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LV: Gender, Diversität und Inklusion

Gruppe D

 

Entscheide dich: BioNTech, Pfizer, AstraZeneca oder Einsamkeit?

Verfasserin: Laura Gerzer

Es war einmal vor langer Zeit, bevor Corona die Welt in die Knie zwang, eine Bevölkerung, die feierte, in Lokalen gemeinsam aßen und sich gegenseitig umarmten. Kommt euch das noch bekannt vor?

Schluss mit Einschränkungen, wir wollen zurück zur neuen Normalität. Die Corona-Impfung ist ein Lichtblick am Ende des Tunnels. Kaum ein Thema spaltet die Gesellschaft so, wie das Thema Impfen. Allein diese Thematik sorgt bereits für ordentlichen Zündstoff, aber die Kirsche auf dem Sahnehäubchen fehlt noch, indem die Regierung überlegt Privilegien für Geimpfte einzuführen.

Die drei Unternehmen BionTech & Pfizer, Moderna und AstraZeneca, in Zusammenarbeit mit der Oxford University, schaffen, was vor Kurzem noch unmöglich schien: die Entwicklung eines Impfstoffes gegen Corona. Bereits 2.045.677 Menschen (27,16% der impfbaren Bevölkerung) haben mindestens eine Corona-Schutzimpfung erhalten, davon haben 781.936 Menschen (10,38%) einen vollständigen Impfschutz. (Datenstand: 25.04.2021).

Doch wie funktioniert dieser Impfstoff? BionTech & Pfizer und Moderna entwickelten in den USA mRNA-Impfstoffe. Durch die Injektion wird dem Körper die mRNA des Coronavirus zugeführt, wodurch er, einfach ausgedrückt, den Bauplan für ein ausschlaggebendes Protein erhält. Dieses Spikeprotein findet sich auch auf der Außenhülle der Viruszelle. Das Immunsystem baut daraufhin dieses Protein nach und bildet Antikörper dagegen. So schützt sich der Organismus gegen das Virus. Der AstraZeneca Wirkstoff stammt aus Schweden und sieht in seiner Bauweise etwas anders aus. Er wird als Vektorimpfstoff bezeichnet. Dabei wird dem Körper ein im Labor verändertes Gen mittels Vektorträger verabreicht, wodurch dich Antikörper bilden. Dieser Vektorträger ist ein deaktiviertes Virus. Für die Covid-19-Impfung wird das Adenovirus verwendet, welches Großteils nur Schimpansen infiziert. Die durchschnittliche Wirksamkeit liegt hierbei, niedriger als bei den amerikanischen Konkurrenten, bei ca. 70%.

Privilegien für Geimpfte, kann ein Anreiz zum Impfen schaffen. Auf der anderen Seite werden gleichzeitig Menschen, welche sich aus diversen Gründen nicht impfen lassen möchten, ausgegrenzt. Mehr Rechte für Geimpfte und massive Nachteile für welche, die sich nicht impfen lassen, eine Vorgehensweise, was der Impflicht ähnelt. Was ist richtig im ethnischen wie im medizinischen Sinne?

Vorsicht ist geboten, dass es zu keiner Klasseneinteilung in „Geimpfte“ und „Ungeimpfte“ kommt, dies führt zu einer Spaltung der Gesellschaft.

Aufgrund der Priorisierungen der Bevölkerungsgruppen, werden die Menschen zu unterschiedlichen Zeitpunkten geimpft.  Stellen Sie sich vor, Sie haben später als ihre Freunde einen Impftermin bekommen und müssen zusehen wie ihre Freunde, am Stammtisch zusammensitzen und sich gegenseitig Geschichten ihrer Heldentaten im Corona-Krieg erzählen, vom furchtlosen Einsatz vor dem heimischen Fernseher mit Bier und Chips, währenddessen Sie zuhause warten. Soll von Privilegien für Geimpfte erst von Rede sein, wenn die Mehrheit der Bevölkerung bereits geimpft sind? Führen mehr Rechte für Geimpfte, zum Verschwinden der Solidarität?

Jeden Tag eine neue Meldung, neue Einschränkungen; oft das Gegenteil vom Vortag. Die Informationen reichen von extremer Panikmache bis hin zu absoluter Beschwichtigung. NEWS: „Grüner Pass“ statt Reisepass! Die Regierung überlegt einen „Grünen Pass“ einzuführen, für die Erleichterung der weiteren Öffnungsschritte. Der Pass soll als Nachweis einer Impfung, Genesung oder Testung dienen. Laut österreichischen Kanzleramtes sollen die Nachweise in Form eines QR-Codes gebündelt werden. Er wird die Türen zu Veranstaltungen, Gastronomien oder anderen Aktivitäten öffnen. Die Umsetzung des „Grünen-Pass“ soll in 3 Etappen bewältigt werden. Eine gemeinsame europäische Lösung bezüglich der Abhandlung ist geplant. Lebenslanger Hausarrest für Ungeimpfte?

Wie stehen Sie zu dem Statement: Jede einzelne erfolgreiche Impfung hätte doppelten Wert?

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Die Probleme im Elementarbereich – sind Kindergartenkinder weniger wert?

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Es ist schon seit längerer Zeit in aller Munde, dass im Elementarbereich die Wogen hochgehen – die Beschäftigten fordern schon lange und eisern eine Aufwertung ihres Berufsstandes und eine dementsprechende Entlohnung.

Sie haben immer mehr mit Personalnot zu kämpfen und mit noch größeren Gruppen – den Kindergärtnern und -innen geht somit schön langsam die Puste aus.

Man kennt es aus dem Bekannten-, Verwandten- oder Freundeskreis bzw. auch teilweise aus den Medien: Die Elementarpädagogik wird sehr oft belächelt und als nicht sehr wichtig erachtet. Den Beschäftigten wird nachgesagt, dass sie „ja eh nur den ganzen Tag mit den Kindern spielen müssten, was soll da schon dabei sein bzw. so anstrengend sein?“

Doch wie fordernd, anstrengend und vor allem wie wichtig dieser Bereich ist, davon ist selten die Rede. Ich habe einige Bekannte, die im Kindergarten oder ähnlichen Einrichtungen tätig sind und sie sind sich einig: So kann und wird es nicht mehr lange weitergehen. Sie alle lieben ihren Beruf und geben täglich ihr Bestes für die Kinder, doch die Rahmenbedingungen müssen auch stimmen! Die Entlohnung steht in keinster Weise für die Verantwortung, die sie tragen und ist alles andere als wertschätzend und fair. Viele wechseln nach kurzer Zeit in einen anderen Bereich oder entscheiden sich, zu studieren. Das ist sehr schade, da ja bereits die 5-jährige BAfEP, die die meisten besucht haben, sie diesem tollen und wichtigen Beruf näherbringt bzw. sie extra dafür ausbildet. Doch unter sollen Umständen orientieren sich dann sehr viele doch lieber um. Es gibt auch die Möglichkeit für Interessierte, ein 3-jähriges Kolleg abzuschließen, doch selten ist man danach gleichgestellt mit den Elementarpädagogen und -innen und verdient dementsprechend noch weniger. Somit lohnt sich auch dieser Weg für Spätentschlossene leider gar nicht und trägt wiederum nicht zu einer Aufwertung bei. Somit werfen viele das Handtuch und suchen sich einen Job, bei dem sie mehr geschätzt werden und wo auch die Bezahlung stimmt. Dabei wäre es so wichtig, gute Beschäftigte in diesem Bereich zu wissen, da dort die Entwicklung unserer Kleinsten beginnt und sie lernen, sich auch außerhalb der Familie an gewisse Regeln, einem Miteinander mit den anderen Kindern und Pädagogen sowie -innen zu halten. Außerdem werden sie spielerisch und kreativ gefördert und entwickeln sich kognitiv weiter. Bereits hier entstehen Freundschaften fürs Leben und ich denke, fast jeder denkt doch gerne an seine Kindergartenzeit zurück. Diese Entwicklung ist der Grundstein für die schulische Laufbahn, die danach folgt und der sich jede/r stellen muss. Wäre es also nicht mehr als dringend erforderlich, hier Geld in die Hand zu nehmen und den Beschäftigten die Wertschätzung entgegenzubringen, die sie so sehr verdient haben? Liebe Politik, bitte investiert endlich mehr in die Entwicklung unserer Kinder, denn sie sind die Zukunft! Oder sind Kindergartenkinder weniger wert als Schulkinder?

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Gibt es in Österreich die gleichen Bildungschancen für alle?
Verfasserin: Wallner Constanze 

„Es ist eine Lüge, wenn wir Flüchtlingskindern erzählen, dass sie ein Schulabschluss weiterbringt.“ So lautet die Überschrift eines Blog Artikels, der im Standard veröffentlicht wurde, vom 2.April 2021, also sehr aktuell. Eine 30-jährige Unterrichtende an einer HAK/HAS in Oberösterreich, die im Namen anonym bleiben möchte, äußert sich in ihrem Schreiben über Hoffnungen, den alltäglichen Kampf von MigrantInnen*, vor allem in Bezug auf den schulischen Kontext sowie über den Gedanken, dass Österreich eigentlich als ein solidarisches und chancenreiches Land gilt, wobei sie sich in dieser Hinsicht nicht mehr ganz gewiss ist.

