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Im Rahmen des Seminars haben wir das Kapitel „Abgrenzen, aber nicht abwerten“ aus dem Buch Wir. von J. Kohlenberger (2021) gelesen und dieses hat mich dazu veranlasst einen Beitrag zu schreiben.

In dem Buchabschnitt wird darauf eingegangen, dass Abgrenzen grundsätzlich nichts Schlechtes ist. Im Gegenteil, dieses Abgrenzen ist für die Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit und Identität sogar sehr wichtig: Durch das Feststellen, was ist „Ich“ und was ist „Fremd“ (zum Beispiel bezogen auf die Eltern oder eine andere Bezugsperson), kommt es zu einer persönlichen Entwicklung. Problematisch wird das erst, wenn das Abgrenzen zu einer Abwertung der abgegrenzten Personen führt, man spricht von Othering. Es werden hier einige Beispiele genannt, so etwa das Unterscheiden in Mann und Frau mit einer negativen Konsequenz für Frauen oder die „andere Sexualität“, die Homosexualität oder auch auf Religion bezogen, die „bildungsfernen Muslim*innen“. Merkmale, die dabei oft herangezogen werden, sind beispielsweise die Ethnizität, die Herkunft, Religion, Sprache oder Nationalität.

Spannend finde ich hier, wie sehr dieses abwertende Ausgrenzen durch sprachliche Eigenheiten gefördert wird. Ausdrücke, die Personen dehumanisieren, führen zu einer weiteren negativen Entwicklung dieser Ausgrenzung, man spricht von Flüchtlingswellen, nicht von Personen, die verfolgt werden oder vor Krieg fliehen. Auch die Medien tragen hier weiter dazu bei. In Berichterstattungen werden Begriffe immer weiter ausgeschmückt: Dinge personifiziert und Menschen dehumanisiert ohne dass das der Gesellschaft negativ auffällt, weil es ja sowieso Gang und Gebe ist. Um hier ein Beispiel aus dem aktuellen Corona-Kontext zu nennen: Corona wird beispielsweise als „böse“ bezeichnet, während Impfgegner sich von Impfbefürwortern abgrenzen und immer wieder Worte fallen wie „die Massen“, „die Flut an Skeptikern“, etc., wobei teilweise von beiden Seiten eine Abwertung stattfindet.  

Und nicht nur Medien schüren diese (teils sicher unabsichtliche) abwertende Abgrenzung, sondern auch in persönlichen Gesprächen kommt das vor. Je hitziger eine Debatte stattfindet, desto eher tendieren Menschen dazu, verallgemeinernde Aussagen zu treffen und desto häufiger kommt es auch zu Ausgrenzungen. Um auch hier wieder auf Corona zurückzukommen: Selbst „gebildete“ Menschen (hier bereits eine erste Abgrenzung mit negativen Konnotationen der abgegrenzten „ungebildeten“ Gruppe) grenzen sich gerne und häufig von Impfgegnern ab. Es wird eine klare Linie gezogen, „ich bin nicht so, diese Impfgegner sind nicht informiert genug und reden Unsinn“. Natürlich ist hier hinzuzufügen, dass es bezüglich der Coronadiskussion nicht nur um Meinungen geht, sondern auch aktiv die Gesundheit betroffen ist und es zu einer Verbreitung von „Fake News“ gekommen ist und daher manche Aussagen von Grund aus als faktisch falsch bezeichnet werden können. Trotzdem nimmt die Abgrenzung doch sehr negative Ausmaße an, die in Beleidigungen und Einschränkungen ausarten kann.

