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             13. April 2021, eine düstere Wolke verbreitet sich über dem deutschsprachigen Internet. Frauen vereinen sich auf Instagram, Twitter und Facebook und lassen ihrem Zorn freien Lauf. Grund für die ganze Aufregung ist eine Folge von „Die Höhle der Löwen“, eine Investment-Show, welche am Abend des Vortags ausgestrahlt wurde. Dort stellten zwei Männer ein von ihnen entwickeltes Produkt vor, genannt „Pinky Gloves“. Es handelt sich hierbei um einen pinkfarbenen Einweghandschuh, welcher verwendet werden soll, um hygienisch Tampons einzuführen, zu entfernen und zu entsorgen. Nach dem zu erwartenden Aufruhr sind die Pinkys ganz schnell wieder vom Markt verschwunden, der Investor der Sendung hat sein Angebot zurückgezogen und das Start-up existiert in seiner damaligen Form nicht mehr. Es wurde wieder still, auch um die Menstruation, die gleichzeitig viel Aufmerksamkeit bekommen hat. Also wird sie wieder zum Tabu-Thema? Bitte nicht!

            Schon als Kind wurde mir von der Öffentlichkeit einiges zur Monatsblutung gelehrt. Erstens, die Menstruation ist Frauensache. Den ersten Aufklärungsunterricht hatte ich in der vierten Klasse Volksschule, also mit etwa 10 Jahren. Zuerst haben wir mit der ganzen Klasse gemeinsam einen kinderfreundlich-animierten Film gesehen, bis unsere Lehrerin die Klasse in Jungs und Mädchen aufgeteilt hat. Als wir Mädchen unter uns waren, sprach sie mit uns über die Periode. Damals habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht, mittlerweile frage ich mich, wieso man uns dafür von dem männlichen Kollegen trennen musste. Sollte es nicht auch für sie wichtig sein, wie der weibliche Körper funktioniert? Auch wenn wir noch sehr jung waren, gibt es meiner Meinung nach keine Altersuntergrenze um zu lernen, dass im Körper der Frau und des Mannes verschiedene Vorgänge passieren.

            Im Gymnasium wurde die Menstruation nach und nach ein Thema, jedoch rein unter den Mädchen, auch wenn es wenig um die tiefere Materie ging, sondern wer sie schon hat und wer noch nicht. Jedoch wurde darüber immer mit Vorsicht gesprochen, meist nur getuschelt und geflüstert, im Schutz der Mädchentoilette, als würde man über etwas Verbotenes reden. Das führt mich zum zweiten Punkt, nämlich dass die Periode etwas ist, wofür ich mich schämen soll. Aber ist dem immer noch so? Musste ich mich überhaupt jemals dafür schämen? Ich bin in einem Haushalt mit einem Mann, meinem Vater, und zwei anderen Frauen, meiner Mutter und meiner Schwester, aufgewachsen. Die Monatsblutung war bei uns kein Tabu, es wurde offen darüber gesprochen. Menstruationsprodukte standen in Bad und Toilette offen rum. Dennoch war es in der Öffentlichkeit plötzlich anders, man schmuggelt im Jackenärmel heimlich das Tampon aufs Klo oder öffnet die Packung der Binde im Schneckentempo, nur um das Knistern des Plastiks zu verringern, sogar mit künstlichem Husten wurden die Geräusche überdeckt. Aber wieso das Ganze? Jahre später bin ich mir immer noch nicht sicher, wieso wir Frauen in Anwesenheit von Männern einen Eiertanz rund um die Menstruation aufführen. Diese Einstellung wurde uns allen von klein auf vermittelt. Scham in Verbindung mit der Monatsblutung ist uns allen, Frauen sowie Männern, durch kulturelle, gesellschaftliche und auch religiöse Einflüssen anerzogen worden. Männer fühlen sich oft unwohl, wenn Frauen in ihrer Gegenwart über die Periode sprechen. Offensichtlich meine ich damit nicht alle Männer, ich selbst habe viele im engeren Umfeld, die mit einem solchen Gesprächsthema keinerlei Probleme haben. Leider stellen sie aber nicht die Mehrheit dar, oft scheinen Männer die Tatsache, dass Frauen monatlich ihre Blutung bekommen, ignorieren oder beschönigen zu wollen. Na immerhin ist es auch nicht ihr Problem, oder?

            Diese Einstellung ist wohl auch der Grund für all die Scham, Tabus und Stigmata im Zusammenhang mit unserer Periode. Männer haben zwar das Stigma geschaffen, aber wir Frauen sind die, die kämpfen, es aus der Welt zu schaffen. Viele Kampagnen und Diskussionen verfolgen dieses Ziel, jedoch vergessen sie dabei einen wichtigen Punkt, nämlich Männer in die Unterhaltungen miteinzubeziehen. Vielleicht ist nun endlich die Zeit bekommen, das Schamgefühl und die Stigmata der Männer zu bekämpfen. Laut einer Studie vom Aufklärungsprojekt „Ready for Red“ ist für jugendliche Männer die Schule der wichtigste Aufklärungsort für die Menstruation, jedoch wird dort über das Thema nur bedürftig geredet.

            Um das nachträglich zu kompensieren habe ich es mir selbst zur Aufgabe gemacht, offener über meine Periode zu sprechen. Ich möchte meine Beschwerden während der Menstruation nicht mehr umschreiben beziehungsweise sogar komplett unter den Teppich kehren, sondern ehrlich ansprechen, warum es mir gerade nicht gut geht. Um zur Enttabuisierung beizutragen, muss man dabei helfen, zu desensibilisieren, auch wenn es einem selbst am Anfang unangenehm ist. Je offener wir Frauen über unsere Periode sprechen, desto eher können wir ohne Scham menstruieren.

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