Um es nun konkret darzustellen: Unter dem Pseudonym Lisa, M. beschreibt eine Lehrkraft einer Handelsschule den grundsätzlich hoffnungsvollen Beginn einer „Integrationsklasse“ im Jahr 2016. Darin, Flüchtlingskinder, die in ein Land gebracht wurden, dass ihnen fremd ist, dass ihnen Sicherheit sowie Schutz geben soll und, dass ihnen eine Chance bieten soll, ein neues, hoffnungsvolles, ordentliches Leben zu beginnen. Unterstützung war und ist also von allen Seiten notwendig. Die Alltagssorgen, die diese Kinder täglich begleiten, sind enorm. Kann ich in diesem Land dauerhaft bleiben? Werde ich meine Eltern wieder sehen? Wie soll ich mein Leben nach der Schule finanzieren? Wo werde ich als nächstes wohnen? Nicht zu vergessen, die dramatischen Erinnerungen und Erlebnisse auf dem Fluchtweg sowie „Anfeindungen als Alltagserfahrungen“, wie es Lisa M. pointiert zum Ausdruck bringt. In diesem Tumult aus Ängsten, Traumata, Sorgen oder auch Rassismus sollen diese SchülerInnen* nun noch ihren Schulalltag meistern, gut abliefern und sich in der Gesellschaft integrieren. So wird es zumindest von ihnen verlangt. 

Nichtsdestotrotz betont die Verfasserin des Blog Artikels, wie bedeutsam die Schule oft für in Österreich aufgenommene Kinder und Jugendliche ist. Sie gibt ihnen Struktur, einen täglichen Auftrag sowie ebenfalls ein gewisses Gemeinschafts- sowie Sicherheitsgefühl, einfach einen normalen Alltag in der sonst so herausfordernden Lebenslage.

Lisa M. ermutigte ihre SchülerInnen, insbesondere in dieser Klasse, hart für ihre Ziele, hart für die Bildung zu arbeiten und nie aufzugeben, denn mit einer gewissen Bildung sowie einem ordentlichen Schulabschluss würden ihnen die Türen offen stehen. Sie gibt ihnen alle Hoffnung, bringt ihnen als eigene Individuen Wertschätzung entgegen und lässt sie spüren, dass sie in diesem Land willkommen und aufgenommen sind. Trotz alldem: Negativer Asylbescheid sowie Abschiebung in ein Land, das nicht sicher ist.

Sie erinnern sich sicher noch an den Fall der zwölfjährigen Tina, die im Jänner samt ihrer Familie vom einen auf den anderen Tag nach Georgien abgeschoben wurde. Sie war ebenfalls in einer Gemeinschaft groß geworden, die ihr Stütze und Halt boten, FreundInnen, die sie auf ihrem Lebensweg begleiteten sowie sie ein Leben in einem sicheren Land führte. Die Gesetzgebung entschied sich allerdings, der kleinen Tina ein Bild von einem Österreich zu geben, dass Menschen mit Migrationshintergrund sowie Personen, die hierher flüchteten, die dringend Hilfe in unserem Land benötigen, oft einen negativen Asylbescheid gibt und daher einfach das Recht hat, diese Menschen in ein Land zurückzuschicken, das gefährlich sowie unsicher ist. Von einer chancenreichen Zukunft ganz zu schweigen. 

Hier wollen wir noch von einem chancengerechten, fairen, solidarischen Heimatland sprechen? 

Vor allem als angehende Lehrkraft einer Schule, einer allgemeinen Bildungsanstalt, ist es Gesetz und gerne auch mein Recht, alle SchülerInnen, unabhängig der Herkunft, des Geschlechts, der Hintergründe, der Hautfarbe etc., zu fördern, zu unterstützen, auf ihrem Bildungsweg zu begleiten und diese weiterzubilden. Einfach für alle dieselben Chancen anzubieten. Der §2 des österreichischen Schulorganisationsgesetzes besagt nämlich: „Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch einen ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken. Sie hat die Jugend mit dem für das Leben und den künftigen Beruf erforderlichen Wissen und Können auszustatten und zum selbsttätigen Bildungserwerb zu erziehen.“ Und hier steht es schwarz auf weiß geschrieben. Wird im Gesetz nun hier selektiert zwischen SchülerInnen* mit Migrationshintergrund und SchülerInnen* ohne Migrationshintergrund? Steht geschrieben, dass Menschen mit besonderen natürlichen Eigenschaften, welche es auch immer sein mögen, anders, besser oder schlechter behandelt werden sollten?

Da die Antwort hierauf ein schlichtes „Nein“ bedeutet, fragt man sich weswegen nicht alle Menschen in Österreich die gleichen Chancen erhalten dürfen? Hier vor allem auf die Ausbildung der Jugendlichen sowie Kinder bezogen. Und weswegen gibt es überhaupt im Staat Österreich eine Berechtigung und ein Gesetz dafür, Kinder und Jugendliche, inklusive deren Familien, die bereits ihren Bildungsweg für viele Jahre im „sicheren und solidarischen“ Österreich vollständig angetreten haben, Hoffnung verspüren sowie halbwegs ein normales Leben führen können, abzuschieben? Zurück ins Elend, ins Ungewisse, ins Aussichtslose.

Der Terminus „Chancengerechtigkeit“ wird laut dem Duden definiert als: „gerechte Bedingungen, Voraussetzungen für alle bei Ausbildung und gesellschaftlich-sozialer Entwicklung“. Um die traurige Wahrheit zu benennen, diese Definition wird in unserem ach so wunderschönen Heimatland nicht umgesetzt. Die Chancengerechtigkeit gilt nämlich offenbar nur für jene Menschen in Österreich, die auch in diesem Land geboren wurden (wobei dies auch nicht immer zutrifft). Diese werden ja vermutlich auch als „alle“ definiert. Der „Rest“ hat offenbar keine Definition und daher weniger Rechte und Chancen.

Erwähnter Artikel:
https://www.derstandard.at/story/2000125438031/es-ist-eine-luege-wenn-wir-fluechtlingskindern-erzaehlen-dass-ein?ref=rec

§2 des Schulorganisationsgesetzes:  https://www.jusline.at/gesetz/schog/paragraf/2

 

Faktenwissen ist von gestern! – Ein Plädoyer für ein neues Verständnis von Wissen
Verfasserin: Eva-Maria Schitter

Allem voran in Bildungsinstitutionen, insbesondere Schulen und Universitäten, besteht bis heute ein starres Verständnis darüber, was Wissen und Intelligenz ist. PISA, Bologna-Prozess, die aktuellen Novellen im Studienrecht — dies sind nur einige der bekannteren Beispiele, um zu verbildlichen, welche Bildungsideale aktuell flächenwirksam nach wie vor vorherrschend sind. Zusammenfassend könnte es überspitzt so ausgedrückt werden: Oberste Prämisse ist es, sich quantifizierbares Wissen anzueignen, das möglichst in Einklang mit der breiten Masse steht, sodass es skalenbasiert bewertbar, vergleichbar und hierarchisch eingeordnet werden kann. Positiv ausgedrückt könnte man von Gleichklang, Übereinstimmung und Harmonie sprechen. Näher an der traurigen Realität wären aber Begriffe wie Konformismus, Homogenität und Rasterdenken — eine Diktatur der Zahlen und Fakten eben. Diese Regierungsform sollte zumindest in unseren Breitengraden längst passé sein.  

Die hauptsächliche Tätigkeit von Schüler*innen für Schularbeiten und Tests sowie jene von Studierende gegen Ende des Semester, wird in Anlehnung an eine verbreitete Essstörung als Bulimie-Lernen bezeichnet, worunter das gezielte Auswendiglernen von Faktenwissen verstanden wird, damit es für die Dauer einer Prüfung, Klausur oder Schularbeit abgerufen werden kann und danach wieder aus dem Kurzzeitgedächtnis zu streichen. Was also in den Ernährungswissenschaften als grob fahrlässig seinem eigenen Körper gegenüber eingestuft wird, ist in den Erziehungswissenschaften alltägliche Usance. 