Wenn jetzt aber von Ethnizität oder Herkunft gesprochen wird und es auch hier Abwertung gibt, um das Ich aufzuwerten, dann ist das viel gravierender als die Corona-Debatte, die es nun erst seit etwa zwei Jahren gibt und wahrscheinlich auch irgendwann wieder verschwinden oder zumindest abflauen wird. Migration, unterschiedliche Herkünfte und Sprache wird sich aber nicht verändern, das gibt es schon „immer“ und wird es auch weiterhin geben, solange der Mensch auf der Welt lebt. Diese negative Abgrenzung aufgrund eines oder mehrerer unveränderlicher Merkmale ist also sehr viel weitläufiger als eine Corona-Debatte. Sprachlich ist auch hier diese Abwertung vorzufinden: Häufig ist es Personen nicht einmal bewusst, wenn sie Dinge wie „Die/Der kann das sowieso nicht, in seinem/ihrem Herkunftsland macht man das nicht“, „ich habe mehr gelernt als du, du bist „nur“ aus Land xyz“ oder ähnliches sagen. Diese Aussagen werden beinahe von der Gesellschaft an den einzelnen weitergegeben; wenn die breite Bevölkerungsmehrheit so etwas sagt, verwandelt sich ein Satz schnell in eine vermeintliche Tatsache. Dann wird nicht mehr lang darüber nachgedacht, was diese Aussage eigentlich für Andeutungen mit sich führt und es kommt zu verdecktem Rassismus. Es handelt sich um diese Art unterschwelliger Aussagen oder abwehrenden Verhalten Personen gegenüber, die aus anderen Ländern eingewandert oder geflüchtet sind, vor allem wenn es sich bei diesen Ländern um jene handelt, die in der Bevölkerung als unsicher und problematisch angesehen werden. Dabei wird nur auf negative Aspekte eingegangen und etwaige positive Eigenschaften vollkommen außer Acht gelassen. Man hört auch oft „ich bin nicht rassistisch“ und im gleichen Atemzug wird das weitergeführt mit „…aber, man muss schon sagen, dass…“ oder „…ich will nur sagen, dass…“, wobei es sich auch um eine Form des Rassismus handelt. Man spricht von Alltagsrassismus [„Rassismus(1) im alltäglichen Leben“ (Duden)], der (auch) aufgrund sprachlicher Eigenheiten und unüberlegter Aussagen entsteht, die durch vorhergehendes Nachdenken abgeschwächt oder – besser noch – eliminiert werden können.

Abwertende Abgrenzung findet unter anderem durch die Sprache statt, wird von der breiten Bevölkerungsmasse und den Medien getragen, kann bewusst aber auch unabsichtlich stattfinden, was durch überlegte Aussagen deutlich minimiert werden kann. Fazit also: Denken Wir nach, bevor Wir etwas sagen!

 

(verfasst von Elena Schüssling)

Literatur:

Kohlenberger, J. (2021). Abgrenzen, aber nicht abwerten. In: J. Kohlenberger. Wir. S. 57-69. Wien: Kremayr & Scheriau. ISBN: 978-3-218-01255-3.

Duden (2021). Rassismus. URL: https://www.duden.de/rechtschreibung/Rassismus#Bedeutung-2

 

Das österreichische Schulsystem ist uns wohl allen bekannt. Mit durchschnittlich sechs Jahren kommt man nach mindestens einem Pflichtjahr im Kindergarten in die Volksschule. Dort bleibt man vier Jahre und danach wird das erste Mal aufgeteilt – „bessere“ („leistungsstärkere“) Schüler*innen kommen ins Gymnasium, „schlechtere“ in die Mittelschule. Nach weiteren vier Jahren folgt die nächste Unterteilung – das Kind muss hier eigentlich schon eine Idee für sein weiteres Leben besitzen. Je nach Berufswunsch wird in verschiedene Schulformen oder Bildungswege aufgeteilt.

Wie dieses Bildungssystem bei uns entstanden ist, haben wir ja schon im Rahmen des Seminars gehört, seit der Einführung der Schulpflicht unter Maria Theresia und später Johann Ignaz von Felbiger gab es eine Dreiteilung der Schule in Normal-, Haupt- und Trivialschulen. Diese Segmentierung wurde weiter vorangetrieben und 1918 wurde eine mehr oder weniger bis heute gültige Schulreform unter Otto Glöckel umgesetzt. 1962 gab es eine erste Schulnovelle, in der die Schulpflicht auf neun Jahre verlängert wurde und 1974 wurde mit der zweiten Schulnovelle das noch heute gültige Schulunterrichtsgesetz (SchUG) veröffentlicht. Trotz einer relativ frühen Einführung einer Unterrichtspflicht und einer angeblich sehr guten (Schul-)Bildung, sind aber etwaige Ergebnisse der österreichischen Schüler*innen bei PISA Studien, die zu internationalen Vergleichszwecken herangezogen werden, nicht so positiv, wie es sich von Politik, Bildungsdirektion, etc. erwünscht wird. Stattdessen befindet sich Österreich im globalen Vergleich eher im Mittelfeld. Es stellt sich also die Frage: Läuft hier etwas falsch?

