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von Johanna Stögermayr

Die Autorin Melisa Erkurt schreibt in ihrem Kapitel „Warum können Sie so gut Deutsch“ über ihre Erfahrungen, mit welchen sie als „Ausländer-Kind“ zu kämpfen hatte. Sie ist eines der vielen positiven Beispiele von gelungener Integration. Gelungen, weil sie in einer Integrationsklasse mit bemühten PädagogInnen war, in der sie von den anderen SchülerInnen lernen und so genügend Selbstvertrauen aufbauen konnte.

Jedoch ist es leider häufig so, dass Kinder mit Migrationshintergrund in eine eigene „Deutschklasse“ kommen. Das hat den Nachteil, dass die Kinder untereinander entweder nicht deutsch sprechen oder nur „fehlerhaftes“ Deutsch hören bzw. sprechen lernen. Weiters ist es für die SchülerInnen schwieriger Freundschaften mit „heimischen“ SchülerInnen zu knüpfen, oder eine eigene Identität zu entwickeln, da sie durch die „Deutschklassen“ das Gefühl bekommen anders zu sein. Aus diesem Grund fällt es ihnen auch schwer sich später in der Gesellschaft zu integrieren, da sie es nicht anders gelernt haben.

Daher ist es als Lehrperson besonders wichtig SchülerInnen mit Migrationshintergrund in einer Integrationsklasse zu unterstützen und ihnen zu zeigen, dass sie genauso besonders sind wie alle anderen SchülerInnen in der Klasse. Von Anfang an sind Sprache, Herkunft, Vergangenheit und der kultureller Hintergrund anders als von den anderen. Erkurt erzählt davon, dass ihre KindergartenpädagogInnen sie nie spüren ließen anders zu sein, wofür sie ihnen bis heute dankbar ist. Aus diesem Grund müssen auch wir in der Sekundarstufe 1 und 2 die SchülerInnen so gut es geht unterstützen, indem wir im Unterricht auf die Mehrsprachigkeit eingehen anstatt sie zu diskriminieren oder ihnen verbieten in ihrer Sprache zu sprechen.

Für uns als Lehrpersonen sollte es normal sein den SchülerInnen zu zeigen, dass sie auf ihre Muttersprache stolz sein können, denn nur so können sie sich auf eine neue Sprache, Kultur und somit auf ein neues Leben einlassen. Werden sie jedoch im Gegensatz dazu nur diskriminiert, würde es kein Mensch schaffen sich auf „Schulzeug“ zu konzentrieren.

Hier zwei Beispiele, wie man die Mehrsprachigkeit von SchülerInnen und zugleich auch alle SchülerInnen im Unterricht integrieren kann.

  • Eine kurze Geschichte übersetzen:

Im Unterricht wird eine Geschichte erzählt und als Hausaufgabe sollten die SchülerInnen die Geschichte so erzählen, als würden sie es einem Freund erzählen. Dabei dürfen sie ihre Umgangssprache (Mundart oder andere Muttersprache) verwenden. Am nächsten Tag werden die Geschichten vor der Klasse in den verschiedenen Sprachen vorgetragen. Anschließend kann darüber gesprochen werden, wie die Sprache auf die SchülerInnen gewirkt hat. War sie schnell, langsam, flüssig oder eher stockend? Woran könnte das liegen? Hört sich die Sprache von zwei SchülerInnen mit der gleichen Muttersprache unterschiedlich an und woran könnte das liegen?

  • Sportunterricht: jeder zählt auf einer anderen Sprache bis zehn:

Die SchülerInnen müssen herausfinden, wie viele Sprachen sie insgesamt in der Klasse sprechen können. Dann wird eine Übung ausgewählt, wie z.B. Sit-ups, Liegestütz. Jede Übung wird zehnmal gemacht und ein/e Schüler/in zählt in einer anderen Sprache als Deutsch und die anderen sprechen ihm/ihr während den Übungen laut nach. Das kann auch dabei helfen, dass die SchülerInnen sich mit ihrer Sprache und Herkunft identifizieren können und es cool ist einen andere Sprache zu sprechen.

Mein Appell an die Politik und LehrerInnen lautet, dass es keine „Deutschklassen“ mehr geben sollte. Stattdessen sollten alle SchülerInnen gemeinsam in eine Klasse sein und am selben Gegenstand arbeiten.

Als eine von vier Mädchen habe ich mich mit elf Jahren im Werkunterricht unter zwanzig Burschen zunächst falsch am Platz gefühlt. In der Schule konnten wir es uns damals aussuchen, ob wir textiles oder technisches Werken besuchen wollten und da mein Opa zu Hause eine große Werkstatt hatte, wollte ich natürlich lernen, wie ich ihm beim Holz Verarbeiten helfen kann. Die restlichen Mädchen in meiner Klasse hatten sich allerdings für textiles Werken entschieden, denn „Technisches Werken ist doch was für Burschen!“ – nicht nur von Mitschüler*innen, sondern auch von Lehrkräften habe ich dies mehrmals zu hören bekommen.

Aber woher kommt das? Warum sind Geschlechtsstereotype in unserer westlichen und, ich möchte doch behaupten, relativ aufgeklärten Gesellschaft immer noch so präsent? Um diese Fragen zu klären, muss zunächst deutlich gemacht werden, was mit Geschlechtsstereotype im Allgemeinen gemeint ist und wie diese überhaupt entstehen. In ihrem Werk „Gender-Sprache-Stereotype: Geschlechtersensibilität im Alltag und Unterricht“ (2020) schreibt Prof. Dr. Hilke Elsen dazu folgendes:

Geschlechtsstereotype setzen sich aus Informationen zu Person, Aussehen, Kleidung, Verhalten und Interessen (Freizeit, Spiele), Charakterzügen, Beruf, Namen und sprachlichem Verhalten zusammen. Sie werden in einem komplexen Netzwerk miteinander assoziiert und im Laufe des Lebens unterschiedlich gewichtet. […] Die Kinder nehmen andere in ihrem Verhalten und Aussehen wahr und erhalten Reaktionen auf eigenes Aussehen und Verhalten: Je mehr Frauen mit langen Haaren und Kleidern auftreten, desto stärker wird die Korrelation für das Konzept ‚Frau‘. Je häufiger und stärker ein Junge reglementiert wird, wenn er einmal einen Rock anziehen möchte, desto stärker wird die Korrelation ,Mann‘ – ‚kein Rock. (S.109)

