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Es waren einmal zwei Säuglinge, auf den ersten Blick unterschied sie bis auf das Geschlecht rein gar nichts. „Gesunde Kinder“ bekundeten die Kinderärzte den jeweiligen Eltern, die sich – erleichtert ob der ebenso glücklichen wie erwarteten Nachricht (Warum sollte gerade unser Kind NICHT gesund sein?) – nun beruhigt in das Abenteuer Elternschaft stürzen konnten. Zum Glück nicht das erste Mal, man wusste ja jetzt, worauf zu achten sei, dass schon alles seinen gewohnten Gang nehmen werde, man müsse nur stillen und wickeln und lieben. Natürlich würde das eigene Kind schon groß und stark werden und den Widrigkeiten dieser Welt trotzen, schließlich werde man es nach Kräften dabei unterstützen.

Dann krachte die Realität wie ein Meteorit in die Idylle: Der Mutter des Mädchens, einer Ärztin, fiel nach zwei Monaten auf, dass das Kleine nur mit einer Seite Massenbewegungen ausführte und mit rechts nicht nach dem ausgestreckten Finger griff. Der mütterlichen Besorgnis Folge tragend wurde das Mädchen dem Kinderarzt vorgestellt, der die Mutter entnervt „als „typisch hysterische Ärztemutter“ abtat, „die die Flöhe husten höre“, was diese nicht davon abhielt, darauf zu beharren, dass etwas nicht stimme. In Eigenregie suchte die Mutter die Neuropädiatrie auf, war ja die Frau Kollegin, da geht das. Rasch stand die Diagnose fest – schlimmer als erwartet –: Spastische Halbseitenlähmung, selbständiges Gehen mehr als ungewiss. Für die Eltern des kleinen Mädchens brach eine Welt zusammen (Warum gerade das eigene Kind?), aber diese rafften sich schnell auf. Jahre voll Therapien – dreimal die Woche plus jeden Tag die Übungen, dabei das Geschwisterkind nicht vergessen – vergingen.

Die Eltern des Buben hingegen waren Gastarbeiter, einfache Menschen, der Sprache nicht hinreichend mächtig. Deshalb wurde die niederschmetternde Diagnose – spastische Halbseitenlähmung – erst gestellt, als der Kleine mit drei Jahren immer noch nicht imstande war zu laufen. Therapien ließ man dem Buben kaum angedeihen, geübt wurde nicht, wie auch, weitere Geschwister folgten rasch und die Mutter war mit der Aufzucht aller beschäftigt.

Im privaten Kindergarten (Der Junge war auf Intervention des Jugendamtes dort.) lernten sich die Kleinkinder kennen. Zwei Kinder, geeint durch ihre Diagnose, getrennt durch ihre Herkunft.

Das Mädchen konnte vielleicht nicht ihren Freundinnen kletternd auf Bäume folgen, es hatte aber tatsächlich das Laufen und die behinderte Hand als Hilfshand einzusetzen gelernt. Der Bub hingegen schleppte sich immer noch mühsam vorwärts und der gelähmte Arm war dabei, an den Oberkörper gepresst zu versteifen.

Die Kleinkinder wurden älter und der „Ernst des Lebens“ rückte unaufhaltsam näher. Das Mädchen sollte eine Regelschule besuchen, was der Direktor der betreffenden Volksschule nach Kräften zu verweigern trachtete: „Behinderte Kinder gehören in die Sonderschule, aber nicht in meine Regelschule!“ Die Eltern, Akademiker, fackelten nicht lange und drohten mit dem Landesschulrat. Ganz plötzlich lenkte der Direktor ein und das Mädchen wurde mit 23 gesunden Kindern eingeschult. Der Bub hingegen kam – wie gewünscht – in die Sonderschule, wo er – trotz rein körperlicher Einschränkung –sein ganzes Schulleben verbleiben sollte.

Während der Volksschulzeit verschlechterte sich das Gangbild beider Kinder massiv. Durch die Spastik hatten sich die Füße fast bis zur Unkenntlichkeit verkrümmt. Die verzweifelten Eltern des Mädchens wandten sich an die Orthopädie, was man denn tun könne, keine Schuheinlage, keine Schiene helfe mehr, man könne die Schmerzen des Mädchens beim Auftreten, die stummen Tränen, das unterdrückte Wimmern, die bitterlichen Klagen am Ende des Tages nicht mehr ertragen. Die konsultierte Orthopädin empfahl den Eltern, sich einen guten Psychologen zu suchen, wenn jene nicht ertragen könnten, dass das Mädchen zeit seines Lebens auf einen Rollstuhl angewiesen sein werde. Die Mutter, die Ärztin, wandte sich in ihrem Elend hilfesuchend an Kollegen und bekam einen Orthopäden in einer anderen Stadt empfohlen, der sich auf die orthopädischen Probleme körperlich behinderter Kinder spezialisiert hatte. Dieser operierte das Mädchen in einer langwierigen Operation tatsächlich erfolgreich. Die Kleine konnte wieder schmerzfrei laufen, erst in speziellen Schuhen, später in ganz „normal“ käuflich erwerblichen. Und der Bub? Bekam einen Rollstuhl verschrieben.

Die ersten vier Schuljahre verflogen. Das Mädchen kam ins private Gymnasium, der Junge verblieb in der Sonderschule. Nach der Pflichtschulzeit wollte das Mädchen etwas „Lebenspraktischeres“ erlernen und in eine katholische HLW mit Öffentlichkeitsrecht wechseln. Beim persönlichen Anmeldungsgespräch wurde vom Direktor kundgetan: „Wir nehmen keine Behinderten.“ Beim ungläubigen Blick der Eltern plötzlich: „Außer… Welches Parteibuch haben Sie?“ Damit konnten die politisch nicht engagierten Eltern nicht dienen, sie waren mit Beruf und behindertem Kind bekanntlich ausgelastet, worauf sich der Direktor genüsslich zurücklehnte und salbungsvoll sprach: „Wäre Ihre Tochter die Tochter des Bürgermeisters, dann – ja dann – wäre ein Platz bei uns kein Problem!“ Fassungslos brachen die Eltern das Gespräch ab, aber nicht ohne die Drohung, dies an die Medien weiterzuleiten, wenn er – der Direktor – sich nicht persönlich um einen alternativen Platz an der zweiten katholischen HLW der Stadt kümmern würde. Was tatsächlich geschah und wo das Mädchen problemlos maturierte. Der Bub hingegen kam mit 15 Jahren in eine berufsfördernde Einrichtung für geistig behinderte Jugendliche.

Nach der Matura wurde das Mädchen Mutter eines Sohnes, welcher ebenfalls primär als gesund betitelt wurde. Der Bub hingegen wurde an einer Behindertenwerkstätte angestellt.

Während das einstige Mädchen zu studieren begann, wurde dem jetzigen Kleinen – wieder nach zähem Ringen – schlussendlich ADHS und Autismus attestiert.