Finnland hingegen schneidet bei PISA Studien immer sehr gut ab. Was also machen die Finnen in ihrem Bildungssystem anders? In Finnland enthält die Grundschulbildung neun Jahre, anstatt der in Österreich üblichen vier. Die Schüler*innen sind also länger in einer einzigen Schule, an der auch Muttersprachenunterricht für schwedische und dänische Minderheiten angeboten wird. Dieses Modell einer Gesamtschule wurde in Finnland mit einer Schulreform 1972-1977 eingeführt, zuvor war das Schulsystem zweigliedrig, also ähnlich segregiert wie in Österreich. Finnische Schüler*innen werden heutzutage also erst im Alter von 16 Jahren voneinander getrennt und können dann in verschiedene Schulen weitergehen. Der Fokus dieser Schulen liegt auf einem praxisbezogenen Unterricht und es gibt spezielle Schulungen für Lehrpersonen, um mit der Herausforderung umgehen zu können, dass unterschiedlich leistungsstarke Schüler*innen an derselben Schule sind.

Hier ein grafischer Vergleich des österreichischen (links) und finnischen (rechts) Bildungssystems:

        

Dieses gemeinschaftliche, praxisorientierte System in Finnland scheint besser zu funktionieren als das differenzierte, segregierte System österreichischer Schulen. Das kann man nicht zuletzt an den Ergebnissen der PISA-Studien erkennen, aber auch an der Häufigkeit von Kompetenzarmut der Schüler*innen. Bruneforth et al. (2012) stellen das eindrucksvoll (und erschreckend) in einer Grafik dar: Finnische Schüler*innen weisen wesentlich geringere Kompetenzarmut (insgesamt 12 %) auf als österreichische (insgesamt 38 %). Im Folgenden nochmals die Grafik, die in der Lehrveranstaltung bereits gezeigt wurde:

Spannend ist hier jedoch anzusehen, wie in der österreichischen Bildungspolitik mit diesem Thema des Bildungssystems umgegangen wird. Es wird immer wieder davon gesprochen, man müsse international vergleichbar sein, man müsse Chancen- und Bildungsgerechtigkeit und -gleichheit für jeden schaffen. Dennoch sind alle genannten (Reform-)Ideen, die dahingehend argumentiert werden, bei genauerem Hinschauen eigentlich ein Schritt in die genau entgegengesetzte Richtung und die Bevölkerung wird als zu engstirnig betrachtet, um diese (offensichtliche) Tatsache zu erkennen. Die Mittelschulen beispielsweise, so wie sie heute in Österreich existieren, ohne Leistungsklassen, aber mit Lehrerteams, die leistungsstärkere und -schwächere Schüler*innen teilen und getrennt unterrichten, bestärken doch erneut eine weitere Segregation der Kinder. Es wird jahrelang über eine Gesamtschule gesprochen, es ist wissenschaftlich bewiesen, dass diese Form der Schule einen Nutzen hat, auch am finnischen Schulsystem ist das nur allzu deutlich erkennbar, dennoch wird sie in Österreich nicht eingeführt. Stattdessen beharrt man weiterhin auf einem hierarchischen, autoritären und segmentierten System, welches durch Differenzierung geprägt ist und aus historischen Zeiten stammt. Und dann wird fleißig philosophiert, warum denn die Schüler*innen in Österreich weiterhin Lücken in ihren Fertigkeiten und Fähigkeiten aufweisen (Stichwort Kompetenzarmut), und warum sie im internationalen Vergleich trotz „Maßnahmen“ nicht besser abschneiden. Was soll man da noch dazu sagen..

 

(verfasst von Elena Schüssling)

 

Bildquellen:

Bruneforth, M., et al. (2012). Chancengleichheit und garantiertes Bildungsminimum in Österreich. In: B. Herzog-Punzenberger (Hrsg.). Nationaler Bildungsbericht 2012. Band 2. Fokussierte Analysen bildungspolitischer Schwerpunktthemen. S. 187-226. Leykam: Graz.