Es klingt lächerlich und traurig, feststellen zu müssen, dass diese Art zu Lernen und zu Lehren offensichtlich so tief im Bildungssystem verankert ist, dass es schlichtweg noch immer nicht gelungen ist, sie zu überwinden. Leider ist durch die oben genannten Beispiele eher Gegenteiliges der Fall. Die offensichtliche und wissenschaftlich erwiesene Tatsache, dass das Setzen auf Faktenwissen weder Alltagstauglichkeit beweist noch gegenwärtig und schon gar nicht zukünftig behilflich dafür ist, den jüngeren Generationen Toolkits mit auf den Weg zu geben, mit denen sie für Ihren Lebensalltag gewappnet sind, lässt nicht nur am gesunden Menschenverstand der führenden Persönlichkeiten in der Bildungspolitik zweifeln, sondern auch die Hoffnung verblassen für eine progressive Entwicklung, die gangbare Grundvoraussetzungen für das Bilden und Ausbilden verantwortungsvoller und selbst verantwortungsbewusster Menschen setzt.

So negativ der Status Quo klingen mag, umso proaktiver sollten wir als angehende Lehrende wirken, umso entschlossener uns den institutionellen Schwierigkeiten entgegensetzen und umso konsequenter den eigenen Handlungsspielraum nutzen, um Fähigkeiten weiterzugeben, die tatsächlich zur Formung einer Gesellschaft beitragen können, die vor dem Hintergrund kybernetischer, künstlich-intelligenter, technoider Entitäten nicht nur bestehen kann, sondern der Digitalität in den im wahrsten Sinne des Wortes menschenmöglichen Bereichen überlegen bleibt. Siri wird schneller das Datum des Mauerfalls ausfindig gemacht haben— inklusive seiner historischen Kontexte – als jeder und jede noch so begabte Studierende beginnen kann, überhaupt erst darüber nachzudenken.  

Die Pandemie ist Anlass dazu, dieses hegemoniale System nicht nur theoretisch, sondern auch operativ zu durchbrechen und uns hinzuwenden zu jenen Kompetenzen, die uns tatsächlich gegenüber den Maschinen, die lange schon Einzug in unseren Lebensalltag gehalten haben, einzigartig und unersetzlich bleiben lassen. Das nicht ganz einvernehmliche Zugeständnis der Lehrenden an den Universitäten, die Prüfungen so umzugestalten, sodass Inhalte nicht mehr auf Fakten und exakten Wortlauten hin abgefragt werden, sondern vom erlernten Wissen in angewandten Beispielen und kontextbezogen Gebrauch zu machen, ist ein erster wenn auch nicht ganz vorbehaltloser Schritt vieler Universitätsprofessor*innen und -bediensteter in eine richtigere Richtung. Tobias Mayr fasst die aktuelle Lage in seinem Standard-Artikel „Onlineprüfungen: Wissen interpretieren statt auswendig lernen“, trefflich zusammen. Abstrakten Theorien und Modellen kann auf diese Weise praxisbezogenes Verständnis eingehaucht werden, was nicht nur die Aneignung des Stoffgebietes auf einer eingängigeren Weise fördert, sondern auch die Relevanz komplizierterer Themenkomplexe für Lernende nachvollziehbarer und dadurch spannender werden lässt. Das lässt einen leisen Enthusiasmus aufkommen. Es sei zu hoffen, dass das nur der Anfang von etwas neuem Großen ist.  

Erwähnter Artikel:
https://www.derstandard.at/story/2000124649978/online-pruefungen-wissen-interpretieren-statt-analysieren

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Das Thema, ob Lehrkräfte einfach „nur“ Experten ihres Fachs sind oder doch „alles“ können sollen, ist ein heiß diskutiertes. Auch in der COACTIV-Studie vom Jahr 2003 wurde dieses Thema im Zusammenhang mit Mathematik bereits behandelt. Im folgenden Blogeintrag geht es aber weniger um Mathematik, sondern mehr um die Aussage (die auch in der Studie behandelt wurde), dass sowohl fachdidaktisches als auch fachliches Wissen bedeutsam sind und meiner Meinung nach dürfen diese Bereiche noch um das Allgemeinwissen bereichert werden.

Die Frage bzgl. Fach-, Allgemein- und fachdidaktischem Wissen ist aber nicht so einfach beantwortet, denn es macht einen großen Unterschied, ob Lehrkräfte Volksschüler unterrichten, wo die fachliche Kompetenz vermutlich etwas niedriger ausgeprägt sein muss als in der Oberstufe, wo Maturantinnen und Maturanten unterrichtet werden. In der Oberstrufe wird das Fachwissen zwar von immer größerer Bedeutung, in der Volksschule hingegen ist die pädagogische Kompetenz von enormer Wichtigkeit.

Die Gesellschaft erwartet oft, dass Lehrerinnen und Lehrer allwissend sind, obwohl Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe in ihrer Ausbildung zum Großteil fachlich und weniger pädagogisch gelehrt werden.

 

Einige Kompetenzen sollten Lehrerinnen und Lehrer jedoch ohne Ausbildung und fernab von fachlicher oder pädagogischer Kompetenz besitzen. Eine Kompetenz, neben vielen sozialen Skills, ist Rechtschreibung. Es ist nicht nur, wie ein weit verbreiteter Irrglaube vielleicht vermuten lässt, für Deutsch- oder FremdsprachenlehrerInnen relevant, die deutsche Rechtschreibung einwandfrei zu beherrschen, sondern auch für alle anderen Lehrkräfte. Sowohl bei Elternbriefen, beim Verfassen von Arbeitsaufgaben als auch für das Schreiben von E-Mails mit Schülerinnen und Schülern, Eltern, Vorgesetzen oder Außenstehenden ist eine ausgezeichnete Rechtschreibkenntnis unabdingbar.

 

Nichtsdestotrotz sollte der Chor der Gesellschaft aufgrund dessen nicht lauten: Die Lehrerschaft muss alles können, sondern eher, dass Lehrkräfte sowohl in ihrem Fach als auch im Allgemeinwissen ein Vorbild für alle Schülerinnen und Schüler sein sollten.

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Der Begriff “Bildung” wird in der Regel zweckfrei verstanden, wohingegen Ausbildung auf Nutzerwartungen bezogen ist. Mit dieser Unterscheidung ist eine gewisse Wertung verbunden, denn schon umgangssprachlich gilt Bildung mehr als Ausbildung. In Folge dessen werden Gymnasien oder Universitäten mit „Bildung“ assoziert, Berufe dagegen mit „Ausbildung“. Bis heute berufen sich deutsche Gymnasien und Universitäten auf „Bildung“ als ihr Proprium, das oft zweckfrei verstanden wird und sich aus sich selbst heraus begründen soll. „Bildung“ bezieht sich allerdings nicht nur auf anerkannte Bildungsinstitutionen, sondern ist zu einem sehr erfolgreichen, aber auch sehr inflationären Begriff geworden, der alltagssprachlich ein großes Spektrum von Spielarten zulässt. Folglich kann man unter dem Begriff “Bildung” auch Allgemeinbildung, Berufsbildung, Weiterbildung, Erwachsenenbildung, Freizeitbildung order auch musische Bildung verstehen. Des Weiteren, kommt man zum Entschluss, dass “Bildung” ein unendlicher Prozess ist und “Ausbildung” auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist. Um den Bedeutungsunterschied zwischen beiden Begriffen zu verdeutlichen, kann folgendes Beispiel angeführt werden: Um als gebildet zu gelten, sollte man beispielsweise etwas über geschichtliche Geschehnisse wissen, Zeitung lesen und Nachrichten aufmerksam verfolgen. Um jedoch all diese genannten Punkte erfüllen zu können, geht der Bildung ein wichtiger Punkt voraus, die so genannte “Ausbildung”. Um beispielsweise eine Zeitung lesen zu können, muss man, wie es der Ausdruck “Zeitung lesen” schon sagt, im Stande sein, etwas zu lesen. Die Fertigkeit des Lesens wird uns in aller Regel in der Grundschule von Lehrer*innen beigebracht und wird als “Ausbildung” betrachtet, welche uns erlaubt, uns zu bilden.

Gesellschaftlich ist es zwar hoch angesehen gebildet zu sein, aber man hat kaum Chancen am Arbeitsmarkt zu bestehen ohne eine abgeschlossene Ausbildung. Wenn man beispielsweise die Schulausbildung am Gymnasium abbricht, hat man weder einen Hauptschulabschluss noch eine Berufsausbildung. In diesem Fall wird man am Arbeitsmarkt schwer Fuß fassen können und stark eingeschränkte Wahlmöglichkeiten bei der Berufswahl haben. Wenn man sich nun die Frage stellt, welchen gesellschaftlichen Wert die Bildung gegenüber der Ausbildung erfährt, muss man die allgemein akzeptablen Lebensläufe betrachten. Jeder kennt den Ausdruck “Dauerstudent”, ein Begriff der negativ konnotiert ist und unabhängig vom Bildungsgrad generell dazu dient, jemanden zu verhöhnen. Das ist natürlich damit verbunden, dass Schulen und Ausbildungsstätten das höhere Ziel der Erziehung gesellschaftsfähiger Mitglieder übertragen bekommen. Was soviel heißt,  dass nach vollendeter Ausbildung ein arbeitsfähiger Mensch die Gesellschaft mit seinen/ihren erworbenen Qualifikationen bereichern soll. Kritisch ist dabei zu betrachten, dass man individuell für die eigenen Bildungserfolge zuständig ist und die Diskrepanz zwischen den Bildungschancen stark von der Umwelt beeinflusst ist. Nichtsdestotrotz ist es besonders wichtig Bildungsprozesse zu fördern, um die persönlichen Interessenfelder und den Forschungsdrang im Individuum weiter zu entwickeln. Dafür muss man die persönlichen Stärken und Schwächen der Schüler*innen und Auszubildenden kennenlernen und in Folge dementsprechend durch Fördermaßnahmen intervenieren. Außerdem muss sowohl im schulischen als auch im gesellschaftlichen Rahmen die Chancengleichheit sichergestellt werden, jedoch besteht dahingehend noch Luft nach oben. Da Bildungssysteme sich stets am Gesellschaftsmodell orientieren, ist es von umso größerer Bedeutung, die Bildungs- sowieso Ausbildungsmöglichkeiten zukünftig barrierefrei zu gestalten. 

Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch einen ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken. Sie hat die Jugend mit dem für das Leben und den künftigen Beruf erforderlichen Wissen und Können auszustatten und zum selbsttätigen Bildungserwerb zu erziehen.” (§ 2 SchOG)

Die Schule hat zur Aufgabe Menschen zu bilden aber auch auszubilden. Diese zwei Begrifflichkeiten hängen eng miteinander zusammen. Die Schule bildet den Menschen auf unterschiedlichen Ebenen und trägt einen wichtigen Teil zur Bildung und Erziehung bei. Die Aufgabe der Schule ist nicht nur den Schüler und Schülerinnen wichtige fächerspezifische Inhalte beizubringen, sondern auch übergreifende Kompetenzen. Die Erarbeitung und Aneignung der wichtigen Inhalten müssen immer auch mit fächerübergreifenden Kompetenzen kombiniert werden. Diese sind zum Beispiel das kritische Denken und Hinterfragen, Selbstorganisation und das selbstständige Lernen und Entscheiden. Die Matura wird oftmals auch Reife- und Diplomprüfung genannt. Das heißt, dass am Ende der Schullaufbahn die Schüler und Schülerinnen den Reifezustand erreicht haben und nun Erwachsene sind, die die Probleme und Handlungsspielräume der Gesellschaft erkennen und handeln.

Da Schule eine Vielzahl von Aufgaben und Funktionen hat, ist es sehr schwer diese alle aufzuzählen. Der Fokus liegt auf der Erziehung der Schüler und Schülerinnen zu kritischen und selbstständigen Menschen.

Zunächst muss uns klar werden, dass Bildung und Ausbildung nicht dasselbe ist. Wenn wir in den Zeitungen “Bildungswesen, Bildungspolitik, Weiterbildung” lesen, assoziieren wir damit Bildung, aber nicht die Ausbildung, obwohl diese damit gemeint ist. Das Ziel der Weiterbildung ist zum Beispiel, sich beruflich weiterzubilden. “Bildungspolitik” meint die Ausbildung in der Schule. Bildung an sich führt dazu, dass man Zusammenhänge versteht und sich ein eigenes Weltbild verschafft. Wie oben schon beschrieben, kann man sein Horizont durch Zeitungen oder Bücher lesen erweitern und dazu kann man sich seine eigene Meinung bilden, was jedoch in einem totalitären System unerwünscht ist. Man kann so viele Bücher lesen, zich Vorlesungen besuchen, wenn es nicht im Lebenslauf steht, hat diese Bildung in der Arbeitswelt wenig Wert, denn dort hat die Ausbildung einen höheren Stellenwert. 

Vera F. Birkenbihl war eine Managamenttrainerin und präsentierte ein anschauliches Beispiel für eine “educated person”. Sie teilte diesen Vorgang in drei Hauptpunkte: 

  1. Den jungen Menschen mit den Gepflogenheiten und Umgangsformen innerhalb der Gemeinschaft vertraut zu machen.
  2. Ihn für eine bestimmte Funktion innerhalb dieser Gemeinschaft auszubilden.
  3. Ihm Wissenswertes nahezubringen, um dadurch seine eigenen Interessen und seinen Forschungsdrang zu wecken.

Diese drei Hauptpunkte zeigen deutlich, dass man mit Bildung den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen muss- oder so wie sie es sagte: “Doch zwischen Potential und Endresultat liegt etwas, das von außen gesteuert wird und ein bestimmtes Ziel verfolgt, nämlich jenes, diesen Menschen zu dem werden zu lassen, was die nähere Umgebung von ihm erwartet. Dieser Prozess heißt „Erziehung“”. Mittlerweile zollt man nicht denjenigen Respekt der allgemein gebildet ist, sondern jenem, der in seinem Beruf erfolgreich ist und ein ansehnliches Einkommen verfügt. 

Abschließend kann man sagen, dass nicht jeder Mensch allwissend sein muss. Man ist auch nicht gebildet, wenn man sich auf ein Thema spezialisiert. Man ist aber auch nicht gebildet, wenn man jeden Tag Zeitung liest. Um Bildung zu erlangen, muss das Interesse an etwas Neuem da sein. Aber was bringt dem Staat ein gebildeter Mensch, wenn es kein begeisterter Konsument, fleißiger Arbeiter und gehorsamer Steuerzahler ist?

Beitrag von Christina Grill, Anica Keskic, Lea Sali, Begüm Sanli

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Dass zwischen Ausbildung und Bildung literarisch gesehen ein ziemlich kleiner Unterschied liegt wird deutlich, wenn man einmal darüber nachdenkt, wie lose wir im alltäglichen Sprachgebrauch oftmals damit umgehen. Sehr oft wurde mir bereits die Frage gestellt: „Welche Ausbildung hast du gemacht?“ und „welche Bildung hast du“, habe ich auch schon des Öfteren gehört. Beides im Kontext der Schule. Denn jeder wollte immer nur wissen welche Schule ich besucht habe. Was bietet die Schule nun an? Bildung oder Ausbildung?

Der grobe Unterschied liegt eigentlich in der Art wie man sich Wissen aneignet. Wenn man von Ausbildung spricht, wird das Wissen von einer anderen Person übermittelt. Meist in einem spezifischen Gebiet. Zum Beispiel für den Berufsalltag. Als Bildung hingegen wird oftmals das selbst erlernte Wissen bezeichnet. Jenes, welches man z.B. aus dem Lesen von Büchern oder ansehen von Dokumentationen erlangt. Die Schule wird auch oft aus als Ausbildung zur Bildung betrachtet. Sie übermittelt Grundinformationen auf die später selbständig aufgebaut werden kann. Man soll lernen, wie man lernt. Natürlich gibt es auch Einzelfälle wie z.B. eine BHS wo auch Praxisgegenstände unterrichtet werden. Diese fallen in ein Spektrum, wo beides übermittelt wird.

In den Letzten Jahren konnte ich persönlich immer mehr wahrnehmen das Ausbildung wieder mehr geschätzt wird. Handwerklich Berufe rücken wieder immer mehr in den Vordergrund. Vor allem die Lehre mit Matura welche in einer gewissen Art und Weise die Ausbildung im klassischen Sinne und Ausbildung zur Bildung kombiniert. Es ist schwer zu sagen welchen Weg man gehen möchte, denn im Endeffekt bildet man sich am besten weiter, wenn einem das Thema dem man sich widmet interessiert und Spaß macht.

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Ausgehend von drei Kapiteln des Beitrags Österreich von Ferdinand Eder und Josef Thonhauser in Die Bildungssysteme Europas (Grundlagen der Schulpädagogik, Band 46) hat uns in den vergangenen Wochen das Thema Veränderung im Kontext von Schule und Schulsystem beschäftigt. Dabei haben wir uns sowohl Veränderungen in der Vergangenheit, die zum heutigen Ist-Zustand geführt haben, angesehen, als auch Überlegungen angestellt, welche Veränderungen nun passieren müssten und wie wir als angehende Lehrer*innen dazu beitragen können, dass die Schule und das Schulsystem der Zukunft funktionieren kann.

 

Veränderung und Nicht-Veränderung im historischen Kontext

(Annemarie Schaffer)

Das öffentliche österreichische Schulsystem und seine Entwicklung befinden sich seit seiner Entstehung im 18. Jahrhundert in einem Spannungsfeld zwischen – wie es Ferdinand Eder und Josef Thonhauser ausrücken – „progressiven Ideen“ und „konservative[m] bis reaktionäre[m] Festhalten am jeweiligen Status quo“. Dass das Veränderungen und Anpassungen am System erschwert und manchmal sogar verunmöglicht, ist leicht nachzuvollziehen.