Heute hat die inzwischen erwachsene Frau mit den gleichen Problemen wie ihre eigenen Eltern zu kämpfen: Wehrt man sich nicht beharrlich gegen vermeintliche „Obrigkeiten“ und antiquierte, aber gesellschaftlich verfestigte Ansichten, hat das eigene Kind verloren.

 

Nachwort:

Der obige Blogartikel ist leider nicht erfunden, sondern behandelt autobiographisch meine eigene Lebensgeschichte, die meines alten Kindergartenfreundes, der nie ganz aus meinem Leben verschwunden ist, und die meines eigenen psychisch behinderten Sohnes. Zeitlich ist das Beschriebene seit meiner Geburt Mitte der 1990er geschehen. Zu verorten ist es in der Stadt Salzburg.

 

von Christina Schöppl

Eine Reaktion auf den Text von Stojanov K.

Das Thema Leistungsbeurteilung und die damit eingeschlossene Leistungsfeststellung sind immer wieder Grundlage für hitzige Diskussionen. Das aktuellste Beispiel dafür ist die durch wiederkehrende Aufschreie vor allem durch die vorherrschenden Corona-Bedingungen geänderte zentrale Reifeprüfung. Damit wurde die Matura von einer Leistungsfeststellung zu einer Leistungsbeurteilung umgewandelt, weil nun auch die Noten der letzten Schulstufe zur Bestimmung der Reife hinzugezogen werden. Es stellt sich aber sowohl bei der Leistungsbeurteilung jeder Schulstufe also auch bei der zentralen Reifeprüfung die Frage, ist das alles fair?

Die Leistungsfeststellung hält den aktuellen Leistungsstand fest, während in die Leistungsbeurteilung die Leistungen eines bestimmten Zeitraums einfließen. Laut Jürgens und Lissmann (2015) erfüllt die Leistungsbeurteilung fünf Funktion: die Selektionsfunktion, die Qualifikationsfunktion, die Informationsfunktion, die Anreiz- und Sanktionsfunktion und die Entwicklungsfunktion. Alleine diese recht verschiedenen Bereiche zeigen bereits, was die Leistungsbeurteilung im Grunde mit einer Note am Semesterende oder am Jahresende aussagen sollte. Dabei könnten gewisse Funktionen ohne Probleme gemeinsam in der Leistungsbeurteilung berücksichtig werden – die Selektionsfunktion und die Qualifikationsfunktion oder die Anreiz- und Sanktionsfunktion und die Entwicklungsfunktion – aber es gibt auch sich gegenseitig ausschließende Funktionen. Wenn eine Schülerin oder ein Schüler durch das Abschneiden in standardisierten Schularbeiten die Note „Befriedigend“ verdient hätte, aber für die persönliche Entwicklung die Note „Gut“ besser wäre, würden somit die Selektionsfunktion und die Entwicklungsfunktion im Gegensatz zueinanderstehen. Wenn man nun im Sinne einer fairen Leistungsbeurteilung handeln würde, würde man eine schlechtere Note hergeben, aber womöglich gleichzeitig die persönliche Entwicklung und Motivation der Schülerin oder des Schülers nicht fördern. Sollte die Selektion aufgrund von objektiven Kriterien erfolgen, kann laut Fendt von einer fairen Leistungsbeurteilung gesprochen werden.

Ein weiterer Aspekt der Leistungsbeurteilung ist die Leistungsbewertung, die auf einer von drei verschiedenen Bezugsnormen erfolgen kann. Die sachliche Bezugsnorm bezieht sich auf das Erreichen oder Nicht Erreichen von im Vorhinein festgelegten Zielen. Somit erhalten die Schülerinnen und Schüler bei der Beurteilung Aufschluss über den Leistungstand ihres Fachwissens. Die soziale Bezugsnorm bezieht sich auf einen Vergleich innerhalb einer bestimmten Gruppe – zum Beispiel eine Schule oder eine Klasse – und somit wird eine Reihenfolge innerhalb dieser Gruppe vollzogen. Da sich aber die Bewertung eines Individuums bei der Veränderung der Gruppe ebenfalls ändert, kann nur von einer relativen Sicht auf den Leistungsstand gesprochen werden. Die individuelle Bezugsnorm orientiert sich hingegen an vorhergegangenen Leistungen eines Individuums. Für die Bewertung und Beurteilung ist die Leistungssteigerung von zentraler Bedeutung, wobei kein Schluss auf die Leistungen anderer Schülerinnen und Schüler gezogen wird. Der individuellen Bezugsnorm wird auch eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Leistungsmotivation zugeschrieben, da sie die Lernfortschritte eines Individuums aufzeigen kann und nicht die Leistung an sich bewertet. Beim Betrachten der Bezugsnormen wird das Dilemma der Funktionen der Leistungsbeurteilung erneut sichtbar. Bei der sachlichen Bezugsnorm kann von Objektivität gesprochen werden und damit wäre diese laut Fendt für eine faire Leistungsbeurteilung vonnöten aber geht nicht auf die Entwicklung der Individuen ein.

Zusätzlich zu den Bezugsnormen muss bei der Leistungsbewertung noch entschieden werden, ob eine summative oder eine formative Leistungsbewertung stattfindet. Bei einer summativen Leistungsbewertung wird erst zum Schluss eines Lernprozesses über den Lernfortschritt Resümee gezogen, während bei einer formativen Leistungsbewertung bereits im Lernprozess der Lernfortschritt beobachtet wird und auch angepasst werden kann. Somit wäre eine summative Leistungsbeurteilung fair, aber der Lernprozess, der eine wichtige Rolle für die Entwicklung spielt, wird vernachlässigt.

Wenn man nun die Zusammenfassung wagt und nun versucht eine faire Leistungsbeurteilung zu beschreiben, kommt man auf die Begriffe Objektivität und Fachwissen, was in der Selektionsfunktion, der sachliche Bezugsnorm und der summative Leistungsbewertung zu finden ist. Damit hätte man es auch geschafft, wenn die Schule nicht für etwas anderes stehen würde. Diese Begriffe stehen dem entgegen, was die Leistungsbeurteilung eigentlich darstellen sollte, nämlich Rückmeldung über den Lernfortschritt zu geben und das auf einer individuellen Ebene. Dadurch würden die Schülerinnen und Schüler ihre Stärken und Schwächen erkennen und können daraufhin ausreichend individuell gefördert werden. Das würde auch dazu beitragen, dass man junge Menschen bildet und ausbildet, die wissen, was sie kennen und können, und somit leichter ihren Platz in der Gesellschaft finden. Natürlich hat auch die sogenannte faire Leistungsbeurteilung ihren Stellenwert – zum Beispiel in diversen Studien – aber für die persönliche Entwicklung der Schülerinnen und Schüler wäre eine nicht faire Leistungsbeurteilung meiner Meinung nach besser. Aber es sollte sich jede Lehrperson selbst die Frage stellen, ob man die Schülerinnen und Schüler aufgrund von Objektivität und Wissen beurteilen möchte, womit man die Leistungen vergleichbar machen würde, oder eher den Lernprozess für die Leistungsbeurteilung heranzieht, damit man die persönliche Entwicklung fördern kann.

