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Auch im österreichischen Bildungswesen ist die Rede von Chancengleichheit, eine gerechte Grundlage für die Zukunft aller Schüler und Schülerinnen zu legen. Eine wichtige Zielsetzung für die österreichische Schule sollte die Mischung von Schulleistungen mit der familiären Herkunft oder mit dem Geschlecht vermeiden. Die Herkunft der Schüler und Schülerinnen, die Herkunft ihrer Eltern, ihre finanzielle Ausstattung oder das Geschlecht der Kinder sollten demnach die Beurteilung ihrer Leistungen und ihren Bildungsweg nicht beeinflussen. Wichtig ist, dass man der Ungleichheit, die noch immer spürbar ist, entgegenwirkt. Im Weiteren erläutere ich ein paar Beispiele, wo Ungerechtigkeit im Bildungswesen aufkommen kann und was man dagegen tun könnte.

Bereits in der 4. Schulstufe ist erkennbar, dass es zu starken Abweichungen nach sozialen Merkmalen kommt. Ein soziales Merkmal wäre das Geschlecht. Bezüglich der Lesekompetenz kann man feststellen, dass Mädchen besser als Jungs abschneiden. Damit auch die Buben bessere Leistungen erbringen, wäre eine Möglichkeit mehr Diversität in Richtung Lesestoff anzubieten, die Spannweite der Genres auszudehnen. Beliebte Genres, die Buben gerne lesen, wären Abenteuer-, Fantasy- oder Krimibücher. Eine weitere Möglichkeit sie für das Lesen zu gewinnen, wäre nicht allzu lange Bücher auszuwählen, damit sie gefesselt werden und sich nicht langweilen. 

Als nächstes komme ich zu der Bildungsherkunft der Schüler/innen, der höchsten abgeschlossenen Ausbildung der Eltern. Je mehr Ausbildung der Elternteil besitzt, desto größer ist die Chance, dass das Kind die Bildungsstandards erreicht. Dies gilt aber auch im umgekehrten Sinne. Hierbei ist es wichtig den/die Schüler/in individuell zu fördern und die Schwächen oder mögliche Lücken zu finden. Dabei soll das Kind unterstützt werden und seine Begabungen und Potentiale berücksichtigt werden.

Als dritte Chancenungleichheit kann der Migrationshintergrund sein. Es können die Kinder selbst im Ausland geboren werden oder sie haben Eltern, die beide eingewandert sind. Die damit einhergehenden mangelhaften Sprachkenntnisse sind oft Stolpersteine der Kinder auf ihrem Bildungsweg. Obwohl Mehrsprachigkeit als positiv angesehen wird, kann sie auch ein Nachteil für ein sicheres Leseverständnis sein. Eine mögliche Förderungsmöglichkeit in der Lesekompetenz wäre Zugang zu verständlichem Lesestoff verschaffen und damit auch die Leseschwachen unterstützen.

Es ist wichtig als Lehrperson aufmerksam zu sein, wo Bildungsungleichheiten entstehen können und dort wo sich die sozialen Ungleichheiten vergrößern, einen Schritt zur Verbesserung zu wagen.

Wäre es fair Kinder und Jugendliche zu selektieren? Oder alle gleichzusetzen? Diese Fragen könnte man unumstritten mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Aber welche Begründung oder Gedanke liegen hier zugrunde?

Heutzutage hat die schulische Bildung eine gewisse Selektionsfunktion, die aber oft mit anderen Begriffen ersetzt wird, wie zum Beispiel „Auslese“ oder „Allokation“, damit sie neutraler wirkt. Kinder werden bereits im Laufe ihrer Elementarbildung geprägt und es wird ihnen ein Grundstein für ihre zukünftige Weiterbildung gelegt. Die Schule soll ein Hilfsmittel für Heranwachsende sein, damit sie das mögliche Maximum an Kompetenzentwicklung erreichen. Dies geschieht durch die Vielfalt an Fächern, Lehrpersonen und die damit verbundenen Lehrer-Schüler-Beziehungen und anderen Erfahrungen während der Schulzeit. Während dieser Laufbahn im Leben werden die Schüler und Schülerinnen für ihre erbrachte Leistungen auch benotet. Die Rückmeldungen, die sie schon mit dem Beginn der Grundschule erhalten, sollten sie stimulieren und sie dazu bewegen ihre Kompetenzen weiterzuentwickeln und sich selbst herauszufordern. Nun stellen wir uns der Frage, ob die Auslese nach Leistung überzeugend ist.

