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Wie bereits angesprochen erfolgt die Wertebildung in der Klasse am besten, wenn die Lehrperson ein demensprechendes Vorbild abgibt. Subtile, konsequente Vermittlung ist vorwiegend gefragt. Es gibt aber auch andere Wege, Wertebildung in den Unterricht einfließen zu lassen. Im Folgenden Beitrag soll die Wertevermittlung im Kontext des Literaturunterrichts, besonders im Fach Deutsch behandelt werden. Es ist aber auch vorstellbar, dass diese Methoden in angepasster Art und Weise auch im fremdsprachlichen Literaturunterricht Platz finden könnten.

Was sind die Möglichkeiten für Deutschleher/innen? Gerade in der Oberstufe bietet es sich an, ethisch-moralische Diskurse in den Deutschunterricht zu holen. Nicht zuletzt deshalb, um literarische Werke und deren Hintergründe besser zu verstehen. Es geht darum, ethische Erfahrungen und Werthaltungen aus dem Fachwissen herauszuholen, Dinge, mit denen die SuS bereits durch persönliche Erfahrungen in peer group oder Familie konfrontiert wurden (Mokrosch & Regenbogen 2009). Literarische Texte sollen in Beziehung mit der Lebenswelt der SuS gesetzt werden.

Im Lehrplan für Deutsch in der Oberstufe heißt es:

„Literatur ist ein wesentliches Medium des kollektiven Gedächtnisses, in dem elementare gesellschaftskonstituierende Ideen wie die der Humanität verankert sind.“ (Lehrplan Deutsch Oberstufe URL: https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/unterricht/lp/lp_neu_ahs_01_11853.pdf?61ebzj. Stand 03.07.2018)

Literatur bietet also die Möglichkeit, Wert- bzw. Moralevaluation zu betreiben, z.B. indem man die eigene aktuelle Lebenswelt mit den fiktiven Situationen und Handlungen von Charakteren vergleicht. Durch die Fiktion kann man sich auch „Was wäre wenn?“-Fragen stellen und so einerseits moralisch schwierige Situationen künstlich erschaffen und andererseits darüber diskutieren. Im theoretischem Universum der Literatur finden die SuS Platz, Sachverhalte von allen Richtungen zu betrachen und bewerten, ohne dass ihre Einschätzungen Konsequenzen im wirklichen Alltag haben. Sie bietet somit eine Art „Übungsplatz“ für reale Situationen.

Eine Möglichkeit, Werte im Deutschunterricht zu vermitteln wäre beispielsweise anhand von Kurzgeschichten, in welchen Dilemmasituationen vorkommen (Mokrosch & Regenbogen 2009). Im Anschluss an die Lektüre kann auf vielfältige Art und Weise diskutiert werden, entweder im Plenum oder als Einzelarbeit in individuell angefertigten Texten. Dabei kann die Fragestellung sein, was die betreffende Person anders hätte machen können, warum man eine gewisse Handlung als moralisch bedenklich bewerten könnte usw. Bei Kurzgeschichten handelt es sich meist um alltägliche Dilemmata. Allgemeinere, weitergefasste Wertbegriffe wie z.B. Menschenwürde kann man z.B. über realistische epische Ganztexte vermitteln (Mokrosch & Regenbogen). Bei längeren, komplexeren Werken kann man mehr in Tiefe gehen und mit kleinen kreativen Projekten arbeiten (Gemeinsam Texte gestalten, dramatische Werke ggf. in Auszügen spiele, Plakate gestalten, Referate halten…).

Wichtig im Deutschunterricht hinsichtlich Wertebildung ist meiner Meinung nach auch die Steigerung der Sprachsensibilität bei SuS, z.B. hinsichtlich gender-gerechter Sprache. Grundsätzlich sollte viel bezüglich Kommunikation und Sprachbewusstheit vermittelt werden, da dies das gegenseitige Verständnis fördert und so ein positives Zusammenleben ermöglicht.

 

Literatur:

 

Mokrosch, R., & Regenbogen, A. (2009). Werte-Erziehung und Schule. Ein Handbuch für Unterrichende.(R. Mokrosch, Hrsg.) Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht.

 

Deutsch Lehrplan Oberstufe. URL: https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/unterricht/lp/lp_neu_ahs_01_11853.pdf?61ebzj. [Stand: 03.07.2018]

Noch immer ist in vielen Köpfen verfestigt, dass es die wichtigste Aufgabe von Lehrkräften sei, vor SuS über verschiedenste Themen des eigenen Faches zu referieren und so fachspezifisches Wissen weiterzugeben. Doch es ist höchste Zeit, dass sich Lehrende ihrer Aufgaben abseits der Fachdidaktik bewusstwerden und diese ernst nehmen. Denn es obliegt ihnen ebenfalls ein Erziehungsauftrag, der unteranderem die Wertebildung von den SuS beeinhaltet. Dabei handelt sich nicht um ein freiwilliges Extra, dass Lehrpersonen nach Lust und Laune erfüllen können, sondern um eine gesetzliche Anforderung, die im allgemeinen Teil des Lehrplans verfestigt ist. Die betreffende Stelle lautet folgendermaßen:

„Die allgemein bildende höhere Schule hat im Sinne des §2 des Schulorganisationsgesetztes an der Heranbildung der jungen Menschen Mitzuwirken, nämlich beim Erwerb von Wissen, bei der Entwicklung von Kompetenzen und bei der Vermittlung von Werten.“(Lehrplan AHS URL:https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/unterricht/uek/medien_lp_ahs_25725.pdf?61ebv5. [Zugriff 26.07.2018])

Diese Aufgabe ist zudem nicht bestimmten Fächern wie Religion, Ethik oder Philosophie zu geordnet wie man meinen möchte, sondern richtet sich an alle Lehrenden gleichermaßen. Ihre erfolgreiche Umsetzung erfordert außerdem eine fächerübergreifende Auseinandersetzung damit. Im darauf folgenden Abschnitt des Lehrplans werden zahlreiche Werte angeführt, die vorgelebt und vermittelt werden sollen, beispielsweise Weltoffenheit, Akzeptanz, Menschenwürde und Chancengleichheit für alle Geschlechter, wobei fraglich ist, inwieweit letzteres unter der aktuellen Regierung weiterhin Bestand hat (Hammerl, Elfriede 2018).