 

Jürgens, E., & Lissmann, U. (2015). Pädagogische Diagnostik. Grundlagen und Methoden zur Leistungsbeurteilung in der Schule. Weinheim: Beltz.

Nerdel, C. (2017). Grundlagen der Naturwissenschaftsdidaktik. Kompetenzorientiert und aufgabenbasiert für die Schule und Hochschule. Berlin: Springer.

Saalfrank, W., & Kollmannsberger, M. (2017). Praxisleitfaden Lehrerhandeln. Unterrichten, Erziehen, Beraten, Leistungen beurteilen. Weinheim: Beltz.

Schlag, B. (2013). Lern- und Leistungsmotivation (4. Auflage). Wiesbaden: Springer.

Stern, T. (Hrsg.). (2010). Förderliche Leistungsbewertung (2. Auflage). Wien: Amedia.

2/3 Ergebnisse weiterführender Recherche und Gesprächen zu dem Thema Menstruation mit einem Blick auf eine die erste Befragung zum Thema Menstruation bei Jugendlichen.

 

Wie bereits im letzten Essay beschrieben, war vor allem mein Verständnis von der Menstruation im Allgemeinen, die Probleme, die bei der Monatsblutung auftreten können und auch das Verständnis des gesamten Themas und dessen Behandlung eher gering.

Das Erste, das ich lernen musste, ist, dass oftmals von menstruierenden Personen/Menschen gesprochen wird. Es geht hierbei um ein Einbeziehen von Personen, die sich dem binären Geschlechtermodell nicht unterwerfen wollen. Auch Trans* oder inter*geschlechtliche Personen sollen inkludiert werden.

Um den Blick wieder zurück auf die Schule zu bringen, würden wir gerne eine Umfrage genauer beleuchten (In diesem Teil des Blogeintrages verwenden wir wieder den Begriff „Mädchen“, da dieser auch in der Befragung verwendet wurde.). Im April und Mai 2017 hat das Internetportal www.ready-for-red.at eine Umfrage zur Menstruation an Schulen durchgeführt. Es wurden insgesamt 1109 Schüler zwischen 11 und 18 Jahren befragt, wobei 684 Mädchen und 425 Jungen an dem Online-Fragebogen (SoSci – garantiert anonyme Datenverwertung) teilnahmen. Es wurden Schulen, sowie Leiter*Innen von Jugendzentren dazu aufgerufen, die Umfrage mit den Jugendlichen durchzuführen.

Das Ergebnis war zwar zu erwarten, dennoch ist es erschreckend: 60% der Mädchen stehen ihrer Menstruation negativ gegenüber und 70% der Jungen finden das Thema sogar peinlich und nehmen dieses nicht als relevant wahr.

Weitere eklatante Probleme offenbaren sich beim Wissenstand: Natürlich sind fast 90% aller Befragten der Meinung, genug über das Thema zu wissen, aber die Hälfte aller an der Umfrage teilnehmenden Mädchen und vier von fünf Buben können nichts mit den Begriffen „Zykluslänge“ oder „Menstruationszyklus“ anfangen. Weitere Probleme entstehen bei vielen Mädchen, da sie nicht wissen, ab wann

 ein Tampon gewechselt werden muss, was natürlich zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Ein weiterer problematischer Punkt bildet die Tatsache, dass 80% aller Mädchen ihre Monatshygieneprodukte im Klo hinunterspülen, da sich direkt neben dem Klo kein Mülleimer befindet und die Scham zu groß ist, die Menstruationsprodukte in einem weiter entfernten Mülleimer zu entsorgen. Dadurch entstehen ökologische und ökonomische Probleme, da in den Kläranlagen spezielle Zerkleinerer eingebaut werden müssen. Natürlich leidet auch die Umwelt unter den platinhaltigen Toilettenartikeln.

Informationen erlangen die Schüler*Innen hauptsächlich von Zuhause (62%), teilweise aus dem Internet (32%) und zum kleinsten Teil aus der Schule (10%).

Es gibt aber auch positive Rückmeldungen: Die Menstruation gibt den Mädchen ein Gefühl des „Normalseins“. Sie fühlen sich erwachsen und wissen, dass es ein Zeichen ihrer gynäkologischen Gesundheit ist. Auch haben Jungen ein gutes Bewusstsein dafür, wie sich Regelbeschwerden äußern können und über 50% wären dazu bereit, den Betroffenen die Belastung zu erleichtern.

Im Rahmen dieses Projekts haben wir vermehrt mit Bekannten aus unterschiedlichen Altersgruppen über das Thema Menstruation gesprochen. Wir haben Kommiliton*Innen und Familienmitglieder zu deren genereller Meinung im Laufe von Gesprächen befragt. Der erkennbare Grundtenor ist, dass Menstruation eigentlich als kleines, primär unwichtiges Thema empfunden wird, aber innerhalb kürzester Zeit komplexe Gespräche entstanden sind. Für den männlichen Teil der Bevölkerung ist die Menstruation weiterhin ein mit wenig Interesse belegtes Thema. Aber keiner unserer Gesprächspartner äußerte eine Ablehnung, dieses vermeintliche Tabuthema zu besprechen. Es wird tendenziell mit wenig Beachtung gestraft, weil man selbst nicht direkt betroffen ist. Auch die meisten menstruierenden Menschen, die wir befragt hatten, waren der Meinung, dass es zwar nicht unbedingt mehr besprochen werden sollte, aber auf alle Fälle eine bessere Arbeit in der Schule geleistet werden sollte, um junge blutende Menschen auf die Situation vorzubereiten.

Ein tatsächliches Tabu wird nicht mehr empfunden, aber es wird auch nicht gerne in der Öffentlichkeit darüber gesprochen.

 

Von Christina Schöppl und Markus Lohberger

(Annemarie Schaffer)

Krassimir Stojanov stellt in einem Kapitel des 2011 erschienenen Buches Bildungsgerechtigkeit die Frage, ob Schule (anhand von Leistung) selektieren darf und soll. Eine Frage, die vor allem im Deutschland – worauf sich Stojanov hauptsächlich bezieht – in Anbetracht des numerus clausus an den Universitäten gestellt werden muss. Zwar wird das Problem der beschränkten Studienplätze in Österreich anders gehandhabt und es wird nicht durch den Notendurchschnitt des (gymnasialen) Abschlusszeugnisses, sondern durch Aufnahmeprüfungen entschieden, wer einen der begehrten Plätze z.B. im Medizinstudium bekommt, aber dennoch findet auch in Österreich z.T. schon sehr früh eine Selektion bzw. eine Verteilung der Schüler*inne statt, die sich weder nach den Begabungen noch nach den Bedürfnissen der Betroffenen richtet:

Zum einen entscheiden – was Stojanov in seinem Kapitel überzeugend als nicht angemessen darlegt – die Noten im Zeugnis der vierten Klasse Volksschule darüber, ob ein Kind für ein Gymnasium geeignet ist oder ob es doch „nur“ in die Mittelschule (früher Hauptschule) gehen darf. Zum anderen spielt auch der Wohnort der Betroffenen leider keine kleine Rolle, bei der Wahl des Schulbesuchs nach der Volksschule:

