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Critical Whiteness (im Deutschen zumeist „Kritische Weißseinsforschung“) ist eine Forschungsrichtung, in der die – in der Regel implizite – Normsetzung des „Weiß-Seins“ problematisiert wird. Weiß-Sein  ist dabei nicht biologistisch definiert, sondern wird als wirkmächtige Kategorie betrachtet, wonach das davon Abweichende (z.B. „Schwarz“) als Anderes gesetzt ist.

Rassismusforschung fokussiert in der Regel stärker auf die Auswirkungen rassifizierender Zuschreibungen, etwa für die von Diskriminierung Betroffenen, bzw. auf deren Strategien des Widerstandes. Critical Whiteness hingegen rücken die Frage nach dem Selbstverständlichen, der Norm in den Vordergrund. Es wird gefragt, welche Strukturen diese Norm hervorbringen und reproduzieren, sowie danach, wer in welcher Weise von Rassismen profitiert. „Weiß-Sein“ wird folglich explizit zum Thema der Reflexion, damit sollen unsichtbare Privilegien sichtbar gemacht werden und Angehörige der dominanten Gruppe darüber ein kritisches Bewusstsein entwickeln, um Veränderungen einzuleiten.

RaSsiSmUs

Rassismus zu thematisieren ist historisch bedingt moralisch aufgeladen. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges gilt kategorisch „Rassismus darf es nicht mehr geben“. Doch trotzdem wird Rassismus noch heute unter anderem in Schulmaterialien reproduziert. Studien belegen eine institutionelle Diskriminierung im Bildungssystem Schule sowie rassistische Diskriminierungen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt.

Als soziale Kategorie hat Diskriminierung reale Auswirkungen auf viele Menschen. Noch immer ist Rassismus in unseren Wissenssystemen, kollektivem Wissen über „Andere“, unseren Institutionen und gesellschaftlichen Strukturen verankert. Die Bereitschaft sich wirklich diversitätssensibel zu verhalten und diskriminierende Strukturen und Handlungsweisen abzubauen, setzt also viel voraus: Eine Auseinandersetzung damit, Wissen darüber und eine grundsätzliche Haltung dagegen um Handlungsweisen zu entwickeln.

Grundsätzlich gibt es zwei Erfahrungswelten, die betrachten werden sollten: Die Welt derer, die relativ frei in ihren Zugängen sind, als „normal“ wahrgenommen werden, wenig abwertenden Zuschreibungen und Diskriminierungen ausgesetzt sind und die Welt der Menschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft, sexueller Orientierung, Behinderung oder Religion als „anders“ markiert leben. Sie machen oft ganz andere Erfahrungen in allen Lebensbereichen. Laut einee repräsentativen Studie der Antidiskriminierungsstelle 2015 haben 31% der Befragten in den letzten drei Jahren Diskriminierungen nach den Merkmalen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz erlebt, jedoch unternahmen 40% davon nichts dagegen, weil sie sich keine Verbesserung erhofften.

Die Auswirkungen von strukturellem Rassismus und die regelhafte Erfahrung von Diskriminierung auf individueller Ebene sind nicht wirkungslos. Im Gegenteil: Von Kindesbeinen an im Kindergarten, in der Schule, Studium, im Beruf und im Alltag zum „Anderen“ gemacht zu werden, Vorurteilen und Abwertungen ausgesetzt zu sein. Zu erleben, dass man „Mensch zweiter Klasse“ ist oder aufgrund „zugeschriebener Eigenschaften“ gewisse Zugänge verschlossen bleiben, macht wütend und mindert die Möglichkeit sich und sein Potenzial zu erkennen. Es beeinflusst massiv die Selbsteinschätzung in der Gesellschaft etwas zu erreichen zu können. Für Jugendliche und Kinder bleibt oft das Gefühl von Minderwertigkeit und gegebenenfalls Selbstablehnung als eine schwere Last, zusätzlich gegenüber diskriminierenden Erwachsenen bestehen zu müssen.

Es genügt nicht die eigenen Vorurteile als „Wissen“ zu verstehen und zu behaupten soziale Kategorien hätten heute keine Relevanz. Klasse, Herkunft und Geschlechterunterschiede sowie falsche Konstrukte wie „Rasse“ und Zuschreibungen zu bestimmten Religionen sind jahrhundertealte Verhältnisse, die fest in unsere Denk- und Handlungsweisen eingewoben sind. Sie haben vielfach auch Auswirkungen auf Arbeitsbeziehungen und Solidarität.

Während der heute immer wieder auftauchenden Diskussion der Leistungsbeurteilung, stellte sich mir die Frage: „Wie kam es eigentlich zu der heutigen Leistungsbeurteilung durch Ziffern?“. Auch wenn diese Ziffernnoten heute oft als „veraltet“ bezeichnet werden, liegt deren Einführung verhältnismäßig gar nicht allzu lange zurück. Die ersten Ziffernnoten wurden im späten 19. Jahrhundert eingeführt. Der Gedanke hinter dieser Einführung ist recht einleuchtend. Durch die Vergabe von neutralen Ziffernnoten sollte eine uneingeschränkt faire Zulassung zum Studium ermöglicht werden. Herkunft sollte keinen Einfluss mehr auf diese Zulassung haben, sondern nur mehr die Leistung des Bewerbers oder der Bewerberin.