Graf, T. (2004). Schultypen in Österreich (Schulsystem). Zugriff unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Schulsystem_oesterreich.svg (07.12.2021).

Pekkarinen, T., Uusitalo, R., Pekkala, S. (2006). Education policy and intergenerational income mobility: Evidence from the Finnish comprehensive school reform. In: Journal of Public Economics. Vol. 93, S. 965-973. Abgeändert nach: Athene-Aachen. Zugriff unter: https://www.athene-aachen.de/Wissen/Schulsystem-Finnland/ (07.12.2021).

 

Man sollte meinen, dass die Steigerung der Effizienz und die Verbesserung von Technologien zu einer Reduzierung verwendeter Ressourcen und somit einem positiven Effekt für das betroffene Umfeld führt. Dass dies aber nicht genau so funktioniert, ist durch den Rebound-Effekt zu erklären. Dieser Blog beschäftigt sich mit eben jenem Effekt, wobei zuerst der Begriff selbst erklärt wird und in weiterer Folge verschiedene Bereiche beleuchtet werden, in denen dieses Phänomen auftritt. Zuletzt wird noch die Frage behandelt, ob es möglich wäre, diesen Effekt durch gewisse Rahmenbedingungen auszuschalten, bzw. inwieweit das in der heutigen Gesellschaft überhaupt möglich wäre.

Was ist der Rebound-Effekt? Vom Umweltbundesamt wird dieses Phänomen als eine Steigerung der Effizienz, die zu einem geringeren Ressourcenverbrauch führt, beschrieben. Dieses zeigt sich allerdings nicht, da durch einen geringeren Ressourceneinsatz auch die Kosten für den Verbraucher fallen und das jeweilige Produkt oder die Dienstleistung öfter genutzt oder weitere Produkte gekauft werden. Somit steigt die Belastung der Umwelt an, obwohl die Prozesse zumindest theoretisch nachhaltiger gestaltet werden als sie das zuvor waren (Umweltbundesamt, 2019).

„Grundsätzlich ist von einem Rebound-Effekt die Rede, wenn die Steigerung der Ressourceneffizienz nicht in vorgesehenem Maße zur Senkung des Ressourcenverbrauchs führt“ (Lutter, S., Giljum, S., & Gözet, B., 2016, S. 4). 

Anschaulich ist das beispielsweise der Fall, wenn ein PKW durch Effizienzsteigerung günstiger wird und man sich daher beim nächsten Kauf eher für ein größeres Modell entscheidet, dass sich zuvor im Budget nicht ausgegangen wäre. Dieses Auto wird dann auch eher hergenommen, zum Beispiel für Kurzstrecken, anstatt dieselbe Strecke zu Fuß oder mit dem Rad zu bestreiten. Insgesamt bedeutet dies also eine höhere Belastung für die Umwelt, obwohl das einzelne Fahrzeug theoretisch energieeffizienter wäre als zuvor produzierte.

Wo kann dieser Effekt beobachtet werden? Der Begriff des Rebound-Effekts kommt ursprünglich aus der Energieökonomie und ist dementsprechend dann zu beobachten, wenn es um Auswirkungen auf die Umwelt geht. Wie im oberen, erklärenden Beispiel kann es sich dabei um die Produktion und Verwendung von PKWs handeln, wurde aber auch schon viel früher beobachtet, beispielsweise beim Einsatz von Glühlampen – die Einführung der Wolframwendel-Glühlampen löste im 20. Jahrhundert die Kohlenfadenlampe ab. Es wird bei gleicher Leistung nur etwa ein Viertel der Energie benötigt, jedoch entwickelte sich durch die billigere Produktion ein Produkt für die Masse und es wurden ungleich mehr Lampen verkauft, wodurch sich absolut gesehen die benötigte Energie in Form von Strom vervielfacht hat. Ebenso ist diese Tendenz bei der Weiterentwicklung von Fernsehgeräten zu beobachten.