Ich bin in einem relativ kleinen Dorf nur ein paar Kilometer entfernt von der nächsten Landeshauptstadt aufgewachsen. Wir haben eine eigene Volksschule, aber für den weiteren Bildungsweg müssen die Fühler über die Ortsgrenzen hinaus ausgestreckt werden. In zwei der Nachbargemeinden gibt je eine Mittelschule, das nächste (von vielen) österreichische Gymnasium ist auch nicht viel weiter entfernt und über der nahen bayrischen Grenze gibt es auch noch eines. Die Wahl scheint also frei zu sein. So einfach ist es aber leider nicht. Als ich in der vierten Klasse Volksschule war, machten wir mit unserer Klassenlehrerin Ausflüge in die beiden oben erwähnten (damals noch) Hauptschulen. Sich über die vielen, mit dem Bus genauso gut erreichbaren Gymnasien zu informieren, lag in der Eigenverantwortung der Schüler*innen bzw. deren Eltern. Für Kinder, deren Eltern – aus welchen Gründen auch immer – keinen gesonderten Wert auf den Besuch eines Gymnasiums legten, stand ein Großteil ihrer theoretischen Möglichkeiten nicht einmal zur Debatte.

Grundsätzlich muss ein Besuch der Haupt- bzw. Mittelschule ja noch nicht heißen, dass der Bildungsweg nach der Sekundarstufe I abgeschlossen sein muss, da ja theoretisch der Übertritt in die Oberstufe eines Gymnasiums auch von dort aus möglich ist. Allerdings hat kaum jemand meiner ehemaligen Volksschulkolleg*innen, der*die nicht von vorneherein ein Gymnasium besucht hat, diesen Weg beschritten.

Ich selbst hatte das Glück, dass meine Eltern – in Kenntnis meiner Interessen und Begabungen – mich dazu ermutigten, die Aufnahmeprüfung in ein Gymnasium mit musischem Schwerpunkt zu versuchen. Anders als bei anderen Gymnasien spielten dort die Noten im Volksschulzeugnis für die Aufnahme eine eher untergeordnete Rolle. Eine schlechtere Note als ein ‚Befriedigend‘ sollte zwar dennoch nicht aufscheinen, aber wenn man bedenkt, dass zu dieser Zeit in anderen vergleichbaren Schulen ein ‚Gut‘ zu viel ein Ausschlusskriterium sein konnte, ist das doch bemerkenswert. Die Aufnahmeprüfung als solche war durchaus fordernd. Sie dauerte mehrere Tage und wir wurden auf unsere Eignung – nicht auf erlerntes Wissen! –  in den vier Säulen, auf denen die Schule aufbaute (Musik, Tanz, bildende Kunst, kreatives Schreiben), getestet. Allerdings passierte das auf eine durchwegs wertschätzende, freundliche und für uns auch lustige Weise, dass sogar ich, die ich ein recht schüchternes und nervöses Kind war, mit der Zeit die durch die Prüfungssituation erzeugte Anspannung vergaß.     

Die Form der Selektion, die diese Aufnahmeprüfung darstellt, war für mich auch schon in diesem jungen Alter von großem Vorteil. Ich konnte dadurch acht Jahre meiner Schulzeit in einem Umfeld verbringen, das mich in meinen Interessen und Begabungen und damit auch in meiner Persönlichkeit und meinem Selbstbewusstsein bestärkte und weiterbildete – und das bei Weitem nicht nur in den musischen Hauptfächern, sondern auch in all den „normalen“ Fächern, die eben zu einer gymnasialen Bildung dazu gehören. Dass dieses Konzept durchaus ein erfolgreiches ist, zeigt nicht nur die vergleichsweise geringe Drop-Out-Quote (in den acht Jahren, die ich an dieser Schule war, kann ich mich nicht erinnern, dass jemals zwei Klassen aufgrund einer zu geringen Anzahl an Schüler*innen zusammengelegt werden mussten), sondern auch die große Bandbreite an Karrierewegen, die allein die Kolleg*innen aus meinem Maturajahrgang eingeschlagen haben. Klar, einige blieben ihrem musischen Schwerpunkt treu und wurden Musiker*in, Schriftsteller*in, Tänzer*in oder Schauspieler*in. Andere aber schlugen ihren ganz eigenen Weg ein und gingen in die Medizin, in die Biochemie, ins Lehramt, wurden Physiotherapeut*in oder Dolmetscher*in. Das zeigt mir, dass diese Selektion nach natürlichen Begabungen (und nicht nach Leistung) zu einer freien Entwicklung der Persönlichkeit und damit zur Fähigkeit, den für sich passenden Weg zu finden, führen kann.

Natürlich besteht auch hier weiter das oben schon angeschnittene Problem der lokalen/familiären Herkunft. Kindern muss die Chance gegeben werden, die Möglichkeiten, aus denen sie wählen können, zu kennen. Da diese Chance nicht allen von Elternseite her gegeben werden kann, läge es zunächst an den Volksschulen und am Ende der Sekundarstufe I an den Mittelschulen und auch an den Gymnasien, umfassend zu informieren. Dabei wäre es schön, wenn den Schulen bzw. Eltern und Schüler*innen Hilfsmittel vergleichbar mit denen zur Berufswahl (online-Interessentests, Berufsinformationsmessen u.ä.)  an die Hand gegeben würden, die den Blick auf die mögliche schulische Laufbahn einerseits weiten und andererseits schärfen.

Der Forderung Stojanovs, dass Selektion keinesfalls aufgrund von Schulnoten passieren und der Fokus unabhängig von irgendwelchen wirtschaftlichen Faktoren vielmehr auf die Interessen, Begabungen und Bedürfnisse der Schülerinnen gesetzt werden soll, stimme ich also aufgrund meiner eigenen Erfahrung völlig zu. Seine Ansicht, dass Selektion frühestens bei 14-jährigen vorgenommen werden sollte, kann ich allerdings nicht teilen. Auch 10-jährige haben schon Interessen und Begabungen, die in einem darauf ausgelegten Umfeld gefördert werden sollten. Die Problematik, die auch Stojanov anspricht, dass Schülerinnen in diesem Altern nicht bzw. nur sehr eingeschränkt entscheidungsfähig sind, darf allerdings auch nicht ignoriert werden. Deswegen halte ich es für wichtig, dass den Schüler*innen sowohl nach der Volksschule als auch nach der Sekundarstufe I die Chance geboten wird, eine informierte Wahl zu treffen. Denn der Weg, den man mit zehn Jahren einschlägt, muss mit 14 Jahren (oder später) nicht derselbe sein und bleiben.

Abschließend möchte ich hier noch darauf hinweisen, dass beim Zusammenhang von Selektion und Schule eine Anpassung der Perspektive nicht schaden würde: Schüler*innen sollten nicht nur als Objekte – d.h. die Selektierten – des Selektionsprozesses angesehen und behandelt werden, sondern auch (zumindest in gleichem Maße) als Subjekte – also Selektierende, die den für sich am besten geeigneten (Schul-)Weg auswählen.        