Doch ist eine Eins („Sehr gut“) wirklich objektiver als ein „Fortschritte sind zu erhoffen“, wie bereits 1830 von Pädagogen in der Schulnachricht vermerkt wurde? Ich behaupte nicht. Als ehemalige Schülerin weiß ich, dass ein und derselbe Aufsatz von verschiedensten Lehrpersonen anders gewertet werden kann. Wenn ich an meine persönliche Schulgeschichte denke, erinnere ich mich an meinen Englisch Unterricht. Im Maturajahr wurde uns die Aufgabe gestellt, einen „opinion Essay“ zu verfassen. Zwei der 18 Schülerinnen erhielten eine positive Note auf deren Text. Die restlichen Aufsätze wurden nach der Einleitung durchgestrichen und mit „F – no comment“ benotet. Da wir nun mit der Angst leben mussten, diese Textart zur, damals neuen, Zentralmatura als Aufgabe gestellt zu bekommen, äußerten wir den Wunsch uns noch genauer mit der Materie zu beschäftigen. Unsere Lehrperson hatte aber „keine Zeit“ dafür, denn der Lehrplan musste durchgearbeitet werden. Ohne Hilfe der Lehrperson mussten wir uns nun mit dieser Textart auseinandersetzen. Als wir diese dann tatsächlich bei der Matura verfassen mussten, war meine Überraschung groß, als ich zum ersten Mal eine zwei auf meinen Essay erhielt. Ich bin mir sicher, dass dies mehr an dem Wissen der Lehrperson lag, dass eine zweite Person die Arbeit kontrollieren würde.

Durch diese subjektive Leistungsbewertung der meisten Lehrpersonen und dem Leistungsdruck aufgrund des Konkurrenz-Verhaltens innerhalb der Klasse, bin ich der Meinung, dass die Schule verändert werden muss. Durch Recherche in einem anderen Fach, stoß ich auf das in Schweden praktizierte Schulsystem. Eine Schule ohne Noten. Zumindest bis ins 7. Schuljahr. Nun stellt sich mir die Frage: „Ist eine Schule ohne Noten möglich?“.

In Deutschland wird dies bereits erforscht. Es gibt bereits einige Projekte, in denen Klassen einen individualisierten, selbstständigen Unterricht führen. In diesen Unterrichtsformen führen die Kinder ein sogenanntes Logbuch und halten so ihren Lernfortschritt fest. Durch dieses Logbuch werden die Kinder zur selbstständigen Kontrolle und Einschätzung ihrer Lernfortschritte geleitet und können so ihre Ressourcen ausschöpfen. Am Ende der Woche erhalten die Schüler und Schülerinnen eine schriftliche Rückmeldung was sie verbessern sollten aber auch welche Leistungen in der Woche erfolgreich erbracht wurden.

Ich bin der Meinung, dass dieses Schulmodell in irgendeiner Form die Zukunft darstellen sollte. Ich denke, dass durch individualisierten Unterricht und selbstständige Mitgestaltung des Unterrichts der Lernenden ein Schulsystem entsteht, von welchem sowohl Lernende als auch Lehrende profitieren können.

 

Literaturverzeichnis

Gries, J., Lindenau, M., Maaz, Kai und Waleschkowski, U. (2005) Bildungssysteme in Europa. Kurzdarstellung. Berlin: ISIS. Institut für Sozialforschung, Informatik & Soziale Arbeit. www.schulzbinzweb.de/stadtelternrat-wunstorf/Dokumente/Themen/IGS/Bildungssysteme_Europa.pdf (16.05.2020)

Mens, F. (2009). Die ideale Schule. Schule ohne Noten – funktioniert das? Geo Wissen (11/09). Verfügbar unter: https://www.geo.de/magazine/geo-wissen/5989-rtkl-die-ideale-schule-schule-ohne-noten-funktioniert-das (03.06.2020)

Geschlecht ist die zentrale Achse der Differenz(-ierung) nicht nur in der Gesellschaft, aber auch in der Schule.

Warum? 

1. Weil Geschlecht, genauso wie die anderen zwei Kategorien sozialer Ungleichheit – social class und race (soziale and ethnische Herkünfte) –zur sozialen Ungleichheit beiträgt, indem es „die Möglichkeiten des Zugangs zu Ressourcen, Macht und Rechten [beeinflusst].

[…] Geschlecht ist eine Kategorie, anhand derer sich Ungleichheiten formen und Hierarchisierungen entwickeln, die wiederum grundlegend Strukturen, Wahrnehmungen und Verhalten prägen, so auch in der Schule” (Bartsch/Wedl, S.10): ein Teufelskreis, der schwer, aber trotzdem zu durchbrechen ist. 

2. Weil Schule ein wichtiger Teil der Gesellschaft ist: in der Schule wird die Zwei-Geschlechter-Ordnung nicht nur alltäglich erlernt und hergestellt (durch die inkompetente Thematisierung von Geschlecht), sondern auch zugespitzt.

Schule ist kein geschlechtsneutraler Raum (so wie unsere Gesellschaft). Schule ist eine Bühne, wo das konstante “Spiel der Geschlechter” stattfindet (so wie in unserer Gesellschaft üblich).

3. Weil Schule ein spezifischer Sozialisationsort ist, wo aktiv in den Prozess der Herstellung von Zwei-Geschlechter-Ordnung eingegriffen werden kann, um die Thematisierung von Geschlecht kompetent zu steuern, und somit die Geschlechtergleichheit in unserer Gesellschaft ein Stück nach vorne zu bringen (Bartsch/Wedl, S.9).

Die „Zwei-Geschlechter-Ordnung“ ist kein gesellschaftliches Modell, das unserer Gesellschaft inhärent ist, sondern es hat sich in dem europäischen Raum erst mit dem 18. Jahrhundert durchgesetzt, d.h. es ist veränderbar und ausgestaltbar (Bartsch/Wedl, S.15).

Idealerweise soll Familie der erste Ort sein, wo Geschlechterdemokratie, d.h. Geschlechtergleichheit beigebracht werden soll. In der Familie werden Geschlechterverhältnisse durch zwischenmenschliche Interaktionen erlernt, d.h. Kinder lernen durch das Beobachten, z.B. wie ihre Eltern sich ausdrücken, verhalten und miteinander umgehen, sowie mit anderen Mitgliedern der Gesellschaft, u.a. Nonkonformisten, oder wie sie sich die Haushaltsaufgaben teilen (geschlechtsneutral oder geschlechtsspezifisch), wie sie mit Geschlechterstereotypen umgehen und Geschlechterrollen verstehen, etc.

Realität sieht aber etwas anders aus, wenn Kriminalitätsstatistiken in Betracht gezogen werden.