Geschlechtsstereotype sind also kulturabhängig und werden großteils erlernt. Allseits bekannte Auffassungen wie etwa „Mädchen sind sprachbegabter als Burschen, dafür sind diese handwerklich geschickter“ werden in der Regel aber auch nicht hinterfragt, sondern blindlinks angenommen und weitervermittelt. Aber steckt man die Schüler*innen somit nicht direkt in eine Schublade? Meiner Meinung nach ist dies sehr wohl der Fall. Auch Elsen (2020, S. 110) findet, dass obwohl vermutet wird, dass Kinder (bedingt durch Hormone und Gehirnstruktur) bis zu einem gewissen Grad ein vorgefertigtes, geschlechtsspezifisches Denken haben, das „soziale Umfeld“ eine wesentliche Rolle spielt. Sie meint: „[…] das soziale Umfeld lenkt von Anfang an das Augenmerk auf entsprechende Sollvorgaben. Kinder lernen in der Familie im Alter von wenigen Monaten, was von ihnen erwartet wird.“ (Elsen, 2020, S.110)

Also bereits vom Elternhaus aus werden häufig geschlechtsstereotypische Werte vermittelt. Elsen (2020, S. 110) führt hierbei das Spielen mit Puppen an, welches stereotypisch Mädchen zugeschrieben wird. Ein weiteres Beispiel dafür sind sogenannte „Baby showers“, also Partys auf denen werdende Eltern das Geschlecht ihres Babys bekannt geben. Diese sind momentan stark im Trend und ein hervorragendes Beispiel, wie Kinder bereits vor ihrer Geburt an geschlechtsspezifische Vorurteile gebunden werden. Um das jeweilige Geschlecht bekannt zu geben, werden nämlich meist die Farben rosa und blau verwendet, wobei rosa für ein Mädchen und blau für einen Jungen steht. Diese zwei Farben sind in unserer Gesellschaft heutzutage, aufgrund der starken Konnotation, quasi ein Symbol für die zwei traditionellen Geschlechter geworden. Selbst in Schulbüchern finden sich, neben anderen geschlechtsstereotypischen Äußerungen, Beispielen und Abbildungen, immer wieder diese zwei Farben als Kennzeichnung für die Geschlechter Frau und Mann. Dass ein Junge aber beispielsweise rosa lieber mögen kann als blau, scheint dabei egal zu sein. Aus Erfahrung kann ich leider sagen, dass so ein Junge in der Schule dafür vermutlich schräg angeschaut oder womöglich sogar dafür gemobbt würde. Der Grund dafür wäre einzig und allein, dass er nicht der Geschlechtsstereotype entspricht.

In der Schule ist hinsichtlich des Themas also offensichtlich noch reichlich Aufklärungsbedarf und Veränderung nötig. Die Personen, welche in diesem Bereich (neben den Eltern und Kindergartenpädagog*innen) viel Einfluss haben und folglich auch etwas bewirken können sind die Lehrkräfte. Aufgrund dessen ist es ausschlaggebend, dass im Unterricht diese Geschlechtsstereotype direkt angesprochen und auch besprochen werden. Zudem sehe ich es als Lehrauftrag einer jeden Lehrperson, die im Unterricht verwendete Sprache dahingehend anzupassen, dass Geschlechtsstereotype (zumindest weitgehend) vermieden werden. „Denn Kinder nehmen Stereotype anders wahr als Erwachsene, sie können die Verallgemeinerungen und Verzerrungen noch nicht erkennen und binden die Stereotype aktiv in ihre Wirklichkeitskonstruktionen ein. Sie konstruieren Geschlecht anhand der Geschlechtsstereotype und Verhaltenstypisierungen.“ (Elsen, 2020, S. 110) Was die Kinder also im Schulalltag an Geschlechtsstereotypen hören und lernen, nehmen sie in der Regel ohne weiteres Hinterfragen auf und halten es für wahr. Auch Studien (Hilliard und Liben, 2010 und Liben, 2001) an Volksschulkindern haben gezeigt, dass dies der Fall ist. Im Vergleich zu den Kontrollgruppen, haben die Kinder der Versuchsgruppen ein stark verändertes, geschlechtsstereotypes Verhalten aufgewiesen, nachdem diese einige Wochen lang im Unterricht mit Geschlechtsstereotypen konfrontiert wurden. (Elsen, 2020, S. 110)

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass Geschlechtsstereotype leider immer noch der Regel angehören. Im Alltag zu Hause und auch im Schullalltag ist dies der Fall und es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Kinder dabei keine Chance haben, objektiv zu bleiben da sie nicht erkennen können, dass Geschlechtsstereotype bloß Vorurteile sind und nicht der Realität entsprechen. Es ist daher also der Auftrag der Eltern und vor allem auch der Pädagogen im Bildungsbereich, dieses Thema aktiv anzugehen, die Schüler*innen aufzuklären und mit ihnen darüber zu diskutieren. Denn um nochmals auf die anfängliche Frage, weshalb Geschlechtsstereotype in unserer heutigen Gesellschaft immer noch so präsent sind, zurückzukommen: es liegt an unserer Gesellschaft selbst. Trotzdem wir relativ aufgeklärt sind in unserem westlichen Lebensstil, gibt es immer noch verankerte Annahmen und Prinzipien, die zwar längst überholt sind, jedoch weitervermittelt und praktiziert werden. Aber wollen wir den jüngeren Generationen nicht doch lieber zeigen, dass ihnen die Welt offen steht? Dass sie die Farben mögen können, die sie wollen, dass sie den Beruf ausüben können, den sie wollen und dass sie sein können, wie und wer sie wollen – alles, ohne dabei aufgrund veralteter Geschlechtsstereotype verurteilt, sondern im Gegenteil, in ihren Vorhaben bekräftigt zu werden?

 

Bibliographie:

Elsen, H. (2020). Gender-Sprache-Stereotype: Geschlechtersensibilität in Alltag und Unterricht. Tübingen: utb GmbH.

Persönliche Stellungnahme zweier LehramtsstudentInnen zu dem Kapitel „Chancenlos von Anfang an“ aus dem Buch „Generation haram. Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben.“ Von Melissa Erkurt. Ein Text von Christina Schöppl und Markus Lohberger

