikationsfiguren kennen und deshalb bislang auch keine positiv besetzte zweisprachige Identität ausbilden (konnten).“ Hier würde sich die Schule als möglicher Raum für positive Erfahrungen anbieten. Wenn nämlich bezüglich Müllers interaktionaler Dimension nicht nur – wie es im Zuge eines klärenden Gesprächs in Röschs Fallbeispiel geschehen ist – die „Einstellung zu Mehrsprachigkeit“ in Schule und Unterricht in den Blick genommen, sondern auch die DaZ (=Deutsch als Zweitsprache)-Perspektive miteinbezogen wird, ergibt sich die Situation, dass DaZ-Lernende nicht mehr „mit den Maßstäben für Deutsch-als-Erstsprache-Lernende gemessen werden und deshalb benachteiligt sind.“ Das kann beispielsweise geschehen indem „man den Fokus […] auf einen DaZ-spezifischen Sprachgebrauch im Umgang mit ‚kleinen Wörtern‘ (Proformen), Vergangenheitsformen, der Verbklammer oder ähnlichem [legt]“, wodurch „den Schüler/innen ihr DaZ-Lernstand bewusst [würde] und sie […] Anregungen zum Weiterlernen [erhielten].“ Dagegen „[verfestigt die] Nicht-Thematisierung dieses im Bildungssystem hochrelevanten Lernbereichs […] die negative Sicht auf DaZ-Lernende, statt ihre besonderen Sprachlernleistungen sichtbar zu machen.“ Im Bezug auf Müllers epistemische Dimension merkt Rösch an, dass es wichtig sei,

die Diskurse um sprachliche Bildung [nicht] als Kontroverse zwischen DaZ und Mehrsprachigkeit zu führen. Denn es handelt sich um unterschiedliche, aber keine gegensätzlichen Zugänge zur sprachlichen Bildung in der Migrationsgesellschaft. Die Vorstellung, DaZ könne durch ein mehrsprachiges Konzept ersetzt werden, erscheint unsinnig, da niemand die Sprachkompetenz in der zweiten durch den Gebrauch seiner ersten entwickeln kann. Gleichzeitig ersetzen DaZ-Angebote aber auch den konstruktiven Umgang mit lebensweltlicher Mehrsprachigkeit in keiner Weise.

Müllers institutionell Dimension bespricht Rösch zunächst kurz konkret mit Bezug auf ihr Fallbeispiel: Hier „wäre der nächste Schritt gewesen, die DaZ-Perspektive im Unterricht systematisch zu verankern, mit allen Schüler/innen über Mehrsprachigkeit zu sprechen und mit ihnen gemeinsame Strategien zu entwickeln, ihre und die gesellschaftliche Mehrsprachigkeit in der Schule sichtbar zu machen.“ Ausführlicher behandelt sie sie im oben bereits erwähnten Unterkapitel 4.4 Sprachliche Bildungsangebote. Darin stellt sie ein-/ und zweisprachige Bildungsangebote vor, beschreibt (inklusive konkreter Vorschläge zur Anwendung in den verschiedenen Unterrichtsgegenständen) das Prinzip der Language Awareness, dessen Ziel es ist „Akzeptanz der Migrationssprachen“ und „Offenheit für Mehrsprachigkeit“ herzustellen, als Mittel zwischen den beiden ersteren und spricht mit dem 2011 vom ÖSZ (=Österreichisches Sprachkompetenz-Zentrum) herausgegebenen Curriculum Mehrsprachigkeit auch die Ebene der sprachlichen Bildung für Lehrer*innen aller Unterrichtsfächer an. Dass dieses Thema mittlerweile immerhin Eingang in die pädagogische Ausbildung findet, lässt hoffen, dass sich mit der Zeit auch der Alltag an Österreichs Schulen diesbezüglich ändert, sodass nicht Sprachverbote, sondern Sprachbewusstheit ihn prägen und Schüler*innen mit einer anderen Muttersprache als Deutsch gleichzeitig Unterstützung beim (Deutsch-)Lernen und Wertschätzung gegenüber ihrer Mehrsprachigkeit erfahren.  