Verschiedene Arten des Rebound-Effekts. Das Phänomen des Rebound-Effekts lässt sich in verschiedene Kategorien aufteilen: Einerseits gibt es den direkten Rebound-Effekt, wobei die Steigerung der Effizienz eines Produkts oder einer Dienstleistung zu einer größeren Nachfrage der Verbraucher führt und daher mehr gekauft wird, da das Produkt billiger geworden ist. Andererseits kann man den indirekten Rebound-Effekt erkennen; dieser setzt sich aus verschiedenen Teilbereichen zusammen. Es spielen inkorporierte Ressourcen eine Rolle, d.h. es gibt einen Mehraufwand, der erst in zweiter Linie zu einer Effizienzsteigerung führt. Außerdem zeigen sich sogenannte Sekundäreffekte, was bedeutet, dass es in Folge der Effizienzsteigerung zu einem ökonomischen Wachstum kommt. Die Summe aus direkten und indirekten Effekten ergibt zusammen den gesamt-wirtschaftlichen Rebound-Effekt, welcher nur durch die prozentuelle Änderung des Ressourcenverbrauchs geschätzt werden kann (Lutter, S., Giljum, S., & Gözet, B., 2016). Zusätzlich ist manchmal auch die Rede von einem so genannten Cross-Factor Rebound-Effekt, wobei es um Produktivitätssteigerung geht, die die Energienachfrage erhöhen kann. Wenn Arbeitsstunden frei werden, dann werden diese in der Regel auch wieder mit irgendeiner Tätigkeit gefüllt; die verschiedenen Tätigkeiten, die in dieser Zeit ausgeübt werden, sind alles Faktoren, die den absoluten Energieverbrauch anheben können (Santarius, T., 2012). Da die Abgrenzung des Rebound-Effekts von anderen Wachstums- und Strukturwandelprozessen sehr schwierig ist, können große Schwankungen in den Schätzungen entstehen, je nach Ansichten der Studien (Umweltbundesamt, 2019). 

Wieso gibt es den Rebound-Effekt? Für die Entstehung eines solchen Phänomens werden sowohl finanzielle, regulatorische als auch sozialpsychologische Faktoren beachtet. Finanziell, da es in Folge der Effizienzsteigerung zu einer Kostensenkung kommt und somit mehr Geld übrig bleibt, welches dann weiter ausgegeben werden kann. Regulatorische Ursachen (auch Transformations-Effekte) treten auf, wenn neue Technologien übermäßig stark eingesetzt werden, wenn regulatorische Anforderungen günstig sind. Und letztlich sozialpsychologische Ursachen (auch mentale Ursachen), da teilweise dieses gestiegene Konsumverhalten nicht absichtlich auftritt („moral leak“) oder auch wenn der Kauf von umweltschädlicheren Produkten mit dem Kauf von nachhaltigeren Produkten steigt („moral licensing“), ganz nach dem Motto „das kann ich mir leisten, ich schaue ja sonst so auf die Umwelt“. Wichtig jedoch, nicht jede Steigerung des Konsumverhaltens ist mittels des Rebound-Effekts zu erklären, sondern nur, wenn dem eine Effizienzsteigerung vorausgeht (Lutter, S., Giljum, S., & Gözet, B., 2016).