Eine von drei Frauen in Europa hat in ihrem Leben schon mindestens einmal Gewalt erfahren, auch in Österreich. Die Täter sind meist männliche Familienmitglieder, der Tatort das Zuhause. Dazu gehören körperliche und psychische Gewalt, sexuelle Übergriffe und Tötung.”

“Insgesamt hat die Zahl der Gewalttaten durch den Partner [in Deutschland] jedoch zugenommen – von 113.965 in 2017 auf 114.393 weibliche Opfer von häuslicher Gewalt im Jahr 2018 […]. Daneben gab es 26.000 Männer, die von ihren Frauen oder Ex-Partnerinnen bedroht, genötigt oder verletzt wurden.”

“Ebenso wurden 2018 18.526 Opfer familiärer Gewalt von den Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen betreut. 84% der unterstützten KlientInnen waren Frauen und Mädchen, 91% der Gefährder waren männlich”

Das sind nicht einfach tragische Zahlen. Das sind Zahlen, die viel über Geschlechterordnung in unserer Gesellschaft vermitteln (zu bedenken ist, dass die Zahlen nur den sichtbaren Teil des Eisbergs “Häuslicher Gewalt” zeigen und zwar in demokratischen und wohlhabenden EU-Ländern wie Deutschland und Österreich).

Wie bereits gesagt, Schule ist ein wichtiger Teil der Gesellschaft, wo das “Spiel der Geschlechter” gleichermaßen stattfindet und zwar nach den Mustern, die Kinder in ihren Familien (unbewusst) erlernen. Das heißt, es soll nicht davon ausgegangen werden (wie es oft der Fall ist), dass primär durch die elterliche Erziehung das Verständnis für die Gleichstellung von Frauen und Männern und das Reduzieren von Geschlechterstereotypen stattfindet. Es soll davon ausgegangen werden, dass die Schule der einzige Sozialisationsort für viele Kinder sein könnte, wo das Gefühl für Geschlechtergleichheit erzeugt werden kann und zwar durch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema. Das heißt, alle Lehrkräfte (fachunabhängig) sollen im Stande sein das Thematisieren von Geschlecht kompetent anhand der Kenntnisse der Gender Studies durchzuführen, und nicht „auf der Basis des Alltagsverständnisses, […] die vorhandenen Geschlechterverhältnisse [nicht nur (re-)produzieren], sondern [durch geschlechterdifferenzierendes Handeln, häufig unbewusstes, verstärken] (Bartsch/Wedl, S.12).

„Eine Thematisierung von Geschlecht in der Schule ist unerlässlich,“ postulieren Bartsch und Wedl, Herausgeberinnen von Teaching Gender, und nennen drei Hauptgründe: „(1) weil [Geschlecht] eine wirkmächtige (unbewusste) Konstruktionsweise ist, (2) aufgrund seiner Funktion als gesellschaftlich wirksame soziale Ungleichheitskategorie, (3) aufgrund der subjektiven Relevanz von Geschlecht für SchülerInnen und seiner Funktion als Identifizierungskategorie.“ Sie warnen aber, dass „nicht jede Thematisierung zum Abbau von Geschlechterstereotypen und normierenden Geschlechterzuweisungen [die Kinder in der Familie und Gesellschaft beobachten und unbewusst erlernen] beiträgt“ (Bartsch/Wedl, S.16).

Im Gegenteil: die Lehrkräfte, die sich nicht wissenschaftlich, reflektierend und kritisch mit der Problematik der Geschlechterdifferenzierung in der Schule auseinandersetzen, tragen zur „Dramatisierung der Differenz,“ d.h. Hervorhebung, in verschiedenen Unterrichtspraktiken alltäglich bei, „z.B.

  • die Ansprache als StellvertreterIn eines Geschlechts im Sinne einer Platzanweisung (»du als Mädchen/Junge, …«),
  • die Homogenisierung von Geschlechtergruppen (die Mädchen und die Jungen),
  • die Gruppen(ein)teilungen anhand des Geschlechts bzw. die explizite geschlechterhomogene Gruppenarbeit in Form von Jungen- bzw. Mädchenarbeit
  • Lob für geschlechtsadäquates Verhalten,
  • die Abfrage von Stereotypen, ohne diese kritisch aufzulösen,
  • ein Protektionismus für Mädchen, gekoppelt mit einem verallgemeinerten Verdacht auf Machtpositionen auf Seiten der Jungen,
  • geschlechtliche Zuweisungen von Verhalten, Kompetenzen, Eigenschaften oder
    Aktivitäten, und viel mehr“ (Bartsch/Wedl, S.17).

Das sind Beispiele, die aus mehreren empirischen Studien hervorgehen, u.a. aus Studien von Budde/Blasse 2014, Faulstich-Wieland 2005, Thiessen/Tremel.

Trotz der Gefahr der Dramatisierung sind Wissenschaftler zur Erkenntnis gekommen, dass es Situationen gibt, wo sie äußerst sinnvoll ist, z.B.:

  • „wenn Geschlechterbilder Barrieren für die Entwicklung individueller Vielfalt bilden,
  • wenn es zu Diskriminierung von Teilnehmenden bzw. Menschen aus deren Umfeld kommt, die sich nicht geschlechternormenkonform verhalten,
  • wenn ich [als Lehrkraft] Teilnehmenden Wissen zugänglich machen möchte, mit dem sie eigene Probleme oder auch Privilegien in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext stellen und damit auch politisiert bearbeiten können, anstatt alles individualisiert auf eigenes Versagen bzw. eigene Talentiertheit zu schieben oder das Erleben zu naturalisieren,
  • wenn ich Teilnehmende dazu befähigen möchte, eigene diskriminierende bzw. gewalttätige Verhaltensweisen oder die Verinnerlichung selbstschädigender Normen zu erkennen und abzubauen bzw. Wehrhaftigkeit gegenüber solchen zu entwickeln.“ (Bartsch/Wedl, S.19).

Jedoch kann, wie bereits erwähnt, die kompetente Thematisierung von Geschlecht nicht auf Basis des Alltagswissens von Lehrkräften passieren, sondern sie erfordert „eine große Flexibilität und Gender-Kompetenz,“ die auf den Erkenntnissen der Gender Studies aufgebaut werden soll (Bartsch/Wedl, S.20).