Früher war es aus eigener Erfahrung eindeutig so, dass die AHS Ausbildung, zumindest in meinem Bekanntenkreis, um einiges höher angesehen war als heute. Mittlerweile konnte ich fast schon einen „Paradigmenwechsel“ im Bezug dessen Feststellen. In den Letzten Jahren rückte der Stellenwert der AHS Ausbildung deutlich dem der BHS näher. Doch woran könnte das liegen?

 

Bei meiner zeit beim Bundesheer hatte ich die Möglichkeit mit meinen Ausbildern, welche jährlich hunderte Jugendliche aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsgruppen betreuen, dazu zu befragen, und auch diese konnten eine solche Entwicklung bestätigen. Sie meinten, dass die rate an Jugendlichen, welche die Matura absolviert haben, deutlich gestiegen ist. Jedoch hat diese der größte protzenteil in einer BHS absolviert. Früher seien zwar weniger Rekruten mit Matura eingerückt und mehr mit handwerklich erlernten Lehrberufen, die „wenigen“ die jedoch eine Matura hatten absolvierten diese meist in einer AHS.

 

Meiner Meinung nach ist die AHS an sich ein gutes Konzept und natürlich das „Grund Gerüst“ des Österreichischen höherbildenden Schulsystems. Jedoch ist der nächste logische Schritt nach Absolvierung der AHS Matura ein Studium, da man sonst eigentlich keine wirkliche berufliche Ausbildung vorweisen kann. In der BHS hingegen sehe ich den großen Vorteil, dass einem ebenso wie in der AHS der Weg zu studieren offensteht, und man zusätzlich theoretisch sofort in die Wirtschaft einsteigen könnte. Wenn man schon vor Beginn der AHS weiß, welchen weg man nach der Matura einschlagen will, und schon ein Studium in Aussicht hat, ist die AHS natürlich eine perfekte Lösung. Da man sich ersten 1 Schuljahr bis zu Matura spart und 2. meiner Ansicht nach auch besser auf das Studium vorbereitet wird. Ist man sich jedoch noch unsicher, was im Alter von ungefähr 14-15 Jahren doch sehr wahrscheinlich ist, ist es bestimmt keine schlechte Idee auf die Oberstufe in der BHS zu setzen. Ich zumindest bereue es nicht neben den nun begonnen Studium noch drei ausgelernte Berufe als „Plan B“ ausüben zu können.

Auch im österreichischen Bildungswesen ist die Rede von Chancengleichheit, eine gerechte Grundlage für die Zukunft aller Schüler und Schülerinnen zu legen. Eine wichtige Zielsetzung für die österreichische Schule sollte die Mischung von Schulleistungen mit der familiären Herkunft oder mit dem Geschlecht vermeiden. Die Herkunft der Schüler und Schülerinnen, die Herkunft ihrer Eltern, ihre finanzielle Ausstattung oder das Geschlecht der Kinder sollten demnach die Beurteilung ihrer Leistungen und ihren Bildungsweg nicht beeinflussen. Wichtig ist, dass man der Ungleichheit, die noch immer spürbar ist, entgegenwirkt. Im Weiteren erläutere ich ein paar Beispiele, wo Ungerechtigkeit im Bildungswesen aufkommen kann und was man dagegen tun könnte.

Bereits in der 4. Schulstufe ist erkennbar, dass es zu starken Abweichungen nach sozialen Merkmalen kommt. Ein soziales Merkmal wäre das Geschlecht. Bezüglich der Lesekompetenz kann man feststellen, dass Mädchen besser als Jungs abschneiden. Damit auch die Buben bessere Leistungen erbringen, wäre eine Möglichkeit mehr Diversität in Richtung Lesestoff anzubieten, die Spannweite der Genres auszudehnen. Beliebte Genres, die Buben gerne lesen, wären Abenteuer-, Fantasy- oder Krimibücher. Eine weitere Möglichkeit sie für das Lesen zu gewinnen, wäre nicht allzu lange Bücher auszuwählen, damit sie gefesselt werden und sich nicht langweilen. 

Als nächstes komme ich zu der Bildungsherkunft der Schüler/innen, der höchsten abgeschlossenen Ausbildung der Eltern. Je mehr Ausbildung der Elternteil besitzt, desto größer ist die Chance, dass das Kind die Bildungsstandards erreicht. Dies gilt aber auch im umgekehrten Sinne. Hierbei ist es wichtig den/die Schüler/in individuell zu fördern und die Schwächen oder mögliche Lücken zu finden. Dabei soll das Kind unterstützt werden und seine Begabungen und Potentiale berücksichtigt werden.

Als dritte Chancenungleichheit kann der Migrationshintergrund sein. Es können die Kinder selbst im Ausland geboren werden oder sie haben Eltern, die beide eingewandert sind. Die damit einhergehenden mangelhaften Sprachkenntnisse sind oft Stolpersteine der Kinder auf ihrem Bildungsweg. Obwohl Mehrsprachigkeit als positiv angesehen wird, kann sie auch ein Nachteil für ein sicheres Leseverständnis sein. Eine mögliche Förderungsmöglichkeit in der Lesekompetenz wäre Zugang zu verständlichem Lesestoff verschaffen und damit auch die Leseschwachen unterstützen.

Es ist wichtig als Lehrperson aufmerksam zu sein, wo Bildungsungleichheiten entstehen können und dort wo sich die sozialen Ungleichheiten vergrößern, einen Schritt zur Verbesserung zu wagen.

Wäre es fair Kinder und Jugendliche zu selektieren? Oder alle gleichzusetzen? Diese Fragen könnte man unumstritten mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Aber welche Begründung oder Gedanke liegen hier zugrunde?

Heutzutage hat die schulische Bildung eine gewisse Selektionsfunktion, die aber oft mit anderen Begriffen ersetzt wird, wie zum Beispiel „Auslese“ oder „Allokation“, damit sie neutraler wirkt. Kinder werden bereits im Laufe ihrer Elementarbildung geprägt und es wird ihnen ein Grundstein für ihre zukünftige Weiterbildung gelegt. Die Schule soll ein Hilfsmittel für Heranwachsende sein, damit sie das mögliche Maximum an Kompetenzentwicklung erreichen. Dies geschieht durch die Vielfalt an Fächern, Lehrpersonen und die damit verbundenen Lehrer-Schüler-Beziehungen und anderen Erfahrungen während der Schulzeit. Während dieser Laufbahn im Leben werden die Schüler und Schülerinnen für ihre erbrachte Leistungen auch benotet. Die Rückmeldungen, die sie schon mit dem Beginn der Grundschule erhalten, sollten sie stimulieren und sie dazu bewegen ihre Kompetenzen weiterzuentwickeln und sich selbst herauszufordern. Nun stellen wir uns der Frage, ob die Auslese nach Leistung überzeugend ist.