Was müsste sich also ändern, sodass der Rebound-Effekt nicht mehr auftritt? Und kann es eine solche Gesellschaft überhaupt geben? Um ein Phänomen wie den Rebound-Effekt zu minimieren, müsste die Gesellschaft sich in ihrem Konsumverhalten von Grund auf ändern. Billigere Produkte aufgrund höherer Effizienz sparen bei Konsumenten in erster Linie Geld, wovon man sich wiederum weitere Produkte leisten kann oder die bereits gekauften vermehrt benutzen kann. Um aber den Rebound-Effekt zu verkleinern, müsste man diese effizienteren Produkte ebenso einsetzen wie die weniger ressourcenschonenden, ohne sich weiteres zu leisten. Es könnte bei Menschen die Angst entstehen, weniger für seinen Preis zu bekommen – wenn man sich mehr leisten kann, das aber nicht einsetzen und ausnutzen kann, wieso hat man sich dieses Produkt dann überhaupt geleistet? Es müsste sich also nicht nur das Konsumverhalten, sondern auch die Einstellung der Gesellschaft zu (materiellen) Gütern verändern. Negativ wirkt hier ein, dass der Rebound-Effekt viel zu wenig bekannt ist. Wer sagen kann, dass er oder sie energieeffiziente und sparende Produkte kauft, denkt meist nicht weiter, was die Übernutzung eben dieser Dinge auswirkt. Die Person selbst spart und hilft ja mit dem Kauf ressourcenschonender Güter, es wird nicht daran gedacht, wieviel öfter diese Produkte in der gesamten Gesellschaft verkauft werden. Die Einstellung der gesamten Gesellschaft zu ändern, klingt nach einer utopischen Welt, nach einem unmöglichen Ziel. Wie sollte das durchgeführt werden? Können Regeln oder Gesetze, die in der Politik entstehen und erlassen werden, diese Veränderung beeinflussen? Hilft beispielsweise eine CO2-Steuer, wie sie in Österreich ab Juli 2022 eingeführt werden soll? Problematisch an solchen Steuern ist meines Erachtens, dass dabei oft die Falschen getroffen werden – Menschen, die sowieso schon Probleme haben, sich ein Auto zu leisten, werden eher an einer CO2-Steuer leiden, als jene, die ohne weiteres mehrere Autos zuhause stehen haben und sich um Geld keine Sorgen machen müssen. Und nur weil sie dann Steuern auf Benzin oder Diesel zahlen müssen, wird ihre Einstellung und ihr Konsumverhalten sich wahrscheinlich eher weniger ändern als das der Personen, die zuvor schon finanzielle Schwierigkeiten hatten. Natürlich wird darüber gesprochen, dass das Geld in Form eines Klimabonus wieder an die Konsument*innen zurückgehen soll, aber Steuern bleiben trotzdem Steuern und auch wenn es Maßnahmen gibt, die diese abfedern sollen, bleibt im Endeffekt trotzdem die ärmere Gesellschaftsschicht daran hängen, die dann gezwungen sind, ihr Verhalten anzupassen. Hilft das nun weiter? Eventuell, getan ist es damit allerdings nicht. Denn es behandelt weiterhin nur Symptome des Klimawandels und der Probleme, die durch erhöhten Energieverbrauch entstanden sind – unter anderem in Folge von Rebound-Effekten.

Meines Erachtens nach ist ein wichtiger Schritt die Aufklärungsarbeit. Viel zu wenige Menschen wissen über Rebound-Effekte Bescheid und denken, sie würden ja sowieso energiesparend unterwegs sein, während sie immer noch mehr (effiziente) Produkte einkaufen. Sinnvoll könnte es beispielsweise sein, Informationsevents zu organisieren, den Effekt in der Schule im Rahmen des Politische Bildung- oder Geografie-Unterrichts zu besprechen, oder auch Informationsblätter per Mail oder Post auszuschicken, um so mehr Haushalte zu erreichen. Ebenfalls als einen interessanten Ansatz würde ich finden, genau entgegengesetzt des jetzigen Systems vorzugehen: Diejenigen, die tatsächlich energieeffizient und bewusst leben, zu belohnen, anstatt Steuern einzuführen und das „Schlechte“ zu bestrafen. Ob das allerdings in einer so veränderungsallergischen Welt möglich ist, lässt sich diskutieren.

 

(verfasst von Elena Schüssling)

 

Literatur:

Lutter, S., Giljum, S., & Gözet, B. (2016). Rebound-Effekte. Inputpapier für die Implementierung von RESET2020. Forschungsgruppe „Nachhaltige Ressourcennutzung“, Wirtschaftsuniversität Wien (Hrsg.). Wien.

Santarius, T. (2012). Der Rebound-Effekt. Über die unerwünschten Folgen der erwünschten Energieeffizienz. In Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH (Hrsg.), Impulse zur WachstumsWende (5). Wuppertal.

Umweltbundesamt (2019). Rebound-Effekte. Zugriff unter https://www.umweltbundesamt.de/themen/abfall-ressourcen/oekonomische-rechtliche-aspekte-der/rebound-effekte (12.11.21).