Aber was sollte den SuS hinsichtlich „Wertebildung“ eigentlich vermittelt werden? Zunächst sollten SuS für die Wertvielfalt in ihrem Umfeld z.B. in der Klasse sensibilisiert werden. Außerdem sollten Moralkonflikte von Schülern als Wertkonflikte anstelle von Normen- oder Regelkonflikten wahrgenommen werden, das heißt, dass es weniger um das Einhalten bzw. Nicht-Einhalten von Gesetzen geht sondern um die Wertsysteme, die hinter Handlungen stehen. SuS sollten ihre eigenen Wertkonflikte erkennen, den Konflikt zwischen Selbst- und Fremdbestimmtheit. Generell sollte den SuS das Werkzeug in die Hände gelegt werden, mit (Wert-)Konflikten positiv umzugehen und Handlungen und Situtaionen demokratisch und kritisch evaluieren zu können (Mokrosch & Regenbogen 2009). Nun sind dies große Ziele, die man sich hinsichtlich Wertvermittlung vorstellt. Das Gute daran ist, dass Wertebildung nicht unbedingt vordergründig, sondern vielmehr subtil erfolgt.

Dass der Balanceakt zwischen Fachwissenschaft und Pädagogik nicht einfach zu bewältigen ist, steht außer Frage. Trotzdem ist er essentiell und mit den richtigen Methoden zu schaffen. Welche Methoden es zur Wertebildung in der Schule gibt, soll im nächsten Beitrag thematisiert werden.

 

Literatur:

Hammerl, Elfriede (2018): Brauch ma net. URL: https://www.profil.at/meinung/ elfriede-hammerl-sexismus-10155214. [Zugriff 3.7.2018]

Lehrplan AHS allgemeiner Teil Ober- und Unterstufe. URL: https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/unterricht/uek/medien_lp_ahs_25725.pdf?61ebv5. [Zugriff 26.07.2018]

Mokrosch, R., & Regenbogen, A. (2009). Werte-Erziehung und Schule. Ein Handbuch für Unterrichende.(R. Mokrosch, Hrsg.) Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht.

 

 

Bildung als „Infrastruktur“

Bei Fend, H. (20082) zeigt sich, dass sich unsere Gesellschaft durch drei Subsysteme charakterisieren lässt:

  • Politisches System (hier findet einerseits die Regulierung des gemeinschaftlichen Zusammenlebens statt, andererseits werden Entscheidungsprozesse organisiert sowie Rahmenbedingungen für andere Subsysteme gesetzt)
  • Wirtschaftssystem (organisiert in gesellschaftlicher Dimension die Arbeit, produziert lebenswichtige Güter und verteilt sie)
  • Bildungssystem (hier werden gesellschaftlich benötigte Qualifikationen und mentale Infrastrukturen hergestellt)

Bei Betrachtung des letztgenannten Punktes fällt die Formulierung „mentale Infrastrukturen“ auf. Dem Duden ist hierbei folgende Definition von „Infrastruktur“ zu entnehmen:

„Notwendiger, wirtschaftlicher und organisatorischer Unterbau als Voraussetzung für die Versorgung und die Nutzung eines bestimmten Gebiets für die gesamte Wirtschaft eines Landes“.

Diese Begrifflichkeit steht hier meiner Meinung nach sehr anschaulich für eine funktionelle Engführung des Bildungsbegriffs – Bildung als stark zweckgebundenes System: In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand eine Sichtweise auf das Bildungssystem, die sich dadurch auszeichnete, dass sich gegenüber einer ganzheitlichen Bildung des Menschen im Medium herausragender abendländischer Kulturwerke eine ökonomische Betrachtungsweise durchsetzte. Schule und Lernen wurden so Instrumente für eine möglichst effektive Erzeugung von Qualifikationen, die von zentraler Bedeutung für das Wirtschaftssystem hinsichtlich der Behauptung im internationalen Wettstreit der Volkswirtschaften sind.

Die enge Beziehung zwischen Erziehungssystem und dem ökonomischen System einer Gesellschaft zeigt folgende Visualisierung der bereits angesprochenen gesellschaftlichen Subsysteme:

 

Standardisierung – eine neue Notwendigkeit, die aus der Verschränkung von Wirtschaft mit Bildung resultiert

Anhand der obigen Grafik stellt sich der Sachverhalt sehr eingängig dar: Sowohl das ökonomische System, als auch das Erziehungssystem werden in ihren Freiheiten von durch das politische System gesetzten Rahmenbedingungen reglementiert und es ist erkennbar, dass Bildungssysteme in den modernen Gesellschaften eng im Austausch mit den anderen Subsystemen stehen. Betrachtet man die Achse zwischen Erziehungs- und ökonomischem System genauer, so zeigt sich eine fundamentale Abhängigkeit: Hinsichtlich der Wandlung von einer ganzheitlicher Bildung hin zur konkreten Erzeugung von Qualifikationen in den Schulen wird deutlich, dass durch den intensiven Austausch von Qualifikationen mit finanzieller Sicherung seitens der Wirtschaft sich eine neue Notwendigkeit einstellt: Der Input an finanziellen Mitteln erfordert im Zuge einer Qualitätssicherung die Überprüfung der Rendite und damit des Outputs an Leistungen und Qualifikationen!

Aus diesem Sachverhalt heraus kann man die jüngere Entwicklung von Standardisierung und Kompetenzorientierung in einen wirtschaftlichen Kontext setzen. Die Überprüfbarkeit von Bildung wird zum Hauptmerkmal des Umgangs mit Schulentwicklung. Hier kommen die Standards und die Kompetenzmodelle ins Spiel:

Die Standards:

Standards (die „Lebensretter“ des Bildungssystems nach dem „PISA-Schock“) haben drei zentrale Anforderungen: Erfüllbarkeit, Möglichkeit zur Beschränkung (zB. zeitliche Begrenzung des Lernens, welche Inhalte werden ein- bzw. ausgeschlossen, etc.) sowie die Überprüfbarkeit. Dies ermöglicht eine exakte inhaltliche Festlegung im Sinne wirtschaftlicher Qualifikationsanforderungen sowie Kontrolle und Vergleichbarkeit (und damit das Entstehen von Wettbewerbsbedingungen).