Was 1770 eine wichtige und notwendige Neuerung war – nämlich, dass das Schulwesen zur Staatsangelegenheit wurde – erweist sich heutzutage oft eher als Bremsklotz für eine sinnvolle Entwicklung. Denn das von Kaiserin Maria Theresia erlassene Dekret, das Schule „allzeit [zu] ein[em] Politikum“ erklärte, mag damals die Kirche als Bildungsträger obsolet und Bildung allgemein zugänglicher gemacht haben; heute aber dient das Politikum Schule oft als Bühne oder Projektionsfläche parteipolitischer Machtkämpfe, wobei ein unvoreingenommenes Nachdenken über Nutzen und Sinn für das Schulsystem außen vor bleibt. Ein gleichzeitig präsentes und langgedientes Beispiel dafür ist die Diskussion um die Gesamtschule. Die Idee ist absolut keine neue, wie es auch ein Überblicksartikel auf der Website des Radiosenders Ö1 zeigt: Schon im 17. fordert der protestantische Theologe und Pädagoge Johann Amos Comenius eine allumfassende Bildung für alle Menschen unabhängig von ihrer sozialen Stellung. In Österreich war es 1848 der Unterstaatssekretär Ernst Freiherr von Feuchtersleben, der als erster für alle Kinder zwischen elf und 14 Jahren eine gemeinsame Schule, das Progymnasium, wollte. Doch erste Versuche in diese Richtung gab es erst im rot regierten Wien der 1920er unter dem Schulratspräsidenten Otto Glöckel. Diese stießen jedoch auf breiten Widerstand und die Idee der Gesamtschule wurde zum Inhalt parteipolitischen Lagerdenkens – und ist es bis heute geblieben. Zuletzt machte sich das – wie in einem Beitrag der Tageszeitung Die Presse nachzulesen – 2017 im Zuge der damaligen Bildungsreform bemerkbar: Sozusagen als Zuckerl für die Grünen, die die damalige rot-schwarze Regierung für eine beschlussfähige Mehrheit brauchte, öffnete der damalige Gesetzesentwurf „die Tür für die Gesamtschule“ – zwar nur für Modellregionen im Burgenland und in Vorarlberg, aber immerhin. Dass dabei aber eben nicht pädagogische Überlegungen ausschlaggebend waren, sondern die Jagd nach einer Mehrheit im Parlament, ist offensichtlich und wird noch klarer im Zusammenhang mit der Aussage des damaligen Vizekanzlers Wolfgang Brandstetter (ÖVP), dass nun, die SPÖ bei der Studienplatzfinanzierung am Zug sei. Themen wie die Ganztagsschule oder die Studienplatzfinanzierung bedeuten zum Teil weitreichende Veränderungen für Schüler*innen und Studierende und sollten deshalb eigentlich nicht Gegenstände von parteipolitischem quid pro quo sein. Dass sich aber dahingehend in Österreich etwas verändert, ist unwahrscheinlich, denn Schule ist und bleibt „allzeit ein Politikum“.

Dabei fällt es den streitenden Parteien auch nicht auf, dass – um beim Beispiel der Gesamtschule zu bleiben – ihr „Streitgegenstand historisch tot ist“, wie es der Bildungsexperte Stefan Hopmann (zitiert im oben verlinkten Ö1 Artikel) ausdrückt. Denn „beide Seiten sitzen“, so Hopmann, „im Prinzip immer noch im selben Schützengraben; Die eine kämpft noch immer darum, eine gleichberechtigte Beteiligung an der Struktur der anderen zu bekommen, und die andere reagiert strukturkonservativ und sagt: Nein, wir wollen aber nicht zu viele von euch.“ Dabei sei es laut Erkenntnissen der Bildungsforschung klar, dass oberflächliche Änderungen – das heißt der Name oder das Label einer Schule – an der Situation nichts verändern. Das erläutert der Bildungsexperte folgendermaßen: „Eine wirkliche Änderung wäre ja nur dann gegeben, wenn wir tatsächlich bereit wären, denen, die weniger Bildungsressourcen zuhause haben, mehr in der Schule zu geben. Also produktive Ungleichbehandlung. Ob ich die jetzt in einer Gesamtschule mache wie die Skandinavier oder in vielen verschieden Schulformaten wie die Kanadier oder Holländer, ist egal. Die Frage ist: Bin ich bereit zur produktiven Ungleichbehandlung? Und die ist politisch schwer durchsetzbar.“

Das heißt also: Änderungen und Nicht-Änderungen im und am Schulsystem werden in Österreich wohl immer (partei-)politisch motiviert sein. Dass es dabei zu tiefenstrukturellen zeitgemäßen Änderungen kommt, scheint unwahrscheinlich, wenn man betrachtet, wie ähnlich das heutige Schulsystem dem von vor 200 Jahren in manchen Bereichen noch ist. Die meist oberflächlichen Änderungen können leicht im politischen Hick-Hack der Parteien verlorengehen oder bei einem Wechsel der Regierungsparteien wieder rückgängig gemacht werden. Als Lehrperson befindet man sich damit in einem an sich recht starren System, das aber häufig seinen Anschein wechselt. In diesem Rahmen gilt es nun, den Schüler*innen abseits von politisch motivierter Einflussnahme und in jedem von außen aufgedrückten System die bestmögliche zeitgemäße Bildung angedeihen zu lassen, damit sie in einer sich stetig verändernden Welt Fuß fassen können. So kann (sinnvolle) Änderung von innen heraus entstehen.     

 

Schulpflicht? (Samir Eghbali)

Bei Ferdinand Eder und Josef Thonhauser ist die Schulpflicht als Teil der Struktur des Bildungssystems gelistet. Sie beschreiben im dritten Kapitel, wie das österreichische Schulsystem aufgebaut ist:  vom Elementarbereich über die Sonderformen im Schulsystem bis hin zum tertiären Bildungsbereich, welcher Bildungseinrichtungen wie Hochschulen und Universitäten umfasst.

In meinem Beitrag möchte ich das Werkzeug der Schulpflicht näher betrachten und welches Problem ich dabei sehe. Das österreichische Schulsystem besteht wie z.B. das deutsche auch aus 9 Jahren Schulpflicht für alle, die sich dauernd in Österreich aufhalten. Ein wichtiger Punkt, der in einer Pandemie-Zeit (aktuell Corona) nach meiner Ansicht schwer durchzusetzen ist. Denn was bedeutet eigentlich Schulpflicht? Wird die Schulpflicht allein durch die Anwesenheit im Unterricht erfüllt oder zählen auch Mitarbeit und gute Noten? Wie überprüft man die Schulpflicht in einer Zeit, die geprägt ist von Home-Office, Homeschooling und E-Learning? Welche/r Lehrer/in kann bemerken, wenn der/die bereits im Präsenzunterricht stille Schüler/in im Online-Unterricht ebenso still ist und statt zu lernen und aufmerksam der Lehrkraft zu folgen ganz einfach seinen Hobbys nachgeht. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es auch trotz einer zugeschalteten Kamera viele Möglichkeiten gibt, sich anderweitig zu beschäftigen. Und genau da kommt die Schulpflicht meines Erachtens an ihre Grenze. Man kann den Kopf von SuS zwar in die Schule zwingen, jedoch nicht die Schule in die Köpfe der SuS.

Was also tun? Die SuS aufgeben, die sich nicht integrieren? Den Gründen aus dem Weg gehen, weshalb SuS nicht in die Schule wollen, wieso sie sich weigern, mitzuarbeiten. Fast jede/r SuS war einmal in der Situation, keine Lust mehr gehabt zu haben, die Schule als überflüssig empfunden zu haben oder einfach geschwänzt zu haben, weil man etwas anderes tun wollte. Anstatt jedoch nach den Gründen gefragt zu werden, wurde man häufig nur abgemahnt, in Form von schlechten Noten, einem Vermerk im Zeugnis, einem Gespräch mit den Eltern oder im schlimmsten Fall einem Verweis.

Meiner Ansicht nach sollte, anstatt die SuS einfach nur in die Schule „zu zwingen“, den Beweggründen, wieso sie nicht gehen wollen, mehr Beachtung geschenkt werden. Natürlich zweifle ich nicht an der Zweckmäßigkeit der Schulpflicht, denn sie ist schon ein bewährtes Instrument, SuS nicht nur die Möglichkeit von Bildung zu geben, sondern diese Möglichkeit auch für jede Person, die in Österreich lebt, verbindlich zu machen. Allerdings sehe ich auch einen Weg zu einer besseren Bildung darin, es zu schaffen, dass SuS aus Einsicht oder idealerweise aus positiver Motivation heraus von sich aus zur Schule gehen wollen und nicht nur, weil sie durch die Schulpflicht dazu gezwungen werden.

 

Wann platzt die Blase des österreichischen Schulsystems?

(Denise Zacherl)

Dass das österreichische Schulsystem mit vielen Problemen zu kämpfen hat, ist definitiv nichts Neues. In der PISA- Studie fallen wir von Jahr zu Jahr immer weiter zurück, was daher auch nicht überraschend kommt. Doch woran liegt das? Wieso wird es für die meisten Schüler und Schülerinnen immer schwieriger, gute Noten nach Hause zu bringen, anstatt leichter? Mit dem heutigen Überfluss an Bildungsangeboten müsste doch für jedes Kind das passende dabei sein.