 

2019/20 gab es laut Statistik Austria 1.135.519 Schülerinnen und Schüler in Österreich, in Volksschulen waren es zuletzt 344.282. Diese Zahl steigt seit 2016 an und wird auf die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund zurückgeführt (Statistik Austria, 2021a). Alle Schultypen und -stufen zusammengefasst gibt es 299.852 Schülerinnen und Schüler mit nicht-deutscher Umgangssprache (Statistik Austria, 2021b). Dieses Aufeinandertreffen vieler verschiedener Sprachen wirft die Frage auf: Stellt die Mehrsprachigkeit und Multikulturalität in der Schule eine Chance oder ein Problem für die Schülerinnen und Schüler und für das Lernen in der Klasse dar und wie könnte man diese unterschiedlichen Sprachen und Kulturen effektiv in den Unterricht miteinbeziehen?

Die Chance. Mehrsprachigkeit ist ein wichtiges Gut in der heutigen Welt. Vor allem in Kontinenten wie Europa, wo es viele flächenmäßig kleine Länder mit ihren jeweils eigenen Sprachen gibt und (Völker-)Wanderungen geschichtlich gesehen der Normalzustand sind, ist es förderlich mehr als nur eine Sprache zu sprechen und verschiedene Kulturen kennenzulernen. In der Klasse Schüler und Schülerinnen zu haben, die aus verschiedenen Ländern kommen und unterschiedliche Sprachen sprechen, kann eine Chance für alle Kolleginnen und Kollegen darstellen, da so Kontakt zu anderen Kulturen und Traditionen hergestellt wird und der Horizont eines jeden erweitert werden kann. Die Lernenden sind mit verschiedenen Situationen konfrontiert und lernen wichtige soziale Fähigkeiten kennen – sich mit anderen Nationen und deren Kulturen vertraut zu machen, nicht aufgrund von Ethnizität voreilig zu urteilen oder auch „nur“ wie verschieden Sprachen und Kulturen sein können. Zudem kann auch das sprachübergreifende Lernen hilfreich sein, indem beispielsweise Vokabular in mehrere Sprachen übersetzt wird oder über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zweier oder mehrerer Sprachen zu diskutieren. Dadurch werden die Schülerinnen und Schüler dazu ermutigt, sich mit verschiedenen Sprachen auseinanderzusetzen und es wird die Authentizität dieser Begegnung mit einer anderen Kultur gestärkt, da die Lernenden eher Interesse daran zeigen, so Dausend und Lohe (2016).

Das Problem. Jedoch ist das österreichische Schulsystem defizitorientiert, die Mehrsprachigkeit und Multikulturalität wird wenig wertgeschätzt und es wird versucht, Schülerinnen und Schüler nach einem Schema zu erziehen, welches sich seit Zeiten Maria Theresias nicht grundlegend verändert hat. Seit Jahren wird davon gesprochen, Chancengleichheit für alle Kinder zu schaffen, trotzdem hat die deutsche Sprache und die Vermittlung mitteleuropäischer Werte und Normen die Priorität #1 in der Schule. Es kommt zu Regelungen, um die Benutzung fremder Muttersprachen im Unterricht einzuschränken und ausschließlich Deutsch zur Kommunikation im Unterricht (teilweise sogar in den Fremdsprachen) zu verwenden. Nicht-deutsche Kultur und Herkunft der Schülerinnen und Schüler wird dabei eher als Störung angesehen und sie werden „deutsch“ erzogen. So wurde der Begriff „illegitimes kulturelles Kapital“ von Bourdieu geprägt. Kulturelles Kapital bezeichnet dabei die sowohl kulturelle Güter der Schülerinnen und Schüler, als auch verinnerlichte Zustände (Bourdieu, 1983). Obwohl zahlreiche Studien zeigen, dass Mehrsprachigkeit förderlich ist, wird in der Schule starr auf Monolingualität beruht, bedingt zum Beispiel durch das fehlende Verständnis mancher Lehrpersonen. Gogolin (1994) spricht vom sogenannten monolingualen Habitus in einer multilingualen Schulumgebung. So kommt es, dass sogar in der heutigen, global vernetzten Zeit und Welt Mehrsprachigkeit und Multikulturalität in der Schule oft als Herausforderungen und Probleme, die es zu bewältigen gibt, angesehen werden, anstatt der Chancen, die sie eigentlich für alle Involvierten darstellen könnten.