Die Kompetenzmodelle:

Im Zusammenhang mit Standardisierungsprozesse und Überprüfbarkeit spielen die „Kompetenzmodelle“ eine wichtige Rolle: Ihre Schlüsselfunktion ist die Bereitstellung der Grundlage für eine Operationalisierung, mit deren Hilfe der Output des Bildungssystems schließlich empirisch überprüft werden kann. Beschäftigt man sich beispielsweise näher mit den Inhalten von Curricula an der Uni, so kann man in den einzelnen Modulbeschreibungen unter „Learning Outcomes“ exakt diese strenge Ausrichtung der Bildungskonzeption hin zur Überprüfbarkeit ihrer Inhalte ablesen – es finden sich fast ausschließlich Formulierungen wie „Die Studierenden können …“, „Die Studierenden kennen …“, „Die Studierenden sind bereit … zu …“, deren Umsetzung seitens der Studierenden in Beurteilungsverfahren gut zu erheben sind. Dazu sind Angaben über den dafür veranschlagten Arbeitsaufwand mit angeführt.

Diese beinahe an industrielle Prozessoptimierung erinnernde Entwicklung hin in Richtung Normierung und Effizienzsteigerung hat ihren Grund eventuell in einer gleichartigen Entwicklung der Gesellschaftsstrukturen: Menschliche Gesellschaften haben sich im Laufe der Vergangenheit immer stärker ausdifferenziert und ihre Subsysteme haben sich immer stärker miteinander verflochten. Dadurch sind sie zu äußerst effizienten Instrumenten der Existenzbewältigung geworden. Dieser Drang nach Effizienz macht sich auf diese Weise auch in unserem Bildungssystem bemerkbar. Dabei muss man aber differenzieren: Auch das Bildungssystem soll effizient arbeiten – doch wie verträgt sich eine übermäßig aus der Wirtschaft erwachsenden Effizienzvorstellung mit mit dem Anspruch, Bildung für jeden Menschen und seinen Bedürfnissen entsprechend bereitzustellen? Welche Schranken bietet uns letztlich unser eigenes Menschsein, das sich in letzter Instanz gegen die Eingliederung des Menschen in eine von der Wirtschaft diktierten Produktionskette stellen muss – will es nicht zum bloßen Produkt verkommen.

Viele Fragen stellen sich, nur wenige können wohl eindeutig beantwortet werden. Mit dem nächsten und damit letzten Beitrag dieser Reihe soll aber zumindest versucht werden, all diese Aspekte zu einem Faden zu verbinden, unsere kurze, textliche Reise zu reflektieren und in einem zusammenfassenden Ende zu beschließen.

 

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Literatur (sämtlicher Artikel dieser Reihe):

Bohnsack, F. (2008). Schule – Verlust oder Stärkung der Person? Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.

Fend, H. (20082). Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Grimm G. (2011). Uniformierung und (Sozial-)Disziplinierung als pädagogisch-bildungs-politische Leitprinzipien bei der Grundlegung des öffentlich-staatlichen Pflichtschulwesens in Österreich im 18. Jahrhundert. In S. Sting, & V. Wakounig (Hrsg.), Bildung zwischen Standardisierung, Ausgrenzung und Anerkennung von Diversität, Band 12. (S. 101-113). Wien: LIT Verlag.

Klein, R. (2010). Fest-Stellungen: zur Entsorgung von Reflexivität durch Kultur- und Bildungsstandards. In S. Dungs (Hrsg.), & R. Klein, Standardisierung der Bildung. Zwischen Subjekt und Kultur. (S. 29-54). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Oelkers, J. (2003). Wie man Schule entwickelt. Eine bildungspolitische Analyse nach PISA. Weinheim, Basel, Berlin: Beltz Verlag.

Tauscher, A. (1968). Die Stellung des Lehrers in der Gesellschaft von heute oder Die Begegnung von Wirtschaft und Schule. In Sozial- und Wirtschaftskundliche Schriftenreihe, Heft 5. Wien: Sparkassenverlag Gesellschaft m.b.H.

Winter, F. (2006). Leistungsbewertung. Eine neue Lernkultur braucht einen anderen Umgang mit den Schülerleistungen. In J. Bennack, A. Kaiser, & R. Winkel (Hrsg.), Grundlagen der Schulpädagogik, Band 49. Stuttgard: Schneider Verlag.

Jeder von uns wurde während der Schulzeit schon mal gehänselt oder von Mitschülern beschimpft. Aber ab wann spricht man von Mobbing?

Mobbing kommt vom englischen Wort „to mob“, was soviel heißt wie anpöbeln. Damit etwas als Mobbing eingestuft wird, muss es dauerhaft, systematisch und zielgerichtet gegen einzelne Schüler ausgerichtet sein. Typisch für Mobbing ist: Beschimpfen, Tyrannisieren, Ausgrenzen, Erpressen, Drohen, Isolieren und körperliche Gewalt. Eine einzelne Auseinandersetzung (auch über kürzere Zeiträume), sei diese verbal oder physisch, bezeichnet man demzufolge nicht als Mobbing.

Warum wird überhaupt gemobbt? Bei Mobbing versucht der/die Täter/Täterin sich selbst groß zu machen. Am Besten funktioniert das indem man andere kleiner macht oder bessere ausgrenzt.

Neben den TäterInnen gibt es auch immer Personen, seien dies MitschülerInnen oder LehrerInnen, die dem Mobbing stillschweigend zusehen, wegsehen oder es verharmlosen. Nur durch dieses Verhalten wird Mobbing überhaupt ermöglicht.

