image_pdfimage_print

– basierend auf dem Text „Mensch und Verhalten“, verknüpft mit eigenen Erfahrungen

Als ich in der Schule das erste Mal mit dem Machiavellismus konfrontiert wurde, war ich geplättet. Wie konnte sich jemand trauen, ein System, das in seinen Grundzügen egoistischer und narzisstischer nicht sein könnte, stolz zu präsentieren und dann auch nach sich selbst zu benennen? Hatte Machiavelli sich als Kind nicht das Sprichwort „Was du nicht willst, dass man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu“ anhören müssen? Mit 15 Jahren zog ich den Schluss, dass es nicht an Machiavelli liegen würde, sondern an mir. Ich musste zu naiv gewesen sein, dachte ich mir. Schließlich war Machiavelli nicht nur ein erfolgreicher Wirtschaftler, sondern auch ein Pionier in seinem Feld, ich hingegen war ein unwissendes Kind, das von den echten Spielregeln der Welt nichts wusste.

Dem Bild des egoistisch handelnden Menschen – des Homo oeconomicus – begegnete ich im Laufe meiner Schulbahn noch einige Male, vor allem in Bezug auf den „allgemeinen Menschen“ in Wirtschaftstheorien. Jedes Mal aufs Neue ärgerte ich mich über meine eigene Naivität und nahm die Theorie hin, ohne sie zu kritisieren. Dies veränderte mein Weltbild nachhaltig. Im Hinterkopf hatte ich stets: Jede und jeder ist auf ihren/seinen eigenen Vorteil bedacht. Während es unbestreitbar ist, dass es Menschen mit solchen Intentionen gibt, kann man nicht von ihnen als Norm ausgehen. Auch der Text „Mensch und Verhalten“ geht auf dieses Phänomen genauer ein und belegt anhand diverser Studien die Probleme mit dem Homo oeconomicus. Er zeigt auf, dass Menschen durchschnittlich mehr als angenommen von „selbstlosen“ Motiven geleitet werden als in den gängigen Wirtschaftstheorien der vergangenen Jahrhunderte angenommen. Sie zeigen in der Regel Rücksicht auf andere und auf die Umwelt, die nicht ihrem eigenen Nutzen dienen.

Im Text wird auch erwähnt, dass Theorien das Potenzial haben, die Denkweisen der Gesellschaft zu verändern. Meine oben geschilderte eigene Meinung bestätigt diese Annahme. Wenn man diesen Ansatz auf die Schulrealität umlegt, gibt es einiges, das man als Lehrperson beachten sollte. Zum einen kann man nicht von der Schülerin oder vom Schüler als Homo-oeconomicus-ähnliches Wesen ausgehen, der/die nach dem Motto möglichst wenig Aufwand für einen größtmöglichen Nutzen agiert. Es ist anzunehmen, dass es solche Schüler und Schülerinnen gibt, aber es ist wichtig zu betonen, dass sie nicht die Norm darstellen. Auch als Lehrperson soll man daher von einer Kosten-Nutzen-Rechnung bei der Stoffvermittlung absehen und den jungen Menschen stattdessen Denkanstöße geben, die zum Reflektieren anregen. Eine weitere Erkenntnis aus dem Text beschreibt die Schwierigkeit, „den Menschen“ zu definieren und ihm gewisse Charakteristika zuzuschreiben. Vielmehr sollte man sich als Lehrperson auf die Individualität der Schüler und Schülerinnen achten.

Alle dieser genannten Maßnahmen verfolgen die Intention, eine Verallgemeinerung der Schüler und Schülerinnen zu verhindern, und somit vorzubeugen, dass sich eine generalisierte Sichtweise der Lehrperson auf die Lernenden auswirkt und deren Denk- und Verhaltensweise nachhaltig verändert.