Das Schulsystem in Österreich ist geprägt von fortlaufenden Veränderungen. Von neuen Lehrplänen, besseren pädagogischen Methoden oder Modellen bis hin zur neuen bundesweiten Zentralmatura. Es wird versucht, alles neu, anders und vor allem kompetenzorientierter zu gestalten. Die Kinder sollten mehr lernen, mehr Wissen aneignen und vor allem mehr leisten. Aufgrund dieser andauernden Erneuerungen sowie Veränderungen werden die Schüler und Schülerinnen immer wieder vor neue Aufgaben gestellt.

Doch Veränderung heißt nicht automatisch gut. Diejenigen, die es am meisten betrifft, werden dabei meist übersehen. Nämlich die Schüler und Schülerinnen! Für diese heißt neu und mehr nicht immer besser, sondern viel mehr Stress, weniger Freizeit und ein viel zu hoher Druck lastet auf ihnen, denn sie müssen natürlich mit den Erneuerungen mithalten. Als Beispiel führe ich an dieser Stelle die bundesweite Zentralmatura an. Ich selbst habe vor 2 Jahren maturiert und habe diese Erfahrung miterlebt. Die Zentralmatura wurde uns vorgestellt als tolle neue Möglichkeit, unseren Abschluss zu machen.

Aber was hat das für uns bzw. für die heutigen Schüler/innen für Auswirkungen? Selbstverständlich erfordert eine neue Matura auch neue Grundkompetenzen, neue Lernmethoden und vor allem: eine neue Benotung. Dies war die größte Hürde, sowohl für unsere Klasse als auch für unsere Lehrpersonen. Denn diese konnten uns in den meisten Unterrichtsfächern nicht mehr so benoten wie früher, mussten sich strikt an die Vorgaben halten und es gab fast ausschließlich neue Aufgabenformate. Natürlich hat die Zentralmatura auch gewisse Vorteile, wie z.B., dass alle Absolvent/innen einer höheren Schule die gleichen Voraussetzungen nach ihrem Abschluss mitbringen. Meiner Meinung nach überwiegen hier jedoch ganz klar die Nachteile und speziell für die Schüler/innen selbst stellt es eine klare Veränderung ins Negative dar. Wie auch von Eder und Thonhauser in ihrem Text „Österreich“ beschrieben, wird der Abschluss dadurch eher objektiv angesehen und die individuellen Stärken der Schüler und Schülerinnen gehen damit verloren.

Das eben angesprochene Thema ist jedoch nur eine von insgesamt vier großen Problematiken, mit welchem das österreichische Schulsystem laut Eder und Thonhauser heutzutage zu kämpfen hat. Eine weitere große Hürde im Schulsystem bildet zudem der Übergang zwischen der allgemeinen Volksschule und der nächsthöheren Schulstufe. Hierbei hat ein/e Schüler/in zwei Möglichkeiten, entweder das Kind schafft es anhand ihrer schulischen Leistungen in eine AHS oder muss sich mit der Mittelschule zufriedengeben. Doch warum habe ich eben die Wörter „schaffen“ und „zufriedengeben“ im Zusammenhang mit Schulen benutzt? In unserer heutigen Gesellschaft hat sich das Gesamtbild einer AHS und einer Mittelschule (ehemals Hauptschule) so stark gewandelt, dass die AHS fast als „Elite Schule“ angesehen wird. Sozusagen nur noch für die „Besseren“ vorbehalten. Jedes Kind, welches die gewissen schulischen Voraussetzungen für die Aufnahme nicht erfüllt, hat keine andere Wahl als die Mittelschule. Durch diese Tatsache wird die Mittelschule automatisch – ob gewollt oder nicht – zu etwas schlechterem gemacht. Jegliche Versuche, die Mittelschule attraktiver und interessanter zu gestalten, blieben bislang erfolgslos.

Was hat sich allerdings so stark geändert, dass Eltern ihre Kinder lieber in einer AHS unterbringen wollen, ohne auf deren individuellen Förderungsbedarf Rücksicht zu nehmen? In diesem Punkt fließen bereits die nächsten zwei großen Problematiken mit ein, nämlich der Umgang mit besonderen Förderungen sowie die Maßnahmen von Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund.

Erstens wollen es viele Eltern schlicht und einfach nicht wahrhaben, dass ihr Kind mit dem Lehrplan einer AHS eventuell nicht mithalten kann und eine spezielle Unterstützung benötigen würde. Sie ignorieren die Tatsache, dass genau ihr Kind den schulischen Anforderungen nicht gewachsen ist. Obwohl es mittlerweile bekannt ist, dass die Mittelschule mehr Förderungen anbietet, bzw. mehr auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder einzugehen versucht, auch weil mehr als eine Lehrkraft die Unterrichtsstunden betreut, überzeugen diese Argumente die meisten Eltern leider nicht. Zweitens werden auch öfters Kinder mit Migrationshintergrund als Einflussfaktor angesehen, das Kind lieber in eine AHS zu schicken. Die meisten Personen assoziieren Kinder mit anderer Herkunft sofort mit schlechten Deutschkenntnissen, schlechteren Leistungen und noch schlechteren Noten. Dies wird auch von der Hypothese gestärkt, dass solche Kinder in der Regel eine Mittelschule besuchen. Leider wird auch hier übersehen, dass die Herkunft allein nichts über die Intelligenz, bzw. die Fähigkeit oder dem Willen zur Leistung aussagt. Vielmehr erachte ich es als sehr wichtig, diesen Schülern und Schülerinnen die gleichen Chancen zu ermöglichen, um sie dadurch besser zu integrieren und zu fördern. Hierbei ist es auch wichtig, das Elternhaus mit einzubeziehen. Denn ohne Unterstützung zu Hause ist es für Kinder nochmals ein Stück schwerer. Doch auch hier mangelt es leider an Verständnis und auch am Willen der österreichischen Eltern.

Für mich als angehende Lehrperson heißt dies nun, in Zukunft selbst aktiv zu werden, um nicht nur meine Schüler/innen in den verschiedensten Bereichen zu unterstützen, sondern auch, dem negativen Image der Mittelschule entschieden entgegenzutreten.

 

COVID-19 – Die Pandemie als (zusätzliches) Problem des Schulsystems

(Nicole Balasoiu)

Derzeit ist schon lange bekannt, dass das österreichische Schulsystem gewisse Probleme in sich trägt, die jedoch verschiedene Wurzeln haben. Auch bei den PISA-Studien werden die Ergebnisse schlechter und schlechter. Doch warum? Das österreichische Schulsystem ist bemüht, den Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund genug Integration anzubieten. Auch für Lehrpersonen gibt es immer mehr Möglichkeiten für Weiter- und Fortbildungen. Es gibt überzentrale Veränderungen wie zum Beispiel die Zentralmatura oder die Lehrpläne, die trotzdem die Probleme nicht ganz verhindern.

Denise Zacherl hat im vorigen Absatz die Probleme behandelt, sie ausdiskutiert und das wichtigste schon erwähnt.

Hinzugefügt werden kann noch die Tatsache, dass heutzutage, in der aktuellen Covid-19-Situation, in der alle Schüler und Schülerinnen gefangen sind, Probleme dazukommen. Der Stress, der sie verfolgt, ist noch immer präsent. Sie erhalten Aufgaben und Hausübungen, müssen sich teils selbst den Schulstoff beibringen und haben dabei oft keine Unterstützung von einer Lehrperson. Der Druck wird größer. Falls die Eltern arbeitstätig sind und sich nicht zu Hause befinden, können nicht einmal sie eine Unterstützung sein.

Jede Schule und jede Schulstufe vereinbart schulintern, wie sie die Situation bewältigen, ob sie Online-Stunden organisieren, zusätzliche Hilfe und Erklärungen von der lehrenden Person anbieten oder ob sich die Schüler und Schülerinnen allein mit dem Stoff auseinandersetzen und die Aufgaben erledigen sollen. Doch müssten die Schüler und Schülerinnen nicht prioritär sein? Viele fühlen sich im Stich gelassen. Der soziale Kontakt, der ihnen fehlt, trägt dazu bei, dass sich die Situation auf sie noch anstrengender auswirkt. Dazu kommt noch, dass nicht alle Kinder die gleichen Chancen im Distance Learning haben. Damit werden die sozialen Ungleichheiten verstärkt. Am meisten betroffen sind die Kinder aus sozial schwächeren Haushalten. Daher ist auch hier eine Veränderung nötig. Platz dafür gibt es genug.