Quellen:

Bartsch, Annette/Wedl, Juliette (2015) Zum Reflektierten Umgang mit Geschlecht im Schulunterricht und in der Lehramtsausbildung, in: Bartsch, Annette/Wedl, Juliette (Hrsg.) Teaching Gender? Transkript Verlag: Bielefeld, 9-31.

 

Ich kann mich an viele Ereignisse aus meiner Kindheit erinnern, besonders an die, die mich emotional berührt oder getroffen haben. Es gibt auch Ereignisse, die einem auf den ersten Blick ganz unbedeutsam vorkommen, aber sich trotzdem ganz stark in die Erinnerung eingeprägt haben. Dann frage ich mich oft wieso, bzw. was dem jeweiligen Ereignis die Kraft zum Beeindrucken gab und manchmal bekomme ich sogar eine Antwort auf ganz unerwartete Weise, wie zum Beispiel beim Lesen dieses Absatzes in Teaching Gender:

„Ebenso werden […] Spielzeuge farblich getrennt und von Stereotypen gelenkt nach Geschlechtern angeboten. Konstruktionsspielzeug, welches noch in den 1970er-Jahren unisex bunt war, wird von der gleichen Firma heute geschlechtergetrennt vertrieben: technische Baukästen […] zum Konstruieren und Umbauen für Jungen, dagegen rosa gehaltene Ensembles für Mädchen, mit vorgegebenen Figuren und fertigen Bauteilen, die – im Vergleich zu den Bausätzen – kaum für andere Konstruktionen verwendet werden können. Damit verbunden sind Rollenangebote, die angeblich typische weibliche Lebenssituationen darstellen: in Familie, in helfenden Berufen, als Prinzessin,“ etc. (Bartsch/Wedl, S.14).

Vor 20 Jahren ging ich mit meinem etwas älteren Cousin zu einem Spielzeugstand auf dem großen Markt, um das hartverdiente Geld für ein paar Spielzeuge auszugeben. (Keine Sorge, wir waren keine Opfer von Kinderarbeit)) Wir kümmerten uns nur ganz brav um die Kühe unserer Großeltern, während Oma im Krankenhaus lag.) Am Spielzeugstand gab es alles was sich ein Mädchen und ein Junge wünschen könnten: hübsche Barbies und bunte Autos… und ein paar andere Sachen, wie z.B. Sprungseile.

Ich war 10 und wollte ein Sprungseil. Mein Cousin war 14 und fest überzeugt, dass Barbies das Spielzeug für Mädchen seien. Eine Weile probierte er mich zu überreden eine Barbie, anstatt dem Seil zu nehmen (zum Glück nicht erfolgreich)).

Ich glaube, ich muss dieses real life Beispiel nicht erläutern, da jeder von uns ähnliche Erfahrungen im Leben gemacht hat. Wenn nein, dann seid ihr glückliche Kinder gewesen, die ohne Geschlechterstereotypen (zumindest in Bezug auf Spielzeuge)) aufgewachsen sind. Ich persönlich hatte nur bei meinen Cousins die Gelegenheit mit bunten Autos zu spielen.

Wie stark Geschlechterstereotypen noch immer in unserer Gesellschaft vorhanden sind und wie früh sie uns „beigebracht“ werden, zeigt sehr gut das Video Girl toys vs boy toys: The experiment – BBC Stories.

Das Geschlecht ist die zentrale Achse in unserer Gesellschaft. Sobald das Geschlechtsmerkmal des Babys im Ultraschall erkennbar ist, fangen die meisten Eltern und deren Angehörige an, geschlechterspezifische Babysachen, Klamotten und Spielzeuge in passenden Farben und Mustern zu besorgen. Von Geburt an sind „Kinder nicht einfach Mädchen oder Jungen, sondern werden es” (Bartsch/Wedl, S.10).

Wie? 

Ganz einfach: symbolisch durch Kleidung, Accessoires, Spielzeuge, Frisur … und sprachlich durch tägliche zwischenmenschliche Interaktionen (und nicht durch die geschlechterspezifischen Merkmale, weil diese eigentlich fast immer mit Kleidung bedeckt sind).

Das „Vergeschlechtlichung“ von Kinderzubehör und Spielzeugen passiert aufgrund der Annahme, dass anatomische Unterschiede der zwei Geschlechter natürliche Merkmale sind. Diese Annahme ist wissenschaftlich aber nicht bewiesen, sondern umgekehrt: „psychologische Studien [zeigen] immer wieder die Ähnlichkeit der Geschlechter auf“ (Bartsch/Wedl, S.14).

Diese Annahme basiert eigentlich auf dem gesellschaftlichen Verständnis des Geschlechtes als eine „naturhafte [biologisch eindeutig festgelegte], konstante [sich im Laufe des Lebens nicht veränderbare] und dichotome [weiblich und männlich] Kategorie“ (Bartsch/Wedl, S.15).

Aber ist es wirklich so?

Ich glaubte persönlich, dass es in Bezug auf das „biologische Geschlecht“, alias sex, tatsächlich so war bis ich den Roman Middlesex von Jeffrey Augenides aus dem Jahr 2002 gelesen habe.

Heute gebe ich auf die obige Frage ein klares „Nein.“

Laut Judith Lorber, eine Professorin der Soziologie und Frauenforschung, welche zur Entwicklung des Konzepts des Geschlechts als soziale Konstruktion maßgeblich beigetragen hat, gibt es sogar 5 sexes, wenn von Genitalien ausgegangen wird: „unzweideutig männlich, unzweideutig weiblich, hermaphroditisch, weiblich-zu-männlich transsexuell und männlich-zu-weiblich transsexuell; geht man von der Objektwahl aus, drei sexuelle Orientierungen: heterosexuell, homosexuell und bisexuell […]; geht man von der Erscheinung aus, fünf gender-Repräsentationen: weiblich, männlich, uneindeutig, als Mann gekleidete Frau, als Frau gekleideter Mann […]“ (Bartsch/Wedl, S.16).