Die Selektion bedeutet, dass gewisse Schüler und Schülerinnen von zukünftigen Bildungslaufbahnen ausgeschlossen werden. Die Allokation hingegen verteilt die Schüler und Schülerinnen auf zukünftige Berufslaufbahnen. Man selektiert oder verteilt eben Kinder nach ihren schulischen Leistungen auf bestimmte Laufbahnen. Ihre persönlichen Wünsche werden dabei nicht berücksichtigt. In manchen Ländern gehört die Auslese nicht zum Aufgabenbereich der Schule. Es gibt andere Methoden wie zum Beispiel Aufnahmeprüfungen oder andere Aufnahmeverfahren, die man absolvieren muss, damit man sich innerhalb einer höheren Institution weiterbilden kann. Es zeigt also, dass die Noten nicht ausschlaggebend sein müssen.

Angenommen wir möchten die Auslese „fair“ haben, dann sollte sie leistungsgerecht durchgeführt werden. Andere Merkmale wie Herkunft, Geschlecht, Aussehen, Religionen oder vieles mehr sollten nicht berücksichtigt werden. Mit anderen Wörtern sollte man die Schüler und Schülerinnen nur als Leistungsroboter ansehen. Als zukünftige Lehrpersonen haben wir zentrale pädagogische Aufgaben, darunter unseren Schülern und Schülerinnen mit Empathie, Respekt und Mitgefühl entgegenzukommen. Hinzu kommt noch, dass wir ihre persönlichen Bedürfnisse und Ängste wahrnehmen müssen und sie anerkennen sollen. Eine leistungsbasierende Auslese aber ermöglicht mir kein Wechselspiel zwischen Leistungen und Mitgefühl. Die Rolle der Lehrperson würde von einer vertrauensvollen Bezugsperson zu einer kalten Leistungsgeber/in verwandelt werden. Man würde von uns verlangen, dass wir jedes einzelne Kind auf dessen Leistungen reduzieren, damit wir ihn „fair“ auf eine Berufslaufbahn verteilen können. Und das widerspricht dem Beruf einer engagierten Lehrperson meiner Meinung nach.

Ein weiterer Punkt, welcher aus meiner Sicht gegen Selektion in der Schule spricht, wäre der individuelle Lernfortschritt, der eine „leistungsgerechte“ Allokation hindert. Kinder kommen mit sechs Jahren in die Schule. Manche fangen die 1. Klasse an, andere erst die Vorschule. In den kommenden Jahren formt sich jede/r Einzelne, bringt verschiedene Erfahrungen mit sich und einen eigenen Lernfortschritt. Die Schüler und Schülerinnen entwickeln erst deren Autonomiefähigkeit und eine autonome Persönlichkeit. Jedes Kind besitzt andere Hintergründe und bildet sich stets weiter, sie entfalten neue Selbst-Eigenschaften und versuchen auch immer wieder ihre Grenzen zu überschreiten. Manche Kinder werden in der Klasse als Außenseiter betrachtet, manche werden besser anerkannt. All diese Erfahrungen prägen sie und verhelfen ihnen sich zu einzelnen Individuen zu entwickeln.

Aus den erwähnten Gründen finde ich auch, dass die Schule nicht selektieren sollte und schon gar nicht nach erbrachten Leistungen. Die Bewertung und die Benotungen der Leistungen sollen Instrumente für eine individuelle Rückmeldung sein. Schüler und Schülerinnen sollten dann dementsprechend wissen, wo sie noch zu arbeiten haben und wo sie gefördert werden sollen. Als zukünftige Lehrperson finde ich es auch wichtig, dass man den Schülern und Schülerinnen konstant ihr aktuell erreichtes Leistungsniveau präsentiert und mit ihnen kommuniziert, damit sie an ihrem Lernprozess exakt und effizient arbeiten können.

 

 

 

 

 

 

Wirtschaft beeinflusst alle Sphären des Lebens. Die Gesellschaft richtet sich aus nach ihr und ändert sich entsprechend der vorherrschenden Wirtschaftsform. Seit der industriellen Revolution, der tiefgehenden Globalisierung der Welt und dem Wirken von Ökonomen wie Adam Smith hat der Liberalismus die wirtschaftliche Vormachtstellung eingenommen – zumindest in der westlichen Welt. Arbeit rückt in den Mittelpunkt und gilt als Maßstab des Werts von Gütern. Freier Handel und das Nichteingreifen des Staates sollen zu Wohlstand für alle führen.

Zwar haben sich die Prinzipien im 20. Jahrhundert gewandelt – unter anderem durch die Ideen der Chicagoer Schule – und einer neuen (eher negativen) Konnotation vom Begriff des Liberalismus, jedoch bleibt die Grundidee bestehen. Neoliberalistische Ideen beeinflussen die Politik, und damit auch die Bildungspolitik. Was bedeutet dies nun konkret?

Wirtschaftliche Interessen haben eine starke Wirkungsmacht, auch im Bildungssystem. Effizienz, Kompetenz, Standardisierung. Das Wettbewerbsdenken und die Orientierung am Arbeitsmarkt ist auch im Bildungssystem angekommen, seien es die Bildungsstandards, die standardisierte Reifeprüfung oder das Bologna-System an den Universitäten. Auch die neue UG-Novelle geht in die gleiche Richtung. Studierende sollen scheinbar so schnell wie möglich ihren Titel bekommen, um erfolgreich und nahtlos in die Arbeitswelt einzutauchen. Die wirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung seien dahingestellt. Die folgenden Gedankengänge beziehen sich eher auf die Folgen auf Ebene der Student*innen. Dieser Druck, deutlich erkennbar durch die geringe Anzahl an Toleranzsemestern oder die Anhebung der Mindest-ECTS müssen Auswirkungen haben. Man hat das Gefühl, sein Studium so schnell wie möglich abzuschließen müssen, koste es was es wolle. Von allen Seiten bekommt man suggeriert, schnell studieren zu müssen, um dann noch schneller eine Anstellung zu finden. Selbstzweifel oder fehlende Produktivität werden nicht gern gesehen. In einer beschleunigten Gesellschaft – auch dies hat sich durch die Pandemie nicht verändert – bleibt scheinbar keine Zeit für ein gemütliches Studium inklusive Selbstfindungsphase. Ist dies eine wünschenswerte Entwicklung?

Verfasst von Diana Marie Thunhart und Julia Hirner

Im Vergleich zum letzten Jahrtausend gibt es heutzutage viele verschiedene Ansätze, wie an das Thema Inklusion im Bereich der Schulen herangegangen wird und werden kann. Vor allem in den letzten Jahren gab es auch immer wieder Innovativen und Schulversuche. Themen wie etwa das „Team Teaching“ waren dabei Zentrum vieler Debatten. In diesem Artikel möchten wir uns jedoch weniger auf allgemeine Schulkonzepte fokussieren, sondern vielmehr auf die Möglichkeiten der Lehrpersonen eingehen, Kindern und Jugendliche Inklusion näherzubringen. Aber auch Herausforderungen, die das Thema mit sich bringt, sowie bedenkliche Outputs von Statistiken haben wir in unsere Überlegungen mit einbezogen. 