Wir kommen aus einer sehr behüteten Familie: Die Mahlzeiten wurden immer gemeinsam eingenommen, am Abend wurde uns vorgelesen und man versuchte unseren Fernsehkonsum gering zu halten, weil es damals hieß, dass es schlecht für die Augen sei. Wir erledigten unsere Hausübungen, während unsere Mutter am Herd stand und das Essen vorbereitete und am frühen Abend fielen wir unserem Vater in die Arme, wenn er von der Arbeit nach Hause zurückkehrte. Im Großen und Ganzen war es ein behütetes Heranwachsen in einer klassischen Familienkonstellation mit Mutter, Vater und Kindern. Diese Situation stellte für uns etwas Normales und Gegebenes dar. Uns war nicht bewusst, dass es nicht allen so ging. Mit den Jahren des Heranwachsens wird einem erst klar, dass nicht alle so viel Glück ihr Eigen nennen. Je älter man wird und umso mehr Leute man kennenlernt, desto mehr Geschichten erfährt man. Man kennt die Probleme von Freunden und lernt die Schwierigkeiten kennen. Man versucht jenen zu helfen. So geht es auch den Lehrpersonen aus dem Text. Diese kennen die Probleme der SchülerInnen. Sie erfahren, dass Kindern in der Volksschule noch nie das beglückende Gefühl zuteilgeworden ist, dass jemand ihnen vorliest und eine Welt vor ihrem inneren Auge entsteht. Lehrpersonen erfahren, dass viele SchülerInnen Probleme mit dem Deutschen haben, nicht weil sie es nicht lernen wollen, sondern weil sie außerhalb der Schule keinen Kontakt zu deutschsprachigen Leuten haben. Sie erfahren alle diese Probleme und wollen helfen. Sie wollen ihre Aufsichtspflicht erfüllen und zugleich gute Menschen sein. In unserem System ist das allerdings schwer möglich. Als LehramtsstudentIn erlangt man bereits eine gewisse Einsicht in die Lebenswelt von Lehrpersonen. In unserem Verwandtenkreis gibt es selbst einige Lehrpersonen, von denen wir Geschichten kennen.

Lehrpersonen haben in den letzten Jahren an Ansehen verloren. In der Zeit unserer Großeltern wurden LehrerInnen noch als Autoritätspersonen von SchülerInnen und Eltern gesehen. Mittlerweile ist dieses Ansehen deutlich gesunken. Lehrpersonen sind in einen Zwiespalt geraten: Sie sollen einerseits sicherstellen, dass SchülerInnen den angestrebten Standard erreichen, andererseits sollen sie aber auch ein Verständnis für ihre Schutzbefohlenen haben, diese in ihren Talenten fördern und auch sonst unterstützen. Gleichzeitig wollen LehrerInnen natürlich auch Zeit für ihr Privatleben und ihre eigene Familie behalten. Besagte unterschiedlichen Ziele unter einen Hut zu bringen fällt nicht leicht. Obwohl Lehrpersonen lediglich etwa 22 Stunden in der Schule im Unterricht zubringen, kommt auch noch die Vor- und die Nachbereitung der Stunden dazu. Diese fällt vor allem gewaltig aus, wenn ein/eine LehrerIn wirklich engagiert ist und den Unterricht speziell auf die jeweilige Klasse zuschneidet. Vor allem in der jetzigen Situation mit der Corona-Pandemie ist das Lehramt zu einem permanenten Bereitschaftsjob geworden, da Eltern und SchülerInnen immer wieder Kontakt suchen, wenn etwas im Distance-Learning nicht verstanden wurde.

Man kann sich die Situation eigentlich sehr einfach vorstellen. Ein/eine LehrerIn soll mittlerweile bei der Erziehungsarbeit der SchülerInnen mithelfen. Eine durchschnittliche Klasse nennt 25 SchülerInnen ihr Eigen. In der Volksschule befindet sich eine Lehrkraft täglich etwa vier Stunden in der Klasse. In der Sekundarstufe fällt diese Zahl auf eine bis zwei Stunden herab. In diesem Zeitraum sollen Lehrer Probleme beheben, die Schüler zuhause haben. Dies aber nicht für ein oder zwei Kinder, sondern vor allem in Brennpunktschulen für ganze Klassen. Gleichzeitig muss die Lehrkraft aber ihre Aufgabe erfüllen und die SchülerInnen bewerten. Die Funktion einer Schule ist einerseits die Wissensvermittlung, andererseits die Bewertung. Sind SchülerInnen  gut genug, um die Schulstufe zu bestehen oder um die Reifeprüfung zu erhalten? Besagte Situation wurde auch in dem Text von Melisa Erkurt behandelt.

Die komplett unterschiedlichen Aufgaben und Bedürfnisse sind unserer Meinung nach im jetzigen System nicht unter einen Hut zu bringen. LehrerInnen sollen in ihrem Unterrichtsgegenstand auf einem akademischen Niveau sein, das in der Schule keinesfalls erreicht wird. Sie sollen eine didaktische Ausbildung haben und zusätzlich ein offenes Ohr für ihre SchülerInnen haben und die Erziehungsfehler der Eltern ausbügeln. Für diese Aufgaben fehlen unserer Ansicht nach die unterstützenden Strukturen und Förderungen, die dafür nötig wären. Wenn man all diese Aufgaben bewältigen soll, dann müsste die Klassengröße verringert werden, man bräuchte mehr Zeit mit den Schülern, in denen man keinen Stoff „durchbringen“ muss, um jene auf die Matura vorzubereiten, man bräuchte eine/n weiteren Pädagogen/-in, der sich auf bestimmte SchülerInnen genauer konzentrieren kann. Die hier beschriebene Problematik ist schlussendlich eine gesellschaftliche und politische, die auf dem Rücken der Schulangestellten und in weiterer Folge auf dem der heranwachsenden Generation ausgefochten wird.

 

Geschlecht ist die zentrale Achse der Differenz(-ierung) nicht nur in der Gesellschaft, aber auch in der Schule.

Warum? 

1. Weil Geschlecht, genauso wie die anderen zwei Kategorien sozialer Ungleichheit – social class und race (soziale and ethnische Herkünfte) –zur sozialen Ungleichheit beiträgt, indem es „die Möglichkeiten des Zugangs zu Ressourcen, Macht und Rechten [beeinflusst].

[…] Geschlecht ist eine Kategorie, anhand derer sich Ungleichheiten formen und Hierarchisierungen entwickeln, die wiederum grundlegend Strukturen, Wahrnehmungen und Verhalten prägen, so auch in der Schule” (Bartsch/Wedl, S.10): ein Teufelskreis, der schwer, aber trotzdem zu durchbrechen ist. 

2. Weil Schule ein wichtiger Teil der Gesellschaft ist: in der Schule wird die Zwei-Geschlechter-Ordnung nicht nur alltäglich erlernt und hergestellt (durch die inkompetente Thematisierung von Geschlecht), sondern auch zugespitzt.

Schule ist kein geschlechtsneutraler Raum (so wie unsere Gesellschaft). Schule ist eine Bühne, wo das konstante “Spiel der Geschlechter” stattfindet (so wie in unserer Gesellschaft üblich).

3. Weil Schule ein spezifischer Sozialisationsort ist, wo aktiv in den Prozess der Herstellung von Zwei-Geschlechter-Ordnung eingegriffen werden kann, um die Thematisierung von Geschlecht kompetent zu steuern, und somit die Geschlechtergleichheit in unserer Gesellschaft ein Stück nach vorne zu bringen (Bartsch/Wedl, S.9).