Das sind keine Konstrukte des 21. Jahrhunderts. Ich würde mir sogar erlauben zu sagen, dass sie so alt wie die Welt sind, vielleicht nur anders benannt wurden. Zum Beispiel, wie das dritte Geschlecht berdache bei amerikanischen Ureinwohnern. Ein Berdache hatte das männliche biologische Geschlecht und homosexuelle Orientierung, aber erfüllte weibliche oder beide Geschlechterrollen und war sozial hochgeschätzt.

Die obige Kategorien erscheinen nur als zeitgenössische „Erfindungen“ oder Marotte der Mode, weil die jahrhundertelange Herrschaft von zahlreichen sozialen Normen (weil in unserer Gesellschaft alles normiert sein muss(te)) und die Zwei-Geschlechter-Ordnung, alles Nonkonforme als nicht existierend betrachtete. Das heißt aber nicht, dass wir weiter in Ignoranz leben und Kinderzubehör und Spielzeuge nach Geschlechtern kaufen und schenken sollen. Alles was laut der Norm passend ist, trägt zum Verfestigen der Geschlechterstereotypen bei, sogar so eine „unschuldige“ Annahme, dass Puppen für Mädchen und Autos für Buben die richtigen Spielzeuge sind.

Quelle:

Bartsch, Annette/Wedl, Juliette (2015) Zum Reflektierten Umgang mit Geschlecht im Schulunterricht und in der Lehramtsausbildung, in: Bartsch, Annette/Wedl, Juliette (Hrsg.) Teaching Gender? Transkript Verlag: Bielefeld, 9-31.

Lehramtsstudierenden wird während der Ausbildung immer wieder vermittelt, wie wichtig es ist einen differenzierten und kompetenzorientierten Unterricht zu gestalten. Die Fachdidaktik in verschiedensten Fächern stützt sich auf die Annahme, dass Schüler_innen bessere Leistungen erbringen können, wenn der Unterricht sich nach ihren Anforderungen anpasst. Ein individualisierter Unterricht scheint also effektiver. Neben einem differenzierten Unterricht, gibt eine dementsprechende Leistungsbeurteilung den Schüler_innen eine Möglichkeit ihr Lernverhalten und ihre Persönlichkeit ausreichend zu entwickeln.

Nun stellt sich aber die Frage: Welchen Sinn hat es, die Schüler_innen individuell zu unterrichten und so die volle Leistung ausschöpfen, wenn diese dann am Ende wieder abstrakt als Ziffernnote kategorisiert wird. Diese Ziffernnote gibt nämlich meist kaum einen Hinweis zur erbrachten Leistung. Obwohl ein differenzierter Unterricht angepriesen wird, gibt es unzureichend Möglichkeiten differenzierte Leistungsbeurteilung durchzuführen.

Ein Hauptproblem scheint die Auslegung unseres Schulsystems auf die Selektion. Unser Bildungssystem fokussiert sich auf die inhaltliche Vermittlung von Fachwissen und auf die erbrachte Leistung der Schüler_innen. Dabei werden kooperative Leistungen, autonom erbrachte Leistungen und soziale Kompetenzen meist vollständig ignoriert.

Dies wird mir vor allem bewusst, wenn ich an meine eigene Schulzeit zurückdenke. Ich maturierte im Sommer 2014. Obwohl die Einführung der Zentralmatura kurzfristig um ein Jahr verschoben wurde, entschied sich unsere Schule für einen Schulversuch. So war es uns möglich doch die Zentralmatura anzutreten. Diese Entscheidung wurde hauptsächlich von uns Schülerinnen getroffen, denn uns war klar: Eine Matura nach altem Format wäre ein zu großes Risiko. Ein Risiko deshalb, weil die „alte Matura“ fremd zu sein schien. Vier Jahre lang wurden wir auf die Zentralmatura trainiert. Wir kannten kein anderes Format. Diese Entscheidung war also ergebnisorientiert. Wir wussten, dass wir gute Abschlussnoten benötigen würden, um in der Zukunft voran zu kommen.

Wenn ich mich bei einer Ausbildungsstätte oder Berufsstelle bewerbe, die ein Zeugnis verlangt, dann wird die Ziffer betrachtet. Eine Ziffer, die meine Zukunft bestimmt. Dieser Gedanke wird bereits Volksschülern eingeprägt. Wenn es um die Zulassung zu einem Gymnasium- oder Mittelschulplatzes geht, dann zählt jede Notenziffer. Umso niedriger, umso besser. Auch ich musste diese Tatsache früh lernen. Ich konnte mein Wunschgymnasium nicht besuchen, da ich in einem Fach nicht die Bestnote, sondern ein „Gut“ erreicht habe.

Hiermit stelle ich mir die Frage: Welchen Sinn hat es, erbrachte Leistungen der Schüler_innen auf eine Ziffer zu reduzieren? Ist es nicht viel aussagekräftiger eine Leistungsbeschreibung zu erhalten? So weiß ich sowohl als Schüler_in als auch als Elternteil, welche Kompetenzen verbessert werden sollten. Ein „Gut“ eines Kindes ist meist nicht mit dem „Gut“ eines anderen Kindes zu vergleichen. Während ein/eine Schüler_in diese Note aufgrund von „mangelndem“ Fachwissen oder Schulleistung vergeben wird, kann ein/eine andere/r Schüler_in dieselbe Note aufgrund von fehlender Mitarbeit im Unterricht erhalten. Schule wird leider immer mehr zum Wettbewerb. Kinder und Jugendliche vergleichen ihre Jahreszeugnisse und es entsteht so ein Leistungsdruck. Wenn mit den Schüler_innen nicht ausreichen kommuniziert wird, weshalb eine bestimmte Note eingetragen wurde, kann es oft sein, dass an der falschen Stelle gearbeitet wird. Wenn die „mangelnde“ Leistung nicht verbessert wird, aufgrund fehlender oder unzureichender Kommunikation, entsteht oft ein Frustgefühl und die Schüler__innen können das Interesse am Unterricht verlieren.