Doch was ist mit dem Fachterminus Inklusion überhaupt gemeint? Inklusion bedeutet, dass niemand, aus welchen Gründen auch immer (oftmals Hautfarbe, Herkunft, Glaubensbekenntnis, Beeinträchtigung etc.) ausgeschlossen werden darf. Jeder Mensch ist einzigartig und das ist gut so! Wie langweilig wäre das Leben denn, wenn wir alle gleich wären? Alle haben von Geburt an verschiedene Rechte, die in der allgemeinen Erklärung für Menschenrecht festgeschrieben sind. Beispiele dafür sind: Freiheit, Gleichheit, Verbot der Diskriminierung, Recht auf Bildung usw. Jeder muss gleichermaßen an Ausflügen und Veranstaltungen teilnehmen können und es müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden wie z.B. die Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer*innen und gehbehinderte Kinder und Jugendliche. Inklusion ist im gesamten Leben wichtig, nicht nur in der Schule. Doch leider sieht die Realität ganz anders aus – es gibt Hass gegen bestimmte Personengruppen oder Glaubensgemeinschaften, Dunkelhäutige Menschen werden immer noch diskriminiert und als kriminell abgestempelt, Mädchen/Frauen werden unterdrückt usw. Es muss also noch viel getan werden – doch gemeinsam können wir das schaffen und die Welt zu einem Ort machen, an dem jeder und jede gerne wohnt und so sein kann, wie er/sie ist!

Kinder sind von Natur aus neugierig und unvoreingenommen, sie urteilen nicht, sondern betrachten alles und jede/n ganz genau und stellen viele Fragen. Leider werden sie durch ihre Eltern, das Umfeld generell sowie das System Schule und auch diverse Medien beeinflusst und ihnen wird suggeriert, wer oder was richtig bzw. falsch ist. Nach und nach „erlernen“ sie so die negativen Glaubenssätze und Vorstellungen, die in unserer Welt herrschen und sie passen sich an, um dazuzugehören und gemocht zu werden. So werden sie nach und nach zu den Erwachsenen, die wir uns nicht wünschen sollten. Sie verlieren im Laufe der Zeit ihre kindliche Neugier und die Fähigkeit, keinen zu verurteilen, obwohl dies für eine Änderung der vorherrschenden Gegebenheiten so wichtig wäre. Doch ohne es wirklich zu merken, sind sie bereits im Kreislauf gefangen, der keine Sicht nach rechts oder links zulässt, wenn man nicht selber in den Mittelpunkt geraten möchte. Umso wichtiger ist es, als Elternteile bzw. als Lehrperson darauf zu achten, Vorurteile, Mobbing und Ausgrenzung immer wieder zu thematisieren und sie dadurch zu entstigmatisieren. 

Eine gute Basis dabei liefern beispielsweise Bücher und Gedichte, die genau solche Themen aufgreifen, wie z.B. „Der Rabe, der anders war“. In diesem Buch geht es um eine Gruppe von schwarzen Raben, die sich durch ihren enormen Zusammenhalt auszeichnen, bis sie eines Tages einen Raben entdecken, der so gar nicht zu ihnen passt – denn er ist ganz bunt. Auch von anderen Vögeln wie den Tauben, den Möwen, den Spatzen und der Eule wird er beäugt und als nicht erwünscht abgestempelt. Einzig der Nebel ist ihm wohlgestimmt und plötzlich ändert sich alles. Genau mit solchen Texten kann bereits jungen Kindern bewusst gemacht und aufgezeigt werden, dass niemand besser oder schlechter ist, wir sind alles Menschen, die es wert sind, auf dieser Erde zu sein und gut behandelt werden wollen und sollen.

Der Einsatz von Kinderbüchern, die Inklusion in eine kindgerechte Geschichte einbetten, ist also auch im Unterricht eine kluge Wahl, um Schüler*innen an das Thema heranzuführen. Dabei ist es jedoch wichtig, dass sich alle Kinder beziehungsweise Jugendlichen einer Schulklasse gemeinsam mit dem Thema beschäftigen sollten, nicht nur jene mit Sonderpädagogischem Förderbedarf. Ansonsten ist der unerwünschte Fall nämlich nicht auszuschließen, dass aus falsch praktizierter Inklusion plötzlich Exklusion wird. Geschieht dies, werden Schüler*innen mit Sonderpädagogischem Förderbedarf wieder extra herausgehoben und mit einem Sonderstatus behaftet, welche sie wiederum vom Rest der Klasse abspaltet. Experten raten außerdem, dass inklusiver Unterricht so bald wie möglich stattfindet. Denn je jünger die Kinder sind, desto eher nehmen sie auch solch komplexeren Inhalte leicht auf und halten die Inklusions-Thematik für „selbstverständlich“. Je älter die Kinder sind, desto vorgefertigter sind ihre Meinungen und desto mehr sind sie bereits von ihrem Umfeld beeinflusst worden – was hinsichtlich der Thematik positiv oder aber auch negativ sein kann. (Werning, 2014, S.616)

Zu bedenken gibt jedoch, dass, statistisch gesehen, in der Grundstufe viel mehr Fokus auf Inklusion liegt als in höheren Bildungsstufen. Dies liegt beispielsweise daran, dass die Homogenität (welche durch Alter, Interessen, usw. erreicht wird) viel mehr gegeben ist als in höheren Bildungseinrichtungen. Dabei reicht allein der Schritt von der vierten Klasse Volksschule auf die erste Klasse Sekundarstufe I aus, um enorme Heterogenität zu erzeugen. Dies ist zwar einerseits wünschenswert, da sich die Persönlichkeit und somit auch die Interessen und Denkweisen der Kinder und Jugendlichen herauskristallisieren – in unserem reglementierten Schulsystem lässt solch eine heterogene Zusammenstellung jedoch kaum Spielraum für das Eingehen auf Einzelne, sprich auch nicht für eingehende, inklusive Pädagogik. Weitere Ursachen dafür sind beispielsweise auch der „verstärkte Fokus am Unterrichtsstoff“, die „vorgegebene Leistungsmessung“, die „fehlende Kooperationszeit“ und noch einige weitere, wie Werning (2014, S.614) schreibt. Als Grund dafür äußert der Autor: „Inklusiver Unterricht stößt da an Grenzen, wo die Aspekte der Individualisierung und Differenzierung, der integrierten Förderung und der individualisierten Bewertung nicht umgesetzt werden (können).“ (Werning, 2014, S.614) Daher ist vor allem die Einstellung der Lehrperson, welche den Unterricht gestaltet, essenziell, um so auch ‘älteren’ Lerner*innen den Sinn für inklusives Denken mitzugeben.

Alles in allem ist Inklusion also ein Thema, welches uns im Alltag sowie im Schulalltag stets begleitet und deshalb auch Kindern von klein auf mitgegeben werden sollte. Dabei gibt es viele „vorgefertigte“ Systeme, die im Unterricht angewandt werden können, aber wie sich zeigt, sind auch diese fehlerhaft. Wie so oft liegt es also an den Pädagog*innen, Kindern und Jugendlichen Inklusion (beispielsweise anhand von Literatur) zu vermitteln. Wir als Lehrperson können also auch, oder eher vor allem, in diesem Bereich eine Menge bewirken und selbst wenn es uns nicht immer möglich sein wird, sollten wir es zumindest versuchen.