Verfasst von Lena Frahndl

Einleitung

Das österreichische Schulsystem kann grob in drei Abschnitte unterteilt werden. Die Pflichtschule setzt sich in der Regel zusammen aus vier Jahren Volksschule, vier Jahren Sekundarstufe I und einem Pflichtschuljahr in der Berufsschule, einer höheren Schule oder einer Fachschule. Die Schule kann nach der Sekundarstufe I um die Sekundarstufe II ergänzt werden. Diese kann man wiederum kategorisieren in BHS (HAK, HWLA, BAfEP, HTL), dabei handelt es sich um berufsbildende höhere Schulen, und AHS, kurz für allgemeinbildende höhere Schulen. Diese Schulen dauern 4-6 Jahre und schließen mit der Matura ab. Im Folgenden werden drei Frauen ihre Erfahrungen im österreichischen Schulsystem beschreiben und diese kritisch beleuchten. Auch eine Kollegin aus Deutschland schildert ihre Erfahrungen im deutschen Schulsystem. Dadurch kann der Kontrast zwischen den Schulsystemen der unterschiedlichen Länder aufgezeigt werden.

 

Über die Selektivität des österreichischen Schulsystems – Erfahrungen Lena Frahndl:

Die ersten Jahre meiner Laufbahn im österreichischen Schulsystem verliefen ziemlich reibungslos. Im Rückblick lässt sich sagen, dass die Klassen durchwegs homogen waren. In der Volksschule wurden einige Kinder, die im Kindergarten noch zusammen mit uns in einer Klasse waren, in eine sonderpädagogische Einrichtung geschickt, andere kamen in die Vorschule. Das war das erste Mal, dass mir bewusstwurde: In die Schule darf nicht jede*r. Mit dem Eintritt in die Sekundarstufe I verstärkte sich diese Auffassung. Einige meiner Freunde wollten ins Gymnasium gehen, andere in eine Schule mit musischem/sportlichem Schwerpunkt. Nicht alle schafften es in ihre Wunschschule. Noch verstärkter fand dies bei der Aufnahme in die höhere Schule statt. Die Aufnahmeprüfung für die BAfEP (damals BAKIP) zog sich über Tage hinweg und nicht wenige vergossen aufgrund des hohen Drucks ein paar Tränchen. Eine Freundin von mir wusste bereits in der Volksschule, dass sie an dieser Schule maturieren wollte. Sie hatte ein Händchen für Kinder, hatte gute Noten, war sportlich, und kreativ. Sie wurde nicht an der Schule aufgenommen, da ihre musikalischen Fähigkeiten als nicht ausreichend eingestuft wurden. Ihr wurde gesagt, sie hätte in allen anderen Bereichen eine Schulnote 1 oder 2 erhalten, lediglich in Musik eine 5. Ich schaffte es an die Schule, obwohl ich mich insgeheim als viel weniger geeignet hielt. Zu diesem Zeitpunkt hinterfragte ich das österreichische Schulsystem zum ersten Mal aktiv. Wie konnte es sein, dass Leistungen so weit über Interessen gestellt wurden? Wie konnte es sein, dass alle Leistungen durch eine augenscheinlich nicht ausreichende Leistung in einem Teilbereich ungültig wurden? Wie konnte man zulassen, dass eine Momentaufnahme über die restliche Karriere entschied? Auf diese Fragen konnte ich bis heute keine zufriedenstellende Antwort finden, doch sie regen nach wie vor zum Denken an. Es ist berechtigt, diese Fragen über das gegenwärtige Schulsystem zu stellen und in weiterer Frage zu reflektieren, ob dieses leistungsorientierte Schulsystem auch in Zukunft bestehen soll. Ich persönlich hatte immer Glück, die Schule war für mich ein Durchmarsch, aber auf meinem Weg sah ich andere, die Interessen aufgaben, weil ihnen in der Schule suggeriert wurde, sie seien nicht gut genug. Wie und ob eine Reform, die weg von einem rein leistungsorientierten Schulsystem geht, möglich ist, ist unklar. Die aktuell vorherrschende, starke Selektion herunterzuschrauben wäre jedenfalls ein erster Schritt.