Dies ist meiner Meinung nach Grund genug, eine differenzierte Leistungsbeurteilung verpflichtend einzuführen. Auch wenn dies mit Umsetzungsschwierigkeiten verbunden sein mag, ist die Entwicklung der Schüler_innen in den Mittelpunkt zu stellen.

Autor: Laura Garnitschnig

Quelle:
Scholz, I. (2010). Pädagogische Differenzierung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht

Was ist besser als ein Lehrer? Na klar, zwei Lehrer!

So einfach ist es dann leider doch nicht. Das Konzept des Team-Teachings baut auf der Kooperation zweier (oder mehrerer) Lehrpersonen auf um in vielfältiger Hinsicht den Unterricht und das soziale Umfeld im Rahmen der Klasse zu verbessern. Teamteaching öffnet viele Chancen, von welchen auch die Lernenden profitieren.

Die Lehrenden können sich gegenseitig entlasten, respektive unterstützen und somit differenzierter auf unterschiedliche Lernvoraussetzungen und Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingehen. Beispielsweise können lernschwächere Schülerinnen und Schüler wirksamer in Gruppen betreut werden, ohne sie dabei abzugrenzen. Eine zweite Lehrkraft bringt den Luxus mit sich, dass heterogene Gruppen besser unterstützt werden können. Eine einzelne Lehrperson kann maximal auf eine Kleingruppe von 6-8 Lernenden eingehen ohne jemanden zu vernächlässigen oder den Fokus zu verlieren. Im Team ist es jedoch möglich eine gesamte Klasse zu betreuen und dabei Aufgabenstellungen, Hilfestellungen, Inputphasen und weitere Aufgabenbereiche effektiver aufzuteilen. Mehrere Lehrpersonen bringen ebenfalls vielfältigere Fähigkeiten (bspw. kommunikativ/sozial, fachlich etc.) ein, sodass eine Gestaltung des Unterrichts abhängig von Stärken und Schwächen der Lehrenden möglich ist.

Anfängliche Absprachen über Inhalt und Ablauf zwischen den Lehrkräften sind zwar zeitaufwändig und sollten unbedingt ausserhalb des Klassenzimmers geklärt werden, da diese von den Lernenden als Unsicherheit, Einschränkung oder auch Dominanz- bzw. Kompetenzunterschiede der Lehrenden empfunden werden können. Doch der gegenseitige Respekt anstelle von Konkurrenz und Machtkämpfen ist die optimale Basis für ein gut eingespieltes und funktionierendes Team. Auch das die angeprangerte Einzelkämpfergesellschaft in vielen Kollegien würde sich durch diese Maßnahmen auflockern. Allerdings ist Team-Teaching kein Konzept, dass entweder funktioniert oder nicht, sondern ein Prozess, welcher nur durch ständige Reflexion, offene Kommunikation und eine gut entwickelte Feedbackkultur erfolgreich durchgeführt werden kann.

 

 

„Die Schule soll jedem Heranwachsenden dazu verhelfen, das für sie oder ihn mögliche Maximum an Kompetenzentwicklung zu erreichen.“ Dazu muss gesagt werden, dass natürlich dieses Maximum individuell zu sehen und nicht bei allen auf demselben Niveau ist.

 

Die heutige schulische Bildung hat eine Selektionsfunktion, meistens wird dieser Begriff aber vermieden und mit Begriffen wie „Auslese“ oder „Allokation“ umschrieben.

Laut Definition nach Fend versteht man unter „Allokation“ die Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf künftige Berufslaufbahnen, „Selektion“ hingegen meint den Ausschluss von gewünschten Bildungslaufbahnen. Die Verteilung erfolgt hier nicht nach den Wünschen und Interessen der Lernenden, sondern nur nach deren Leistung.

Die „leistungsbasierte Selektion“ kann als pädagogische Herausforderung betrachtet werden.

Die Forderung nach gleichen Berufs- und Aufstiegschancen für gleiche schulische Leistungen steht in einem Spannungsfeld zwischen dem Charakter und den Bedingungen des pädagogischen Handelns. Einerseits sollen Lehrpersonen ihre Schülerinnen und Schüler mit Empathie und Respekt behandeln, andererseits müssen die Lernenden auf ihre konkret erbrachte Leistung reduziert werden, damit sie „fair“ auf verschiedenste Berufslaufbahnen verteilt werden können.

Zugleich stellt diese Forderung von gleichen Berufschancen für gleiche schulische Leistungen eine weitere pädagogische Problematik dar. Damit verbunden ist nämlich die schwierige Aufgabe des exakten Leistungsvergleichs und exakten Leistungsmessung. Um die Leistung wirklich genau messen zu können, muss diese dekontextualisiert, standardisiert und quantifiziert werden. Der persönliche Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler – welcher immer als sehr bedeutend bezeichnet wird – wird hier nicht berücksichtigt.

Auch bei einer völlig standardisierten Leistungsmessung kann das Einfließen von subjektiven Einflüssen nie zur Gänze ausgeschlossen werden.

Zudem kann eine „Auslese nach Leistung“ bzw. eine „schulische Selektion nach Leistungen“ nicht als „gerecht“ im Sinne der Bildungsgerechtigkeit definiert werden.

Lernende sind rechtlich gesehen noch keine mündigen Personen. Somit haben Schulen es mit Heranwachsenden zu tun, bei denen sich deren Autonomiefähigkeit gerade erst entwickelt. Und bei dieser Autonomieentwicklung darf der entscheidende Einfluss der Schule nicht außer Acht gelassen werden. Man meint damit die Entfaltung von neuen Fähigkeiten und Fähigkeitspotentialen. Leider wird diese Ausbildung oft unterdrückt, indem dem heranwachsenden Individuum statische Fähigkeitspotentiale und Begabungen zugeschrieben werden. Und diese Zuweisung dient wiederum als Grundlage für seinen/ihren Ausschluss von verschiedenen Schulformen und Berufslaufbahnen. Laut 

schulischer Selektion gelten Fähigkeitspotentiale als schon früh festgelegt, dies ist aber nicht vereinbar mit den sozialen Anerkennungsvoraussetzungen von Bildungsprozessen insgesamt.