Die „Zwei-Geschlechter-Ordnung“ ist kein gesellschaftliches Modell, das unserer Gesellschaft inhärent ist, sondern es hat sich in dem europäischen Raum erst mit dem 18. Jahrhundert durchgesetzt, d.h. es ist veränderbar und ausgestaltbar (Bartsch/Wedl, S.15).

Idealerweise soll Familie der erste Ort sein, wo Geschlechterdemokratie, d.h. Geschlechtergleichheit beigebracht werden soll. In der Familie werden Geschlechterverhältnisse durch zwischenmenschliche Interaktionen erlernt, d.h. Kinder lernen durch das Beobachten, z.B. wie ihre Eltern sich ausdrücken, verhalten und miteinander umgehen, sowie mit anderen Mitgliedern der Gesellschaft, u.a. Nonkonformisten, oder wie sie sich die Haushaltsaufgaben teilen (geschlechtsneutral oder geschlechtsspezifisch), wie sie mit Geschlechterstereotypen umgehen und Geschlechterrollen verstehen, etc.

Realität sieht aber etwas anders aus, wenn Kriminalitätsstatistiken in Betracht gezogen werden.

Eine von drei Frauen in Europa hat in ihrem Leben schon mindestens einmal Gewalt erfahren, auch in Österreich. Die Täter sind meist männliche Familienmitglieder, der Tatort das Zuhause. Dazu gehören körperliche und psychische Gewalt, sexuelle Übergriffe und Tötung.”

“Insgesamt hat die Zahl der Gewalttaten durch den Partner [in Deutschland] jedoch zugenommen – von 113.965 in 2017 auf 114.393 weibliche Opfer von häuslicher Gewalt im Jahr 2018 […]. Daneben gab es 26.000 Männer, die von ihren Frauen oder Ex-Partnerinnen bedroht, genötigt oder verletzt wurden.”

“Ebenso wurden 2018 18.526 Opfer familiärer Gewalt von den Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen betreut. 84% der unterstützten KlientInnen waren Frauen und Mädchen, 91% der Gefährder waren männlich”

Das sind nicht einfach tragische Zahlen. Das sind Zahlen, die viel über Geschlechterordnung in unserer Gesellschaft vermitteln (zu bedenken ist, dass die Zahlen nur den sichtbaren Teil des Eisbergs “Häuslicher Gewalt” zeigen und zwar in demokratischen und wohlhabenden EU-Ländern wie Deutschland und Österreich).

Wie bereits gesagt, Schule ist ein wichtiger Teil der Gesellschaft, wo das “Spiel der Geschlechter” gleichermaßen stattfindet und zwar nach den Mustern, die Kinder in ihren Familien (unbewusst) erlernen. Das heißt, es soll nicht davon ausgegangen werden (wie es oft der Fall ist), dass primär durch die elterliche Erziehung das Verständnis für die Gleichstellung von Frauen und Männern und das Reduzieren von Geschlechterstereotypen stattfindet. Es soll davon ausgegangen werden, dass die Schule der einzige Sozialisationsort für viele Kinder sein könnte, wo das Gefühl für Geschlechtergleichheit erzeugt werden kann und zwar durch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema. Das heißt, alle Lehrkräfte (fachunabhängig) sollen im Stande sein das Thematisieren von Geschlecht kompetent anhand der Kenntnisse der Gender Studies durchzuführen, und nicht „auf der Basis des Alltagsverständnisses, […] die vorhandenen Geschlechterverhältnisse [nicht nur (re-)produzieren], sondern [durch geschlechterdifferenzierendes Handeln, häufig unbewusstes, verstärken] (Bartsch/Wedl, S.12).

„Eine Thematisierung von Geschlecht in der Schule ist unerlässlich,“ postulieren Bartsch und Wedl, Herausgeberinnen von Teaching Gender, und nennen drei Hauptgründe: „(1) weil [Geschlecht] eine wirkmächtige (unbewusste) Konstruktionsweise ist, (2) aufgrund seiner Funktion als gesellschaftlich wirksame soziale Ungleichheitskategorie, (3) aufgrund der subjektiven Relevanz von Geschlecht für SchülerInnen und seiner Funktion als Identifizierungskategorie.“ Sie warnen aber, dass „nicht jede Thematisierung zum Abbau von Geschlechterstereotypen und normierenden Geschlechterzuweisungen [die Kinder in der Familie und Gesellschaft beobachten und unbewusst erlernen] beiträgt“ (Bartsch/Wedl, S.16).

Im Gegenteil: die Lehrkräfte, die sich nicht wissenschaftlich, reflektierend und kritisch mit der Problematik der Geschlechterdifferenzierung in der Schule auseinandersetzen, tragen zur „Dramatisierung der Differenz,“ d.h. Hervorhebung, in verschiedenen Unterrichtspraktiken alltäglich bei, „z.B.

  • die Ansprache als StellvertreterIn eines Geschlechts im Sinne einer Platzanweisung (»du als Mädchen/Junge, …«),
  • die Homogenisierung von Geschlechtergruppen (die Mädchen und die Jungen),
  • die Gruppen(ein)teilungen anhand des Geschlechts bzw. die explizite geschlechterhomogene Gruppenarbeit in Form von Jungen- bzw. Mädchenarbeit
  • Lob für geschlechtsadäquates Verhalten,
  • die Abfrage von Stereotypen, ohne diese kritisch aufzulösen,
  • ein Protektionismus für Mädchen, gekoppelt mit einem verallgemeinerten Verdacht auf Machtpositionen auf Seiten der Jungen,
  • geschlechtliche Zuweisungen von Verhalten, Kompetenzen, Eigenschaften oder
    Aktivitäten, und viel mehr“ (Bartsch/Wedl, S.17).

Das sind Beispiele, die aus mehreren empirischen Studien hervorgehen, u.a. aus Studien von Budde/Blasse 2014, Faulstich-Wieland 2005, Thiessen/Tremel.

Trotz der Gefahr der Dramatisierung sind Wissenschaftler zur Erkenntnis gekommen, dass es Situationen gibt, wo sie äußerst sinnvoll ist, z.B.:

  • „wenn Geschlechterbilder Barrieren für die Entwicklung individueller Vielfalt bilden,
  • wenn es zu Diskriminierung von Teilnehmenden bzw. Menschen aus deren Umfeld kommt, die sich nicht geschlechternormenkonform verhalten,
  • wenn ich [als Lehrkraft] Teilnehmenden Wissen zugänglich machen möchte, mit dem sie eigene Probleme oder auch Privilegien in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext stellen und damit auch politisiert bearbeiten können, anstatt alles individualisiert auf eigenes Versagen bzw. eigene Talentiertheit zu schieben oder das Erleben zu naturalisieren,
  • wenn ich Teilnehmende dazu befähigen möchte, eigene diskriminierende bzw. gewalttätige Verhaltensweisen oder die Verinnerlichung selbstschädigender Normen zu erkennen und abzubauen bzw. Wehrhaftigkeit gegenüber solchen zu entwickeln.“ (Bartsch/Wedl, S.19).