Als zukünftige Lehrperson nehme ich mir vor, selbst auch aktiv zu werden und meinen Schülern und Schülerinnen eine passende Unterstützung und Hilfe zu sein. Eine passende und engagierte Lehrperson kann in vielen Hinsichten ein Beispiel für die Kinder sein. Daher ist es wichtig, persönliche Haltung und Verhalten zu ändern, bevor man versucht die Schüler und Schülerinnen zu ändern.

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LV: Gender, Diversität und Inklusion
Artikelsammlung
Gruppe D
Vorurteile und Rassismus im Alltag
Verfasserin: Hannah Staudinger

Gehen ein Chinese und ein Tunesier in eine Bar. Der Chinese wird vom Türsteher hineingelassen, der Tunesier nicht.

Sie fragen sich jetzt vielleicht, wo der Witz bleibt? Es gibt keinen. Es wäre schön, wenn es einer wäre, doch dies ist die Realität. Die Realität des 21. Jahrhunderts.

Unser Leben ist geprägt von Vorurteilen. Seien es Vorurteile gegenüber Arbeitslosen (die seien ja nur zu faul, um zu arbeiten), Vorurteile gegenüber Kassierern und Kassiererinnen im Supermarkt („die haben halt nix Gscheits glernt“) oder Vorurteile gegenüber Menschen, die anders aussehen als ich, oder die einfach gesagt eine andere Hautfarbe haben als ich selbst. Letzteres wäre als Rassismus bekannt, ein Thema, das immer wieder zur Sprache kommt, ohne dass sich groß etwas tut.  

Denken Sie doch einmal nach, wo Ihnen im Alltag Rassismus begegnet. Ich spreche jetzt nicht von Morden an Schwarzafrikanern durch die Polizei in Amerika, sondern von Beispielen aus dem eigenen Alltag. Dies können Sprüche sein, abweisendes Verhalten oder die Annahme, dass Leute bestimmter Hautfarbe wenig bis kein Deutsch können etc.

Klingelt es da bei Ihnen?

Niemand, wirklich niemand kann behaupten, im Alltag noch nie mit Rassismus in Berührung gekommen zu sein. Entweder als der- oder diejenige, der/die sich gegenüber anderen rassistisch verhalten hat oder als der- oder diejenige, dem/der rassistische Haltungen entgegengebracht wurden.

Wenn Sie jetzt also nochmal überlegt haben, bin ich mir sicher, dass Sie nun mindestens ein Beispiel aus ihrem eigenen Alltag gefunden haben.

Ein ganz plakatives Beispiel wäre jenes, mit dem ich diesen Artikel begonnen habe. Ich habe ja angemerkt, dass dies die Realität sei… Warum weiß ich das? Es ist genauso passiert. Ein guter Freund von mir (dessen Vater Tunesier ist und der selbst eher südländisch aussieht) war mit einem Freund von ihm (ein Junge mit asiatischem Aussehen, da die Eltern Chinesen sind) am Abend aus und wollte in eine Bar. Seinen Freund mit dem asiatischen Aussehen ließ der Türsteher hinein, den eher südländisch Aussehenden allerdings nicht. Vielleicht hatte der Türsteher persönlich was gegen Südländer, vielleicht hat er aber auch nach dem Klischee gehandelt, dass Asiaten schlau und umgänglich seien und Südländer aufbrausend und aggressiv und dass man sowas an einem angenehmen Abend einfach nicht braucht. Wer weiß.

Wenn Sie das so lesen denken Sie bestimmt: „Sowas kann doch nicht sein. Dass es sowas heute noch gibt!“ Tja das ist kein Einzelbeispiel. Vielleicht passiert es Ihnen selbst nicht in einem so großen Ausmaß, doch denken Sie mal darüber nach, wie Sie sich fühlen, wenn Sie an einer Gruppe Jugendlicher vorbeigehen, die allesamt eher südländisch aussehen und sich vielleicht auch noch lautstark in einer anderen Sprache unterhalten, und das vielleicht noch als Frau?

Ich kann nur von mir selbst sprechen, doch ich fühle mich manchmal immer noch unwohl… Warum? Weil wir suggeriert bekommen, dass diese Leute schlecht sind und sie dadurch von „uns Weißen“ ausgegrenzt werden. Jetzt fragt man sich vielleicht, wie ich das meine. Es genügt ein Blick in die Zeitung. Dinge, die mit Migranten oder ehemaligen Flüchtlingen zu tun haben, werden in den Nachrichten groß aufgebauscht. Bringt aber mal eben der weißeste Mann der Nachbarschaft seine Frau um (oder auch umgekehrt, wer weiß), ist das grade mal eine Randnotiz in der Zeitung wert. Und nun fragen Sie sich noch, warum in unserer Gesellschaft Rassismus so stark vorherrscht?

Es beginnt ja schon in der Schule. Also die Ausgrenzung. Kinder, die nicht Deutsch als Erstsprache haben, dürfen am Schulhof nicht ihre Muttersprache sprechen, sondern werden gezwungen, Deutsch zu sprechen. Außerdem gibt es bestimmte Förder- oder Deutschklassen. Diese haben Vor- und Nachteile, doch der größte Nachteil ist wohl, dass die Kinder wieder ausgegrenzt werden und ihnen das Gefühl gegeben wird, dass sie anders seien. Dies wiederum führt dazu, dass sie sich später nicht wirklich in die Gesellschaft integrieren können oder wollen, da ihnen von klein auf das Gefühl gegeben wird, besonders zu sein. Besonders im Sinne von anders.   

Denken Sie einfach mal darüber nach und versuchen Sie, egal auf wen, offen und ohne Erwartungen oder Vorurteile zuzugehen. Lernt man diese Leute nämlich kennen, fällt auf, dass sie wie jeder andere auch sind. Liebenswerte und herzliche Menschen, die in unserer Gesellschaft einfach nur geachtet werden wollen.

Idioten gibt es überall. Auch unter den Weißen.

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von Johanna Stögermayr

Die Autorin Melisa Erkurt schreibt in ihrem Kapitel „Warum können Sie so gut Deutsch“ über ihre Erfahrungen, mit welchen sie als „Ausländer-Kind“ zu kämpfen hatte. Sie ist eines der vielen positiven Beispiele von gelungener Integration. Gelungen, weil sie in einer Integrationsklasse mit bemühten PädagogInnen war, in der sie von den anderen SchülerInnen lernen und so genügend Selbstvertrauen aufbauen konnte.

Jedoch ist es leider häufig so, dass Kinder mit Migrationshintergrund in eine eigene „Deutschklasse“ kommen. Das hat den Nachteil, dass die Kinder untereinander entweder nicht deutsch sprechen oder nur „fehlerhaftes“ Deutsch hören bzw. sprechen lernen. Weiters ist es für die SchülerInnen schwieriger Freundschaften mit „heimischen“ SchülerInnen zu knüpfen, oder eine eigene Identität zu entwickeln, da sie durch die „Deutschklassen“ das Gefühl bekommen anders zu sein. Aus diesem Grund fällt es ihnen auch schwer sich später in der Gesellschaft zu integrieren, da sie es nicht anders gelernt haben.

Daher ist es als Lehrperson besonders wichtig SchülerInnen mit Migrationshintergrund in einer Integrationsklasse zu unterstützen und ihnen zu zeigen, dass sie genauso besonders sind wie alle anderen SchülerInnen in der Klasse. Von Anfang an sind Sprache, Herkunft, Vergangenheit und der kultureller Hintergrund anders als von den anderen. Erkurt erzählt davon, dass ihre KindergartenpädagogInnen sie nie spüren ließen anders zu sein, wofür sie ihnen bis heute dankbar ist. Aus diesem Grund müssen auch wir in der Sekundarstufe 1 und 2 die SchülerInnen so gut es geht unterstützen, indem wir im Unterricht auf die Mehrsprachigkeit eingehen anstatt sie zu diskriminieren oder ihnen verbieten in ihrer Sprache zu sprechen.

Für uns als Lehrpersonen sollte es normal sein den SchülerInnen zu zeigen, dass sie auf ihre Muttersprache stolz sein können, denn nur so können sie sich auf eine neue Sprache, Kultur und somit auf ein neues Leben einlassen. Werden sie jedoch im Gegensatz dazu nur diskriminiert, würde es kein Mensch schaffen sich auf „Schulzeug“ zu konzentrieren.

Hier zwei Beispiele, wie man die Mehrsprachigkeit von SchülerInnen und zugleich auch alle SchülerInnen im Unterricht integrieren kann.

  • Eine kurze Geschichte übersetzen:

Im Unterricht wird eine Geschichte erzählt und als Hausaufgabe sollten die SchülerInnen die Geschichte so erzählen, als würden sie es einem Freund erzählen. Dabei dürfen sie ihre Umgangssprache (Mundart oder andere Muttersprache) verwenden. Am nächsten Tag werden die Geschichten vor der Klasse in den verschiedenen Sprachen vorgetragen. Anschließend kann darüber gesprochen werden, wie die Sprache auf die SchülerInnen gewirkt hat. War sie schnell, langsam, flüssig oder eher stockend? Woran könnte das liegen? Hört sich die Sprache von zwei SchülerInnen mit der gleichen Muttersprache unterschiedlich an und woran könnte das liegen?