Da viele Schulsysteme nach Fends Schultheorie aufgebaut sind, darf diese hier nicht fehlen. Interessant ist, dass Bildung als Funktion von Schule bei Fend gar nicht vorkommt, er definiert folgenden Funktionen des Schulsystems: kulturelle Reproduktion bzw. Enkulturation, Qualifikation, Allokation, Integration und Legitimation.

Aber keine dieser Funktionen spiegelt den eigentlichen Bildungsprozess wider, wenn man Bildung als „Entwicklung einer autonomen Persönlichkeit, welche sich nicht gesellschaftlich funktionalisieren und welche sich nicht auf die Summer der Rollenzuweisungen reduzieren lässt, die die Gesellschaft an sie richtet“ sieht.  Die Schaffung von Voraussetzungen für die Persönlichkeit und die aktive Unterstützung dieser kann als übergeordnete Aufgabe der Bildungseinrichtungen betrachtet werden. Und schulische Selektion widerspricht dieser Aufgabe ganz klar (Stojanov, 2011, S. 165-174)!

 

Die gegenwärtige Schulkritik bzw. -reform möchte einen Wandel von Homogenisierung und Selektion zu individueller Förderung und Inklusion erzielen.

Kennzeichen bzw. Leitidee unseres heute noch weitverbreiteten Schulsystems ist die „Sehnsucht nach der homogenen Lerngruppe“. Die Orientierung an diesem veralteten Bild von einheitlichen Lerngruppen wird durch schulorganisatorische Maßnahmen wie Jahrgangsklassen, Rückstellungen vom Schulbesuch, frühzeitige Einordnung in Schulformen des gegliederten Schulsystems, Sitzenbleiben und Selektion in Sonderschulen deutlich.

Die Schule der Gegenwart gilt als Lektionen- und Unterrichtsschule mit folgenden Merkmalen:

  • Bildung erfolgt in homogenisierten Gruppen in einem mehrgliedrigen Schulsystem
  • der Fokus liegt auf einer Stundenabhaltung laut Lehrplan
  • das Augenmerk im Unterricht liegt auf dem Erwerb von Berechtigungen und dem Abprüfen von Leistungen
  • Schulen und Lehrpersonen sind grundsätzlich für die Erteilung von Fachunterricht zuständig
  • individuelle Förderung der Lernenden ist großteils vom persönlichen Engagement der Lehrkräfte abhängig und im System nur in wenigen Fällen vorgesehen
  • Schulen sind Selektionsagenturen

Die zuvor bereits erwähnte „Sehnsucht nach Leistungshomogenität“ oder oft auch das „Lernen im Gleichschritt“ steht im Gegensatz zu einer integrativen und individualisierten Pädagogik. Eine weitgehend selektionsfreie Schule bedarf einer Anpassung von Schule und Lehrkräften an unterschiedliche, einzigartige Schülerinnen und Schüler. Dabei ist es wichtig, dass Schulen und Lehrkräfte aktiv und produktiv mit Heterogenität umgehen – deshalb ist auch dafür zu sorgen, dass niemand zurückbleibt.

Diese „neue Schule“ kennzeichnen folgende Merkmale:

  • im Zentrum stehen die Bedürfnisse und Interessen der Lernenden – jede/r bekommt genau das, was sie/er benötigt
  • Wahrnehmung und Achtung der Schülerinnen und Schüler als ganze Person
  • Schule ist Lern- und Lebensraum zugleich
  • Heterogenität wird als Gelegenheit zum sozialen Lernen und zur Verständigung genutzt und wertgeschätzt
  • Prüfungen und Selektionsanlässe werden minimiert
  • Unterricht wird flexibler und geht auf die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler ein
  • Lernende haben Freiräume und arbeiten selbstständig und kooperativ an ihren Kompetenzen und erhalten Unterstützung und Begleitung seitens der Lehrkräfte

Eines aber ist klar, die Realität sieht anders aus und bedarf einer Veränderung auf allen Ebenen: auf Schulsystemebene, auf Einzelschulebene und didaktisch-methodischen Forderungen nach einer „neuen Lernkultur“. Unser derzeitiges Schulsystem gilt auf vielen Ebenen als überholt und nicht mehr zeitgemäß (Trautmann & Wischer, 2011, S. 17-19)!

Schulsysteme sind träge und setzten Neuerungen und Verbesserungen zu langsam um. Für die Etablierung einer „neuen Lernkultur“ braucht es die entsprechenden Rahmenbedingungen seitens des Gesetzgebers und der Schulbehörden. Im praktischen Schulbetrieb sind es natürlich die Lehrpersonen, die Veränderungen maßgeblich umsetzen – dazu bedarf es aber einer persönlichen Veränderungsbereitschaft und den Mut, neue Wege zu beschreiten.

      

 

Quellen:

Stojanov, K. (2011). Darf und soll die Schule selektieren? In K. Stojanov (Hrsg.), Bildungsgerechtigkeit. Rekonstruktion eines umkämpften Begriffs (S. 165-174). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Trautmann, M. & Wischer, B. (2011). Heterogenität in der Schule. Eine kritische Einführung. Wiesbaden: VS verlag für Sozialwissenschaften.

 

 

„Wir haben Identitäten auf Zeit, dass wir uns für kurze Zeit zu etwas zugehörig fühlen, aber immer die Freiheit haben, in ein anderes Programm zu switchen, auch was uns selbst anbelangt.“ (Zitat 1)

Genau genommen verändert sich unsere Identität jeden Tag. Oftmals geschieht das unbewusst, manchmal aber bemerkt man diese innerliche oder äußerliche Erneuerung. Jeder Tag in unserem Leben ist unterschiedlich, man macht neue Erfahrungen, begegnet neuen Menschen, erhält neue Informationen. Kein Tag ist exakt gleich wie der vorherige. Durch diese Veränderungen wächst unsere Identität stetig. Johann Wolfgang von Goethe beschreibt dies in folgendem Zitat:

„Das Leben gehört dem Lebendigen an, und wer lebt, muß [sic] auf Wechsel gefasst sein.“ (Zitat 2)

Hier weist er darauf hin, dass sich nur das Lebendige verändern kann. Menschen und Tiere, Pflanzen und Blumen machen von diesen ständigen Veränderungen tagtäglich Gebrauch.