 

 

 

Es waren einmal zwei Säuglinge, auf den ersten Blick unterschied sie bis auf das Geschlecht rein gar nichts. „Gesunde Kinder“ bekundeten die Kinderärzte den jeweiligen Eltern, die sich – erleichtert ob der ebenso glücklichen wie erwarteten Nachricht (Warum sollte gerade unser Kind NICHT gesund sein?) – nun beruhigt in das Abenteuer Elternschaft stürzen konnten. Zum Glück nicht das erste Mal, man wusste ja jetzt, worauf zu achten sei, dass schon alles seinen gewohnten Gang nehmen werde, man müsse nur stillen und wickeln und lieben. Natürlich würde das eigene Kind schon groß und stark werden und den Widrigkeiten dieser Welt trotzen, schließlich werde man es nach Kräften dabei unterstützen.

Dann krachte die Realität wie ein Meteorit in die Idylle: Der Mutter des Mädchens, einer Ärztin, fiel nach zwei Monaten auf, dass das Kleine nur mit einer Seite Massenbewegungen ausführte und mit rechts nicht nach dem ausgestreckten Finger griff. Der mütterlichen Besorgnis Folge tragend wurde das Mädchen dem Kinderarzt vorgestellt, der die Mutter entnervt „als „typisch hysterische Ärztemutter“ abtat, „die die Flöhe husten höre“, was diese nicht davon abhielt, darauf zu beharren, dass etwas nicht stimme. In Eigenregie suchte die Mutter die Neuropädiatrie auf, war ja die Frau Kollegin, da geht das. Rasch stand die Diagnose fest – schlimmer als erwartet –: Spastische Halbseitenlähmung, selbständiges Gehen mehr als ungewiss. Für die Eltern des kleinen Mädchens brach eine Welt zusammen (Warum gerade das eigene Kind?), aber diese rafften sich schnell auf. Jahre voll Therapien – dreimal die Woche plus jeden Tag die Übungen, dabei das Geschwisterkind nicht vergessen – vergingen.

Die Eltern des Buben hingegen waren Gastarbeiter, einfache Menschen, der Sprache nicht hinreichend mächtig. Deshalb wurde die niederschmetternde Diagnose – spastische Halbseitenlähmung – erst gestellt, als der Kleine mit drei Jahren immer noch nicht imstande war zu laufen. Therapien ließ man dem Buben kaum angedeihen, geübt wurde nicht, wie auch, weitere Geschwister folgten rasch und die Mutter war mit der Aufzucht aller beschäftigt.

Im privaten Kindergarten (Der Junge war auf Intervention des Jugendamtes dort.) lernten sich die Kleinkinder kennen. Zwei Kinder, geeint durch ihre Diagnose, getrennt durch ihre Herkunft.

Das Mädchen konnte vielleicht nicht ihren Freundinnen kletternd auf Bäume folgen, es hatte aber tatsächlich das Laufen und die behinderte Hand als Hilfshand einzusetzen gelernt. Der Bub hingegen schleppte sich immer noch mühsam vorwärts und der gelähmte Arm war dabei, an den Oberkörper gepresst zu versteifen.

Die Kleinkinder wurden älter und der „Ernst des Lebens“ rückte unaufhaltsam näher. Das Mädchen sollte eine Regelschule besuchen, was der Direktor der betreffenden Volksschule nach Kräften zu verweigern trachtete: „Behinderte Kinder gehören in die Sonderschule, aber nicht in meine Regelschule!“ Die Eltern, Akademiker, fackelten nicht lange und drohten mit dem Landesschulrat. Ganz plötzlich lenkte der Direktor ein und das Mädchen wurde mit 23 gesunden Kindern eingeschult. Der Bub hingegen kam – wie gewünscht – in die Sonderschule, wo er – trotz rein körperlicher Einschränkung –sein ganzes Schulleben verbleiben sollte.

