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Wäre es fair Kinder und Jugendliche zu selektieren? Oder alle gleichzusetzen? Diese Fragen könnte man unumstritten mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Aber welche Begründung oder Gedanke liegen hier zugrunde?

Heutzutage hat die schulische Bildung eine gewisse Selektionsfunktion, die aber oft mit anderen Begriffen ersetzt wird, wie zum Beispiel „Auslese“ oder „Allokation“, damit sie neutraler wirkt. Kinder werden bereits im Laufe ihrer Elementarbildung geprägt und es wird ihnen ein Grundstein für ihre zukünftige Weiterbildung gelegt. Die Schule soll ein Hilfsmittel für Heranwachsende sein, damit sie das mögliche Maximum an Kompetenzentwicklung erreichen. Dies geschieht durch die Vielfalt an Fächern, Lehrpersonen und die damit verbundenen Lehrer-Schüler-Beziehungen und anderen Erfahrungen während der Schulzeit. Während dieser Laufbahn im Leben werden die Schüler und Schülerinnen für ihre erbrachte Leistungen auch benotet. Die Rückmeldungen, die sie schon mit dem Beginn der Grundschule erhalten, sollten sie stimulieren und sie dazu bewegen ihre Kompetenzen weiterzuentwickeln und sich selbst herauszufordern. Nun stellen wir uns der Frage, ob die Auslese nach Leistung überzeugend ist.

Die Selektion bedeutet, dass gewisse Schüler und Schülerinnen von zukünftigen Bildungslaufbahnen ausgeschlossen werden. Die Allokation hingegen verteilt die Schüler und Schülerinnen auf zukünftige Berufslaufbahnen. Man selektiert oder verteilt eben Kinder nach ihren schulischen Leistungen auf bestimmte Laufbahnen. Ihre persönlichen Wünsche werden dabei nicht berücksichtigt. In manchen Ländern gehört die Auslese nicht zum Aufgabenbereich der Schule. Es gibt andere Methoden wie zum Beispiel Aufnahmeprüfungen oder andere Aufnahmeverfahren, die man absolvieren muss, damit man sich innerhalb einer höheren Institution weiterbilden kann. Es zeigt also, dass die Noten nicht ausschlaggebend sein müssen.

Angenommen wir möchten die Auslese „fair“ haben, dann sollte sie leistungsgerecht durchgeführt werden. Andere Merkmale wie Herkunft, Geschlecht, Aussehen, Religionen oder vieles mehr sollten nicht berücksichtigt werden. Mit anderen Wörtern sollte man die Schüler und Schülerinnen nur als Leistungsroboter ansehen. Als zukünftige Lehrpersonen haben wir zentrale pädagogische Aufgaben, darunter unseren Schülern und Schülerinnen mit Empathie, Respekt und Mitgefühl entgegenzukommen. Hinzu kommt noch, dass wir ihre persönlichen Bedürfnisse und Ängste wahrnehmen müssen und sie anerkennen sollen. Eine leistungsbasierende Auslese aber ermöglicht mir kein Wechselspiel zwischen Leistungen und Mitgefühl. Die Rolle der Lehrperson würde von einer vertrauensvollen Bezugsperson zu einer kalten Leistungsgeber/in verwandelt werden. Man würde von uns verlangen, dass wir jedes einzelne Kind auf dessen Leistungen reduzieren, damit wir ihn „fair“ auf eine Berufslaufbahn verteilen können. Und das widerspricht dem Beruf einer engagierten Lehrperson meiner Meinung nach.

Ein weiterer Punkt, welcher aus meiner Sicht gegen Selektion in der Schule spricht, wäre der individuelle Lernfortschritt, der eine „leistungsgerechte“ Allokation hindert. Kinder kommen mit sechs Jahren in die Schule. Manche fangen die 1. Klasse an, andere erst die Vorschule. In den kommenden Jahren formt sich jede/r Einzelne, bringt verschiedene Erfahrungen mit sich und einen eigenen Lernfortschritt. Die Schüler und Schülerinnen entwickeln erst deren Autonomiefähigkeit und eine autonome Persönlichkeit. Jedes Kind besitzt andere Hintergründe und bildet sich stets weiter, sie entfalten neue Selbst-Eigenschaften und versuchen auch immer wieder ihre Grenzen zu überschreiten. Manche Kinder werden in der Klasse als Außenseiter betrachtet, manche werden besser anerkannt. All diese Erfahrungen prägen sie und verhelfen ihnen sich zu einzelnen Individuen zu entwickeln.

Aus den erwähnten Gründen finde ich auch, dass die Schule nicht selektieren sollte und schon gar nicht nach erbrachten Leistungen. Die Bewertung und die Benotungen der Leistungen sollen Instrumente für eine individuelle Rückmeldung sein. Schüler und Schülerinnen sollten dann dementsprechend wissen, wo sie noch zu arbeiten haben und wo sie gefördert werden sollen. Als zukünftige Lehrperson finde ich es auch wichtig, dass man den Schülern und Schülerinnen konstant ihr aktuell erreichtes Leistungsniveau präsentiert und mit ihnen kommuniziert, damit sie an ihrem Lernprozess exakt und effizient arbeiten können.

 

 

 

 

 

 

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