Jedoch kann, wie bereits erwähnt, die kompetente Thematisierung von Geschlecht nicht auf Basis des Alltagswissens von Lehrkräften passieren, sondern sie erfordert „eine große Flexibilität und Gender-Kompetenz,“ die auf den Erkenntnissen der Gender Studies aufgebaut werden soll (Bartsch/Wedl, S.20).

Quellen:

Bartsch, Annette/Wedl, Juliette (2015) Zum Reflektierten Umgang mit Geschlecht im Schulunterricht und in der Lehramtsausbildung, in: Bartsch, Annette/Wedl, Juliette (Hrsg.) Teaching Gender? Transkript Verlag: Bielefeld, 9-31.

 

Ich kann mich an viele Ereignisse aus meiner Kindheit erinnern, besonders an die, die mich emotional berührt oder getroffen haben. Es gibt auch Ereignisse, die einem auf den ersten Blick ganz unbedeutsam vorkommen, aber sich trotzdem ganz stark in die Erinnerung eingeprägt haben. Dann frage ich mich oft wieso, bzw. was dem jeweiligen Ereignis die Kraft zum Beeindrucken gab und manchmal bekomme ich sogar eine Antwort auf ganz unerwartete Weise, wie zum Beispiel beim Lesen dieses Absatzes in Teaching Gender:

„Ebenso werden […] Spielzeuge farblich getrennt und von Stereotypen gelenkt nach Geschlechtern angeboten. Konstruktionsspielzeug, welches noch in den 1970er-Jahren unisex bunt war, wird von der gleichen Firma heute geschlechtergetrennt vertrieben: technische Baukästen […] zum Konstruieren und Umbauen für Jungen, dagegen rosa gehaltene Ensembles für Mädchen, mit vorgegebenen Figuren und fertigen Bauteilen, die – im Vergleich zu den Bausätzen – kaum für andere Konstruktionen verwendet werden können. Damit verbunden sind Rollenangebote, die angeblich typische weibliche Lebenssituationen darstellen: in Familie, in helfenden Berufen, als Prinzessin,“ etc. (Bartsch/Wedl, S.14).

Vor 20 Jahren ging ich mit meinem etwas älteren Cousin zu einem Spielzeugstand auf dem großen Markt, um das hartverdiente Geld für ein paar Spielzeuge auszugeben. (Keine Sorge, wir waren keine Opfer von Kinderarbeit)) Wir kümmerten uns nur ganz brav um die Kühe unserer Großeltern, während Oma im Krankenhaus lag.) Am Spielzeugstand gab es alles was sich ein Mädchen und ein Junge wünschen könnten: hübsche Barbies und bunte Autos… und ein paar andere Sachen, wie z.B. Sprungseile.

Ich war 10 und wollte ein Sprungseil. Mein Cousin war 14 und fest überzeugt, dass Barbies das Spielzeug für Mädchen seien. Eine Weile probierte er mich zu überreden eine Barbie, anstatt dem Seil zu nehmen (zum Glück nicht erfolgreich)).

Ich glaube, ich muss dieses real life Beispiel nicht erläutern, da jeder von uns ähnliche Erfahrungen im Leben gemacht hat. Wenn nein, dann seid ihr glückliche Kinder gewesen, die ohne Geschlechterstereotypen (zumindest in Bezug auf Spielzeuge)) aufgewachsen sind. Ich persönlich hatte nur bei meinen Cousins die Gelegenheit mit bunten Autos zu spielen.

Wie stark Geschlechterstereotypen noch immer in unserer Gesellschaft vorhanden sind und wie früh sie uns „beigebracht“ werden, zeigt sehr gut das Video Girl toys vs boy toys: The experiment – BBC Stories.

Das Geschlecht ist die zentrale Achse in unserer Gesellschaft. Sobald das Geschlechtsmerkmal des Babys im Ultraschall erkennbar ist, fangen die meisten Eltern und deren Angehörige an, geschlechterspezifische Babysachen, Klamotten und Spielzeuge in passenden Farben und Mustern zu besorgen. Von Geburt an sind „Kinder nicht einfach Mädchen oder Jungen, sondern werden es” (Bartsch/Wedl, S.10).

Wie? 

Ganz einfach: symbolisch durch Kleidung, Accessoires, Spielzeuge, Frisur … und sprachlich durch tägliche zwischenmenschliche Interaktionen (und nicht durch die geschlechterspezifischen Merkmale, weil diese eigentlich fast immer mit Kleidung bedeckt sind).

Das „Vergeschlechtlichung“ von Kinderzubehör und Spielzeugen passiert aufgrund der Annahme, dass anatomische Unterschiede der zwei Geschlechter natürliche Merkmale sind. Diese Annahme ist wissenschaftlich aber nicht bewiesen, sondern umgekehrt: „psychologische Studien [zeigen] immer wieder die Ähnlichkeit der Geschlechter auf“ (Bartsch/Wedl, S.14).

Diese Annahme basiert eigentlich auf dem gesellschaftlichen Verständnis des Geschlechtes als eine „naturhafte [biologisch eindeutig festgelegte], konstante [sich im Laufe des Lebens nicht veränderbare] und dichotome [weiblich und männlich] Kategorie“ (Bartsch/Wedl, S.15).

Aber ist es wirklich so?

Ich glaubte persönlich, dass es in Bezug auf das „biologische Geschlecht“, alias sex, tatsächlich so war bis ich den Roman Middlesex von Jeffrey Augenides aus dem Jahr 2002 gelesen habe.

Heute gebe ich auf die obige Frage ein klares „Nein.“

Laut Judith Lorber, eine Professorin der Soziologie und Frauenforschung, welche zur Entwicklung des Konzepts des Geschlechts als soziale Konstruktion maßgeblich beigetragen hat, gibt es sogar 5 sexes, wenn von Genitalien ausgegangen wird: „unzweideutig männlich, unzweideutig weiblich, hermaphroditisch, weiblich-zu-männlich transsexuell und männlich-zu-weiblich transsexuell; geht man von der Objektwahl aus, drei sexuelle Orientierungen: heterosexuell, homosexuell und bisexuell […]; geht man von der Erscheinung aus, fünf gender-Repräsentationen: weiblich, männlich, uneindeutig, als Mann gekleidete Frau, als Frau gekleideter Mann […]“ (Bartsch/Wedl, S.16).