Während der Volksschulzeit verschlechterte sich das Gangbild beider Kinder massiv. Durch die Spastik hatten sich die Füße fast bis zur Unkenntlichkeit verkrümmt. Die verzweifelten Eltern des Mädchens wandten sich an die Orthopädie, was man denn tun könne, keine Schuheinlage, keine Schiene helfe mehr, man könne die Schmerzen des Mädchens beim Auftreten, die stummen Tränen, das unterdrückte Wimmern, die bitterlichen Klagen am Ende des Tages nicht mehr ertragen. Die konsultierte Orthopädin empfahl den Eltern, sich einen guten Psychologen zu suchen, wenn jene nicht ertragen könnten, dass das Mädchen zeit seines Lebens auf einen Rollstuhl angewiesen sein werde. Die Mutter, die Ärztin, wandte sich in ihrem Elend hilfesuchend an Kollegen und bekam einen Orthopäden in einer anderen Stadt empfohlen, der sich auf die orthopädischen Probleme körperlich behinderter Kinder spezialisiert hatte. Dieser operierte das Mädchen in einer langwierigen Operation tatsächlich erfolgreich. Die Kleine konnte wieder schmerzfrei laufen, erst in speziellen Schuhen, später in ganz „normal“ käuflich erwerblichen. Und der Bub? Bekam einen Rollstuhl verschrieben.

Die ersten vier Schuljahre verflogen. Das Mädchen kam ins private Gymnasium, der Junge verblieb in der Sonderschule. Nach der Pflichtschulzeit wollte das Mädchen etwas „Lebenspraktischeres“ erlernen und in eine katholische HLW mit Öffentlichkeitsrecht wechseln. Beim persönlichen Anmeldungsgespräch wurde vom Direktor kundgetan: „Wir nehmen keine Behinderten.“ Beim ungläubigen Blick der Eltern plötzlich: „Außer… Welches Parteibuch haben Sie?“ Damit konnten die politisch nicht engagierten Eltern nicht dienen, sie waren mit Beruf und behindertem Kind bekanntlich ausgelastet, worauf sich der Direktor genüsslich zurücklehnte und salbungsvoll sprach: „Wäre Ihre Tochter die Tochter des Bürgermeisters, dann – ja dann – wäre ein Platz bei uns kein Problem!“ Fassungslos brachen die Eltern das Gespräch ab, aber nicht ohne die Drohung, dies an die Medien weiterzuleiten, wenn er – der Direktor – sich nicht persönlich um einen alternativen Platz an der zweiten katholischen HLW der Stadt kümmern würde. Was tatsächlich geschah und wo das Mädchen problemlos maturierte. Der Bub hingegen kam mit 15 Jahren in eine berufsfördernde Einrichtung für geistig behinderte Jugendliche.

Nach der Matura wurde das Mädchen Mutter eines Sohnes, welcher ebenfalls primär als gesund betitelt wurde. Der Bub hingegen wurde an einer Behindertenwerkstätte angestellt.

Während das einstige Mädchen zu studieren begann, wurde dem jetzigen Kleinen – wieder nach zähem Ringen – schlussendlich ADHS und Autismus attestiert.

Heute hat die inzwischen erwachsene Frau mit den gleichen Problemen wie ihre eigenen Eltern zu kämpfen: Wehrt man sich nicht beharrlich gegen vermeintliche „Obrigkeiten“ und antiquierte, aber gesellschaftlich verfestigte Ansichten, hat das eigene Kind verloren.

 

Nachwort:

Der obige Blogartikel ist leider nicht erfunden, sondern behandelt autobiographisch meine eigene Lebensgeschichte, die meines alten Kindergartenfreundes, der nie ganz aus meinem Leben verschwunden ist, und die meines eigenen psychisch behinderten Sohnes. Zeitlich ist das Beschriebene seit meiner Geburt Mitte der 1990er geschehen. Zu verorten ist es in der Stadt Salzburg.

 

von Christina Schöppl

2/3 Ergebnisse weiterführender Recherche und Gesprächen zu dem Thema Menstruation mit einem Blick auf eine die erste Befragung zum Thema Menstruation bei Jugendlichen.

 

Wie bereits im letzten Essay beschrieben, war vor allem mein Verständnis von der Menstruation im Allgemeinen, die Probleme, die bei der Monatsblutung auftreten können und auch das Verständnis des gesamten Themas und dessen Behandlung eher gering.

Das Erste, das ich lernen musste, ist, dass oftmals von menstruierenden Personen/Menschen gesprochen wird. Es geht hierbei um ein Einbeziehen von Personen, die sich dem binären Geschlechtermodell nicht unterwerfen wollen. Auch Trans* oder inter*geschlechtliche Personen sollen inkludiert werden.