Mobbing hat zumeist nicht mit den Betroffenen zu tun. Die meisten suchen die Schuld zuerst immer bei sich selbst. Aber!: Es kann jeden und jede treffen. Mobbing kann viele Hintergründe haben, die meisten sind bei den TäterInnen und dem Umgang mit dem Thema an der Schule (manchmal auch Arbeitsplatz) zu suchen. Wenn man Personen auf Mobbing anspricht, sagen die meisten „Es ist doch nur Spaß!“. Aber Mobbing ist kein Spaß, es verletzt Menschen. Die Betroffenen wollen nicht mehr in die Schule gehen, haben Angst und fühlen sich ausgeschlossen.

Welche Tipps kann man also Lehrern und Lehrerinnen, Schülerinnen und Schülern geben?

In der Familie darüber reden.

Vielleicht war eines der Geschwister des Kindes auch Opfer. Man sollte auf diese Möglichkeit auf jeden Fall Wert legen.

Petzen.

Sobald mehrere gegen einen stehen, was bei Mobbing sehr oft der Fall ist, braucht man Unterstützung. Als Lehrperson muss im Unterricht Aufklärungsarbeit geleistet werden und man muss das Klassenklima im Auge behalten. Sollte man das Gefühl haben, ein Schüler oder eine Schülerin wird auf Dauer von den anderen ausgegrenzt, beleidigt oder körperlich angegriffen, muss man die ganze Klasse aufmerksam machen. Oftmals bessert sich die Lage, wenn LehrerInnen SchülerInnen zur Rede stellen.

VertrauenslehrerInnen, SchulpsychologInnen.

In jeder Schule sollte es VertrauenslehrerInnen geben. Solche sind dafür ausgebildet, SchülerInnen in Not zu helfen und diese zu unterstützen. Auch SchulpsychologInnen können oftmals gut helfen. Der schwierige Teil dabei ist meist jedoch, den Psychologen oder die Psychologin (vor allem in Österreich) bei den SchülerInnen als etwas normales dazustellen.

Es gibt noch viele weitere Punkte, welche Mobbing entgegenwirken können. Aber diese möchte ich als Diskussion in den Kommentaren erfahren.

 

Literatur

Olweus D. (1994) Bullying at School. In: Huesmann L.R. (eds) Aggressive Behavior. The Plenum Series in Social/Clinical Psychology. Springer, Boston, MA

Katharine A. RimesSandhya ShivakumarGreg UssherDan BakerQazi RahmanElizabeth West. (2018) Psychosocial Factors Associated With Suicide Attempts, Ideation, and Future Risk in Lesbian, Gay, and Bisexual Youth. Crisis 0:0, 1-10.

Series: „13 Reasons Why“ Netflix Original (https://www.netflix.com/at/) (soll keine Werbung sein und ich muss ehrlich sagen ich weiß nicht wie man eine Serie richtig zitiert, aber in der wird auf das Thema gut eingegangen)

Die Institution Schule gilt in der Geschlechterforschung als wichtige Dimension. Faulstich-Wieland (2012) zeigen durch Langzeitstudien und Unterrichtsbeobachtungen deutlich auf, dass Schule auch heute noch zur hierarchischen Geschlechterdifferenzierung beiträgt. Denn sowohl die Lehrpersonen als auch die Schüler und Schülerinnen sind in sogenannte alltägliche doing-gender-Prozesse, also die gesellschaftliche, soziale und kulturelle Konstruktion von Geschlecht und Geschlechterrollen im Alltag, involviert, auch ohne sich dessen aktiv bewusst zu sein.

Somit ist es von Bedeutung, die Dimension Geschlecht im schulischen Kontext keinesfalls auszublenden und Konstruktionsprozesse von Geschlecht, in welche auch die Schule maßgeblich eingebunden ist, aufzudecken, um eine unreflektierte Reproduktion zu verhindern. Hierfür wird der Auf- und Ausbau von Genderkompetenz als wichtiger Schritt für die Professionalisierung des Lehrberufs genannt. Es geht unter anderem um ein Verständnis für Geschlechterverhältnisse und –rollen und die Veränderbarkeit dieser sowie gezielt darauf zu achten, Geschlechterdifferenzen nicht zu reproduzieren und gleichzeitig eine Sensibilität bei den Schülern und Schülerinnen zu schaffen. Genderkompetenz stellt in diesem Sinne gerade für Lehrpersonen eine wichtige Schlüsselqualifikation dar und trägt somit auch maßgeblich zum Gender-Mainstreaming bei (Faulstich-Wieland/Horstkemper 2012: 25-38). Wichter Ansatzpunkt in diesem Zusammenhang für die Umsetzung bzw. das Leben von Geschlechtergerechtigkeit ist in meinen Augen das Verwenden einer geschlechtergerechten Sprache. Darauf werde ich in meiner künftigen Tätigkeit als Lehrerin auch besonderen Wert legen.

Auch Geschlechtergerechtigkeit in und durch Bildung stellt ein zentrales Konzept in der Geschlechterforschung dar. Geschlechtergerechtigkeit in und durch Bildung soll sowohl Frauen als auch Männern sozialen Anschluss und gesellschaftliche Integration ermöglichen. Zur Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit im Unterricht wird ein Dreischritt, der aus den Teilen der Dramatisierung, Reflexion und Entdramatisierung besteht, vorgeschlagen. Über die Entwicklung von Sensibilität für Geschlechterdifferenzen und eine reflektierte Ergründung dieser Differenzen soll als Ziel die Entdramatisierung bzw. Relativierung von Geschlechterdifferenzen erreicht werden (Kampshoff/Wiepecke 2012: 1-8).

Auch wenn gerade erst vor Kurzem mit der Streichung des fächerübergreifenden Unterrichtsprinzips Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern von Seiten der österreichischen Regierung ein Zeichen in die entgegengesetzte Richtung gesetzt wurde, (Vgl. https://www.profil.at/meinung/ elfriede-hammerl-sexismus-10155214)lassen sich auf den Seiten des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung zahlreiche Verweise auf die Wichtigkeit dieses Unterrichtsprinzips sowie ausgearbeitete Unterrichtsbeispiele und Materialen zu dieser Thematik finden https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/unterricht/uek/gender_pb_25743.pdf?61ecjh . Im Mittelpunkt stehen die Geschlechterverhältnisse und deren Bedingungsfaktoren und Veränderbarkeiten sowie das Entwickeln von Haltungen, die der Geschlechtergerechtigkeit und dem Abbau von geschlechtshierarchischer Rollennormen dienlich sind. So wird beispielsweise eine „Gendersafari“ vorgestellt, bei der die Schüler und Schülerinnen genderstereotype Produkte sowie die Rollenbilder in der Werbung unter die Lupe nehmen. In meinen Augen bieten diese Beispiele interessante Anknüpfungspunkte für alle Fächer. Ich kann mir gut vorstellen, das ein oder andere Beispiel in meinem künftigen Unterricht einzusetzen.