Das sind keine Konstrukte des 21. Jahrhunderts. Ich würde mir sogar erlauben zu sagen, dass sie so alt wie die Welt sind, vielleicht nur anders benannt wurden. Zum Beispiel, wie das dritte Geschlecht berdache bei amerikanischen Ureinwohnern. Ein Berdache hatte das männliche biologische Geschlecht und homosexuelle Orientierung, aber erfüllte weibliche oder beide Geschlechterrollen und war sozial hochgeschätzt.

Die obige Kategorien erscheinen nur als zeitgenössische „Erfindungen“ oder Marotte der Mode, weil die jahrhundertelange Herrschaft von zahlreichen sozialen Normen (weil in unserer Gesellschaft alles normiert sein muss(te)) und die Zwei-Geschlechter-Ordnung, alles Nonkonforme als nicht existierend betrachtete. Das heißt aber nicht, dass wir weiter in Ignoranz leben und Kinderzubehör und Spielzeuge nach Geschlechtern kaufen und schenken sollen. Alles was laut der Norm passend ist, trägt zum Verfestigen der Geschlechterstereotypen bei, sogar so eine „unschuldige“ Annahme, dass Puppen für Mädchen und Autos für Buben die richtigen Spielzeuge sind.

Quelle:

Bartsch, Annette/Wedl, Juliette (2015) Zum Reflektierten Umgang mit Geschlecht im Schulunterricht und in der Lehramtsausbildung, in: Bartsch, Annette/Wedl, Juliette (Hrsg.) Teaching Gender? Transkript Verlag: Bielefeld, 9-31.

Halten Sie einen kurzen Augenblick inne. Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich ein wunderschön buntes Blumenbeet mit Sonnenblumen, Tulpen, Rosen und Mohnblumen vor. Manch ein/e Leser/in wird sich nun vielleicht fragen, was ein Blumenbeet mit uns Menschen zu tun hat? Wenn man genau überlegt, ziemlich viel.

Jede Blume ist anders. Keine Blume ist exakt gleich, wie ihre Beet-Nachbarin. Bei der einen ist die Blüte größer, die andere besitzt weniger Blätter, wieder eine andere ist kleiner, die andere schmäler. Dies kann man hervorragend mit den Menschen vergleichen. Dazu kommt, dass wir Menschen, zusätzlich zum Aussehen oder zur Größe, genetisch bedingt alle unterschiedlich sind.

Blumen sind meist keine Einzelgänger, sie gedeihen in Gruppen, denn jede einzelne Blütenpflanze benötigt Schutz vor Wind und Wetter. Wir Menschen sind beim Heranwachsen genauso auf andere angewiesen, wie eine Blume. Wir Menschen benötigen den Schutz einer Familie, um überhaupt gedeihen und reifen zu können. Gäbe es unsere Eltern nicht, würden wir nicht existieren. Gäbe es den Wind nicht, der die Blumensamen in die Ferne an neue Orte treibt, würde dies auf den Menschen übertragen bedeuten, dass neues Leben überhaupt gar nicht möglich wäre.

In einem Blumenbeet wachsen und gedeihen einerseits die mit Lebensenergie erfüllten Sprießlinge, die es vor lauter Vorfreude kaum mehr erwarten können, das Licht der Erde zu erblicken. Nebenan verabschiedet sich eine wunderschöne Sonnenblume langsam von ihrer Familie. Man erkennt, dass die Blüten und die Blätter zu einer für sie immer größeren Last werden, bis diese schließlich abfallen und wieder eins mit der Erde werden. Wir Menschen werden geboren. Wir Menschen müssen sterben.

Im Laufe der Evolution entstanden immer wieder neue Spezies auf der Erde. Die bereits bestehenden Pflanzen und Tiere entwickelten sich weiter und vermehrten sich. Sie mussten sich an die sich stetig ändernden Lebensbedingungen anpassen und einen Weg finden, um ihre Existenz aufrecht zu erhalten. Von Homo Erectus und Homo Neanderthalensis zu Homo sapiens sapiens, dem weisen Menschen.

Wie eine Blume sich im Laufe ihrer Existenz entwickelt, so entwickelt sich der Mensch im Laufe seines Lebens. Er erblickt das Licht der Welt, lernt, pflanzt sich fort. Hier wird die Verbindung zwischen Pflanzen/Blumen und dem Menschen deutlich. Das Wort Fortpflanzung lautet nicht grundlos Fortpflanzung.

Nicht außer Acht gelassen werden darf, dass eine Blume sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsorgane besitzt. Eine Aussage über eine eindeutige Geschlechtszugehörigkeit kann somit nicht getroffen werden. Es gibt also bei einer Blume sowie beim Menschen weit mehr als nur zwei Möglichkeiten; Geschlecht hat mehr Ausprägungen als nur Frau oder Mann. Jeder darf somit über sein (nicht natürliches) Geschlecht entscheiden.

Jede Blume ist wunderschön einzigartig sowie jeder Mensch wunderschön einzigartig ist. Und doch gibt es unzählige Gemeinsamkeiten, die uns schlussendlich alle verbinden.

Autorin: Sonja Harrer

Mitmachen, mitreden, mitarbeiten – egal ob ein Mensch eine Behinderung hat oder nicht. Darum geht es beim Begriff Inklusion. In der Schule bedeutet Inklsuion also: Kinder mit und ohne Behinderung lernen gemeinsam. Würde man Fachleute fragen, würden diese sagen: Kinder mit und ohne Förderbedarf lernen gemeinsam!

Doch was bedeutet eigentlich „ein Kind mit SPF (=sonderpädagogischer Förderbedarf)? Ein solcher Förderbedarf kann bei Kindern aus ganz unterschiedlichen Gründen festgestellt werden: ob Seh- oder Hörschwächen, Schwierigkeiten beim Lernen oder Sprechen, diverse körperliche oder motorische Beeinträchtigungen bis hin zu chronischen Krankheiten.
Einen gemeinsamen Unterricht für Kinder mit und ohne Behinderung gab es in manchen Bundesländern schon, bevor der Begriff Inklusion so breit diskutiert wurde. Nachdem ich einen Artikel über Sozialpädagogik gelesen habe, wurde mir erst bewusst, dass es nicht immer selbstverständlich war, dass Schulen ein gutes Angebot für Schüler/innen mit SPF hatten. Erst nachdem Deutschland im Jahr 2009 die UN-Konvention über „Rechte von Menschen mit Behinderung“ festlegte, wurde Inklusion in der Schule ein Muss. Denn in Artikel 24 der Konvention heißt es, dass „Menschen mit Behinderung gleichberechtigt Zugang zu einem inklusiven, hochwertigen und unentgeltlichem Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben“ sollen. Diese Niederschrift wurde jedoch nicht von allen so akzeptiert und es stellte sich heraus, dass es in der Bevölkerung viele Kritiker zu diesem Thema gibt.