Um den Blick wieder zurück auf die Schule zu bringen, würden wir gerne eine Umfrage genauer beleuchten (In diesem Teil des Blogeintrages verwenden wir wieder den Begriff „Mädchen“, da dieser auch in der Befragung verwendet wurde.). Im April und Mai 2017 hat das Internetportal www.ready-for-red.at eine Umfrage zur Menstruation an Schulen durchgeführt. Es wurden insgesamt 1109 Schüler zwischen 11 und 18 Jahren befragt, wobei 684 Mädchen und 425 Jungen an dem Online-Fragebogen (SoSci – garantiert anonyme Datenverwertung) teilnahmen. Es wurden Schulen, sowie Leiter*Innen von Jugendzentren dazu aufgerufen, die Umfrage mit den Jugendlichen durchzuführen.

Das Ergebnis war zwar zu erwarten, dennoch ist es erschreckend: 60% der Mädchen stehen ihrer Menstruation negativ gegenüber und 70% der Jungen finden das Thema sogar peinlich und nehmen dieses nicht als relevant wahr.

Weitere eklatante Probleme offenbaren sich beim Wissenstand: Natürlich sind fast 90% aller Befragten der Meinung, genug über das Thema zu wissen, aber die Hälfte aller an der Umfrage teilnehmenden Mädchen und vier von fünf Buben können nichts mit den Begriffen „Zykluslänge“ oder „Menstruationszyklus“ anfangen. Weitere Probleme entstehen bei vielen Mädchen, da sie nicht wissen, ab wann

 ein Tampon gewechselt werden muss, was natürlich zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Ein weiterer problematischer Punkt bildet die Tatsache, dass 80% aller Mädchen ihre Monatshygieneprodukte im Klo hinunterspülen, da sich direkt neben dem Klo kein Mülleimer befindet und die Scham zu groß ist, die Menstruationsprodukte in einem weiter entfernten Mülleimer zu entsorgen. Dadurch entstehen ökologische und ökonomische Probleme, da in den Kläranlagen spezielle Zerkleinerer eingebaut werden müssen. Natürlich leidet auch die Umwelt unter den platinhaltigen Toilettenartikeln.

Informationen erlangen die Schüler*Innen hauptsächlich von Zuhause (62%), teilweise aus dem Internet (32%) und zum kleinsten Teil aus der Schule (10%).

Es gibt aber auch positive Rückmeldungen: Die Menstruation gibt den Mädchen ein Gefühl des „Normalseins“. Sie fühlen sich erwachsen und wissen, dass es ein Zeichen ihrer gynäkologischen Gesundheit ist. Auch haben Jungen ein gutes Bewusstsein dafür, wie sich Regelbeschwerden äußern können und über 50% wären dazu bereit, den Betroffenen die Belastung zu erleichtern.

Im Rahmen dieses Projekts haben wir vermehrt mit Bekannten aus unterschiedlichen Altersgruppen über das Thema Menstruation gesprochen. Wir haben Kommiliton*Innen und Familienmitglieder zu deren genereller Meinung im Laufe von Gesprächen befragt. Der erkennbare Grundtenor ist, dass Menstruation eigentlich als kleines, primär unwichtiges Thema empfunden wird, aber innerhalb kürzester Zeit komplexe Gespräche entstanden sind. Für den männlichen Teil der Bevölkerung ist die Menstruation weiterhin ein mit wenig Interesse belegtes Thema. Aber keiner unserer Gesprächspartner äußerte eine Ablehnung, dieses vermeintliche Tabuthema zu besprechen. Es wird tendenziell mit wenig Beachtung gestraft, weil man selbst nicht direkt betroffen ist. Auch die meisten menstruierenden Menschen, die wir befragt hatten, waren der Meinung, dass es zwar nicht unbedingt mehr besprochen werden sollte, aber auf alle Fälle eine bessere Arbeit in der Schule geleistet werden sollte, um junge blutende Menschen auf die Situation vorzubereiten.

Ein tatsächliches Tabu wird nicht mehr empfunden, aber es wird auch nicht gerne in der Öffentlichkeit darüber gesprochen.

 

Von Christina Schöppl und Markus Lohberger