Bei den Menschen ist dieser Veränderungsprozess aber viel komplexer als bei Pflanzen oder Tieren. Ein Mensch ist beispielsweise dazu fähig, sich unterbewusst zu verändern. Eine solche Veränderung wird dabei nicht aktiv wahrgenommen, man wächst in eine Sache hinein. Dies geschieht wiederum durch die Gesellschaft, von der wir tagtäglich beeinflusst werden. Kommt es aber plötzlich zu einem unvorhergesehenen Ereignis, wie zum Beispiel zum Tod von einem Familienmitglied, wird einem sprichwörtlich der Boden unter den Füßen weggezogen, und es kommt zu einer abrupten Veränderung des Alltags. Die Wurzeln, die bereits tief im Boden verankert waren, werden mit einem Schlag herausgerissen. Dies hat Unzufriedenheit, Verzweiflung und Aussichtslosigkeit zur Folge. Die Maske, die man sich also unbemerkt, und oftmals durch den gesellschaftlichen Druck, aufgesetzt hat, verschwindet von einem Moment auf den anderen. Es kann somit nicht behauptet werden, dass Masken immer glücklich machen, obwohl sie das Leben in manchen Situationen auch durchaus positiv beeinflussen können.

Das am Beginn des Artikels angeführte Zitat behauptet, dass wir „immer die Freiheit haben, in ein anderes Programm zu switchen“. Doch dies ist, meiner Meinung nach nur in den wirtschaftlich fortgeschrittenen Ländern der Fall. Die Menschen, die beispielsweise in den armen und wirtschaftlich schwachen Regionen der Welt geboren werden, haben oftmals keinen Zugang zu Bildung oder sie haben aus religiösen Gründen keine Möglichkeit sich selbst und ihre Identität zu verändern.

…doch was ist das nun, die Identität? Abschließend kann man sagen, dass wir durch die ständigen Einflüsse von außen gezwungen werden uns mit unserer Identität ein Leben lang auseinanderzusetzen. Die Identität ist also keine beständige Maske, sondern muss immer wieder angepasst und erneuert werden.

Zitat 1: (Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/psychologie-die-suche-nach-der-eigenen-identitaet.1148.de.html?dram:article_id=315800)

Zitat 2: (Quelle: https://www.leadershipjournal.de/zitate-veraenderung/)

Autorin: Sonja Harrer

Im letzten Eintrag wurde sich damit beschäftigt, ob von Seiten der Schulen der Inklusion etwas im Weg steht und am Ende stand, dass gerade durch die derzeitige Ausbildung der zukünftigen Lehrkräfte eigentlich nichts die Umstellung auf Inklusionsklassen behindert.

„In einem sozial-politischen Sinne wird die inklusive Schule nicht selten als Vorläufer einer inklusiven Gesellschaft angesehen.“  Ahrbeck (2016)

Dieser Auszug aus „Inklusion: eine Kritik“ deutet an, dass die Gesellschaft noch nicht bereit ist für Inklusion und das dies durch inklusive Schulen geändert werden kann. Auch eine von Knorre in Deutschland durchgeführte Online-Studie aus dem Jahr 2013 führt an, dass 41% der Befragten eine Unsicherheit im Umgang mit Menschen mit Behinderung  haben, wobei 8% davon versuchen den Kontakt mit diesen Menschen zu vermeiden. Diese Zahlen könnten in Zukunft sinken, da Inklusive Schulen den Jugendlichen die Chance biete den Umgang mit behinderten Menschen zu lernen.

Die von mir im Raum Pongau befragten Personen sprachen sich größten Teils für Inklusion in Schulen aus, besonders Eltern von schulpflichtigen Kindern sprachen sich positiv zu diesem Thema aus, da sie sich dadurch einen Anstieg der sozial Kompetenz ihrer Kinder versprechen und generell einen bessern Umgang mit behinderten Menschen. Dies spiegelt die Aussage von Ahrbeck wieder, dass durch inklusive Schulen eine Inklusive Gesellschaft entstehen kann. Auffällig war bei der Befragung die Altersgruppe bis 18, in dieser Gruppe fand sich, im Gegensatz zu den anderen Altersgruppen, nicht eine Person, welche sich gegen Inklusion in Schulen aussprach. Im Gegenteil alle waren der Meinung jeder Mensch hätte das gleiche Recht auf Bildung und soziale Strukturen, die beiden Inklusionsschüler, welche auch befragt wurden, waren sehr begeistert im normalen Schulalltag teilnehmen zu dürfen, da sie mit ihren Freunden aus der Volksschule aufsteigen durften.

Schwab (2015) meint jedoch, dass sich Schüler und Schülerinnen mit Sonderpädagogischem Förderbedarf oft einsam fühlen, da sie eine geringere soziale Partizipation als ihre Mitschüler und Mitschülerinnen aufweisen, wenn sie den normalen Unterricht besuchen.

Als Fazit bleibt, soll es zu einer inklusiven Bevölkerung kommen, sollte in den Schulen der erste Schritt gemacht werden, um Menschen mit Behinderung besser in die Gesellschaft zu integrieren.

 

 

Literatur:

Ahrbeck, B. (2016). Inklusion: eine kritik. Kohlhammer Verlag.

Knorre, S. (2013). Wie steht es um die Inklusionsbereitschaft der deutschen Bevölkerung? Eine Evaluation der Einstellungen gegenüber Menschen mit Behinderung.

Schwab, S. (2015). Einstellung zur Integration im Zusammenhang mit sozialer Inklusion–Eine Fragebogenerhebung in österreichischen Integrations-und Regelschulklassen. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 84, 66-67.