  • Sportunterricht: jeder zählt auf einer anderen Sprache bis zehn:

Die SchülerInnen müssen herausfinden, wie viele Sprachen sie insgesamt in der Klasse sprechen können. Dann wird eine Übung ausgewählt, wie z.B. Sit-ups, Liegestütz. Jede Übung wird zehnmal gemacht und ein/e Schüler/in zählt in einer anderen Sprache als Deutsch und die anderen sprechen ihm/ihr während den Übungen laut nach. Das kann auch dabei helfen, dass die SchülerInnen sich mit ihrer Sprache und Herkunft identifizieren können und es cool ist einen andere Sprache zu sprechen.

Mein Appell an die Politik und LehrerInnen lautet, dass es keine „Deutschklassen“ mehr geben sollte. Stattdessen sollten alle SchülerInnen gemeinsam in eine Klasse sein und am selben Gegenstand arbeiten.

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Verfasserin: Denise Zacherl

Mut zur Veränderung oder Kapitulation

Nachdem ich im Rahmen einer Lehrveranstaltung das Kapitel „Chancenlos von Anfang an. Bildungsalltag vom Kindergarten bis zur Matura.“ aus dem Buch „Generation haram: Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben“ von Melisa Erkurt gelesen habe, ist mir wieder einmal bewusst geworden, wie unsere heutige Gesellschaft funktioniert. Der Wert der eigenen Persönlichkeit, der individuellen Talente sowie Gefühle rückt immer mehr in den Hintergrund. Wenn man ein Mitglied der Gesellschaft werden will, muss man eine bestimmte Norm erfüllen. Und dies fängt schon früh an. Alles was anders ist, wird mittlerweile als „ohnehin hoffnungslos“ gewertet und die individuelle Persönlichkeit nicht mehr berücksichtigt.

Wenn ich als angehende Lehrperson nun über meine Zukunft nachdenke, habe ich großes Bedenken. Ich möchte jedem Kind die gleichen Voraussetzungen mitgeben, jeden individuell fördern sodass sie sich persönlich weiterentwickeln können und ihnen auch bei ihren alltäglichen Problemen behilflich sein. Ich sehe meine Aufgabe darin, jedem die gleiche Chance zu geben, das Ziel zu erreichen, auch wenn dies sehr schwer ist. Die meisten Lehrpersonen scheitern leider exakt an dieser Aufgabe, obwohl dies einer der wichtigsten Punkte in der Entwicklung der Kinder darstellt.

Doch wieso ist genau das so schwer? Weshalb bekommt nicht jeder die gleichen Chancen? Auch Erkurt hat sich in ihrem Buch diese Frage gestellt, kam dabei jedoch auf keine einheitliche Antwort. Eine Begründung auf das „wieso“ lässt sich oftmals auf den Sprachgebrauch zurückführen. Viele Kinder mit Migrationshintergrund beherrschen die deutsche Sprache nicht, selbst die Muttersprache wird nur brüchig gesprochen. Aufgrund dieses Sprachdefizits ist es speziell für solche Kinder überaus schwer, etwas zu lernen. Sie verstehen die Erklärung der Lehrer/innen nicht, die Aufgabenstellungen sowie ihre Mitschüler/innen – sie sind schlicht chancenlos. Die Schule wird buchstäblich ein Ort des Unbehagens, der Ausgrenzung. Dass dieses massive Problem der österreichischen Schulen behoben werden muss, ist selbstverständlich. Aber wie soll dies geschehen? Wer soll sich damit auseinandersetzen?

Die heutige Gesellschaft erwartet, dass eine pädagogisch ausgebildete Lehrperson in der Lage ist, ein Kind zu unterrichten, ganz egal welche Voraussetzungen es von zu Hause in den Unterricht mitgebracht hat. Ob es nun die Unterrichtssprache beherrscht oder die gesellschaftlichen Normen kennt, wird nicht beachtet. Denn dies muss ohnehin von einer Lehrperson ausgeglichen werden. Dadurch wird ein/r Lehrerin nicht nur vor eine große, fast unmögliche Aufgabe gestellt, sondern wird dem eigentlichen Beruf „Lehrer“ nicht mehr gerecht. Eine Lehrer/in müsste sich eigentlich voll und ganz auf das Lehren konzentrieren, die Ausbildung der Schüler/innen ganz klar in den Mittelpunkt stellen. Doch dies ist heutzutage nicht immer möglich, da die Voraussetzungen in den Schulklassen nicht mehr gegeben sind. Häufig kümmern sich die Eltern zu wenig, vermitteln keine gesellschaftlichen Regeln und reden nur in der jeweiligen Muttersprache oder überhaupt nur selten mit ihren Kindern, sodass der deutsche Sprachgebrauch für die Betroffenen schlicht fremd erscheint. Speziell jene Faktoren sollten von den Eltern erfüllt werden, nicht etwa von einer Lehrkraft. Doch in der Realität ist dies genau der Fall. Lehrpersonen stehen Tag für Tag vor der Herausforderung, allen Kindern in der Klasse gerecht zu werden, ob diese nun die Unterrichtssprache beherrschen oder sich an die Regeln halten. Sie versuchen ihr Bestes, scheitern jedoch täglich. Jedem Schulkind individuell gerecht zu werden, ist eine Sache der Unmöglichkeit. Dies betrifft jedoch nicht nur Lehrer/innen der Primar- oder Sekundarstufe, sondern vor allem auch Pädagogen/innen im Kindergarten. Besonders in diesem Alter ist die individuelle Entwicklung für ein Kind äußerst wichtig.

Was kann also nun dagegen unternommen werden? Wie kann man diese Chancen-Ungleichheit im österreichischen Schulsystem vorbeugen? Meiner Meinung nach sollte die „schulische“ Erziehung bereits sehr früh beginnen, dass genau jenes, was zu Hause fehlt, früh ausgeglichen werden kann. Die Grundvoraussetzung wäre hierfür ein 2. verpflichtendes Kindergartenjahr, ebenso wie kleinere Gruppen und mindestens zwei Pädagogen/innen pro Kindergartengruppe, um jedem Kinde genug Zeit sowie Raum zur Verfügung zu stellen. Nur auf diese Weise kann auf die individuellen Bedürfnisse jedes Kind eingegangen werden und somit bereits zu Schulbeginn eine Chancengleichheit für die Bildung bestehen.

Weiter wäre es dem österreichischen Bildungssystem zu wünschen, auch in jeder Volksschulklasse zwei Lehrkräfte einzusetzen. Zusätzlich sollte in jeder Bildungseinrichtung mindestens eine psychologische Anlaufstelle zur Betreuung der Schüler und Schülerinnen und auch, wenn gewünscht, den Lehrpersonen oder sogar den Eltern zur Verfügung stehen. Neben dem oben genannten würde ich die Idee der Ganztagesschule befürworten. Auf diese Weise erhalten all jene Schüler und Schülerinnen, die es brauchen, eine zusätzlich gezielte Förderung. Nicht nur auf die schulischen Aufgaben bezogen, sondern auch auf die Integration durch gemeinsame Sport- oder Spielangebote, Spaß und Kommunikation am Nachmittag.

Denn der wichtigste Aspekt in den eben aufgezählten Punkten bildet die vollständige Integration der Migrantenkinder. Denn Chancengleichheit beruht nicht immer nur auf das gleiche Bildungsangebot, sondern speziell auch auf das gemeinschaftliche Leben. In unserer Gesellschaft kommt es mitunter häufig vor, Menschen anhand gewisser „Stereotypen“ zu beurteilen. Sie sortieren Menschen anhand ihrer Herkunft und Religion aus, ohne die eigentliche Person überhaupt anzusehen. Sie bestimmen, wer dazugehören darf und wer nicht. Und diese Vorurteile haben ihren Ursprung eben leider schon in der Schule. Jedoch ist die Sprache Deutsch nicht der Schlüssel zum Erfolg. Die persönlichen Talente und Interessen stecken dahinter, nicht die Herkunft, die Muttersprache oder gar das Aussehen. Aus diesem Grund würde ich mehr Integrationskurse für Schüler und Schülerinnen fordern. Nicht nur, um den davon betroffenen Kindern besser Deutsch zu lernen, sondern auch, dass den österreichischen Kindern von Anfang an bewusst gemacht wird, Menschen in keine Kategorien einzuordnen. Es wird ihnen dadurch vermittelt, dass jeder Mensch auf seine eigene individuelle Art und Weise einzigartig ist. Und genau das spricht für die Chancengleichheit! Jeder Mensch hat die gleichen Chancen verdient, ganz egal welche Voraussetzungen er mitgebracht hat. Je früher unsere Gesellschaft das lernt, desto besser funktioniert unser aller Miteinander.