 

Bibliographie:

Werning, R. (2014). Stichwort: Schulische Inklusion. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 17 (4), 601-623. Wiesbaden: Springer. doi 10.1007/s11618-014-0581-7.

1/3 Ein erster Einblick in die Thematik Menstruation mit der Stellungnahme einer Frau und eines Mannes und ein Rückblick ihrer Erlebnisse in der Schule.

Menstruation. In letzter Zeit ein ausführlich besprochenes Thema, vor allem nach dem medial ausgeschlachteten „Pinky-Glove-Vorfall“. Jede Frau verbringt einen nicht unerheblichen Teil ihres Lebens menstruierend. Dabei handelt es sich um einen der alltäglichsten Zustände, die es überhaupt gibt. Von der Schule bis hin zum Ende der Berufslaufbahn findet er regelmäßig statt. Aber wird wirklich so viel darüber gesprochen? Ist er wirklich so alltäglich? Ist er tatsächlich ein normaler Bestandteil des Lebens im Blick der Allgemeinbevölkerung?

Als Mann, der fünf Jahre lang freiwillig beim Roten Kreuz aktiv gewesen ist und mehrere Jahre in der Lungenfacharztpraxis seines Vaters gearbeitet hat und somit ein für einen Laien verhältnismäßig fundiertes medizinisches Wissen besitzt, kann ich sagen, dass ich wenig über die Menstruation und den Zyklus weiß. Ja, ich weiß seit der Schule von der Monatsblutung und allen damit verbundenen Begleiterscheinungen. In der sechsten Klasse im Gymnasium habe ich im Biologieunterricht gelernt, wie die Regel abläuft. Ich habe einen Test darüber geschrieben und danach so ziemlich alles wieder vergessen. Wieso sollte ich es mir auch merken? Es betrifft mich nicht direkt. Ich bin mit vier Brüdern aufgewachsen. Meine Mutter hat nie auch nur ein Wort darüber verloren. Im – zugegeben überwiegend männlich besetzten – Freundeskreis war Menstruation ebenso kein Thema. Sollte sie das sein?

Für mich hat es eigentlich keinen Grund gegeben, auf diese Frage mit „Ja“ zu antworten. Erst der Unikurs „Gender, Diversität und Inklusion (Vielfalt) in der Schule“ in Kombination mit dem Aufschrei der weiblichen Bevölkerung haben mich dazu veranlasst, über besagte Thematik eingehender nachzudenken.

Man möchte meinen, dass in der heutigen Zeit mit ihrer aufgeklärten und tendenziell offenen Bevölkerung, in der schon viele Tabus der vergangenen Jahrhunderte – berechtigterweise – zum gesellschaftlichen Usus geworden sind, auch dieses Thema ohne vorgehaltene Hand besprochen werden sollte. Bei einer ersten Recherche ist mir aber bewusst geworden, dass dem nicht immer so ist. Bis Ende 2020 hatten Menstruationsprodukte den gleichen Steuersatz wie Kosmetika oder andere Luxusgüter. Eine Schülerin am BG Feldkirch hat 2019 als Schulsprecherin durchsetzen können, dass in ihrer Schule gratis zur Verfügung gestellt werden. In Neuseeland und in Schottland werden seit kurzem Menstruationsprodukte in Toiletten öffentlicher Einrichtungen (besonders an Schulen und an Universitäten) zur freien Entnahme bereitgestellt, mit dem Argument, sie seien für menstruierende Menschen einmal monatlich ebenso von Nöten wie Toilettenpapier, das bekanntlich überall zur Verfügung gestellt wird. Periodenarmut, die Bezeichnung für den Umstand, sich Binden, Tampons und Co. nicht leisten zu können, sondern sich mit alten Socken, zerschnittenem Stoff oder Klopapier als Einlage behelfen zu müssen, ist laut Erhebungen keine seltene Problematik bei Einkommensschwachen, wenn auch aus Scham oft totgeschwiegen. Wieso ist eine essentielle Notwendigkeit – medizinisch valide Informationen über den physischen Vorgang schon vor dem Einsetzen der Pubertät und die nötigen Produkte – in Österreich nicht für alle gleichermaßen verfügbar?

Als Frau und Mutter stellen sich mir unwillkürlich folgende Fragen: Was ist mit Mädchen, die ohne Mutter aufwachsen? Wer führt jene in die „Geheimnisse des Frauseins“ ein und erklärt in einem vertraulichen Gespräch den Umgang mit der Monatsblutung? Was ist mit denen, die einen schlechten Draht zu ihren Eltern haben oder mit Familien, die generell nicht über dergleichen zu sprechen pflegen? Die aus kulturellen Gründen das Mäntelchen des Schweigens darüber breiten möchten oder deren Mütter vielleicht Illiteraten sind, weil ihnen der Schulbesuch aus Kosten- oder anderweitigen Gründen verwehrt geblieben ist, und daher auch über physische Vorgänge nicht ausreichend Kenntnis haben? Sollte der Monatsblutung, die ja bewiesenermaßen mehr als die Hälfte der österreichischen Bevölkerung betrifft, keine größere Gewichtung in der Umsetzung des Lehrplans zukommen und das damit einhergehende gesellschaftliche Tabu nicht möglichst rasch beseitigt werden?

Ich glaube, dass in österreichischen Bildungsstätten höchst unterschiedlich mit der Thematik umgegangen wird, mal offener und mal gehemmter (mal womöglich kaum bis gar nicht?) die Heranwachsenden mit Informationen versorgt werden. An dem von mir besuchten katholischen Mädchenprivatgymnasium, ist es Gang und Gebe, dass bereits im ersten Semester der ersten Klasse ausführlicher Aufklärungsunterricht stattfindet. Insbesondere der weibliche Körper wird eingehend behandelt, während dann in der vierten Klasse die sexuelle Komponente als solche ins Blickfeld gerückt wird. Dazu werden im Rahmen von Projekten namens „Love Talks“ externe Expertinnen hinzugezogen, die Fragen beantworten, welche man als pubertierendes Mädchen seiner Lehrkraft vielleicht lieber nicht stellen möchte. In meiner Klasse hat es damals zwei Vormittage rein mit einer externen Sexualpädagogin gegeben und zwei Nachmittage gemeinsam mit einer Klasse eines ortsansässigen Burscheninternats. Diese Erfahrung habe ich als äußerst bereichernd in Erinnerung und will ich keinesfalls missen. Auch die Tatsache, dass nicht jede Schule Binden und Tampons bereitstellt, ist mir neu, weil es an meiner Schule Usus ist und eine der ersten Informationen in der ersten Klasse darstellt, die man vom Klassenvorstand/von der Klassenvorständin erhält, wo man sich diese im Bedarfsfall holen kann. Anscheinend sind katholische Privatschulen entgegen aller Unkenrufe doch fortschrittlicher als ihr Ruf.

 

von Christina Schöppl und Markus Lohberger