Familie als wichtigster Faktor?
Familie: natürlich, selbstverständlich, vertraut und unentrinnbar. Kinder werden in die Abhängigkeit von ihren Eltern hineingeboren. Sie können zu Beginn ihres Lebens nicht ohne die intensive Pflege und Erziehung leben. Sie erlernen in der Familie Sprache, grundlegende Fertigkeiten, gesellschaftliche Normen und soziale Kompetenzen, entwickeln in ihr Persönlichkeitsstrukturen, Charaktereigenschaften, Denkstile, Erlebensweisen, Rollenerwartungen und Einstellungen. Und genau um diese Einstellungen und Denkweisen geht es. Jedes Kleinkind erlebt seine Familie anders, interpretiert das Verhalten seiner Eltern, Geschwister und Verwandten unterschiedlich. Es wächst in einem sozialen Milieu auf, in dem seine Bezugspersonen ganz individuell auf seine eigenen Eigenschaften, Bedürfnisse, Emotionen, Aktivitäten sowie verbalen und nonverbalen Botschaften eingehen. Einerseits wird es durch die Familie in seinem Verhalten und Erleben geprägt, andererseits gestaltet es sein soziales Umfeld durch seine Reaktionen mit. Vor allem in den ersten drei Lebensjahren verankert das Kind viele Verhaltensweisen und Erfahrungen, die es erlebt.
Eltern haben für ihre Kinder eine gewisse Vorbildfunktion. Man hält das richtig, was auch Mama und Papa für richtig halten. Zumindest bis man sich selber mit einigen Themen auseinandersetzt. Früher wurde den Kindern z.B. gesagt, welche Partei man zu wählen hat. Heute sieht das natürlich ganz anders aus. Auch eigene Denkweisen von den Eltern färben auf ihre Sprösslinge ab. Geht man mit dem Kind z.B. auf einen Spielplatz, werden dort viele andere Kinder auch sein – und hier beginnt meistens das große Differenzieren: sieht man das eigene Kind z.B. mit einem anderen Kind – mit anderer Hautfarbe – spielen, beginnt die Mutter schon skeptisch zu schauen, ob vielleicht nicht ein anderes Plätzchen frei ist, um diesen einem – trotzdem gleichen – Kind aus dem Weg zu gehen. Die Mutter geht weiter und findet einen neuen Ort. Hier spielt z.B. ein Kind mit Autismus. Natürlich ist das der Mutter auch nicht geheuer und sie packt ihre Sachen und geht mit ihrem Kind nach Hause. Doch was sagt die Mutter dann, wenn das Kind sie fragt, warum es nicht mit den anderen Kindern weiterspielen durfte? Etwa: „Nein, das Kind hatte eine andere Hautfarbe als du?“ Natürlich merkt sich das Kind dieses Verhalten und wird beim nächsten Mal vielleicht gar nicht mehr in die Nähe eines „anderen“ Kindes gehen. Doch woher will die Mutter wissen, dass dieses eine Kind so anders war als ihres, dass sie nicht mal miteinander spielen durften?
Autor: M. Siebenhofer