Literatur:

Faulstich-Wieland, H. / Horstkemper, M. (2012): Schule und Genderforschung. In: M. Kampshoff / C. Wiepcke (Hrsg.): Handbuch Geschlechterforschung und Fachdidaktik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 25-38.

Hammerl, Elfriede (2018): Brauch ma net. <https://www.profil.at/meinung/ elfriede-hammerl-sexismus-10155214> (30.06.2018).

Kampshoff, M. / Wiepcke, C. (2012): Einleitung: Zur Bedeutung der Geschlechterforschung in der Fachdidaktik. In M. Kampshoff / C. Wiepcke (Hrsg.): Handbuch Geschlechterforschung und Fachdidaktik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 1-8.

<https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/unterricht/uek/gender_pb_25743.pdf?61ecjh> (30.06.2018)

 

Bei Schülern gibt es viele unterschiedliche Persönlichkeits- und Leistungsmerkmale. Eines davon ist die sexuelle Orientierung. In meinem Beitrag ging es um eben jene und wie man damit in der Schule umgeht.

„Homosexualität ist eine Lebensweise, die in unserer Gesellschaft noch nicht als selbstverständlich wahrgenommen wird. Ein wesentlicher Kernpunkt für eine Verbesserung der Integration von Homosexuellen in der Gesellschaft ist die frühe Auseinandersetzung der Jugendlichen mit dem Thema Homosexualität. Die Schule, mitverantwortlich für die Erziehung der Jugendlichen, hat die Aufgabe, sich nicht nur auf die Vermittlung von fachlichem Wissen zu beschränken, sondern die Jugendlichen auch zu unterstützen und zu begleiten, damit sie einerseits eine eigene Persönlichkeit, Identität und eigenes Selbstvertrauen entwickeln, und andererseits Offenheit, Toleranz und Respekt gegenüber Menschen mit anderen Meinungen und Lebensweisen zeigen können.“ (Gfeller 2006)

 

Wie sieht es eigentlich in der jüngeren Geschichte mit dem Thema aus? Bis 1991 (!!) wurde Homosexualität von der WHO als Krankheit, als psychische Störung angesehen. Es wurden Chemo- und Hormontherapien verordnet, Psychotherapien versucht und sogar Menschen sterilisiert. Auch wurde die „Krankheit“ mit Elektroschocks und in Extremfällen sogar mit einer Lobotomie (Gehirnteile, welche für Krankheiten verantwortlich gemacht werden, werden operativ entfernt) behandelt. (Sagl 2004, S.8-9)

Nach mehreren Jahren erfolglosen Behandelns kam man zu dem Schluss, dass alle diese Methoden nichts an der sexuellen Orientierung der Menschen änderten. Psychiater wiesen darauf hin, dass es keine Krankheit sei und es eine Reihe von Gründen gibt, Homosexualität von der Liste der Krankheiten zu streichen. Abgesehen von ihrer sexuellen Orientierung unterscheiden sich Homosexuelle psychologisch als auch körperlich nicht von anderen Menschen. (Rauchfleisch 1996, S.14)

Zurück zur Schule. Der schwierigste Part für junge Homosexuelle (auch für homosexuelle Lehrer (Pacholleck 2010)) ist das sogenannte „Coming-Out“. Der Begriff an sich lässt so manchen schon die Stirn runzeln. Rauskommen woher? Warum muss ich von irgendwo rauskommen? Im deutschen verwendet man auch die Phrasen „sich outen“ oder „comingout“ (Website „www.dict.cc“). Alleine eine solche Bezeichnung wirkt finde ich schon diskriminierend und hat auf jeden Fall Diskussionsbedarf.

Psychologisch wird das Coming-Out in zwei Schritte geteilt: Das innere Coming-Out und das Äußere Coming-Out. (Sagl 2004, S. 41)

Das innere Coming-Out bezieht sich in erster Linie auf Selbstakzeptanz, welche Informationen zur Verfügung stehen (Ob Fragen wie: Ist das Normal? Bin ich anders? Was ist dieses Gefühl? beantwortet werden) und die Einstellung der Eltern an. Haben die Eltern einen eher unkonventionellen Lebensstil, fällt es den Jugendlichen oft leichter sich selbst zu akzeptieren. Auch die Schule muss dazu beitragen, verschiedene Minderheitsgruppen, wie in diesem Fall Homosexuelle, nicht als Außenseiter sonder auf eine positive Art und Weise darzustellen. (Rauchfleisch 1996, S.77-81) Je mehr Abneigung und Angst gegenüber gleichgeschlechtlicher Lebensart im Umfeld besteht, desto langsamer und schmerzhaft ist der Prozess der Selbstakzeptanz. (Sagl 2004, S. 41)

Das Äußere Coming-Out stellt die soziale Dimension dar. Also wie man mit seinem Umfeld interagiert, nachdem es für einen selbst klar ist, dass man homosexuell ist. Dazu müssen sich Jugendliche ihre sexuelle Orientierung in der Öffentlichkeit präsentieren. Zu dieser Phase gehört auch die Partnersuche. Der Mut, seine sexuelle Orientierung bekannt zu geben, hängt von der inneren Coming-Out Phase und dem sozialen Umfeld ab. Meistens beginnt das äußere Coming-Out in der Familie, vorausgesetzt es gibt eine tolerante Eltern-Kind-Beziehung. Ist dies nicht möglich, muss unbedingt im näheren sozialen Umfeld Akzeptanz und Toleranz gefunden werden. Man brauch dann die Unterstützung von Kollegen und Kolleginnen, Lehrern und Lehrerinnen. Lokale homosexuelle Beratungsstellen und Organisationen (z.B. HOSI in Salzburg „http://www.hosi.or.at/“) bieten oft auch die nötige Unterstützung in dieser wichtigen Phase des Lebens. Auch homosexuelle Treffen und Nachtclubs bieten die nötigen Peer-Groups. (Rauchfleisch 1996, S. 81-85)