 

Bildung und Ausbildung im österreichischen Schulsystem – Erfahrungen Rabia Duru

Allgemein kann man sagen, dass in der Schule der Fokus auf die Bildung in einer Lehre auf die Ausbildung gelegt wird. Nach einer Ausbildung besitzt man die Fähigkeit das Erlernte auszuüben und praktisch anzuwenden. Doch die Bildung ist zweckfrei, der Wert liegt auf der geistigen Formung. Ein Gemisch aus Bildung und Ausbildung stellt die Berufsbildende höhere Schule dar, die einen theoretischen und praktischen Schwerpunkt besitzt. Ich habe acht Jahre lang ein Gymnasium, mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt, besucht. Fächer wie Biologie, Chemie, Physik, Psychologie und darstellende Geometrie und Labor zierten meinen Unterrichtsalltag. Diese Fächer wurden in der Unterstufe, wie in vielen anderen Schulen, nur theoretisch erlernt. In der Oberstufe habe ich viele praktische Erfahrungen in diesen Fächern sammeln können. In meiner Schule war daher meiner Meinung nach in der Unterstufe die Bildung im Vordergrund und in der Oberstufe eine Mischung aus Bildung und Ausbildung, obwohl es ein Gymnasium war. Es stand natürlich nicht eine Ausbildung im Vordergrund, da es keine Berufsbildende höhere Schule war. Trotzdem denke ich, dass vor allem in den Laborfächern und in der Darstellenden-Geometrie, viel Wert auf die Ausbildung gelegt wurde, damit man das Gelernte später wieder praktisch anwenden kann.

 

Bildung oder Ausbildung – Ein Gymnasium in Bayern – Erfahrungen Eva Mistur

Bildung und Ausbildung sind zwei Begriffe, die eng zusammenhängen aber keinesfalls zu verwechseln sind. Während man bei einer Ausbildung vor allem Fertigkeiten für eine spätere berufliche Laufbahn (weiter-)entwickelt, so dient die Bildung einem viel freieren Zweck. Gut trainierte Fertigkeiten in eine Gesellschaft zu bringen reicht nicht, um ein glückliches Leben zu führen. Besonders Bildung ist es, die zu eigenständigem Denken führt, die hilft Zusammenhänge zu erkennen und zu einem umfassenden Weltbild zu gelangen. In der Schule sollte daher im Idealfall die Bildung an erster Stelle stehen. Obwohl es vielerorts scheint, als würde die heutige Gesellschaft von unseren Schulen erwarten wirtschaftlich bestens ausgebildete Menschen in die Arbeitswelt hinauszulassen, kann ich mit Glück sagen, dass meine Schule den größten Wert auf Bildung legte. Ich besuchte in Bayern neun jahrelang ein naturwissenschaftliches Gymnasium mit neusprachlichem Zweig. Obwohl es auch an meiner Schule Projekttage gab, die zum Zweck hatten, einen Einblick in unterschiedlichste Berufe zu gewähren, genoss ich am meisten die Astronomie-Stunden, Kunstgeschichte in der Oberstufe, Musik, Mathematik, Fremdsprachen und vieles mehr. Ein Gedicht oder ein Gemälde interpretieren zu können, mag, je nach Berufswahl, nicht essenziell für den späteren Arbeitsweg erscheinen. Dennoch war es stets spannend sich in den unterschiedlichsten Gebieten weiterbilden zu können, ohne sich die Frage stellen zu müssen, ob dies auch nützlich sei. Ähnlich war es mit Latein, eine eigentlich tote Sprache, die mir aber spannende Einblicke in die Entstehung anderer Sprachen verschaffte. Das Stigma, dass AbiturientInnen, nicht so gut geeignet für den direkten Berufseinstieg seien, wie zum Beispiel Real- oder HauptschülerInnen, war mir bekannt. Dennoch empfand ich es als Privileg, die Schule mit großem Allgemeinwissen zu verlassen und hatte dadurch viel mehr das Gefühl, dass mir alle Möglichkeiten offenstehen. Im Unterricht erlebte ich häufig, wie meine LehrerInnen mich dazu bewegen wollten selbst nachzudenken. Besonders im Fach Religion rissen wir etliche ethische und moralisch wichtige Themen an, die meiner Ansicht nach, viel dazu beigetragen haben, dass ich heute großes Verständnis für unterschiedlichste Religionen und Kulturen aufbringen kann, weil ich viel über ihre Traditionen und Gepflogenheiten weiß. Da ich Religionspädagogik studiere, ist es mein Anliegen diesen Weg fortzuführen. Als angehende Lehrerin möchte ich meinen SchülerInnen daher ebenfalls mit auf den Weg geben, dass Lernen etwas Erfüllendes ist und dass Bildung ein Prozess ist, der in der Schule