Die Umsetzung der Inklusion wird an unterschiedlichen Schulen auch unterschiedlich organisiert und umgesetzt, was wiederum große Unterschiede auf das Gelingen vom Konzept der Inklusion ausweist. So entsteht bei vielen Menschen gegebenfalls der Eindruck, Inklusion an sich sei der falsche Weg. Dass Inklusion aber an vielen Schulen gelingt, wird häufig übersehen. 

Beispiele für positiv gestimmte:

  • Der gemeinsame Unterricht ist für alle Kinder gut: Kinder mit Behinderung lernen dort mehr als in der Förderschule und die Kinder ohne Behinderung lernen nicht weniger.
  • Kinder mit Behinderung werden besser auf das „echte“ Leben und die Selbständigkeit vorbereitet.
  • Kinder ohne Behinderung lernen früh den Umgang mit Menschen mit Behinderung. So entwickeln sie gar nicht erste Berührungsängste oder auch Vorurteile, die oft der Grund für Missachtung und Ausschluss sind.
  • Inklusion ist ein Recht, nicht einfach nur eine Idee. Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft sind gleichwertig. Also haben wir die Pflicht, Inklusion an der Schule zu ermöglichen!

Aussagen von Kritikern:

  • Kinder mit Behinderung bremsen das Lerntempo. Ihre Bedürfnisse und ihr Verhalten stören oft den Ablauf des Unterrichts.
  • Leistungsstarke Kinder werden nicht ausreichend gefördert.
  • Das Erlernen sozialer Kompetenzen reicht nicht, Schule muss auch Wissen vermitteln.
  • Kinder mit Behinderung können in separaten Schulen besser unterstützt und gefördert werden.
  • Kinder mit Behinderung erleben an Regelschulen Spott, Ausgrenzung und Versagen.
  • Die Lehrerinnen und Lehrer wissen zu wenig über bestimmte Beeinträchtigungen. Deshalb werden sie den Kindern nicht gerecht.

Dies sind nur wenige von vielen Statements zu diesem Thema. Mein Gedanke dabei ist nun, wie können wir die Kritiker umstimmen?

Denn wenn Inklusion gelingen solle gilt: Alle Beteiligten müssen sie wollen und dazustehen!

Autorin: Melissa Siebenhofer

Wie wir alle wissen durften Mädchen und Jungen nicht immer an unseren Schulen gemeinsam unterrichtet werden. Wenige wissen aber, dass erst in den 1960er Jahren Koedukation konsequent in Europa durchgesetzt wurde (obwohl erste Versuche bereits nach dem 1. Weltkrieg stattgefunden haben). Um gemischte Klassen gesetzlich einzuführen, brauchte man jedoch konkrete theoretische Grundlagen, und diese stellte die Gendertheorie bereit (welche durch die 1. Welle der Frauenbewegung auf fruchtbaren Boden fiel).

Die Geschlechterforschung sieht Geschlecht als eine soziale Konstruktion: „als eine Form der Einteilung von Menschen […] einerseits und als eine Inszenierung/Darstellung durch Menschen andererseits,“ Faulstich-Wieland zufolge (S. 17). Das heißt, dass jeder Mensch, bewusst und unbewusst, an der Bildung des sozialen Geschlechts unaufhörlich beteiligt ist. Dieser Vorgang wird in der Gendertheorie durch das Konzept ‚doing gender von C. West und D. Zimmermann erklärt, welcher auch als Dramatisierung von Geschlecht bezeichnet wird.

Das zweite relevante Konzept des ‚undoing gender von S. Hirschauer, oder die deutsche Entsprechung der Entdramatisierung von Geschlecht von E. Goffman, soll dem obengenannten entgegenwirken.

Warum?

Weil die Dramatisierung von Geschlecht auf Geschlechterstereotypen basiert, die im Laufe unserer gesellschaftlichen Entwicklung entstanden sind und noch immer einen großen Einfluss auf uns alle haben. Durch Entdramatisierung, d.h. durch die bewusste Neutralisierung der Geschlechterdifferenzen werden Geschlechterstereotypen entschärft.

Faulstich-Wieland fasst folgendermaßen zusammen: „Mit Dramatisierung machen wir gezielt und zentral auf Geschlecht aufmerksam, mit Entdramatisierung gehen wir auf andere Kategorien oder auf die Individuen ein“ (S.18).

Das heißt, sollte man sich entscheiden eine Klasse, oder gar das ganze Schulwesen wieder nach Geschlechtern zu trennen, dann nicht mit der Begründung „Jungen sind in der Regel unruhiger, gewaltbereiter und damit problematischer!“ oder „Jungen sind in der Regel sprachlich unbegabter und lesen weniger!“ oder „Jungen sind PC-orientiert, Mädchen sind sprach-/buchorientiert!“ oder „Mädchen sind stiller und zurückhaltender und erreichen nicht die Beachtung und beruflichen Ziele, die sie aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit erreichen können!“ (wie das Berufskolleg Südstadt mit Stolz in ihrem Gender Mainstreaming Programm präsentiert!).

Aber leider ist das Bildungssystem keine Ausnahme, auch die Lehrkräfte werden von Geschlechtsstereotypen beeinflusst.

So führten die Ergebnisse der PISA-2000 zu einer erneuten Koedukationsdebatte, die bereits in den 1980er Jahren von Lehrerinnen-Vertreterinnen der 2. Welle der Frauenbewegung initiiert wurde. Was mit der Absicht zur Beseitigung von subtilen Benachteiligungen von Mädchen im Unterricht begann, entwickelte sich letztendlich gleichermaßen auch für Jungen (Faulstich-Wieland, S.16).

Zunächst wurden schlechte PISA-Ergebnisse von Jungen in Lesekompetenz auf ihre Benachteiligungen im Unterricht zurückgeführt. Auch geringe Leistung und Motivation von Mädchen in MINT-Fächern wurden mit dem gleichen Grund erklärt.

Dazu bestätigen einige Studien (z.B. „Single-Sex Education Pilot Project,“ Australia,1993-94), die sich auf Beobachtungen von geschlechtshomogenen Klassengruppen und Rückmeldungen von beteiligten SchülerInnen und LehrerInnen beziehen, dass die Geschlechtertrennung sichtbare Vorteile für beide Geschlechter aufweist (Faulstich-Wieland, S.19).

So kam es zur Diskussion über eine erneute Trennung des Schulwesens, jedoch nur in Hinsicht auf das männliche und weibliche Geschlecht. Nun stellt sich die Frage, ob die Einführung von Monoedukation ein Schritt nach vorne und nicht zurück ist.

