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Schule und Bildung befindet sich in Österreich seit Einführung der Schulpflicht durch Maria Theresia im Jahr 1774 im konstanten Wandel und Reformzwang. Als Spielball politischer Ideologien und Machtkämpfe werden Systeme, oft auch unabhängig ihrer wissenschaftlich-pädagogischen Relevanz, aufrechterhalten oder neu ausprobiert; das Ideal der bestmöglichen Bildung für Kinder und Jugendliche kommt da leider oft zu kurz. Dabei sind Reformationen des Schulsystems im Gedanken nichts Schlechtes.

 

Historisch betrachtet war auch Maria Theresia vom Gedanken der Aufklärung, vernunftorientiertes, rationales Denken, inspiriert. Sie erkannte, dass die Träger eines Staates die Bevölkerung ist und Machtstellung auch nur mithilfe einer gebildeten Bevölkerung ausginge. Um auch Preußen nachzukommen, welche eine allgemeine Schulpflicht seit 1763 hatten, unterzeichnete die Kaiserin die Allgemeine Schulordnung für die deutschen Normal-, Haupt und Trivialschulen in sämtlichen Kayserlichen Königlichen Erbländern. Ihr Thronfolger Josef II. baute vor allem Schulen und reformierte das System weiter. Nach einer Zusammenkunft mit der russischen Zarin Katharina II. ließ diese das österreichische Schulmodell im gesamten russischen Reich einführen.

 

Ebenfalls wichtige Eckdaten in der österreichischen Schulhistorie sind das Jahr 1868 und 1869. In ersterem wurde die erste Mittelschule für Mädchen eröffnet, ein Jahr später folgte eine Öffnung der Bürgerschulen ebendiese. Ebenfalls wurde 1869 das Reichsvolksschulgesetz eingeführt, welches das bisherige Schulsystem stark reformierte. Beispielsweise wurde die Schulpflicht von sechs auf acht Jahre ausgeweitet und die Klassengröße auf maximal 80 Schülerinnen und Schüler reduziert. Aus heutiger Sicht unvorstellbar, solch große Klassen. Diese Reduzierung war eine Konsequenz aus einer militärischen Niederlage des österreichischen Heers, welches eine zu hohe Analphabetenquote aufwies. Auch wurde der Kirche jegliche Bildungspflicht entzogen, was für die Betreuung der Schülerinnen und Schüler alleinig den Staat verantwortlich machte. 1892 wurde das erste Mädchengymnasium gegründet, 1901 durften diese philosophische und medizinische Universitäten besuchen.

 

In der Ersten Republik sorgte vor allem sozialdemokratischer Unterrichtsminister Otto Glöckl für Reformen. Er sorgte dafür, dass schulorganisatorische Entscheidungsgewalt nicht mehr bei Bürokraten, sondern bei pädagogischen Fachleuten liegt und führte eine dafür verantwortliche Schulreformkommission ein. 1919 wurden gemischtgeschlechtliche Schulen zugelassen. Glöckl selbst war sein Leben lang ein Verfechter der Gesamtschule. Weitere progressive Schulreformationsideen wurden aber durch den aufkommenden austrofaschistischen Ständestaat und den nachfolgenden Nationalsozialismus nicht umsetzbar. Im Nationalsozialismus war Geschlechtertrennung wieder Pflicht, Mädchenbildung wurde begrenzt, da die Mutterschaft das höchste anzustrebende Ziel war.

 

In der Zweiten Republik wurde die Schulpflicht auf neun Jahre ausgeweitet. Zur LehrerInnenbildung wurden pädagogische Akademien gegründet. Geschlechtertrennungen in Werk- und Turnunterricht wurden gesetzlich abgeschafft. Auch integrative Schulangebote, für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung, werden seit 1989 ausgebaut und (je nach Regierung mal mehr, mal weniger) gefördert. Ebenfalls wurde das Angebot an weiterführenden Schulen mit ihren verschiedenen Ausprägungen stark ausgebaut, was zu einer Verdoppelung an Lehrpersonen in Österreich zwischen 1970 und 2000 führte.

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