Die Welt von Homosexuellen ist oft von Vorurteilen und Diskriminierung geprägt. Diese verzerrten und meist ohne Hintergrund bestehenden stereotypischen Ansichten gegenüber Homosexuellen verhindern zu einem sehr großen Anteil ihre Integration und Stellung in der Gesellschaft. Diese Bild wird bereits in der Schule von Schülern und Schülerinnen aufgefasst und verbreitet. Schwule Männer seien weiblich, lesbische Frauen fühlen sich als Mann hört man immer wieder. Jemanden als „Schwuchtel“ zu bezeichnen wird als schlimme Beleidigung aufgefasst.  (Rauchfleisch 1996, S. 27)

Auch rechtlich werden Homosexuelle diskriminiert. Bis in die 70er Jahre wurde gleichgeschlechtliche Liebe verfolgt und durch diskriminierende Gesetzgebung aus der Gesellschaft ausgeschlossen und strafrechtlich verurteilt. 1971 wurde Homosexualität entkriminalisiert. Erst etwa 40 Jahre später, nämlich im Jahre 2010, ist es möglich eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft einzutragen (in Österreich). (https://derstandard.at/1313024358356/Oesterreich-40-Jahre-Straffreiheit-fuer-Homosexuelle)

Zurück zur Schule:

Aufklärungsarbeit und Akzeptanz in der Schule muss bei den Lehrpersonen beginnen. Und genau da liegt das Problem. In der Ausbildung wird das Thema nur in den wenigsten Fällen angesprochen und zwar mit folgender Begründung: „Die meisten Leute wissen sowieso etwas darüber“. (Podiumsdiskussion 2005) Folglich wird das Thema in der Schule nur behandelt, wenn es einen konkreten Fall dazu in der Klasse gibt und auch dann nicht sehr genau, da man als Lehrperson zumeist keine Ahnung hat, wie man damit umgeht (womöglich steht man dem Thema selbst nicht offen gegenüber). Die Nicht-Inklusion dieses Themas an den Schulen macht es homosexuellen Jugendlichen nicht gerade leichter. Die meisten wollen kein öffentliches Coming-Out aus Angst diskriminiert und ausgeschlossen zu werden. Auch viele schwule oder lesbische Lehrer wagen es aus demselbem Grund nicht. Wenn in der Klasse kein Interesse besteht, wird das Thema nur sehr peripher im Biologieunterricht angeschnitten (wenn man Glück hat). (Pacholleck 2010)

 

Literatur:

  • Gfeller, Nicole. Homosexualität: Weiterhin ein tabuisiertes Thema in der Schule? [Diplomarbeit PDF]. Abgerufen am, 25 06, 2018, von https://www.abq.ch/downloads/wissenschaft/gfeller,%202006.pdf
  • Sagl, Matthias (2004): Homosexualität und Schule. Wien: Diplomarbeit.
  • Rauchfleisch, Udo (1996): Schwule, Lesben, Bisexuelle: Lebensweisen, Vorurteile,
    Einsichten. 2. überarbeitete Auflage. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Podiumsdiskussion (2005): Gleichgeschlechtliche Liebe – kEin Thema für die
    Schule?. Bern: Mediensaal Kornhausforum.
  • Pacholleck, Felix. (2010, 21 06). Homosexualität in der Schule: Coming out, ja oder nein? [Beitragsartikel]. Abgerufen am, 25 06, 2018, von http://fudder.de/homosexualitaet-in-der-schule-coming-out-ja-oder-nein–120810990.html

Wertpluralismus erfordert Diskurs und Offenheit. Doch nach welchem Wertesystem richten sich Regeln innerhalb der Schule?

Im letzten Beitrag habe ich das Thema Wertdiskurs angesprochen und das dieser wichtig dafür ist, dass sich SuS in der Klasse verstanden und wohlfühlen. Allerdings kann es vorkommen, dass es mehr oder weniger große Differenzen zwischen Wertvorstellungen von Lehrenden und SuS bzw. deren Eltern kommt.

Zusammenleben erfordert gewisse Regeln. Diese Regeln sowie das Erziehungsverhalten von Lehrpersonen entstehen auf Grundlage des jeweiligen Wertesystems (Sturm et. al. 2013). Im Falle unseres Schulsystems sind dies humanistische, säkulare, demokratische Werte, die sich auch in der Gesetzgebung (vgl. Verfassung, Menschenrechtscharta…) wiederfinden. Konkrete Werte wie z.B. Chancengleichheit, Weltoffenheit, Akzeptanz, Menschenwürde uvm.sind auch im allgemeinen Teil des österreichischen Lehrplans festgehalten. Schulintern gibt es auch Regelwerke wie die Schulordnung, nach welchen man sich richten sollte.

Nun wissen wir ja bereits, dass in der Klasse viele verschiedene Vorstellungen von Werten, Moral etc. existieren. Die Schwierigkeit besteht darin, einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Im Kontext des Wertdiskurses sollte all das Platz finden, was den Mitmenschen auf wertschätzende Weise begegnet. Das heißt dort, wo andere auf welche Art auch immer diskriminiert werden, ist eine Grenze zu setzen.
Mit dem Eintritt in die Schule verpflichten sich SuS und vor allem deren Eltern, die Regeln und Werte der Schule, denen die oben genannten Gesetzeswerken zugrunde liegen, zu akzeptieren. Es geht nicht darum, dass sie sich dem Gesetz unterwerfen müssen, sonders darum, dass ein Miteinander nur mit gewissen Spielregeln möglich ist.
Der positive Umgang miteinander ist nicht nur für eine funktionierende Schule essentiell, sondern generell für das Zusammenleben in einer Sozietät und das sollte den SuS demensprechend vermittelt werden.