Laut Faulstich-Wieland würde eine Einführung von Monoedukation die Dramatisierung der Geschlechter verstärken, da sie die Geschlechterdifferenzen nicht neutralisieren, sondern im Gegenteil aktualisieren, bzw. betonen würde (S.18). Meiner Meinung nach ist das „Gender Mainstreaming“ Programm des Berufskollegs Südstadt ein hervorragendes Beispiel dafür.

Monoedukation könnte wohl eine Lösung für einige „Probleme“ im schulischen Bereich sein. Wie bereits gesagt, bestätigen dies einige Studien und schulische Experimente in MINT-Fächern. Jedoch wird sie allein nie im Stande sein Geschlechterstereotypen, welche Lehrkräfte täglich produzieren, reproduzieren und an ihre SchülerInnen weiterleiten, zu neutralisieren.

Faulstich-Wieland bietet auch einige Bespiele der Geschlechterdramatisierung in homogenen Gruppen zur Analyse an, die sehr gut verdeutlichen, dass die Veränderungen bei den Lehrkräften beginnen sollen. Es liegt ja an ihnen, beide Geschlechter gerecht zu unterrichten, anstatt das störende Verhalten von Jungen als „normal“ zu bezeichnen und die Risikobereitschaft von Mädchen im Werkunterricht etwas Schwieriges auszuprobieren, zu missachten.

Monoedukation wird keine Lösung für Geschlechtergerechtigkeit sein, solange wir, die Lehrkräfte, in „typisch Buben-“ und „typisch Mädchen-“ Verhaltensmustern denken und agieren.

Quellen:

Faulstich-Wieland, Hannelore (2010) Mädchen und Jungen im Unterricht, in: Buholzer, Alois /Kummer Wyss, Annemarie (Hrsg.) Alle gleich – alle unterschiedlich! Zum Umgang mit Heterogenität in Schule und Unterricht. Zug: Klett, 16-26.

Jaschke, Bruno (2019) Lesen … ich? Nein, danke! Burschen sind im Lesen schwach. Weil ihnen Vorbilder fehlen, sagen Experten, HEUREKA 19 [WWW Dokument] <https://www.falter.at/heureka/20190522/lesen-ich-nein-danke/ea7fb656c8> [31.03.2020].

Jonczyk-Buch, Kerstin (2013) Geschlechterdifferenzierter Unterricht – Erfahrungsbericht aus dem MINT-Projekt der Veit-Stoß-Realschule Nürnberg, in: Stadler-Altmann U. (Hrsg.) Genderkompetenz in pädagogischer Interaktion. Opladen; Berlin; Toronto: Verlag Barbara Budrich, 171-181.

Rademacher, Christina (2019) Sind Mädchen zu dumm für Mathe? Der EU-weit größte Unterschied zwischen Burschen und Mädchen in Mathe besteht in Österreich, HEUREKA 19 [WWW Dokument] <https://www.falter.at/heureka/20190522/sind-madchen-zu-dumm-fur-mathe/be9d6e0ea9> [31.03.2020].

 

Was ist Gender? Die Definition dieses Ausdrucks wurde in der letzten Sitzung besprochen. Dabei geht es neben sozialem und gesellschaftlichem Rang vor allem auch um unsere Selbstwahrnehmung und um unser Verhalten und Agieren in der Gesellschaft. Heutzutage wird oft von dem Menschen als Individuum gesprochen, von einem Wesen, dass seine eigenen Ansichten und Einstellungen vertritt und so ist, wie es Gott schuf. Beobachtet man jedoch unsere Gesellschaft, wird man sogleich feststellen, dass von Individualität oftmals nicht mehr die Rede sein kann. Klar ist jeder Mensch genetisch anders, jedoch lassen sich bei vielen Personen Ähnlichkeiten im Aussehen und Handeln entdecken. Doch woher kommt diese Gleichartigkeit?

Hierzu möchte ich das Thema des Selbstdesigns ansprechen. Selbstdesign setzt sich aus zwei Wörtern zusammen, dem Selbst, was für ein Individuum steht, und dem Design, das stets Teil unseres Seins ist, jedoch in vielen Lebensbereichen unentdeckt bleibt. Beim Selbstdesign versucht man sich selbst und seinen eigenen Körper zu gestalten. Doch warum will man sich selbst designen? Warum will man seinen Körper verändern und anpassen?

In der heutigen Zeit ist es nicht einfach ‚man Selbst zu sein‘, denn wir Menschen werden Tag ein und Tag aus von unzähligen Faktoren beeinflusst, wie beispielsweise von Werbungen im Fernsehen oder in Zeitschriften, oder auch von Modetrends, die Schönheitsideale vorschreiben. Um nun als vollwertiger Teil der Gemeinschaft akzeptiert zu werden, bleibt einem oftmals nichts anderes übrig als sich diesen Idealen oder Trends anzupassen. Man geht somit mit der Masse an Menschen mit, man ist Teil des Stroms. Sich völlig gegen solche Trends auszusprechen und alle Quellen der Beeinflussung zu ignorieren, ist, wie man an unzähligen Mobbingfällen in den Peer-Groups erkennen kann, auch nicht der optimale Weg. Natürlich spielen die sozialen Netzwerke hierfür eine entscheidende Rolle, auf die ich in diesem Text aber nicht eingehen möchte.
Schlussendlich frage ich mich: Kann man überhaupt noch eine eigene Identität entwickeln, ohne dass diese durch äußere Einflüsse von unserer Gesellschaft gestört oder verändert wird?

von Sonja Harrer

Bedingung: […] Grad der Behinderung von mindestens 50 % welcher durch Bescheid des Sozialministeriumservices festgestellt wurde.

Zusammengefasst kann festgehalten werden, es gibt keinen defakto Kündigungsschutz für behinderte Arbeitskräfte. Es wir aber sorgfältiger geprüft ob die Kündigung gerechtfertigt ist. Im Wesentlichen gelten folgende Kündigungsgründe bzw. Vorgangsweisen:

Der Behindertenausschuss hat bei seiner Entscheidung die besondere Schutzbedürftigkeit des begünstigt behinderten Arbeitnehmers zu berücksichtigen und zu überprüfen, ob dem Arbeitnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes zugemutet werden kann.

Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wird dem Arbeitgeber insbesondere nicht zugemutet werden können bei:

  • Wegfall des ursprünglichen Tätigkeitsbereiches des Behinderten und Nachweis, dass keine Weiterbeschäftigung an einem anderen vom Behinderten akzeptierten Arbeitsplatz möglich ist,
  • Arbeitsunfähigkeit des Behinderten und Fehlen eines vom Behinderten akzeptierten Ersatzarbeitsplatzes,
  • beharrlicher Pflichtenverletzung, wenn der Weiterbeschäftigung Gründe der Arbeitsdisziplin entgegenstehen.

Nachzulesen bei: WKO, AK