Die Möglichkeiten. Aber wie können Mehrsprachigkeit und Multikulturalität auch positiv in den Unterricht miteinbezogen werden, wenn die Schule so träge an ihren alten Formen festhält? Positiv wäre es jedenfalls die verschiedenen Umgangssprachen der Schülerinnen und Schüler in den Unterricht miteinzubeziehen. Das kann als Lehrperson, die beispielsweise nur eine oder zwei Sprachen spricht und keine persönliche Erfahrung mit anderen Kulturen hat, durchaus herausfordernd wirken, doch kann es meines Erachtens trotzdem auf verschiedene Arten umgesetzt werden. Schülerinnen und Schülern, denen mit Respekt begegnet wird, werden auch selbst mehr Respekt für die Lehrperson aufbringen und so können auch Fremdsprachen behandelt werden. Kleine Maßnahmen, wie beispielsweise das Grüßen am Morgen in allen Sprachen, die in der Klasse gesprochen werden, stellt schon einen ersten Schritt dar, die Herkunft der Lernenden zu würdigen. Es wird den Schülerinnen und Schülern vermittelt, man kenne und respektiere ihre Herkunft und Sprache. Auch mehrsprachiges Vorlesen von Aufgaben oder Texten durch Lernende oder Lehrende kann dem weiterhelfen. Die Schülerinnen und Schüler würden so lernen, mehrere Sprachen miteinander zu kombinieren und das könnte auch das Verständnis für Linguistik und Sprachgebrauch allgemein fördern. Größere Maßnahmen wären beispielsweise das Einführen von Fremdsprachenunterricht in eben jenen stärker vertretenen Muttersprachen, zum Beispiel türkisch oder kroatisch anstelle von oder (besser noch) zusätzlich zu Spanisch oder italienisch. Die Kultur und Sprache von Kindern mit Migrationshintergrund kann nicht nur im Sprachunterricht selbst eingebaut werden, es kann auch im Rahmen des Geografie- oder Geschichteunterrichts darauf eingegangen werden. Die Schülerinnen und Schüler könnten zum Beispiel die Möglichkeit bekommen über ihre Heimat zu erzählen und es kann ein Lehrervortrag oder ein Ausschnitt aus einem Lehrbuch durch persönliche Erfahrungen der Kinder erweitert werden. Sollen Brücken zwischen verschiedenen Fremdsprachen geschlagen werden, müssen sich auch die jeweiligen Lehrpersonen besser untereinander absprechen, um zu klären, welche Themen wie und wann im Unterricht behandelt werden.

Deutsch zu lernen ist in einer Schule in einem deutschsprachigen Land mit deutschsprachigen Tests keinesfalls zu vernachlässigen, aber die Art und Weise, wie deutsch gelernt wird und wie fremde Umgangssprachen und Kulturen behandelt werden, kann und muss in der heutigen Zeit verbessert werden.

(Elena Schüssling)

Literatur:

Bourdieu, P. (1983). Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. In: R. Kreckel (Hrsg.), Soziale Ungleichheiten. Soziale Welt Sonderband 2. Originalbeitrag, übersetzt von R. Kreckel. (S.183-198). Göttingen.

Dausend, H., & Lohe, V. (2016). Die Studie „Fundament mehrsprachiger Unterricht“ (FuMU) – Was Schülerinnen und Schüler zum Einsatz ihrer Familiensprache im Fremdsprachenunterricht sagen. In: A. Wegner, & I. Dirim (Hrsg.), Mehrsprachigkeit und Bildungsgerechtigkeit: Erkundungen einer didaktischen Perspektive. (S.224-238). Opladen: Barbara Budrich. Doi: 10.2307.

Gogolin, I. (1994). Der monolinguale Habitus der multilingualen Schule. Münster u.a.: Waxmann. ISBN: 3-89325-219-3.

Statistik Austria (2021a). Schulbesuch. Zugriff am 16.10.2021. Verfügbar unter https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bildung/schulen/schulbesuch/index.html   

Statistik Austria (2021b). Schülerinnen und Schüler mit nicht-deutscher Umgangssprache im Schuljahr 2019/20. Zugriff am 16.10.2021. Verfügbar unter https://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_PDF_FILE&RevisionSelectionMethod=LatestReleased&dDocName=029650