 

Literatur:

Lehrplan AHS allgemeiner Teil Ober- und Unterstufe. URL: https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/unterricht/uek/medien_lp_ahs_25725.pdf?61ebv5. [Zugriff 26.07.2018]

Sturm, C., Gläser, E., Naurath, E., u.a. (2013). Fächerübergreifende und fachspezifische Werte-Bildung.(E. Naurath, M. Blasberg-Kuhnke, R. Mokrosch, u.a., Hrsg.) Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

 

Plurale Wertvorstellungen im Unterricht TEIL 1

Wertpluralität allgemein – Offenheit und Reflexion als Grundlage für den Wertdiskurs

Innerhalb des Klassenzimmers existieren viele Formen von Diversität. Eine davon ist z.B. die Diversität in Bezug auf Wertvorstellungen.

„Werte“ sind konstruiert und individuell ausgeprägt. Als „Werte“ gelten z.B. Ideale für ein erfülltes Leben, Ziele für die Zukunft oder auch Maßstäbe zur Beurteilung von Verhalten oder Situationen (Sturm et. al. 2013). Beeinflusst durch kulturelle und soziale Herkunft sowie durch verschiedene Erfahrungen eignet sich im Laufe des Lebens ein/e jede/r sein eigenes Moral- bzw.  Werteverständnis an. Kinder und Jugendliche orientieren sich besonders an Vorbildern aus ihrem sozialen Umfeld z.B. an ihren Eltern, Familienmitgliedern oder auch an Personen in ihrer peer group.
Das heißt, Werte sind etwas sehr Persönliches und (für das jeweilige Individuum) Selbstverständliches.
Gerade weil unsere eigenen Wertvorstellungen für uns selbst derart normal und selbstverständlich scheinen, ist es von Bedeutung, uns der Pluralität von Werten bewusst zu sein. Werte sind zudem sehr emotional besetzt. Trifft man mit seinen Wertvorstellungen auf Unverständnis, kann dies einschüchternd und sogar verletzend wirken.

So unterschiedlich die Vorgeschichten sind, die SuS in den Unterricht mitbringen, so verschieden sind auch ihre Wertvorstellungen. Wichtig ist, dass die Lehrperson diese Heterogenität berücksichtigt. Es zeigt den SuS, dass sie von der Lehrperson nicht nur wahr- sondern auch ernst genommen werden. Darüber hinaus hilft es der Lehrperson dabei, die SuS dort abzuholen, wo sie gerade stehen, wenn sie über die Prioritäten der SuS Bescheid weiß.

Grundlage für einen erfolgreichen Umgang mit Werte-Heterogenität ist die Auseinandersetzung der Lehrperson mit ihren eigenen Wertvorstellungen und dahingehenden Bedürfnissen. Außerdem sollten Lehrende auch Normen und Werte der eigenen Gesellschaft bzw. Kultur und Unterschiede zu anderen Kulturkreisen kennen.
Geht die Lehrperson offen mit verschiedenen Wertvorstellungen um, entsteht ein Klima, das Diskursmöglichkeiten eröffnet. Durch diese Vorbildhaltung und die Option zur Diskussion in der Klasse ist es für SuS besser möglich, den Wertpluralismus innerhalb der Klasse wahrzunehmen und einander mit Verständnis zu begegnen (Mokrosch & Regenbogen 2009). Generell ist ein entspanntes, diskursfreundliches Klima die beste Voraussetzung, mit heterogenen Strukturen umzugehen und aus ihnen zu schöpfen.

 

Literatur:

Mokrosch, R., & Regenbogen, A. (2009). Werte-Erziehung und Schule. Ein Handbuch für Unterrichende.(R. Mokrosch, Hrsg.) Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht.

Sturm, C., Gläser, E., Naurath, E., u.a. (2013). Fächerübergreifende und fachspezifische Werte-Bildung.(E. Naurath, M. Blasberg-Kuhnke, R. Mokrosch, u.a., Hrsg.) Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

 

In einem aktuellen Zeitungsartikel plädiert ein Integrationsexperte für mehr LehrerInnen mit Migrationshintergrund. Laut Kenan Dogan Güngör werden die Schulklassen immer heterogener und die Lehrerzimmer immer homogener.

„Lehrer, die aus unterschiedlichen Kulturkreisen kommen und zusätzlich eine andere Sprache sprechen, könnten mit der Diversität in den Klassenzimmern umgehen und auch ihre Kollegen unterstützen, die Kinder besser zu verstehen. Sprache baut Vertrauen auf“, erklärt der türkischstämmige Soziologe.

Ruep, Stephanie, „Integrationsexperte plädiert für mehr Lehrer mit Migrationshintergrund“; in https://derstandard.at/2000043939349/Integrationsexperte-plaediert-fuer-mehr-Lehrer-mit-Migrationshintergrund [02.07 2018]

Aufgrund des Artikels habe ich mich mit diesem Thema beschäftigt und möchte in den nächsten Zeilen die Vorteile von LehrerInnen mit Migrationshintergrund erläutern:

