Gerechtigkeit: Was ist das? – Teil 2
Verfasserin: Hannah Staudinger
Wer diesen Eintrag liest und den Ersten noch nicht gelesen hat, sei auf einen meiner vorherigen Blogeinträge „Gerechtigkeit: Was ist das?“ verwiesen, den ich im März gepostet habe und auf welchen ich mich im Folgenden auch beziehen werde.
Unter gerade eben erwähntem Post ließ mir Herr Eisner folgendes Kommentar: „Was bedeutet das für die Schule und für die Arbeit als Lehrer oder Lehrerin? Tangieren diese Argumente das Schulleben und die Tätigkeit als LehrerIn uns auch hier und heute in Österreich? Wie und mit welchen Konsequenzen?“.
Um noch einmal in Erinnerung zu rufen, in dem Text ging es um Vorurteile. Also: „Was bedeutet das für die Schule und für die Arbeit als Lehrer oder Lehrerin?“ Jeder Mensch hat Vorurteile, ob er will oder nicht. Vorurteile werden uns von der Gesellschaft von klein auf in den Kopf gepflanzt und auch wenn wir bewusst versuchen dagegen vorzugehen, werden wir sie wohl nie ganz los. Also wenn ich als Lehrer oder Lehrerin in eine Klasse gehe, muss ich versuchen, so neutral wie möglich zu sein und mir die Vorurteile bewusst zu machen, die ich habe. Ansonsten endet man wie die vielgehassten Lehrer, die ihre Lieblingsschüler und -schülerinnen haben, die jemanden benachteiligen, weil er Mohammed heißt oder jemand anderen bevorzugen, weil sie ein hübsches weißes Mädchen mit blonden Haaren und blauen Augen ist. Vorurteile begleiten uns tagtäglich; das ist kein Geheimnis. Die Kunst dahinter liegt darin, sie abzustellen und neutral in eine Klasse und auf die Schüler und Schülerinnen zuzugehen und sich ein Bild von ihnen zu machen, denn tun wir das nicht, werden uns unsere Vorurteile, ob bewusst oder unbewusst immer wieder „dreinpfuschen“ und dies bekommt natürlich auch die Öffentlichkeit mit, vor der wir uns dann verantworten müssen. Um dies zu verhindern, sollten wir uns mit unseren Vorurteilen ständig konfrontieren, sie hinterfragen und wenn möglich schließlich aufgeben. Nur so schaffen wir es, neutral auf andere Menschen zuzugehen, uns ein Bild von ihnen zu machen und unser Verhalten an ihres anzupassen. Nur so kann ich als Lehrer oder Lehrerin objektiv und fair sein.
Im Folgenden bekam ich die Frage gestellt, ob uns diese Argumente im Schulleben oder in der Tätigkeit als Lehrer oder Lehrerin noch heute tangieren und wenn ja, wie und mit welchen Konsequenzen?
Ich habe in meinem vorherigen Blogeintrag ja auch über Gerechtigkeit und Chancengleichheit gesprochen, dies auch in Bezug auf Vorurteile. Ich denke schon, dass unser Schubladendenken uns auch weiterhin beeinflusst und noch lange Zeit beeinflussen wird. Nur wir alleine bestimmen, wie viel. Hören wir als Lehrperson, dass wir ein Kind zweier Langzeitarbeitslosen in der Klasse sitzen haben, dann geht man schon fast unweigerlich davon aus, dass das Kind wohl eher minderbemittelt ist und man es wohl 10 Jahre später beim Regale auffüllen im Supermarkt wiedersehen wird.
Auf den zweiten Blick allerdings, ist dieses Kind „mordsgescheit“. Haben wir das als Lehrperson erkannt, haben wir vielleicht einen zukünftigen Arzt oder Forscher gefördert, der uns das Wundermittel für Krebs bringt.
Wie viele intelligente und begabte Kinder sind schon unentdeckt geblieben und das nur aufgrund der Engstirnigkeit mancher Lehrpersonen? Wie viele zukünftige Ärzte und Ärztinnen, Forscher und Forscherinnen, Politiker und Politikerinnen oder Lehrer und Lehrerinnen haben sich nicht entwickeln dürfen, weil keiner ihr Potenzial gesehen hat?
Dies sollte als Denkanstoß an alle angehenden oder auch bereits im Dienst stehenden Lehrpersonen gehen, aber auch an alle anderen, die sich angesprochen fühlen, ihre Denkweise zu verändern. Es ist definitiv einen Versuch wert.