Die Selektion bedeutet, dass gewisse Schüler und Schülerinnen von zukünftigen Bildungslaufbahnen ausgeschlossen werden. Die Allokation hingegen verteilt die Schüler und Schülerinnen auf zukünftige Berufslaufbahnen. Man selektiert oder verteilt eben Kinder nach ihren schulischen Leistungen auf bestimmte Laufbahnen. Ihre persönlichen Wünsche werden dabei nicht berücksichtigt. In manchen Ländern gehört die Auslese nicht zum Aufgabenbereich der Schule. Es gibt andere Methoden wie zum Beispiel Aufnahmeprüfungen oder andere Aufnahmeverfahren, die man absolvieren muss, damit man sich innerhalb einer höheren Institution weiterbilden kann. Es zeigt also, dass die Noten nicht ausschlaggebend sein müssen.

Angenommen wir möchten die Auslese „fair“ haben, dann sollte sie leistungsgerecht durchgeführt werden. Andere Merkmale wie Herkunft, Geschlecht, Aussehen, Religionen oder vieles mehr sollten nicht berücksichtigt werden. Mit anderen Wörtern sollte man die Schüler und Schülerinnen nur als Leistungsroboter ansehen. Als zukünftige Lehrpersonen haben wir zentrale pädagogische Aufgaben, darunter unseren Schülern und Schülerinnen mit Empathie, Respekt und Mitgefühl entgegenzukommen. Hinzu kommt noch, dass wir ihre persönlichen Bedürfnisse und Ängste wahrnehmen müssen und sie anerkennen sollen. Eine leistungsbasierende Auslese aber ermöglicht mir kein Wechselspiel zwischen Leistungen und Mitgefühl. Die Rolle der Lehrperson würde von einer vertrauensvollen Bezugsperson zu einer kalten Leistungsgeber/in verwandelt werden. Man würde von uns verlangen, dass wir jedes einzelne Kind auf dessen Leistungen reduzieren, damit wir ihn „fair“ auf eine Berufslaufbahn verteilen können. Und das widerspricht dem Beruf einer engagierten Lehrperson meiner Meinung nach.

Ein weiterer Punkt, welcher aus meiner Sicht gegen Selektion in der Schule spricht, wäre der individuelle Lernfortschritt, der eine „leistungsgerechte“ Allokation hindert. Kinder kommen mit sechs Jahren in die Schule. Manche fangen die 1. Klasse an, andere erst die Vorschule. In den kommenden Jahren formt sich jede/r Einzelne, bringt verschiedene Erfahrungen mit sich und einen eigenen Lernfortschritt. Die Schüler und Schülerinnen entwickeln erst deren Autonomiefähigkeit und eine autonome Persönlichkeit. Jedes Kind besitzt andere Hintergründe und bildet sich stets weiter, sie entfalten neue Selbst-Eigenschaften und versuchen auch immer wieder ihre Grenzen zu überschreiten. Manche Kinder werden in der Klasse als Außenseiter betrachtet, manche werden besser anerkannt. All diese Erfahrungen prägen sie und verhelfen ihnen sich zu einzelnen Individuen zu entwickeln.

Aus den erwähnten Gründen finde ich auch, dass die Schule nicht selektieren sollte und schon gar nicht nach erbrachten Leistungen. Die Bewertung und die Benotungen der Leistungen sollen Instrumente für eine individuelle Rückmeldung sein. Schüler und Schülerinnen sollten dann dementsprechend wissen, wo sie noch zu arbeiten haben und wo sie gefördert werden sollen. Als zukünftige Lehrperson finde ich es auch wichtig, dass man den Schülern und Schülerinnen konstant ihr aktuell erreichtes Leistungsniveau präsentiert und mit ihnen kommuniziert, damit sie an ihrem Lernprozess exakt und effizient arbeiten können.