Wie bereits in meinem ersten Blogeintrag angesprochen, soll in den folgenden Beiträgen der gesellschaftliche Aspekt von Schule thematisiert werden – konkret geht es mir hierbei um die schrittweise Erarbeitung einer Sicht auf das Bildungswesen im Lichte des Produktionsaspekts von Bildungssystemen und deren Sozialisationsarbeit (genau das war auch Gegenstand meines Referatsthemas). Auf diese Weise soll sich ein Bogen von den frühen Schulentwicklungen weg bis hin zu den jüngsten Standardisierungsbemühungen unserer Bildungspolitik spannen.
Ich möchte die aufeinander bezogenen Beiträge dabei nicht zu lange halten, da ich glaube, dass sich dies positiv auf die Lesemotivation auswirkt.
Bildung – ganz allgemein betrachtet:
Betrachtet man das Bildungswesen aus einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive, so lässt sich dessen Bestreben im Wesentlichen auf eine Funktion reduzieren:
Bildungssysteme stellen die Reproduktion sowie Innovation von Strukturen einer Gesellschaft beim biologischen Austausch ihrer Mitglieder sicher.
Das bedeutet, dass es das Ziel einer Gesellschaft ist, sich selbst zu erhalten, indem sie die nachkommende Generation mit den Fähigkeiten, Werten und dem Wissen ausstattet, das jene zum sichern des gesellschaftlichen Fortbestands benötigt. Dabei kann Schule gleichzeitig zu einem Instrument sozialen Wandels werden, indem sie auf die Vermittlung neuer Qualifikationen zur Bewältigung neuer Aufgaben zugeschnitten wird. Bildung ist daher allein aus rein soziologischer Sicht notwendig, um die eigene Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Da das Lernen folglich einem gesellschaftlichen Ziel folgt, müssen Lernprozesse organisiert werden. Dies geschieht durch eine „Vergesellschaftung“ von Lehren und Lernen in Institutionen. Diese transformieren spontane und unstete Formen des natürlichen und alltäglichen Lernens in vorausgeplante und stabile Formen.
Mit dem Schritt, die Bildung in klar strukturierten Institutionen zu organisieren findet eine erste Verengung des möglichen Bildungsspektrums statt: Durch das „Zurechtschneiden“ dessen was zu Lernen möglich ist auf das, was gemeinschaftlich als wesentlich für den eigenen Fortbestand erachtet wird muss zwangsläufig eine Abgrenzung von Lernenswertem von nicht-Lernenswertem vollzogen werden. Damit verbunden ist das Entstehen eines Menschenbildes, dessen Formung Gegenstand des nächsten Artikels sein wird.
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Literatur (sämtlicher Artikel dieser Reihe):
Bohnsack, F. (2008). Schule – Verlust oder Stärkung der Person? Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.
Fend, H. (20082). Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Grimm G. (2011). Uniformierung und (Sozial-)Disziplinierung als pädagogisch-bildungs-politische Leitprinzipien bei der Grundlegung des öffentlich-staatlichen Pflichtschulwesens in Österreich im 18. Jahrhundert. In S. Sting, & V. Wakounig (Hrsg.), Bildung zwischen Standardisierung, Ausgrenzung und Anerkennung von Diversität, Band 12. (S. 101-113). Wien: LIT Verlag.
Klein, R. (2010). Fest-Stellungen: zur Entsorgung von Reflexivität durch Kultur- und Bildungsstandards. In S. Dungs (Hrsg.), & R. Klein, Standardisierung der Bildung. Zwischen Subjekt und Kultur. (S. 29-54). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Oelkers, J. (2003). Wie man Schule entwickelt. Eine bildungspolitische Analyse nach PISA. Weinheim, Basel, Berlin: Beltz Verlag.
Tauscher, A. (1968). Die Stellung des Lehrers in der Gesellschaft von heute oder Die Begegnung von Wirtschaft und Schule. In. Sozial- und Wirtschaftskundliche Schriftenreihe, Heft 5. Wien: Sparkassenverlag Gesellschaft m.b.H.
Winter, F. (2006). Leistungsbewertung. Eine neue Lernkultur braucht einen anderen Umgang mit den Schülerleistungen. In J. Bennack, A. Kaiser, & R. Winkel (Hrsg.), Grundlagen der Schulpädagogik, Band 49. Stuttgard: Schneider Verlag.