Wie SchülerInnen MIT Migrationshintergrund profitieren können

  • Rollenvorbilder
    Konkret liegt der Vorteil darin, dass die SS die Lehrperson aufgrund des Erfolgs als Vorbild sehen können, mit dem sie das Bildungssystem der Mehrheitsgesellschaft absolviert haben und damit in der Gesellschaft integriert sind. Jedoch bleibt es eine Vermutung, dass die Vorbildfunktion zum Bildungserfolg der SS führt, da es noch keine wissenschaftliche Studie belegen konnte.
  • AnsprechpartnerInnen
    Dieser Vorteil besteht darin, dass sich SchülerInnen mit Migrationshintergrund von Lehrkräften mit Migrationshintergrund besser verstanden fühlen, da sich diese aufgrund ihrer eigenen Migrationserfahrung eher in die Situation kultureller und sprachlicher Heterogenität hinein versetzen bzw. diese besser nachvollziehen können.
  • Schulische Integration und Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls
    Für die Schüler und SchülerInnen ist es sehr wichtig sich der Schule bzw. Klassengemeinschaft zugehörig zu fühlen. Wenn eine Mensch zu einer ethnischen Minderheit gehört, könnte das innerhalb der Schule zu einen Gefühl der Ausgeschlossenheit führen. Laut einer Studie von Strasser und Steber kann eine Lehrkraft mit Migrationshintergrund dazu führen, dass sich die Präsenz eines Zugehörigkeitsmerkmals zu einer Minderheit für SchülerInnen mit Migrationshintergrund verringert.
  • Rücksicht bei der Vermittlung von Inhalten
    SchülerInnen mit Migrationshintergrund könnten bestimmte Inhalte aufgrund kultureller Unterschiede anders auffassen und verstehen. Eine Lehrkraft mit Migrationshintergrund ist sich laut Strasser und Steber dieser Möglichkeit eher bewusst und nimmt bei der Vermittlung von Inhalten Rücksicht darauf.
  • Wie SchülerInnen OHNE Migrationshintergrund profitieren könnenAbbau von Stereotypen, Hinwegkommen über Klischees und ein positives Bild von Minderheiten bekommen
    Man geht davon aus, dass LehrerInnen mit Migrationshintergrund für SS ohne Migrationshintergrund ein Anreiz für den Abbau von negativen Stereptypen gegen Minderheitszugehörigen sein könnte.
  • Realistisches Bild einer multikulturellen Gesellschaft entwickeln und kulturelle Hintergründe verstehen
    Laut einer Studie könne sich ein realistisches Bild vom Leben mit pluralisierten Lebensentwürfen in Migrationsgesellschaften entwickeln (Georgi et al 2011: 25).Wie ALLE SchülerInnen profitieren können
  • Verbesserung der interkulturellen Kompetenz und Kommunikationdurch eine Lehrkraft mit Migrationshintergrund den professionellen Umgang mit
    Alle SchülerInnen können ihre interkulturellen Kompetenzen verbessern, indem sie durch eine Lehrkraft mit Migrationshintergrund den professionellen Umgang mit kulturellen Unterschieden lernen.

 

Kölbl K. (2013). Lehrkräfte mit Migrationshintergrund – Wie SchülerInnen sie wahrnehmen und von ihnen profitieren. Diplomarbeit an der Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät, Universität Wien, Wien.

In den 60er- und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden Diskussionen um das Bildungswesen laut, die eine kritische Wende in der Betrachtungsweise von Bildungssystemen einläuteten: Diese wurden nun kritisch im Lichte des Kapitalismus betrachtet. Demnach hatte das Schulsystem für die Gesellschaft primär drei Bedeutungen:

  • Der Staat finanziert die Herstellung von für das kapitalistische Wirtschaftssystem wichtigen Qualifikationen, deren Herstellung für das „Kapital“ aber finanziell zu aufwendig wäre und daher in das Schulsystem verlegt wird.
  • Schulsysteme lehren das Akzeptieren sowohl von Herrschaftsverhältnissen als auch insbesondere der Produktionsverhältnisse einer kapitalistischen Gesellschaft.
  • Schulsysteme dienen der Reproduktion der Klassengesellschaft

Gerade die letzten zwei Punkte sind im Hinblick auf die Vergangenheit des Schulsystems durchaus berechtigt.

Der sich über viele Schuljahre intensivierende Haupteffekt dieser schulischen Beeinflussung wurde ganz wesentlich im Generieren von Haltungen und Einstellungen ausgemacht, die eben von Nöten waren, um unter industriellen und kapitalistischen Produktionsbedingungen ein angepasstes Verhalten zu erzeugen. Hinzu kommt die schulische Beeinflussung bezüglich arbeitsmarktgerechter Qualifikationen sowie das Selektieren und soziale Schichten der Heranwachsenden.

Wie bildungsbezogenes Denken zu jener Zeit geleitet ist durch wirtschaftliche Vorstellungen zeigt ein kleiner Auszug aus einem Heft einer Schriftenreihe, das 1968 erschienen ist (somit genau in die betreffene Zeit passt) und die Begegnung von Schule und Wirtschaft thematisiert :

Es wird deutlich, wie eng verwoben hier Bildung und Wirtschaft gesehen werden. Auch fällt der Einzug von Wirtschaftssprache in den Bildungsbereich auf, wenn zum Beispiel von „Bildungskapital“ gesprochen wird – ein Umstand, der häufig beobachtet werden kann und uns auch im nächsten Artikel begegnen wird. Dann wird es nämlich ganz konkret um die Frage gehen, wie weit Wirtschaft mit Bildung in Abhängigkeit steht und welche Zusammenhänge und Bedingungen sich aus einer solchen Konstellation ergeben.

 

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Literatur (sämtlicher Artikel dieser Reihe):

Bohnsack, F. (2008). Schule – Verlust oder Stärkung der Person? Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.

Fend, H. (20082). Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Grimm G. (2011). Uniformierung und (Sozial-)Disziplinierung als pädagogisch-bildungs-politische Leitprinzipien bei der Grundlegung des öffentlich-staatlichen Pflichtschulwesens in Österreich im 18. Jahrhundert. In S. Sting, & V. Wakounig (Hrsg.), Bildung zwischen Standardisierung, Ausgrenzung und Anerkennung von Diversität, Band 12. (S. 101-113). Wien: LIT Verlag.

Klein, R. (2010). Fest-Stellungen: zur Entsorgung von Reflexivität durch Kultur- und Bildungsstandards. In S. Dungs (Hrsg.), & R. Klein, Standardisierung der Bildung. Zwischen Subjekt und Kultur. (S. 29-54). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Oelkers, J. (2003). Wie man Schule entwickelt. Eine bildungspolitische Analyse nach PISA. Weinheim, Basel, Berlin: Beltz Verlag.

Tauscher, A. (1968). Die Stellung des Lehrers in der Gesellschaft von heute oder Die Begegnung von Wirtschaft und Schule. In Sozial- und Wirtschaftskundliche Schriftenreihe, Heft 5. Wien: Sparkassenverlag Gesellschaft m.b.H.

Winter, F. (2006). Leistungsbewertung. Eine neue Lernkultur braucht einen anderen Umgang mit den Schülerleistungen. In J. Bennack, A. Kaiser, & R. Winkel (Hrsg.), Grundlagen der Schulpädagogik, Band 49. Stuttgard: Schneider Verlag.